Titel: | Beschreibung eines Decolorimeters oder eines Instrumentes, um die entfärbende Kraft der Kohlen zu bestimmen, von Hrn. Payen. |
Fundstelle: | Band 27, Jahrgang 1828, Nr. XCVII., S. 373 |
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XCVII.
Beschreibung eines Decolorimeters oder eines
Instrumentes, um die entfaͤrbende Kraft der Kohlen zu bestimmen, von Hrn.
Payen.
Aus dem Dictionnaire technologique Bd. VIII. S.
532.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Payen's Beschreibung eines Decolorimeters oder Instrumentes, um die
entfaͤrbende Kraft der Kohlen zu bestimmen.
Seitdem die Verfahrungsarten beim Zukerraffiniren durch
Anwendung der thierischen Kohle auf eine so merkwuͤrdige Weise verbessert
wurden, fuͤhlte man die Nothwendigkeit, die entfaͤrbende Kraft dieser
kohligen Substanz schaͤzen zu koͤnnen. Man kann schon aus mehreren
aͤußeren Kennzeichen auf ihre Qualitaͤt schließen: so habe ich mich,
z.B. uͤberzeugt, daß die glaͤnzenden Kohlen wenig auf die
Faͤrbestoffe wirken, waͤhrend die meisten matten Kohlen sehr energisch auf diese
Substanzen wirken; aber ich habe auch gefunden, daß die Anwesenheit gewisser
Koͤrper diese Eigenschaften abaͤndern kann; daß Kali, Natron, Kalk und
schwefelsaures Eisenoxydul (Eisenvitriol) die Intensitaͤt der Farbe des
Rohzukersyrups vermehren; daß die zu stark oder zu wenig calcinirten Knochen, eine
weniger wirksame Kohle geben u.s.w.; daß endlich aus Habsucht unter die gepulverte
thierische Kohle oft Substanzen von geringerem Werthe gemengt werden, die ihr
Ansehen nicht sehr veraͤndern, aber ihre Wirksamkeit sehr
beeintraͤchtigen.Unter diesen Umstaͤnden kann man dieselbe Wirkung nur dadurch
hervorbringen, daß man das Verhaͤltniß der Kohle vergroͤßert;
sie kommt also dann theurer zu stehen, und außerdem verursachen auch der
kohlige Absaz und der Schaum einen groͤßeren Verlust an Syrup. A. d.
O. Oft schreiben es endlich auch die Zukerraffinirer der schlechten
Qualitaͤt der thierischen Kohle zu, wenn sie dunkelgefaͤrbte Syrupe
beim Klaͤren erhalten, waͤhrend in der That die scheinbare schwache
Entfaͤrbung daher ruͤhrt, daß ein Rohzuker angewandt wurde, welcher
staͤrker gefaͤrbt war, als die gewoͤhnlich gebrauchten
Materialien. Daraus kann man sehen, wie wichtig es fuͤr Zukerraffinirer,
Conditoren, Pharmaceuten, Fabrikanten chemischer Producte, und uͤberhaupt
alle diejenigen, welche die thierischen Kohlen zur Entfaͤrbung der
Fluͤßigkeiten anwenden, seyn muß, ihre entfaͤrbende Kraft bestimmen zu
koͤnnen. Durch vergleichende Versuche, welche jedoch kein sehr genaues
Resultat geben, erreicht man diesen Zwek, wenn man unter denselben Umstaͤnden
mit zwei Kohlenarten, von deren einer man die Qualitaͤt kennt, die
Klaͤrung von zwei gleichen Portionen desselben Rohzukers vornimmt, und sodann
die filtrirten Syrupe in Gefaͤßen von gleicher Dimension mit einander
vergleicht; da man jedoch die Verschiedenheit beider Farben bald wieder vergißt, so
muͤßte man am folgenden Tage wieder einen doppelten Versuch anfangen, um die
Qualitaͤt einer anderen Kohle kennen zu lernen. Damit nun der wahre Werth der
thierischen Kohlen und anderer Substanzen, welche noch entdekt werden, sicherer und
bestimmter geschaͤzt werden kann, habe ich das Fig. 20. abgebildete
Instrument ausgedacht. Ich will nun die Verfahrungsart dabei zugleich mit den
verschiedenen Theilen des Decolorimeters beschreiben.
Verfahren, um die entfaͤrbende Kraft der thierischen
oder irgend einer anderen Kohle mittelst des Decolorimeters zu bestimmen.Auszug aus dem Traité des
Réactifs, 2me édition, 1 vol. à Paris
chez Thomine, libraire, rue de la Harpe, no. 78.
Man nimmt einen Centiliter von der ProbefluͤßigkeitDiese Probefluͤßigkeit ist, wie sich aus dem Folgenden ergibt, eine
Aufloͤsung von braun geschmolzenem Zuker. A. d. Red., gießt ihn in
eine Glasflasche, welche etwas mehr als einen Liter faßt; man mißt nun einen Liter
Wasser ab, und bedient sich dieses Wassers, um den Centiliter, in welchem man die
gemessene Probefluͤßigkeit gegossen hat, oͤfters auszuwaschen; endlich
gießt man in dieselbe Glasflasche alles, was von dem Liter Wasser noch uͤbrig
ist. Auf diese Art erhaͤlt man eine braune Zukeraufloͤsung (une solution de caramel), welche 10 Grammen
Probefluͤßigkeit, und 1000 Grammen Wasser enthaͤlt. Diese
Quantitaͤt reicht fuͤr 10 Versuche aus, weil man zu jedem Versuche nur
einen Deciliter von dieser verduͤnnten Aufloͤsung braucht.
Um die entfaͤrbende Kraft einer Kohle auszumitteln, wiegt man davon genau 10
Grammen ab, und bringt sie in ein 4 Unzenglas mit weitem Hals, worauf man einen
Deciliter von der braunen Zukeraufloͤsung daraufgießt;Dieses Maß erhaͤlt man leicht, wenn man mit der braunen
Zukeraufloͤsung die verticale Roͤhre des Decolorimeters
anfuͤllt; man zieht dann die horizontale Roͤhre bis zur loten
Abtheilung heraus, und gießt die uͤberschuͤssige, in der
verticalen Roͤhre gebliebene Fluͤßigkeit wieder in die
Glasflasche: dann stoͤßt man die horizontale Roͤhre bis an das
Ende zuruͤk, wodurch der Centiliter Fluͤßigkeit in die
verticale Roͤhre kommt; man gießt ihn auf die 2 Grammen Kohle u.s.w.
A. d. O. man schuͤttelt nun lebhaft eine Minute lang, worauf man das Gauze auf
ein Filter von ungeleimten weißem Papiere bringt; die filtrirte Fluͤßigkeit
gießt man sodann noch einmahl auf das Filter, und wenn sie ganz abgetropft ist, kann
man sehen, wie weit die Kohle die Zukeraufloͤsung entfaͤrbt hat. Zu
diesem Ende gießt man die ganze filtrirte Fluͤßigkeit in die verticale
Roͤhre, C, D, (Fig. 21.) des
Instrumentes, und indem man sodann die doppelte innere horizontale Roͤhre,
B, B, herauszieht,Diese verschiedenen Roͤhren sind, wie der Verlauf der Abhandlung
zeigt, aus Kupfer. A. d. Red. bringt man einen Theil der Fluͤßigkeit in diese Roͤhre, und je
weiter man sie herauszieht, eine desto dikere und staͤrker gefaͤrbte
Schichte erhaͤlt man. Man sieht in diese Roͤhre, indem man das Ende,
welches die Fluͤßigkeit enthaͤlt, gegen das Tageslicht haͤlt,
und sobald die Nuͤance dieser mit Kohle behandelten Fluͤßigkeit eben
so intensiv seyn wird, als die Aufloͤsung des braun gebrannten Zukers in der
doppelten Glasscheibe, P, die man zur Seite des
Instrumentes sieht (was leicht zu erzielen ist, weil man diese Intensitaͤt
nach Belieben aͤndern kann, indem man die Roͤhre mehr oder weniger
herauszieht oder hineinstoͤßt), beobachtet man auf der Außenseite der
horizontalen Roͤhre die Abtheilungen, welche die Entfernung bezeichnen; so
bringt der erste Centimeter, oder 10 Millimeter, einen Abstand hervor, welcher eben
so groß, wie derjenige zwischen den beiden am Instrumente befestigten Glasscheiben
ist; Nr. 2 zeigt eine doppelte, und Nr. 3 eine dreifache Dike an.
Wenn die Nuͤance der mit Kohle behandelten, und zweimahl filtrirten
Fluͤßigkeit von der Art waͤre, daß man die innere Roͤhre bloß
bis zur ersten Abtheilung herausziehen duͤrfte, d.h. um einen Centimeter, so
waͤre es offenbar, daß die Kohle sie ganz und gar nicht entfaͤrbt hat,
weil sie gerade eben so gefaͤrbt waͤre, wie die
Probefluͤßigkeit. Wenn man die innere Roͤhre bis zur zweiten
Abtheilung haͤtte herausziehen muͤssen, so ist es klar, daß die Kohle
der Probefluͤßigkeit die Haͤlfte ihres Faͤrbestoffes entzogen
haͤtte, weil die Schichte zweimahl so groß waͤre. Wenn man endlich die
Schichte verdreifacht haͤtte, indem man die innere Roͤhre bis zur
dritten Abtheilung herauszog, so waͤre man sicher, daß die Kohle ihr zwei
Drittel ihres Farbestoffes entzogen haͤtte; so weit wirkt die beste
thierische Kohle. Die im Handel vorkommenden Knochenkohlen halten gewoͤhnlich
das Mittel zwischen diesem Grade und dem zweiten; die Pflanzenkohle aber zwischen
dem ersten und zweiten; die Steinkohle uͤberschreitet nicht viel den
zweiten.
Die zehn gleichen Unterabtheilungen, welche innerhalb jedes Grades verzeichnet sind,
machen es moͤglich, sogar sehr geringe Unterschiede in der
entfaͤrbenden Kraft der Kohlen zu schaͤzen. Man muß aber die
Nuͤance der Probefluͤßigkeit, welche zwischen den befestigten
Glasscheiben enthalten ist, sehr sorgfaͤltig beobachten, und sie zu diesem
Ende durch eine Rolle, T, T, aus zwei Pappscheiben
betrachten, welche ungefaͤhr dieselbe Groͤße und Laͤnge, wie
die horizontale kupferne Roͤhre hat, und welche man gegen diese Roͤhre
haͤlt. Man haͤtte zu diesem Ende eine besondere kupferne Roͤhre
machen, und so den Experimentator der Muͤhe uͤberheben koͤnnen,
eine Papierrolle zu machen; das Instrument waͤre aber dadurch ohne Nuzen
schwerer und theurer geworden.
Hr. Vincent Chevalier, d.
aͤlt., Optiker in Paris, verkauft die Probefluͤßigkeit und das
Instrument. Man kann sich dieselbe selbst bereiten: man braucht nur eine
concentrirte Aufloͤsung von braun geschmolzenem Zuker (caramel) zu machen. Um die Quantitaͤt Wasser auszumitteln, womit
man sie, wenn man Versuche anstellen will, versezen muß, muß man diese
verduͤnnte Aufloͤsung mit derjenigen vergleichen, welche zwischen den
befestigten Glasscheiben enthalten ist; wenn man aber keinen Vergleichungsgegenstand
hat, muß man die Probefluͤßigkeit auf die Art untersuchen, daß man sie
mittelst thierischer Kohle entfaͤrbt, die im Großen sorgfaͤltig aus
geeigneten Knochen bereitet, und zu diesem Versuche gepulvert wurde; man wird dann
nach einigen vergeblichen Versuchen die Nuͤance ausgemittelt haben, welche
man der Fluͤßigkeit geben muß, damit die Kohle in obigem Versuche zwei
Drittel des Faͤrbestoffes absorbirt.Man muß dem Scharfsinne des Hrn. Payen fuͤr dieses nuͤzliche Instrument Dank
wissen, obgleich er es offenbar viel zwekmaͤßiger und deutlicher
haͤtte beschreiben koͤnnen. Man vergleiche damit den
Colorimeter des Hrn. Houtou-Labillardière in diesem Journale Bd. XXVII. S. 54. A. d. Red.