Titel: | Ueber die Analyse einiger vegetabilischen Substanzen. Von F. Marcet. |
Fundstelle: | Band 27, Jahrgang 1828, Nr. LXXVIII., S. 296 |
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LXXVIII.
Ueber die Analyse einiger vegetabilischen
Substanzen. Von F.
Marcet.
(Vorgelesen in der Société
de Phisique et d'Histoire naturelle de Genéve.)
Aus den Annales de Chimie et de Physique. Septbr.
1827.
Uebersezt und mit Anmerkungen von Dr. u. Prof.
Kaiser in
Landshuth.
Marcet, uͤber die Analyse einiger vegetabilischen
Substanzen.
Seit wenigen Jahren bedienen sich die Chemiker eines
analytischen Verfahrens, wodurch man auf eine sehr genaue Weise die
Verhaͤltnisse der Elemente, welche die organischen Koͤrper
constituiren, bestimmen kann. Seitdem hat man die Zusammensezung einer großen Anzahl
von diesen Koͤrpern kennen gelernt. Es gibt aber noch mehrere, sowohl
thierische als vegetabilische Stoffe, die der Art von Analyse noch nicht unterworfen
worden sind. Ich habe daher von diesen einige vegetabilische Substanzen untersucht;
und will der Gesellschaft die Resultate vorlegen, die ich erhalten habe.
Das Verfahren, welches ich bei der Analyse dieser Substanzen befolgte, ist das,
welches Gay-Lussac in Vorschlag gebracht hat, und
in der Folge von Bérard und Dr. Ure angewendet worden ist. Es besteht darin, daß man eine bekannte
Menge des zu analysirenden Stoffes mit Kupferoxyd in einer Glasroͤhre
vermengt, bis zum Rothgluͤhen erhizt, und dann aus der Gewichtsverminderung
des Kupferoxyds und aus der Gasmenge, das man erhaͤlt, die Zusammensezung der
Substanz berechnet.Vor dem Eintragen der zu analysirenden Substanz in die Glasroͤhre
hatte ich immer Sorge getragen, sie von allem Wasser, das sie enthalten
koͤnnte, voͤllig zu befreien, indem ich sie einige Zeit
uͤber Schwefelsaͤure im Recipienten der Luftpumpe brachte. A.
d. O.
Da die Substanz, die ich untersuchen wollte, Stikstoff enthalten zu muͤssen
schien, so mußte ich vorsichtig verhindern, daß die kleine Quantitaͤt
atmosphaͤrischer Luft in der Glasroͤhre und zwischen den
Hoͤrnern des Kupferoxyds keine Ungewißheit in der Quantitaͤt des
Stikstoffes, welchen die zu analysirende Substanz enthaͤlt, hervorbringe. Zu
diesem Zweke habe ich in einer Glasroͤhre von gleicher Laͤnge und
gleichem Durchmesser ein Gemenge von Kupferoxyd und einer stikstoffhaltigen Substanz
rothgluͤhend gemacht, und bestimmt, wie viel man Gas entweichen lassen
muͤßte, daß alle atmosphaͤrische Luft entfernt, und das Gas, welches
sich entbindet, nichts als vollkommen reine Kohlensaͤure waͤre. Sodann
ließ ich immer bei der Analyse stikstoffhaltiger Substanzen wenigstens dieselbe
Quantitaͤt von Gas entweichen, ehe ich die zur Bestimmung des
Stikstoffgehaltes erforderliche aufsammelte. So glaube ich die besagte Quelle des
Irrthums voͤllig vermieden zu haben.Die analytische Methode fuͤr stikstoffhaltige Koͤrper von Pelletier und
Dumas scheint mir vorzuͤglicher. Sie
besteht darin, daß in dieselbe Verbrennungsroͤhre zwei besondere
Proben, die durch gestoßenes Glas getrennt wurden, so gelegt werden, daß die
eine, ohne gleichzeitige Erhizung der anderen, abgebrannt werden kann. Es
wird dann die hinterste Portion zuerst abgebrannt, und das Gas durch eine
gewogene, mit salzsaurem Kalk gefuͤllte Roͤhre geleitet, ohne
es aber aufzufangen. Die erste Portion treibt dann die
atmosphaͤrische Luft aus dem Apparate, so daß, wenn die Zersezung der
vorderen Portion vorgenommen wird, der Apparat mit demselben Gase
gefuͤllt ist, was durch die Verbrennung erzeugt werden soll. Dieses
Gas von dieser Portion wird nun uͤber Queksilber ausgesammelt. Aus
der Gewichtszunahme des salzsauren Kalkes laͤßt sich dann das Wasser
von beiden Portionen bestimmen. Diese Methode ist, wie ich mich oft zu
uͤberzeugen Gelegenheit fand, unter den vielen unsicheren
analytischen Methoden fuͤr vegetabilische Koͤrper, welche
Stikstoff enthalten, die sicherste. Nur muß man Kupferspaͤne vor die
Masse in die Roͤhre legen, um eine Oxydation des Stikstoffes zu
vermeiden, und die Glasroͤhre beschlagen, weil in vielen Hallen,
besonders wenn Koͤrper viel Kohlenstoff haben, wie Bischof gezeigt hat, das Glas erweicht und sich
ausblaͤst. Ure hat deßhalb und durch die
gewissenlose Art der Berechnung, die bei diesen Analysen leider so oft
aushelfen muß, viele Ungenauigkeiten seinen Analysen zugefuͤhrt. A.
d. U.
Ueber das Staͤrkmehl.
Es ist bekannt, daß das geroͤstete Staͤrkmehl da, wo es
anfaͤngt, Dampfe auszustoßen, viele Eigenschaften annimmt, die man im
gewoͤhnlichen Staͤrkmehle nicht findet; naͤmlich es geht in
eine braͤunlichgelbe Farbe uͤber, wird in kaltem Wasser vollkommen
aufloͤslich, und bildet eine Aufloͤsung, die der von Gummi
aͤhnlich ist. Verschieden ist das Verhalten von beiden zur Jodine.
Das braͤunlichgelbe geroͤstete Staͤrkmehl wurde in Wasser
aufgeloͤst und bis zur Trokniß abgedampft, und der Ruͤkstand mit einer
gleichen Menge Jodine in einem Moͤrser zusammengerieben. Auf Zusaz von der
geringsten Menge Wassers wurde das Gemenge purpurroth, und blieb aufgeloͤst,
wenn hinreichend Wasser da war.Lassaigne that wohl im Journal de Pharmacie von dieser Erscheinung Erwaͤhnung,
ließ sich aber nicht in's Umstaͤndliche ein. A. d. O. Hr. Caventon in seiner
trefflichen Abhandlung uͤber das Staͤrkmehl beruͤhrt
sie ebenfalls. S. polytechn. Journ. Bd.
XXI. H. 5. S. 450. A. d. U. Die naͤmliche Faͤrbung erfolgte auch, wenn eine
waͤsserige Jodaufloͤsung auf geroͤstetes Staͤrkmehl
einwirkte. Kochendes Wasser, Alkohol, Saͤuren und Alkalien entfaͤrben
die Aufloͤsung, und wenn es durch eine Saͤure entfaͤrbt worden
ist, so ist die Farbe durch Alkalien nicht wieder herstellbar, wie es der Fall ist
beim Staͤrkjoduͤre. Beim Verdampfen an der Luft Verschwand die Jodine,
und das geroͤstete Amylon blieb allein zuruͤk. Die Verbindung zwischen
Jod und geroͤstetem Staͤrkmehle kann also nicht so betrachtet werden,
wie die unter denselben Umstaͤnden erfolgende Verbindung zwischen Jode und
Amylon. Es laͤßt sich aber die Entstehung der purpurrothen Farbe nicht anders
erklaͤren, als durch eine theilweise Wirkung der Jodine auf das
geroͤstete Staͤrkmehl; denn die naͤmliche Erscheinung zeigt
sich mit Gummi nicht, und mit keiner der von mir untersuchten vegetabilischen
Substanzen.
100 Theile des geroͤsteten Amylon haben mir gegeben:
Kohlenstoff
35,7
Sauerstoff
58,1
Wasserstoff
6,2
100 Theile des gewoͤhnlichen Staͤrkmehles hingegenWir glauben, daß es einigen Lesern des polytechn. Journals nicht unwillkommen
seyn wird, wenn wir hier zur Vergleichung die bisher bekannten Analysen des
Amylon zusammenstellen:In 100
TheilenWeizenstaͤrke.nach Ure.Gay-Lussac
und Thenard.Th. Saussure. Kohlenstoff38,55 43,55 45,39 Wasserstoff 6,15 6,77 5,90 Sauerstoff55,32 49,68 48,31 Stikstoff – – 0,40Hr. Marcet's Analyse
stimmt am naͤchsten mit der von Gay-Lussac und Thenard
uͤberein. A. d. U.
Kohlenstoff
43,7
Sauerstoff
49,7
Wasserstoff
6,6
Das erstere enthaͤlt also weniger Kohlenstoff und Wasserstoff, und mehr
Sauerstoff als das leztere. Das geroͤstete Amylon, so aͤhnlich es dem
Gummi ist, ist in seiner chemischen Constitution doch betraͤchtlich
verschieden von diesem; denn das arabische Gummi besteht nach Gay-Lussac und Thenard aus
Kohlenstoff
42,23
Sauerstoff
50,84
Wasserstoff
6,93
Das Malzstaͤrkmehl wird durch die Art von Roͤstung, die es erhalten
hat, bis zu einem gewissen Puncte im kalten Wasser aufloͤslich. Es besteht
aus
Kohlenstoff
41,6
Sauerstoff
51,8
Wasserstoff
6,6.
Ueber das Hordein.
Proust hat diesen Namen einem Stoffe gegeben, der in
seinen chemischen Eigenschaften den Saͤgespaͤnen sehr aͤhnlich
ist, und im Gerstenmehle in großer Menge enthalten ist. Man erhaͤlt es
leicht, wenn man einen Teig aus Gerstenmehl zwischen den Haͤnden knetet und
ein wenig Wasser daruͤber hinstroͤmen laͤßt, das das
Staͤrkmehl von dem Hordein trennt; oder wenn man Gerstenmehl mit kochendem
Wasser behandelt, wobei sich das Staͤrkmehl zu einem Kleister loͤst,
und das Hordein als unaufloͤslich rein ausscheidet. Einige Chemiker haben es
fuͤr ein modificirtes Staͤrkmehl gehalten; andere seiner
Zusammensezung nach den Saͤgespaͤnen (Holzstoff, Pflanzenfaser)
aͤhnlich; endlich Thomson hielt es seiner Natur
nach fuͤr das, was das Parenchym der Erdaͤpfel ist. Folgende Analyse
moͤchte vielleicht diesen Punct aufklaͤren und zeigen, welcher von diesen
Substanzen es am naͤchsten kommt. Es sind enthalten in 100 Theilen
Hordein
Erdaͤpfel-parenchym.
Holzfaser
nachGay-Lussac u. Thenard.
Kohlenstoff
44,2
37,4
52,0
Sauerstoff
47,6
58,6
42,4
Wasserstoff
6,4
4,0
5,6
Stikstoff
1,8
–
–
Demnach ist das Hordein eine eigene seiner Zusammensezung nach von den besagten
Substanzen verschiedene Substanz, die sich am meisten dem Staͤrkmehle
naͤhert, des Stikstoffes wegen aber noch mehr dem Kleber.Das Hordein, Cevadin scheint beim Keimen der
Gerste groͤßtentheils in Staͤrkmehl verwandelt zu werden. A.
d. U.
Ueber den Kleber.
Der Kleber ist eine von denjenigen vegetabilischen Substanzen, die vermoͤge
ihres Stikstoffgehaltes den animalischen Substanzen nahe kommen.
Kleber aus Weizenmehl hat gegeben:
Kohlenstoff
55,7
Sauerstoff
22,0
Wasserstoff
7,8
Stikstoff
14,5
Demnach ist der Kleber ganz von der Zusammensezung thierischer Substanzen, besonders
den Bestandtheilen des Blutes aͤhnlich.
Nach Hrn. Professor Taddei kann
der Kleber in zwei verschiedene Bestandtheile zerlegt werden, naͤmlich in
Zymom und Gliadin. Ich habe mir Zymom nach der von Taddei
angegebenen Methode durch Behandlung des Klebers mit kochendem Alkohol verschafft
und analysirt. Es schien mir aber nicht verschieden vom gewoͤhnlichen
Kleber.
Ueber das Ferment.
Das Ferment ist eine andere stikstoffreiche vegetabilische Substanz, die
bemerkenswerth ist wegen des großen Sauerstoffgehaltes, den sie im
Verhaͤltnisse zum Kohlenstoffe in sich schließt. Seine Bestandtheile
sind:
Kohlenstoff
30,5
Sauerstoff
57,4
Wasserstoff
4,5
Stikstoff
7,6