Titel: | Kurze Vertheidigung des Hochdruk-Dampfmaschinen-Principes, so wie eine unpartheiische Beleuchtung und Würdigung seiner Vortheile. Von Dr. Ernst Alban. |
Autor: | Dr. Ernst Alban [GND] |
Fundstelle: | Band 28, Jahrgang 1828, Nr. XIX., S. 81 |
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XIX.
Kurze Vertheidigung des
Hochdruk-Dampfmaschinen-Principes, so wie eine unpartheiische Beleuchtung
und Wuͤrdigung seiner Vortheile. Von Dr. Ernst Alban.
Alban's Vertheidigung des
Hochdruk-Dampfmaschinen-Principes.
In einer Zeit, wo alle gegen die Brennstoffersparung der
Hochdruk-maschinen erhobenen Zweifel durch direkte Versuche und
ErfahrungenMercure technologique. Mai 1823. S. 113.
Polytechnisches Journal, Bd. XI. S.
144. immer mehr gehobelt worden sind, und wo man in der Ueberzeugung immer
gewisser wird, daß die hoͤchstmoͤglichste Vervollkommnung der
Dampfmaschinen nur durch Anwendung eines sehr concentrirten Dampfes erreichbar
seyBernouilli, Anfangsgruͤnde der
Dampfmaschinenlehre. S. 41., wird es nicht uͤberfluͤßig seyn, alle diejenigen
Einwuͤrfe, die noch der Verbesserung der Dampfmaschinen auf diesem Wege
entgegenstehen, gehoͤrig zu beleuchten, und wo moͤglich zu
entkraͤften, und so beim Gewerbe treibenden Publicum die Ehre einer Erfindung
zu retten, die fuͤr dasselbe von dem groͤßten Werthe ist, und bei
gehoͤriger Anwendung und Benuzung vielleicht allein den wichtigen, und bei
den bisherigen Dampfmaschinen noch immer schmerzlich vermißten Vortheil der
Gemeinnuͤzigkeit in sich schließt. Moͤge mich dieser Vertheidigung der
Hochdrukmaschinen wegen auch das Schiksal desjenigen großen deutschen
MechanikersWoͤchentlicher Anzeiger fuͤr Kunst- und Gewerbefleiß im
Koͤnigreiche Bayern. Jahr 1816, N. 8,
unter der Aufschrift: von Reichenbach's
Verbesserung der Dampfmaschinen.Bemerkungen uͤber die von Hrn. v. Reichenbach angekuͤndigte Verbesserung der Dampfmaschinen,
und die Anwendung derselben auf Fuhrwerke. Von Joseph v. Baader. Muͤnchen 1816. treffen, der der Verbesserung derselben zuerst in Deutschland oblag, und
dessen Name deswegen von mir hochgefeiert ist, so kann ich doch nicht die Wahrheit
verschweigen, und halte es fuͤr meine Pflicht, sie, so viel es in meinen
schwachen Kraͤften steht, zu verkuͤnden zum Nuz und Frommen derer, die
durch oͤffentliche Verkezerungen des Hochdrukmaschinen-PrincipesIn England soll die Anwendung der Hochdrukmaschinen auf Schiffen sogar jezt
noch durch eine Parlamentsacte verbothen seyn. vielleicht irregeleitet sind. – Zugleich moͤge dieser Aufsaz
zu meiner eigenen Rechtfertigung beitragen, in so ferne ich das
Hochdrukmaschinen-Princip durch meine bekannten Bemuͤhungen zur
Verbesserung desselben in seiner hoͤchsten Ausdehnung in die Gewerbe
einzufuͤhren versucht habe, und mich noch unablaͤßig damit
beschaͤftige, es zu vervollkommnen.
Ich will zuerst mich bemuͤhen, die Haupteinwuͤrfe gegen die Anwendung
der Hochdrukmaschinen, und wo moͤglich in einer Sprache zu beleuchten und zu
widerlegen, die auch von dem gewoͤhnlichen Techniker, der nicht gerade eine
wissenschaftliche Bildung erhalten hat, in so weit verstanden werden kann, als es
ihm in seiner Geschaͤftssphaͤre nuͤzlich wird, und will von
Herzen wuͤnschen, daß von dieser achtungswerthen Klasse von Menschen sich der
Nuzen davon auf das große deutsche Publicum verbreiten moͤge, welches durch
manches unnuͤzes und grundloses Geschrei nicht allein speciell gegen diese
Erfindung, sondern sogar gegen alle Dampfmaschinen uͤberhaupt eingenommen
ist.
I.
Der erste und Haupteinwurf gegen die Anwendung dieser Art von Dampfmaschinen ist
unstreitig wohl der, daß dieselbe mit großer Gefahr verbunden sey, indem durch das
Zerspringen der mit sehr hochgespannten Daͤmpfen angefuͤllten Kessel
haͤufig große Zerstoͤrungen angerichtet wurden, und oft viele Menschen
ihr Leben verloren, wie wir aus vielen Nachrichten aus England und America
wissen.
Es ist nicht zu laͤugnen, daß dieser Einwurf bis jezt, wo die Struktur der
Hochdrukmaschinen noch so sehr unvollkommen ist, immer vieles Gewicht habe, man kann
aber auch nicht in Abrede stellen, daß die Gefahr bei der Anwendung dieser
herrlichen Maschinen voͤllig zu beseitigen sey, wenn man nur ein Mahl
anfangen will, die Vorurtheile gegen dieselben zu vergessen, und ihrer Verbesserung
mehr Aufmerksamkeit zu schenken; wenn man sich immer mehr uͤberzeugen wird,
daß nicht das Hochdrukmaschinen-Princip die Ursache von allem dem
Ungluͤk war, was einzelne Hochdrukmaschinen hier und da anrichteten, sondern
daß allein die Unvollkommenheit, worin dieses Princip ausgefuͤhrt erschien,
dasselbe herbeizog. Moͤge ich so gluͤklich seyn, auf diese
Unvollkommenheit alle diejenigen aufmerksam zu machen, denen die Verbesserung der
Dampfmaschinen am Herzen liegt, und ihren Bemuͤhungen dadurch eine Richtung
geben, die der Wahrheit naͤher kommt, als bisher.
Bevor ich indessen diesen Weg einschlage, will ich noch in wenigen Worten
untersuchen, ob allein die Hochdrukmaschinen bisher dem Zerplazen unterworfen waren,
oder ob nicht auch bei Maschinen mit niederem Druke Gefahr obwalte. Ich wage hier
ohne Furcht zu behaupten, daß jeder Dampfkessel (denn voll den Kesseln der
Dampfmaschinen kann doch nur die Rede seyn, wenn ihre Gefahr ein Gegenstand der
Untersuchung ist), er mag hoch- oder niedrigdruͤkenden Dampf fassen,
der Gefahr des Zerspringens unterliegen koͤnne, und zwar aus folgenden
Gruͤnden:
1) In jedem Kessel ist Ueberfuͤllung mit Dampf moͤglich, in so ferne
als alle gewoͤhnlichen Sicherheitsmaßregeln ihren Dienst versagen
koͤnnen, und selbst das Fuͤllrohr der Watt'schen Kessel, worauf Hr. von Baader
Jos. v. Baader's oben angefuͤhrte Schrift,
Seite 24 die Note. Polyt. Journ. Bd. XV.
S. 142. einen so großen Werth legt, was aber auch sehr haͤufig und immer an
Schiffmaschinen weggelassen wird, verstopft werden kann. Die Erfahrung hat dieß
hinlaͤnglich bestaͤtigt; denn es sind in England und America, ja
selbst in FrankreichPolytechn. Journal, Bd. XI. S. 473.
Waͤhrend meines Aufenthaltes in England sprang bei Hull ein Kessel einer Watt'schen Maschine auf einem kleineren Dampfschiffe, und mehr als
20 Menschen wurden theils getoͤdtet, theils hart
beschaͤdigt.Einen andern Fall erzaͤhlt Taylor (siehe
polyt. Journ. Bd. XXIV. S. 303)
Ueberhaupt Haͤufen sich jezt sehr die Beispiele vom Zerspringen der
Kessel niedrig bruͤkender Maschinen, so daß fast alle Jahre deren
einige bekannt werden (siehe London Journal,
April 1827, S. 73, die Abhandlung von Perkins
daselbst uͤber das Zerspringen der Dampfkessel. Sie ist
uͤbersezt im polytechn. Journal, Bd. XXIV. S. 484.) Kessel Watt'scher Maschinen gesprungen und haben
Schaden, ja fast immer noch mehr, als Hochdruk-Maschinenkessel, angerichtet,
ohne daß man bestimmte Nachrichten daruͤber gehabt haͤtte, ob dieses
Zerspringen durch eine Uebertreibung in Belastung der Sicherheitsventile von Seiten
der Maschinenmeister herbeigefuͤhrt worden sey. Wenn man bedenkt, daß jeder
Kessel sowohl bei Hochdrukmaschinen als solchen mit niederem Druke jezt vor dem
Gebrauche auf das Dreifache des gesezlichen Drukes versucht wird, so ist in der That
nicht zu begreifen, wie bei ersteren die Furcht vor einer Ueberladung groͤßer
seyn koͤnne, als bei leztern, da in beiden das gleiche Uebergewicht
uͤber ihre gewoͤhnliche Leistung Statt findet.
2) Jeder Kessel, auch der der Maschinen mit niederem Druke wird nach und nach durch's
Feuer zerstoͤrt, seine Staͤrke nimmt also im Verhaͤltnisse zur
Spannung der Daͤmpfe in ihm allmaͤhlich ab, und wird zulezt in ein
unguͤnstiges Verhaͤltniß zu jener treten, wodurch ein Bersten
desselben bedingt werden kann. Das Schlimmste hierbei ist, daß diese
Zerstoͤrung der Kessel durch's Feuer auf keine Weise genau berechnet werden
kann, da so viele unguͤnstige Umstaͤnde, oft ohne Wissen des sie
behandelnden Individuums, eintreten koͤnnen, die ihre Structur entweder im
Ganzen oder theilweise schnell zerstoͤren.
Zu diesen gehoͤren vorzuͤglich folgende:
a) Das Gluͤhendwerden einzelner Stellen am Kessel
bei zu geringem Wasserstande in demselben. Die Oxydation der gluͤhend
gewordenen Waͤnde desselben geht alsdann von beiden Seiten vor sich, indem
theils die Einwirkung des Feuers in dieser Hinsicht bei einem gluͤhenden Zustande des Metalles
nachtheiliger ist, theils aber auch die innere Metallflaͤche die im Kessel
sich aufhaltenden Daͤmpfe zersezt, und den Sauerstoff zu einer reichlichen
Oxydation verwendet, waͤhrend das Wasserstoffgas zugleich die Gefahr einer
Gasexplosion herbeifuͤhrt.
b) Eine allgemeine oder oͤrtlich zu große
Anhaͤufung von Pfannenstein oder erdigem Bodensaz in demselben. Indem
naͤmlich große Lagen von Pfannenstein, als schlechte Waͤrmeleiter,
eine gehoͤrige Mittheilung der Hize an's Wasser des Kessels verhindern und
verzoͤgern, haͤuft sich die Hize zu sehr im Metalle an, und dieses
wird nicht selten gluͤhend, vorzuͤglich wenn, wie es oft geschieht,
der Pfannenstein durch die Hize sich wirft, und stellenweise von der Kesselwand sich
entfernt. Springt nun einmahl eine solche Lage Pfannenstein, so faͤllt das in
den Zwischenraum zwischen ihr und der metallenen Kesselwand dringende Wasser auf das
gluͤhende Metall, und es entsteht eine oͤrtliche Explosion im Kessel,
die gewoͤhnlich das Abwerfen des losen Pfannensteins an der betheiligten
Stelle, und noch in einem groͤßern Umfange, zur Folge hat, wobei aber nicht
selten, wenn die gluͤhend gewordene Stelle der Kesselwand von einiger
Ausdehnung ist, eine Art Erschuͤtterung verspuͤrt wird, die seiner
Struktur hoͤchst schaͤdlich werden kann; zumahl, da die an der
gluͤhenden Wand sich ploͤzlich entwikelnden Daͤmpfe den im
Kessel vorhandenen Dampfvorrath augenbliklich widergesezlich vergroͤßern, und
so den Druk auf die Kesselwaͤnde nach Art eines elektrischen Schlages auf
einen gefaͤhrlichen Grad heben.Bulletin de la Société d'Encouragement
etc. Nr. 284. p. 114.
c) Beschaͤdigung desselben durch unvorsichtiges
Reinigen. Wer einmahl der Reinigung gewoͤhnlicher Dampfkessel zugesehen, und
das gewaltsame Klopfen, Haͤmmern und Meißeln an den von Pfannenstein belegten
Waͤnden derselben beobachtet hat; wer da weiß, welchen unvorsichtigen und
plumpen Menschen dieses Geschaͤft oft ohne alle Aufsicht uͤberlassen
wird und bedenkt, wie gerade diejenige Flaͤche des Kessels, die zugleich
durch die Einwirkung des Feuers am meisten leidet, sich hier unter eine so
gewaltsame Behandlung fuͤgen muß, der wird mir beistimmen, wenn ich eine
solche Reinigung als eine der Hauptursachen einer oͤftern baldigen
Zerstoͤrung der Kessel auffuͤhre.
Wie schwer aber oft solche das Zerspringen eines Dampfkessels bedingenden Fehler
desselben, selbst von Sachverstaͤndigen und bei einer planmaͤßigen
Untersuchung zu erkennen sind, lehrt die Erfahrung, indem wir Beispiele haben, daß
Kessel sogar gleich nach einer solchen kunstverstaͤndigen Untersuchung
gesprungen sind, wie dieß bei dem Dampfbothe Aetna in America der Fall war.London Journal of arts and sciences. Jul. 1824.
Polytechn. Journ. Bd. XV. S.
139.
3) In jedem Kessel kann bei zu niedrigem Wasserstande ein von der Flamme bestrichener
Theil desselben von Wasser entbloͤßt werden. Dieser Theil wird leicht
gluͤhend und entwikelt, d.h., wenn der Kessel, nach der in England und
America fast allgemein uͤblichen Methode, von Eisen, gebauet ist, aus den
darin enthaltenen Daͤmpfen brennbares Gas, was, wenn es einen bedeutenden
Theil des Kessels anfuͤllt, und auf irgend eine Art mit
atmosphaͤrischer Luft (etwa mit solcher, die aus dem kochenden Wasser sich
entwikelt) vermischt wird, und Feuer faͤngt, oder sich an der
gluͤhenden Kesselflaͤche beim Fallen von Staub und Unreinigkeiten
darauf, und ploͤzlichen Aufbrennen dieser Stoffe entzuͤndet, eine
fuͤrchterliche Explosion bewirkt, der nichts widerstehen, und gegen welche
keine der gewoͤhnlichen Sicherheitsmaßregeln schuͤzen kann. Dieser
Umstand, der in den neuesten Zeiten erst Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, ist
gewiß Hauptursache sehr vieler Explosionen an Dampfmaschinen gewesen, es scheint
wenigstens die Art der Explosion bei vielen der zerplazten Kessel viel Aehnliches
mit den gewoͤhnlichen Gasentzuͤndungen gehabt zu haben. Nach meiner
Meinung sind solcher Gefahr aber am meisten die Kessel ausgesezt, die inwendig mit
sogenannten Feuerroͤhren versehen sind. Von diesen Feuerroͤhren liegen
sehr viele nur einige Zolle unter dem Wasserspiegel des Kessels, und werden bei zu
geringem Wasserstande leicht vom Wasser entbloͤßt. Dieß gilt
vorzuͤglich von den Kesseln auf Schiffen, wo der Wasserspiegel beim Schwanken
derselben immer unruhig ist, und die ganze Wassermasse, hauptsaͤchlich wenn
Segel mit benuzt werden, bald mehr oder weniger nach einer Seite sinkt. Leider ist
diese Form der Kessel bei den Hochdruk- und Schiffmaschinen die beliebteste,
und es sind daher hier die Explosionen am haͤufigsten. Auffallend ist es
gewiß, daß in America, wo fast alle Dampfkessel der Dampfschiffe von dieser
Einrichtung sind,Marestiermemoire sur les bateaux à vapeur des
états unies d'Amerique, pag. 124, planch. IX. im Verhaͤltnisse die meisten Dampfschiffe explodirten, und daß
hingegen von den vielen Landmaschinen in England, wo man die Feuerroͤhren
gewoͤhnlich weglaͤßt, bisher so sehr wenige plazten. Die meisten
Explosionen in England fanden, so viel man weiß, nur an denen der Trevithik'schen
Maschinen auf Schiffen und Dampfwagen Statt, wo die Anwendung der
Feuerroͤhren wegen ihrer Bequemlichkeit am gebraͤuchlichsten, aber
auch wegen des fortwaͤhrenden Schwankens des Wasserspiegels, wie oben
beruͤhrt worden, am gefaͤhrlichsten ist. Man moͤge hiernach
beurtheilen, ob Hr. von Baader, von dem die Noten im
polytechn. Journale (Bd. XV. S. 143.) herzuruͤhren scheinen. Recht habe, wenn
er behauptet, daß Gasexplosionen nur an Hochdrukmaschinen, in keinem Falle aber an
denen mit niederm Druke
Statt finden koͤnnten.Bei leztern ist die Moͤglichkeit der Gefahr auf diesem Wege in so
ferne um so groͤßer, als das entwikelte brennbare Gas durch das
sogenannte Luftventil des Kessels mit dem noͤthigen Antheile von
atmosphaͤrischer Luft vermengt werden kann. Da naͤmlich bei
einer Statt findenden Gasentwikelung im Kessel die Bildung der
Daͤmpfe in dem Grade vermindert ist, daß der Druk darin unter den der
aͤußern Atmosphaͤre sinkt, so ist dadurch schon an sich eine
Ursache der Oeffnung des Luftventils gegeben. Sollten denn die Kessel der leztern nie an irgend einer Stelle
rothgluͤhend werden koͤnnen, da sehr viele, in America wenigstens,
fast alle, doch auch mit Feuerroͤhren versehen sind, und von Drukpumpen
gespeiset werden, die wohl zuweilen auf lange Zeit und ohne Wissen des
Maschinenwaͤrters ihren Dienst versagen koͤnnen?
Man hat in neuern Zeiten noch 2 andere Ursachen von Kesselexplosionen in Anregung
gebracht, deren eine Hr. Perkins aufgestellt hat.Siehe dessen Abhandlung uͤber das Bersten der Dampfkessel. Uebersezt
im polytechn. Journ. Bd. XXIV. S.
484. Bekannt war es naͤmlich schon laͤngst, daß Dampf mit einem
Ueberflusse von freier Waͤrme versehen werden kann, wenn der Raum, worin er
sich sammelt, von außen stark erhizt wird; wie es z.B. in Kesseln leicht geschehen
kann, worin das Wasser zu niedrig steht, und deren Waͤnde dann stellenweise
gluͤhend werden. Das in solchen Kesseln vorhandene Wasser beguͤnstigt
einigermassen diese Ueberhizung der Daͤmpfe, in so ferne es, als schlechter
Waͤrmeleiter, die Hize von oben nach unten nur langsam durchlaͤßt,
wenn es ruhig steht. Hr. Perkins will gefunden haben, daß
solche uͤberhizte Daͤmpfe verhaͤltnißmaͤßig nur wenig an
Spannung und Elasticitaͤt gewinnen, daß sie indessen ploͤzlich ihre
uͤberschuͤßige freie Waͤrme zur Bildung eines großen Quantums
hochdruͤkender Daͤmpfe hergeben koͤnnen, wenn Wasser bei
vermindertem Druke im Kessel aufwallt oder gar uͤberkocht und schaͤumt
und auf diese Weise mit den uͤberhizten Daͤmpfen durch groͤßere
Zersplitterung und Zertheilung in guͤnstige Beruͤhrungspunkte tritt.
Auf solche Art, meint Hr. Perkins, koͤnne eine
ploͤzliche Ueberladung des Kessels mit Daͤmpfen gerade durch eine
vorhergehende zu schwache und dem Beduͤrfnisse der Maschine unangemessene
Dampfentwiklung entstehen oder vorbereitet werden, die durch keine der bisherigen
Sicherheitsmaßregeln zu heben seyn wuͤrde.So viel diese neue Erklaͤrung der Dampfkesselexplosionen auch zur
Sprache gekommen und gebilligt ist, so kann ich meinen Theils doch durchaus
noch nicht in's Reine mit mir daruͤber kommen; denn1. Sollte der mit Hize uͤbersaͤttigte Dampf eines Kessels
waͤhrend des Ganges der Maschine nicht mit in diese
uͤbergehen, und sich in dem Maße erschoͤpfen, als er erzeugt
wird? Wuͤrde er bei seinem Uebergange in die Maschine hier nicht so
bedeutende Stoͤrungen an den Steurungsapparaten, z.B. an den
gewoͤhnlichen Zugventilen (slides) und
den Liederungen der Kolben und der Stastbuͤchse anrichten, daß diese
im Gange der Maschine sich sogleich offenbarten?2. Auf welche Weise soll das Wasser des Kessels bei regelmaͤßig
fortgesezter Feuerung desselben auf den Grad der
Zertheilung gebracht werden, daß es die gefaͤhrliche Verbindung mit
dem Waͤrmestoffe der uͤbersaͤttigten Daͤmpfe
ploͤzlich eingehen kann. Ein Ueberkochen ist bei regelmaͤßiger
Feuerung, bei gewoͤhnlicher Construction der Kessel, und bei einem
richtigen Gange der Maschine schwerlich anzunehmen, indem der Druk der
Daͤmpfe auf's Wasser unter diesen Umstaͤnden nicht in dem
Grade vermindert werden kann, als zur Hervorbringung eines so
ploͤzlichen Aufwallens oder Aufschaumens darin erforderlich ist. Eine
solche Verminderung des Drukes wuͤrde der Gang der Maschine oder ihr
Stillstand naͤmlich sogleich verrathen. Das dem Kessel
zugefuͤhrte Speisewasser wird aber tief unter den Wasserspiegel
desselben geleitet. Und sollte die Mittheilung der Hize
uͤbersaͤttigter Daͤmpfe an den Wasserspiegel des
Kessels so schwierig seyn, zumahl da dieser beim Wallen fortwaͤhrend
in Bewegung ist? Wuͤrde der Ueberfluß an Waͤrme sich nicht in
dem Maße wieder erschoͤpfen, als er entsteht? Warum wirkt doch der
Dampf in der alten Saveryschen Maschine nicht eher auf den gehobenen
Wasserspiegel ihrer Recipienten als bis dieser die Temperatur der
Daͤmpfe selbst angenommen hat, und geschieht hier die Mittheilung
nicht sehr schnell und lebhaft? hat man doch auch Siedepfannen, wo die Hize
des Ofens uͤber die zu verdampfende Fluͤßigkeit geleitet wird,
die gute Dienste leisten.3. Einige an meinem neuen Dampfentwiklungsapparate von mir gesammelte
Erfahrungen scheinen mir aber auch offenbar dagegen zu sprechen. Wenn
naͤmlich angenommen werden muß, daß bei einer temporaͤren
Hemmung der Einsprizung in denselben, die darin verbleibenden Daͤmpfe
durch die Einwirkung der oft von mir geflissentlich bis 800° Fahr.
erhizten Metallmischung auf jeden Fall bedeutend uͤberhizt worden
ist, so habe ich dennoch nie etwas einer Explosion Aehnliches vernommen,
wenn darauf die Einsprizung von Wasser wieder begann, vielmehr mußte oft
laͤngere Zeit wieder Wasser eingeworfen werden, ehe Dampfspannung
genug entstand, um die Maschine von neuem in Gang sezen zu koͤnnen.
Wohl hundert Mahl habe ich waͤhrend fortgesezter hoͤchst
reichlicher Einsprizung den Dampf voͤllig sichtbar aus dem
Sicherheitsventile fahren und sehr anhaltend stroͤmen sehen, was mir
viele Augenzeugen in London bewahrheiten muͤssen, ja dieser
hoͤchst heiße Dampf fuhr oft so gar fort auszublasen, wenn der
Generator alle Zeichen von Ueberladung mit Wasser von sich gab. Sollten
diese Daͤmpfe nicht gesaͤttigt gewesen seyn? Oder
haͤtte sie das im Generator fast in einen Staubregen verwandelte zu
verdampfende Wasser nicht saͤttigen koͤnnen? – Soviel
ist gewiß, daß gegen Hrn. Perkins's Hypothese
noch manches spricht, sie daher immer noch bloße Hypothese bleiben muß. Die
Erscheinungen, die Hr. Perkins fuͤr
dieselbe anfuͤhrt, sind nicht beweisend genug, sie konnten andere
Ursachen im Kessel, als eine Ueberladung der Daͤmpfe mit Hize haben.
Sollte Hrn. Perkins's Hypothese mehr
Wahrscheinlichkeit fuͤr sich haben, als die bisher angenommene, der
Gasentwikelung und Entzuͤndung im Kessel? Wenn Hr. Perkins den mit freier Waͤrme
uͤbersaͤttigten Dampfen so wenig Ausdehnungskraft zuschreibt,
als er es in seiner Abhandlung thut, warum beschleunigen Dampfmaschinen bei
niedrigem Wasserstande in ihrem Kessel gewoͤhnlich ihren Gang? Hievon
habe ich mich sehr oft selbst uͤberzeugt.
5) Eine andere Ursache stellt Hr. Philipp TaylorPhilosophical Magazin, N. S. N. S. 126. auf, die mir indessen keinen wichtigen Einfluß auf das Zerspringen der
Dampfkessel selbst, wohl aber auf ein gefaͤhrliches Herauswerfen derselben
aus dem Ofen zu haben scheint. Wenn naͤmlich beim Schlusse der
gewoͤhnlichen Register am Schornstein zur Regulirung des Zuges im
Dampfkesselofen eine Quantitaͤt Kohlengases darin aufgestaut und beim Oeffnen
des Schuͤrlochs oder bei Einwirkung anderer Umstaͤnde mit demjenigen
Antheile atmosphaͤrischer Luft vermischt wird, der es in Knallluft
verwandelt, so kann bei der durchs Feuer herbeigefuͤhrten Explosion desselben
der Kessel leicht empor geschleudert werden, da in manchen Fallen die Oeffnung des
Schuͤrlochs nicht groß genug seyn moͤchte, um die Wirkungen der Explosion zu
erschoͤpfen. Mir scheint der hier angeregte Vorgang gleich bedeutend mit dem
in Deutschland sogenannten und oft besprochenen Feuerwolfe zu seyn, den man
haͤufig bei schlechtziehenden Oefen, vorzuͤglich Bakoͤfen,
wahrgenommen und dessen zerstoͤrende Wirkungen man nicht selten
faͤlschlich durch Entladung elektrischer Materie zu erklaͤren gesucht
hat. Uebrigens ist demselben, so wie der vorher beruͤhrten Gefahr durch
zwekmaͤßige Maßregeln sehr leicht aus dem Wege zu gehen, sobald man nur von
richtigen Grundsaͤzen dabei ausgeht.
Und doch muß man allerdings einraͤumen, daß bei weitem die meisten der bisher
gesprungenen Kessel zu Hochdrukmaschinen gehoͤrten. Sollte diese Erscheinung
aber ganz allein, wie Herr von Baader meint, in der
Anwendung hochdruͤkender Daͤmpfe ihren Grund haben, und nicht mehr in
der unzwekmaͤßigen Construction der bisherigen Hochdrukmaschinenkessel zu
suchen seyn? – Der Begriff eines hochdrukenden Dampfes ist naͤmlich im
Grunde ganz relativ, und der Dampf nur im Verhaͤltnisse zur Construction des
Kessels, der durch denselben gedrukt wird, mehr oder weniger hochdruͤkend zu
nennen. Es kann jeder Kessel also nach Maßgabe seiner Staͤrke mit zu
hochdruͤkendem Dampfe gefuͤllt werden, wenn die zur Verhuͤtung
einer zu großen Steigerung seiner Spannkraft dienenden Maßregeln ihren Dienst
versagen. Und wer koͤnnte hier behaupten, daß diesem Uebelstande nur das
Hochdrukmaschinenprincip unterworfen waͤre, und eine moͤgliche
Ueberladung Watt'scher Kessel durchaus leugnen wollen?
Wird aber ein uͤberladener Watt'scher Kessel nicht
zu einem Hochdrukmaschinenkessel und so in Hinsicht der bei einer wirklich
erfolgenden Explosion anzurichtenden Zerstoͤrungen unter uͤbrigens
gleichen Umstaͤnden mit jenem in einen Rang treten, da, was ihm bei der
Explosion vielleicht an Spannung der Daͤmpfe abgeht, durch seinen großen
Umfang und durch die groͤßere Masse der in ihm angehaͤuften
Daͤmpft ersezt wird?Fast haben die zu Maschinen mit niederm Druke gehoͤrigen Kessel beim
Zerspringen noch immer mehr Schaden angerichtet, als die von
Hochdrukmaschinen. (Man vergl. die Abhandlung von Perkins uͤber das Zerspringen der Dampfkessel im polyt.
Journ. Bd. XXIV. S. 488.)
Anmerkung. Wenn ich den gesezlichen Druk der
Daͤmpfe in den Watt'schen Kesseln zu 4 Pfund und
den in den Hochdrukmaschinen nur zu 60 Pfund auf den Quadratzoll annehme, und beide
Kessel vor dem Gebrauche auf den dreidoppelten Druk versucht werden, so frage ich:
bei welchem der beiden kann dieser Druk eher uͤberschritten werden, bei
welchem ist also die Gefahr beim Versagen der Sicherheitsvorrichtungen am
groͤßten? – Unstreitig steigt der Druk der Daͤmpfe von 4 auf 12
Pfund doch schneller als von 60 auf 180 Pfund. – Wenn ich ferner ein
Sicherheitsventil etwas eingeklemmt annehme, so wird diese Einklemmung unstreitig
eher durch das Steigen des Dampfdrukes in den Hochdruk- als in den Watt'schen Kesseln gehoben werden, da dieses Steigen bis
zur eintretenden Gefahr in einem groͤßeren Zahlenverhaͤltnisse
zunimmt; 120 Pfund werden naͤmlich schon hinreichen, eine sehr bedeutende
Einklemmung von selbst zu heben, da 8 Pfund in der Regel wenig oder gar nichts
ausrichten koͤnnen.
Was die dem oͤfteren Zerspringen der Hochdrukmaschinenkessel (d.h. dem durch
Ueberspannung der Daͤmpfe herbeigefuͤhrten) zum Grunde liegende und
oben geruͤgte fehlerhafte Construktion derselben betrifft, so fuͤhre
ich in der Hinsicht Folgendes an.
1) Die Kessel bestehen gewoͤhnlich aus Gußeisen, einem aͤußerst
sproͤden und bruͤchigem Metalle, das in großer Dike gegossen, leicht
blasig wird und beim Abkuͤhlen Hoͤhlungen durch Crystallisation.
bekommt, die dem Auge aͤußerlich unsichtbar bleiben, das endlich sehr schwer
bei großen Formen von gleicher Dike zu gießen und zu bearbeiten ist.Bei dem in der Zukersiederei der Hrn. Constant und
Comp. in London zersprungenen Dampfkessel von Gußeisen sind die
Waͤnde an manchen Stellen nur 1/4 Zoll dik befunden worden. Ein solches Metall kann unmoͤglich dem großen Druke der
Hochdrukdaͤmpfe mit gehoͤriger Staͤrke und anhaltend
widerstehen, vielmehr muß dasselbe leicht unsichere Stellen erhalten, und wird, wenn
es einmal aus einander gesprengt wird, wegen seiner Bruͤchigkeit und
Sproͤdigkeit, durch das Umherschleudern der zersprungenen massiven
Stuͤke, zerplazten Bomben gleich, alles mit sich fortreißen und
zerschmettern, was sich ihm entgegenstellt. Geschlagenes, geschmiedetes oder
gewalztes Eisen, so wie man es in der Regel an den Watt'schen Kesseln findet, hat aber selten so zerstoͤrende Wirkungen
hervorgebracht. Gewoͤhnlich sind die Kessel an einer kleinen Stelle
aufgerissen,Wie oft moͤgen solche Risse bei Watt'schen
Kesseln wohl Statt gefunden haben, die wegen der Unbedeutenheit ihrer
nachtheiligen Wirkungen gar nicht zur Sprache gekommen sind. und der Dampf ist aus diesem Risse nach und nach hervorgedrungen, wobei er
unmoͤglich zerschmettern und umreißen kann. In Amerika sind die Kessel der
Oliver Evans'schen Hochdrukmaschinen, worin der Dampf mit
einem Druke von 8 bis 10 Atmosphaͤren wirkt, von geschlagenem Eisen, und man
hat außer dem Ungluͤksfalle auf dem Dampfschiffe Aetna, der aber auch von
einer Gasexplosion herruͤhren soll,London Journal of arts and sciences. Julius
1824. Polytechn. Journ. Bd. XV. S.
130. kein Beispiel einer dadurch entstandenen Gefahr.
2) Die Form der Kessel ist nicht immer die richtige. Sie muß durchaus in allen Theilen
derselben cylindrisch seyn, so daß selbst die Endflaͤchen sphaͤrisch
gebaut werden.Die von Taylor und Martineau in London gebauten Hochdrukmaschinenkessel sind alle
cylindrisch mit sphaͤrischen Endflaͤchen. Diese Construction widersteht bekanntlich am besten dem Druke der
Daͤmpfe von innen, da der Druk dabei auf allen Punkten gleichmaͤßig
vertheilt ist. Wie sehr man diese Regel beim Bau der Hochdrukmaschinen
vernachlaͤßigt hat, ist bekannt. Trevithik's erste
Kessel waren zwar cylindrisch, die Endflaͤchen aber platt. Sogar Oliver Evans's Kessel in Amerika haben noch diese fehlerhafte
Form.Marestier memoire sur les bateaux à vapeur des
états unies d'Amerique, Planch. VI.
Die jezt gewoͤhnlich in England uͤblichen Hochdrukmaschinenkessel mit
inwendigen Feuerroͤhren, seyen sie nun von Gußeisen oder Platteneisen und
genietet, sind in allen Faͤllen hoͤchst gefaͤhrlich,
vorzuͤglich wenn der Feuerplaz inwendig in dem Feuerrohre derselben
angebracht ist. Die Ausdehnung des innern staͤrker geheizten Rohres durch die
Hize ist groͤßer, als die des aͤußern Kessels, vorzuͤglich des
unteren Theiles desselben, wo das Wasser nicht selten auf einer niederen Temperatur
bleibt, und dieß verursacht Draͤngen und Zerren an den Stellen, wo
aͤußerer und innerer Kessel mit einander verbunden sind, oder an den
sogenannten Winkeleisen, die in den Eken zur Verbindung rechtwinklicht an einander
stoßender Platten gebraucht werden. Der naͤmliche Umstand findet
vorzuͤglich Statt, wenn der Wasserstand im Kessel durch irgend einen Zufall
zu niedrig wird, wo dann die obere Partie des Feuerrohres nicht selten roth
gluͤhet.Philosophical Magazin. Jun. 1827, S.
403–408. Polyt. Journ. Bd. XXIV. S.
295. Bd. XXV. S. 279.
3) Die Kessel sind zu groß an Umfang. Je groͤßer der Durchmesser eines Kessels
ist, desto mehr innere Oberflaͤche bietet er natuͤrlich dem Druke der
Daͤmpfe dar, desto mehr muß er von diesen leiden und folglich desto leichter
kann er zersprengt werden. Und was das Uebelste dabei ist, so waͤchst die
Gefahr hier mit dem Durchmesser des Kessels (d.h. eines cylindrischen, denn von
anderen kann gar die Rede nicht seyn), nicht im arithmetischen, sondern in einem
geometrischen Verhaͤltnisse; denn ein Kessel sezt unter uͤbrigens
gleichen Umstaͤnden bei einem um das Doppelte vergroͤßerten
Durchmesser dem Druke der Daͤmpfe nur noch den vierten Theil der Kraft wie
vorher, entgegen, die Gefahr seines Zerspringens waͤchst also durch doppelte
Vergroͤßerung um das Vierfache.Man vergl. Gilbert's Annalen der Physik, Jahrg.
1816. 10. St. S. 182 oben. Daselbst ist der Grundsaz aufgestellt, daß an
Roͤhren- und cylindrischen Kesseln unter uͤbrigens
gleichen Umstaͤnden die Kraft, womit dieselben dem Druke der
Daͤmpfe widerstehen, sich umgekehrt wie die Quadrate der
Durchmesser verhalte. Hr. v. Baader, der groͤßte
deutsche Eiferer gegen das Hochdrukmaschinenprincip, schlaͤgt in
seinem Systeme der fortschaffenden Mechanik Maschinen vor, die durch
comprimirte Luft betrieben werden sollen. Er will die Luft in großen
gußeisernen Behaͤltern von 4 bis 6 Fuß Durchmesser bis auf 20
Atmosphaͤren comprimiren. Glaubt er etwa, daß so ein Gefaͤß
weniger Gefahr habe, als ein Hochdrukmaschinenkessel? – Wenn man bedenkt, wie sehr der Umfang der Hochdrukmaschinenkessel bisher uͤbertrieben worden
ist, indem man nicht selten dergleichen von 4 bis 6 Fuß Durchmesser findet, so ist
nicht schwer durchzusehen, daß diese ungeheuren Kessel, von der oͤftern
Veraͤnderung der Temperatur sproͤder gemacht und vom Roste mehr oder
weniger zerfressen, endlich der Gewalt der Daͤmpfe weichen muͤssen,
zumahl wenn man ihre oͤftere Pruͤfung und Reparatur versaͤumt.
Zwar gibt man diesen Kesseln eine verhaͤltnißmaͤßige
Metallstaͤrke, dabei ist aber der guten Sache wenig geholfen; denn
vielfaͤltige Erfahrungen haben uns in der neuern Zeit uͤberzeugt, daß
dike Metallwaͤnde bei allen Siedegefaͤßen, vorzuͤglich
gegossenen, waͤhrend der Einwirkung der Flamme darauf eher reißen, als
duͤnne, indem sie eine sehr verschiedene Temperatur auf ihrer aͤussern
vom Feuer beruͤhrten und ihrer inneren vom Wasser bespuͤlten
Flaͤche annehmen, die eine ungleichmaͤßige Ausdehnung in den
Metallschichten zur Folge hat, wodurch Risse in dem Metalle bedingt werden.Mercure technologique. Mai 1823, S. 113.
Polytechn. Journ. Bd. XI. S.
474.
Anmerkung. Man wird hiernach beurtheilen koͤnnen,
was man von den Perkins'schen bombenartigen Erzeugern und
von den diken Mac-Curdy'schen Dampfkammern zu
halten hat. Wie ich in London vernommen habe, sind erstere aber auch alle Augenblike
gerissen. – Ueberdieß sind dike Siedegefaͤße auch schlechte
Dampfentwikler, indem die Mittheilung der Hize durch feste Metalle nur langsam Statt
findet. Je duͤnner man dieselben construirt, je leichter und schneller ist
die Dampfentwiklung in denselben. (S. Gilbert's Annalen
der Physik, Jahrg. 1824, St. 2. S. 225 etc.)
4) Wegen des großen Umfanges der Kessel der bisherigen Hochdrukmaschinen ist der
Dampfvorrath darin zu groß und zu wenig vereinzelt und vertheilt, so daß er zugleich
in gar keinem Verhaͤltnisse zum geringen kubischen Inhalte des Cylinders
steht. Nicht selten enthalten die bisherigen Hochdrukmaschinenkessel gegen 30 bis 40
Kubikfuß und oft noch mehr sehr stark gespannten Dampfes, der, ploͤzlich
entfesselt, sich in einen großen Umfang ausdehnen und alles zerschmettern muß,
zumahl da seine Quantitaͤt in dem Augenblike der Explosion noch durch eine
weit groͤßere aus dem uͤber 212° Fahrenh. erhizten Wasser sich
ploͤzlich entbindende vermehrt wird.
Anmerkung. Es ist eine alte und nicht erst, wie die
Lobredner des Hrn. Perkins's behauptet haben, von ihm
zuerst gemachte Erfahrung, daß Wasser, was unter Druk gehalten wird, sey es nun, daß
es in Gefaͤßen so eingeschlossen ist, daß es diese fuͤllt, oder daß
dieser Druk durch Daͤmpfe oder eine andere elastische Fluͤßigkeit in
einem Gefaͤße darauf hervorgebracht wird, eine hoͤhere Temperatur als
unter dem gewoͤhnlichen der Atmosphaͤre annimmt, und daß diese
Temperatur in Dampfkesseln in gleichem Verhaͤltnisse mit der Temperatur der
Daͤmpfe wachse, die innerhalb des Kessels aus denselben entwikelt werden. Es
ist ferner bekannt, daß das Wasser in Hochdrukmaschinenkesseln aus diesem Grunde
eine hoͤhere Temperatur wirklich annehme, daß es aber bei Aufhebung dieses
Drukes die bei sich fuͤhrende und uͤber 212° Fahrenh. gehende
Waͤrmemenge darauf verwendet, aus sich (d.h. ohne allen Hinzutritt neuer
Waͤrme) so lange Dampfe zu entwikeln, bis seine Temperatur auf 212°
Fahr. gefallen ist. Geschieht die Aufhebung des Drukes ploͤzlich, so ist auch
diese Dampfentwiklung augenbliklich, und dieß ist der Umstand, den ich vorher
bezeichnet habe, und der die zerstoͤrende Wirkung einer Dampfexplosion bei
den gewoͤhnlichen Kesseln so ungeheuer vergroͤßert. Je mehr Wasser und
Dampf ein Hochdrukmaschinenkessel also faßt, desto fuͤrchterlicher ist die
Zerstoͤrung, die er beim Zerplazen anrichtet. – Wir werden hierauf
weiter unten noch einmal zuruͤkkommen.
5) Die Kessel sind nicht genug mit Sicherheitsmaßregeln versehen, und diese sind
haͤufig unzwekmaͤßig construirt, oder werden in einem schlechten
Zustande erhalten. Ich habe mich von lezterem Umstande oft selbst uͤberzeugt.
In England sollen an mehreren zersprungenen Hochdrukmaschinenkesseln sogar die
gewoͤhnlichen Sicherheitsventile gefehlt haben, was indessen kaum zu glauben
ist. Die in Frankreich und England jezt erschienenen Verordnungen wegen
Pruͤfung der Sicherheitsventile und ihrer Verwahrung unter Schloß und Riegel
wenden zwar schon einen großen Theil der bisherigen Gefahr ab, indessen sind sie
doch noch nicht hinreichend, jedem Ungluͤke vorzubeugen, da Unordnungen an
solchen Theilen des Kessels oft ohne Wissen der Maschinendirektoren wenige
Augenblike nach angestellter Pruͤfung eintreten koͤnnen. Die
gewoͤhnlichen Meßinstrumente fuͤr die Spannung oder Temperatur der
Daͤmpfe sind nur in der Voraussezung nuͤzlich, wenn sie alle
Augenblike beobachtet werden. Von welchen Maschinendirektoren duͤrfte man
diese Aufmerksamkeit aber wohl erwarten? – Auffallend ist es, daß die Reichenbach'sche vortreffliche chemische Vorrichtung zur
Entladung der Kessel noch so wenig in Anwendung gekommen ist. Dieser geniale Mann
empfiehlt naͤmlich eine Oeffnung auf dem Kessel durch leichtfluͤßige
Metallmischungen, deren
Zusammensezung er fuͤr alle moͤglichen Temperaturen geliefert und
bekannt gemacht hat, zu fuͤllen. Da eine solche Metallmischung bei einer zu
hohen Temperatur und Spannung der Daͤmpfe im Kessel schmilzt, so macht sie
unfehlbar die Oeffnung frei, wenn alle uͤbrigen Sicherheitsmaßregeln ihren
Dienst versagen sollten. Unstreitig ist diese Vorrichtung, die fuͤr den
aͤußersten Fall schuͤzt, in Gesellschaft gewoͤhnlicher
Sicherheitsventile, die allerzuverlaͤßigste zu nennen, und verdient
dieserhalb die Aufmerksamkeit der Dampfmaschinenfabrikanten und Besizer im
hoͤchsten Grade, wenigstens ist sie dem Perkins'schen Sicherheitssake (safety bull) weit
vorzuziehen, der wegen der Schwierigkeit, ihn immer in gleicher Dike zu verfertigen,
ein hoͤchst unvollkommenes und in Hinsicht seiner Wirkung sehr
veraͤnderliches und unzuverlaͤßiges Instrument ist.In Frankreich werden jezt wieder Platten von solchen leichtfluͤßigen
Metallen sehr empfohlen, wodurch man Oeffnungen im Kessel verschließt. Diese
Platten schuͤzen zugleich vor einer uͤbermaͤsigen und
gefaͤhrlichen Ueberhizung der Daͤmpfe mit freier
Waͤrme, die beim Trokenkochen der Kessel leicht eintritt (siehe Perkins's Abhandlung uͤber das Bersten der
Dampfkessel). Ueber die in Frankreich empfohlenen Platten von
leichtfluͤßigen Metallen sehe man nach das Bullet. de la Soc. d'Encour. N. 271. S. 14. Polyt. Journ. Bd. XXIV. S. 303. Aber wir lieben Deutschen preisen immer lieber das Auslaͤndische als
unsere eigenen Erfindungen und Verbesserungen, und wenn leztere die fremden auch an
Zwekmaͤßigkeit und Werth weit uͤbertreffen. Wie hat man nicht auch in
Deutschland den Perkins'schen Sicherheitssak bis in den
Wolken erhoben, waͤhrend die vortreffliche Reichenbach'sche Vorrichtung angefeindet und vergessen wurde.
Daß andere Maschinentheile der Hochdrukmaschinen als der Kessel durch die Kraft der
Daͤmpfe zersprengt werden sollten, ist kaum glaublich, da sie gehoͤrig
stark eingerichtet und immer in einem erprobt sicheren Zustande erhalten werden
koͤnnen. Die Erfahrung hat aber auch wirklich noch kein Beispiel der Art
aufzuweisen, daher ich es fuͤr uͤberfluͤßig halte, davon zu
sprechen.
Anmerkung. Alle Apparate, die in einem sichern Zustande
erhalten werden koͤnnen, haben keine Gefahr, wenn der darin wirkende Druk
irgend einer Fluͤßigkeit auch noch so groß ist, sobald ihre Form und
Staͤrke nur dem Druke angemessen eingerichtet wird. Die Gefahr bei den
Dampfkesseln entsteht hauptsaͤchlich dadurch, daß so viele schaͤdliche
Potenzen auf sie einwirken, die die anfaͤngliche Sicherheit ihrer Struktur
nach und nach vermindern.
II.
Ein zweiter Haupteinwurf gegen die Vortheile der Hochdrukmaschinen betrifft eine
vermeintliche bei ihrer Anwendung Statt findende Verschwendung von
Waͤrmestoff. Man hat auf diesen Einwurf, obgleich er durch die neuesten
Erfahrungen in Frankreich und fruͤher schon in Amerika voͤllig
entkraͤftet worden ist, hie und da, vorzuͤglich in England, wo das
Hochdrukmaschinenprincip ohne allen Zweifel am wenigsten kultivirt ist, noch immer
viel Gewicht gelegt und selbst in der lezten Zeit scheint auf Veranlassung der
groͤßtentheils mißlungenen Versuche des Hrn. Perkins's die Anzahl der Zweifler im Allgemeinen mehr vermehrt als
vermindert worden zu seyn.
Ich will zuerst alle Gruͤnde derer, welche meiner Meinung nicht beistimmen,
anfuͤhren, und dann zugleich untersuchen, in wie ferne dieselben Gewicht
haben oder nicht.
1) Bei der Heizung eines Kessels oder jedes anderen Dampfentwiklungsapparates von
sehr hoher Temperatur, so wirft man ein, muß viel Hize aus dem Ofen ungenuͤzt
entweichen, da alle Waͤrme unter der Temperatur des Apparates nicht benuzt
wird. – So viel Gewicht dieser Grund anfangs auch zu haben scheint, so
laͤßt er sich nach meiner Meinung durch folgende Gegengruͤnde
einigermassen erschuͤttern.
a) Es ist ein allgemeiner Erfahrungssaz, daß bei
Verdunstung und Verdampfung von Fluͤßigkeiten die sich in Dunst oder Dampf
verwandelnde Fluͤßigkeit anderen nahen und mit derselben in Beruͤhrung
stehenden Koͤrpern den zu ihrer Verfluͤchtigung noͤthig
habenden Waͤrmestoff entzieht, und zwar in dem Grade, daß diese auf eine sehr
niedrige Temperatur dadurch gebracht werden kann. Dieß erfahren wir bei der
Verdunstung fluͤchtiger und spirituoͤser Fluͤßigkeiten auf
unserer Hand; dieß sehen wir beim Sieden des Wassers an der Erscheinung
bestaͤtigt, daß der Boden eines gewoͤhnlichen mit siedendem Wasser
gefuͤllten metallenen Kessels bei schneller Abnahme vom Feuer im ersten
Augenblike ohne Nachtheil mit der Hand beruͤhrt werden kann, weil der im
Augenblike des Abnehmens noch fortgehende Verdampfungsproceß im Kessel ihm
ploͤzlich allen Waͤrmestoff entzieht. Ich frage nun, bringt die
verdunstende oder verdampfende Fluͤßigkeit hier diejenigen Koͤrper,
denen sie zum Zweke ihrer Verdunstung oder Verdampfung ihren Waͤrmestoff
entzieht, nicht unter ihre eigene Temperatur und unter die der aus ihr entwikelten
Daͤmpfe, sollten hiernach also den durch den Ofen streichenden und einen
Dampfkessel heizenden Gasen nicht so gut, wie jenen Koͤrpern, ihr
Waͤrmestoff in dem Grade entzogen werden koͤnnen, daß sie unter der
Temperatur der entwikelten Daͤmpfe aus dem Ofen entweichen muͤssen?
– Sollte bei Verwandlung einer Fluͤßigkeit in Dampf die Mittheilung
der Hize nicht vielleicht nach andern physischen Gesezen Statt finden, als wir es
zwischen zwei andern Koͤrpern von verschiedener Temperatur wahrnehmen? Ist es
nicht denkbar, daß dieß vorzuͤglich von dem Waͤrmestoffe gelten
koͤnne, der in dem Dampfe fuͤr das Gefuͤhl, oder als latent, verschwindet?
– Ich fuͤhle mich zu unerfahren, um daruͤber zu entscheiden,
indem mir zugleich manche Phaͤnomene nicht entgangen sind, die gegen diesen
Saz offenbar zu sprechen scheinen. Wenn Hr. Uthe in
Dresden (polytechn. Journ. Bd. XV. S. 452)
so sehr obigen Einwurf, bei Gelegenheit einiger Bemerkungen uͤber die Perkins'sche Maschine, vertheidigt, so scheint er sich
bald darauf doch gleichsam selbst zu widerlegen, indem er von seinem neu erfundenen
Dampfkessel erzaͤhlt, daß derselbe Daͤmpfe vom Druke zweier
Atmosphaͤren (also ungefaͤhr von 248 Fahr.) mit vollkommener
Absorbtion aller Hize des Brennmaterials entwikle, indem die aus dem Ofen in den
Schornstein entweichenden Gase nur eine Temperatur besaͤßen, die es erlaubt,
die Hand in den Strom derselben zu tauchen, ohne etwas anderes als eine laue
Waͤrme zu empfinden. Waͤre dieses moͤglich, wenn alle
Waͤrme unter der Temperatur der erzeugten Daͤmpfe aus dem Ofen
unbenuzt verloren ginge? –
b) Hr. Christian in Paris,
dem wir in neuerer Zeit manche Aufklaͤrungen in der Dampflehre zu verdanken
haben,Traité de mecan. indust. Volum. II., der
fast ausschließlich von den Dampfmaschinen und seinen Versuchen im Felde der
Dampflehre handelt. (Bernouilli's
Anfangsgruͤnde der Dampfmaschinenlehre, S. 85.) verdampfte in einem Kessel bei einer sich gleich bleibenden Feuerung in
gleichen Zeitraͤumen gleich viel Wasser unter verschiedenem Druke und
verschiedener Temperatur der entwikelten Daͤmpfe. Da nun der mechanische
Effekt dieser in Dampf von verschiedener Elasticitaͤt verwandelten
Wasserquantitaͤten aus weiter unten erlaͤuterten Gruͤnden sehr
verschieden angenommen werden kann, und namentlich sehr zum Vortheile der
Dampfentwiklung in hoͤheren Temperaturen ausfaͤllt, so ist dadurch
klar bewiesen, daß bei lezterer mit Ruͤksicht auf den mechanischen Effekt an
Brennmaterial nicht allein nicht verloren, sondern offenbar gewonnen werde.
c) Ich selbst habe mich durch die Erfahrung
augenscheinlich uͤberzeugt, daß bei der Entwiklung sehr hochdruͤkender
Daͤmpfe in meinem neuen Dampfentwiklungsapparate kein Verlust an
Brennmaterial, sondern eher das Gegentheil Statt finde, indem ich mit einem Pfunde
guter Steinkohlen 8 bis 10 Pfund eiskalten Wassers in sehr hochpressenden Dampf,
d.h. von 600 bis 800 Pfund Druk auf den Quadratzoll verwandeln kann, welcher Effekt
den des Uthe'schen KesselsPolyt. Journ. Bd. XV. S. 452.) noch uͤbersteigt, wenn man bedenkt, daß mein Entwikler dieses Wasser
vor seiner Verdampfung nicht selten von 32° Fahrenh. erst auf 500° und
hoͤher erheben muß, Hr. Uthe's Kessel aber, wie es
scheint, seinen Wasservorrath im Sieden hat. Bei dieser Entwiklung so
hochdruͤkender Daͤmpfe in meinem Apparate geht so wenig Hize in den Schornstein
verloren, daß ich selbst bei fortwaͤhrendem langen Gebrauche des Apparates
die 9 Zoll starken unteren Waͤnde des Schornsteins noch nie erwaͤrmt
gefunden habe. – Die Menge der in den Schornstein entweichenden Hize bei
Hochdrukmaschinen ist uͤberhaupt nie so groß, als Hr. Uthe sie darzustellen sich bemuͤht; denn bei einer von mir erbauten
Hochdrukmaschine, die mit 6 Atmosphaͤren Dampfdruk wirkte, habe ich mit
dieser Hize nicht einmal das Speisewasser in einem ausgebreiteten Gefaͤße
lauwarm machen koͤnnen.Eine oͤkonomische Benuzung der bei Hochdrukmaschinen moͤglicher
Weise zu stark in den Schornstein entweichenden Hize wird gewiß durch
Erwaͤrmung des Speisewassers erreicht, wenn man dasselbe in einem
flachen Gefaͤße mit großer Bodenflaͤche uͤber dem von
dem Kessel in den Schornstein fuͤhrenden Zug des Ofens sammelt, ehe
es zur Maschine gebracht wird. Diese Erwaͤrmungsmethode des
Speisewassers hat einen vorzuͤglich oͤkonomischen Werth bei
solchen Hochdrukmaschinen, in denen der Dampf nach seiner Wirkung noch zu
anderen technischen Zweken benuzt wird, und man seiner zur Erwaͤrmung
des Speisewassers nicht entbehren kann.
Ob die Anwendung der Geblaͤse bei der Entwiklung sehr hoch gespannter
Daͤmpfe von Nachtheil sey, und, wie Hr. Uthe am
angefuͤhrten Orte meint, den Waͤrmeverlust noch vermehre, muß ich nach
meiner Ansicht verneinend beantworten, denn
α) aus meinen vielfachen Erfahrungen habe ich ersehen, daß es zum Zweke einer
reichlichen und schnellen Dampfentwiklung in einem Apparate nicht darauf ankomme,
daß die Hize ihn in vielen Zuͤgen umspiele, sondern daß sie ihn in einer
vortheilhaften Richtung und mit gehoͤriger Intensitaͤt treffe, um sich
schnell und mit wenigem Verluste an ihn abzusezen.
β) Bei Anwendung eines Geblaͤsefeuers hat man den entschiedenen
Vortheil einer vollkommenern Verbrennung des Brennmaterials, wodurch in Hinsicht der
Waͤrmeentwiklung sehr bedeutend gewonnen wird, so daß um deßwillen andere
etwanige kleine Verluste auch weniger Nachtheil bringen und eher verschmerzt werden
koͤnnen. Schon die groͤßere Hize in einem Hochdrukmaschinenofen mit
gewoͤhnlichem Luftzuge, die weder an den Waͤnden desselben, noch an
dem Kessel selbst, wegen der hoͤheren Temperatur des ganzen Apparates zu sehr
gedaͤmpft wird, sondern uͤber dem Feuerheerde mehr concentrirt bleibt,
erleichtert und befoͤrdert einen vollkommenern Verbrennungsproceß, als in den
Watt'schen Dampfkesseloͤfen, indem es eine
durch die Erfahrung bewiesene Thatsache ist, daß ein lebhafteres Feuer in Hinsicht
der Brennstoffersparung vor einem gedaͤmpftern entschiedene Vorzuͤge
hat.
Bei den gewoͤhnlichen Feuerungen der Dampfkessel ist in Hinsicht der
vollkommenern Verbrennung des Feuermaterials bisher noch immer zu wenig gethan,
indem man durch unnoͤthige Kuͤnsteleien einem Uebel abzuhelfen gesucht hat,
das in ganz andern Umstaͤnden seine Ursache findet, als in dem Mangel
frischer unzersezter Luft uͤber dem Feuerheerde. Die richtigsten
Grundsaͤze zur Verbesserung der Feuerungen hat unstreitig Hr. Wagenmann
Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des Gewerbfleißes in
Preußen. 3ter Jahrg. S. 100. aufgestellt. Der Rauch verbrennt naͤmlich nur dann vollkommen, wenn
dem vom Feuer aufsteigenden erhizten Luftstrome seine Hize nicht zu schnell entzogen
wird, wenn man diese vielmehr uͤber dem Feuerheerde, ehe sie die zu heizenden
Apparate beruͤhrt, moͤglichst concentrirt. Das Nachstroͤmen
frischer unzersezter Luft durch den Rost und durch das Feuermaterial wird zugleich
durch diese Concentration der Hize uͤber dem Roste so befoͤrdert, daß
es an dieser unzersezten Luft als zweites Bedingniß zur Verzehrung des Rauchs nicht
fehlen kann. Einen durch den bei gewoͤhnlichen Kesselfeuerungen gleich
uͤber dem Feuerheerde liegenden Kessel schon abgekuͤhlten und mit
Rauch vermischten Luftstrom noch durch neuen Zuschub von frischer und zwar kalter
nicht durch das Brennmaterial gegangener Luft oberhalb des Feuerheerdes versorgen,
heißt ihn unnoͤthiger Weise noch mehr abkuͤhlen und die Verbrennung
des Rauches um so unvollkommener machen.Man vergl. die in Bernoulli's
Anfangsgruͤnden der Dampfmaschinenlehre beschriebenen Vorrichtungen
von Wakefield, Parker (l.
e. S. 125 und 126) Gilbert's Annalen der
Physik, II. S. 311. Biblioth. Britann. 1801.
Edinburgh phil. Journ. 1822. S. 297, pl. X. Partington's Account of the
Steam-Engine, S. 54. Vorzuͤglich nachtheilig fuͤr die Feuerung und also fuͤr
die Ersparung des Brennmaterials sind alle die Kessel eingerichtet, in welchen der
Feuerplaz innerhalb ihres Wasserraumes angebracht ist. Wegen ihrer sonstigen
Bequemlichkeit und vorzuͤglich aus dem Grunde, daß sie keines gemauerten
Ofens beduͤrfen, hat man diese Kessel vorzugsweise auf Dampfschiffen
angewandt. Man glaubt bei denselben zugleich sehr an Feuerung zu sparen, indem man
die Hize, die bei gewoͤhnlichen eingemauerten Kesseln an den
Ofenwaͤnden verloren geht, allein fuͤr die zu heizenden
Kesselwaͤnde verwandt hofft. Hierin hat man sich aber geirrt. Die durch das
Brennmaterial erhizten Gase, die mit dem unverbrannten Rauche sogleich auf die
kuͤhlem Waͤnde des Kessels stoßen und der zur Verbrennung des Rauches
noͤthigen Hize beraubt werden, behalten fuͤr diesen Zwek nicht genug
von derselben. Dieserhalb lassen die Kessel auf Schiffen mit diesen
unzwekmaͤßig angelegten Feuerungen so viel Rauch unbenuzt entweichen, daß die
Schiffe oft in eine schwarze undurchdringliche Wolke desselben gehuͤllt
werden. Man kann annehmen, daß bei dieser Art die Kessel zu feuern doppelt so viel
Brennmaterial verschwendet wird, als durch die Anwendung eines zwekmaͤßigen Ofens geschehen
waͤre.
Anmerkung. Hr. von Valcourt
erzaͤhlt in seiner DenkschriftBullet. de la Société d'Encourag. p.
l'ind. nat. Maͤrz 1821. Polyt. Journ Bd. VI. S. 146. uͤber Dampfmaschinen eine hoͤchst merkwuͤrdige
Beobachtung, die er an einer zu Neu-Orleans errichteten Dampfmaschine machte.
Er fand naͤmlich, daß diese Maschine nur die halbe Arbeit that, wenn er den
Rost des Ofens 6 Zoll hoͤher als gewoͤhnlich legte. Sollte dieses
sonderbare Ergebniß nicht den Wagenmann'schen Principien
und meinen Ansichten daruͤber das Wort reden? – Gewann doch bei einem
niedrigeren Stande des Rostes die Hize mehr Raum uͤber demselben, und kam
nicht zu schnell mit dem Kessel in Beruͤhrung, wurde also nicht zu bald in
ihrer Intensitaͤt geschwaͤcht. Auch die Erfahrung, daß Kalksteine in
einiger Entfernung uͤber dem Roste in den die Hize zum Kessel bringenden
Canal aufgeschichtet, die Wirkung des Brennmaterials vermehren, spricht fuͤr
die Richtigkeit jener Principien; denn der gluͤhend werdende Kalkstein
vermehrt die Hize uͤber dem Roste, und befoͤrdert so die Verbrennung
des Rauchs.Partington's account of the Steam. Eng. S. 183.
Zu den Gruͤnden, welche die Gegner der Hochdrukmaschinen in Hinsicht der von
ihnen vorgeworfenen Waͤrmestoffverschwendung auffuͤhren,
gehoͤrt ferner
2) der große Verlust an strahlender Hize, den diese Maschinen erleiden sollen.
– In so ferne der Verlust an dieser strahlenden Hize auf der
Oberflaͤche eines erhizten Koͤrpers um so groͤßer wird, je
heißer dieser ist, und in so ferne die meisten der bisherigen
Hochdrukmaschinenkessel in der Regel der aͤußern Atmosphaͤre eine weit
groͤßere Oberflaͤche darbieten als die ist, worauf das Feuer wirkt,
kann keiner in Abrede stellen, daß die Hochdrukmaschinen auf diesem Wege nicht
großen Verlust an Waͤrmestoff erleiden sollten, zumal da die Kessel auf
Dampfwagen zum Theile sogar jeder Witterung, wenigstens doch einem steten Wechsel
kaͤlterer Luftschichten unterworfen sind. Es bleibt ferner eben so
unbestritten, daß die in den Hochdrukmaschinen wirkenden sehr heißen Daͤmpfe
durch diesen nachtheiligen Umstand nicht viel von ihrem Waͤrmestoffe
verlieren und sich dadurch zum großen Theil wieder verdichten sollten; indessen darf
man auf diese Umstaͤnde kein so großes Gewicht legen, als der erste Schein
vielleicht lehren moͤchte, und muß, was die Erbauer von Hochdrukmaschinen
etwa verbrachen, nicht der guten Sache selbst zum Vorwurf anrechnen. Meine Maschinen
werden den Beweis liefern, daß man bei keiner Art von Dampfmaschinen die erhizte und
der Luft dargebotene Oberflaͤche derselben in Verhaͤltniß zu ihrer
Wirkung so klein
einrichten koͤnne als bei den Hochdrukmaschinen. Sind alle erhizten Theile
derselben auch heißer, als bei denen mit niederem Druke, so verliert dagegen der
Umfang aller dieser Theile in einem sehr guͤnstigen Verhaͤltnisse an
Groͤße, und hilft dadurch dem Uebelstande vollkommen ab. Uebrigens hat man ja
auch Mittel genug in Haͤnden, selbst an den wenigen uͤbrig bleibenden
der Luft Preis gegebenen Stellen das starke Ausstrahlen von Hize zu
verhuͤten. Die Folge wird dieß mehr an's Licht stellen, daher ich hier
daruͤber kein Wort mehr verlieren will.
3) Noch einer der Vorwuͤrfe, welche den Hochdrukmaschinen in Hinsicht der
Waͤrmestoffverschwendung gemacht werden, ist endlich der, daß sie wegen des
hohen in ihnen waltenden Drukes der Daͤmpfe einen groͤßeren
Dampfverlust bei der Bewegung des Kolbens und an allen Dichtungsstellen
beguͤnstigen. – Ich kann auf diese Anklage nichts erwiedern, als daß
eine Erfindung, die erst in ihrer Kindheit ist, nicht sogleich allen Forderungen
strenge entsprechen koͤnne, die man daran macht. Die Dampfmaschinen mit
niederm Druke brauchten viele Jahre, bis sie den Grad ihrer jezigen Vollkommenheit
erreichten und man will, daß die Hochdrukmaschinen, bei aller der wenigen
Aufmerksamkeit, die man ihnen schenkte, sich mit einem Mahle auf den Gipfel der
Vollkommenheit schwingen sollen? – Kann jemand behaupten, daß Nachtheile
eines Principes, denen man bisher noch nicht ganz abgeholfen hat, gar nicht zu
entfernen seyen, und muß man immer uͤber Maͤngel eines Principes
schreien, wo man uͤber die Kurzsichtigkeit seiner Verbesserer seufzen sollte?
– Die Vorsehung lasse uͤber das Hochdrukmaschinenprincip nur noch
mehrere solcher Maͤnner, als Oliver Evans in
America war, walten, und es wird bald von keinen Watt'schen Maschinen mehr die Rede seyn, so sehr jezt auch Kurzsichtigkeit,
Neid und Kabale sich dagegen stemmen.
Aber waͤre denn diese Anklage nicht auch mehr oder weniger zu
entkraͤften? – Ist z.B. eine Dichtung an Theilen von kleineren
Dimensionen nicht leichter als an groͤßeren? – Sollte mehr Dampf bei
einem Oliver Evans'schen Cylinderkolben von 6 Zoll
Durchmesser, als bei einem (in Hinsicht der Kraftausuͤbung gleich starken)
Watt'schen von 18 Zoll entwischen koͤnnen?
Laͤßt eine kleine Liederung sich nicht genauer und zwekmaͤßiger
einrichten, als eine große? Und sollte nicht eine Vorrichtung gedacht werden
koͤnnen, wobei aller Dampfverlust ohne besondere und viele Aufmerksamkeit und
Pflege erfordernde Kuͤnstelei gehoben wird? – Ich bin von der
Moͤglichkeit ihrer Ausfuͤhrung so gewiß uͤberzeugt, hoffe sogar
diese Aufgabe an meiner Hochdrukmaschine so vollkommen geloͤst zu haben, daß
selbst bei einem constanten Dampfdruke von 40 und mehr Atmosphaͤren jede Verschwendung auf
diesem Wege wegfaͤllt. Auch bin ich so gluͤklich gewesen, eine sehr
einfache Dichtung fuͤr alle uͤbrigen Maschinentheile zu finden, die
sowohl in Hinsicht ihrer schnellen und leichten Herstellung als in Ruͤksicht
ihrer Dauerhaftigkeit und Erhaltung nichts zu wuͤnschen uͤbrig
laͤßt. Selbst die Steuerung meiner Maschine ist so vorzuͤglich, daß
sie fuͤr immer dampfdicht und vollkommen ohne Reibung arbeitet, wenn der Druk
der Daͤmpfe den von 40 Atmosphaͤren auch weit uͤbersteigt.
III.
Ein Einwurf, den man selbst haͤufig von Kunstverstaͤndigen machen
hoͤrt,Man vergl. Jos. v. Baader's Bemerkungen
uͤber die von Hrn. v. Reichenbach
angekuͤndigte Verbess. d. Dampfm. S. 18. ist der, daß man in den Hochdrukmaschinen durch Aufopferung des luftleeren
Raumes im Cylinder einen großen Kraftverlust erleide. – Wenn dieser luftleere
Raum bei den Watt'schen Maschinen ohne alle
Kraftverschwendung gebildet und erhalten wuͤrde, so moͤchte dieser
Einwurf allenfalls einiges Gewicht gewinnen, da die Erfahrung aber zeigt, daß der
Nuzeffekt dieser Maschinen durch die Bewegung der Luft- und kalten
Wasserpumpe und durch manche andere bei Anwendung eines gewoͤhnlichen
Condensationsapparates herbeigefuͤhrte Hindernisse in dem Maße
geschwaͤcht werde, daß von 17 Pfund absoluten Druk nicht selten nur 7 Pfund
effektiven auf den Quadratzoll des Kolbens uͤbrig bleiben, so kann man sagen,
daß der wirkliche durch Anwendung der Condensation erreichte Gewinn an Effekt nur 4
1/2, bis 5 Pfund fuͤr den Quadratzoll der Kolbenflaͤche, also nur den
dritten Theil des wirklichen Druks der Atmosphaͤre betrage und dieß ist ein
Gewinn, der schon bei Anwendung des Hochdrukmaschinenprincipes in einer geringeren
Ausdehnung durch die dabei obwaltenden vielen weiter unten beruͤhrten
Vortheile, z.B. der Einfachheit ihrer Construktion, des Mangels aller der vielen
Pumpen und Pumpenstangen, der großen zu bewegenden Metallmassen, des kleineren
Durchmessers des Cylinders und der geringeren Friktionsflaͤche des Kolbens
darin u.s.w. bei weitem uͤberwogen wird. Auffallend werden diese Vortheile
der Hochdrukmaschinen beim Gebrauche sehr hochdruͤkender Daͤmpfe und
bei Anwendung des sogenannten Expansionsprincipes.
Um die Sache durch ein einfaches Beispiel zu schlichten, so will ich durch
Vergleichung des Dampfverbrauches in 2 Maschinen von gleicher Kraft einer Watt'schen und einer Hochdrukmaschine den Vortheil der
leztern an Feuerung darzuthun mich bemuͤhen.
Eine Watt'sche Maschine von 10 Pferdekraft hat einen 18
zoͤlligen Cylinder, folglich 245 Quadratzoll Kolbenoberflaͤche, und
der Kolben derselben
legt in der Minute 192 Fuß zuruͤk, der Dampfverbrauch ist also, wenn man den
Druk der Daͤmpfe innerhalb des Cylinders nur zu dem der Atmosphaͤre
annimmt, fuͤr die Minute 245 × (192 × 12) = 564080 Kubikzoll
oder uͤber 326 Kubikfuß einfachen Dampfes und mit dieser Dampfmasse wird ein
wirklicher Nuzeffekt von 1718 Pfund Druk auf den ganzen Kolben bei 192 Fuß
Geschwindigkeit in der Minute hervorgebracht. –
Eine mit 100 Pfunden auf den Quadratzoll und mit halber Fuͤllung des Cylinders
arbeitende Hochdrukmaschine von dem naͤmlichen Nuzeffekte hat einen 7
zoͤlligen Cylinder, also 38,4 Quadratzoll Kolbenoberflaͤche und macht
180 Fuß per Minute, der Verbrauch an Daͤmpfen ist also
38,4 × (180 × 12)/2Es muß hier durch 2 dividirt werden, weil bei eingefuͤhrter halben
Fuͤllung der Dampfverbrauch der halben Laͤnge des Kolbenweges
entspricht. = 41472 Kubikzoll.
Multiplicire ich diese Summe mit 8, als der Anzahl von Atmosphaͤren,Acht Atmosphaͤren geben eigentlich 116 Pfund Druk auf den Quadratzoll.
Man muß hier aber den Druk einer Atmosphaͤre abrechnen, weil die
Maschine ohne Vacuum arbeitet, den
abstroͤmenden Daͤmpfen also der Druk der Atmosphaͤre
entgegenwirkt. die dem Druke von 100 Pfunden auf dem Quadratzoll untergelegt werden muß, so
ist der Verbrauch an einfachem Dampfe (d.h. wenn ich keine Ruͤksicht auf die
Ausdehnung der Daͤmpfe von hoͤherem Druke durch den groͤßeren
Antheil ihrer bei sich fuͤhrenden freien Waͤrme nehme) 331776
Kubikzolle oder 192 Kubikfuß, es wird also bei gleichem Nuzeffekte beinahe die
Haͤlfte an Dampf erspart. Dieser Vortheil in Hinsicht des Dampfverbrauches
wird noch viel auffallender, wenn man mit drittel oder gar viertel Fuͤllung
des Cylinders arbeitet.
Da die Kolbenoberflaͤche in einer Hochdrukmaschine, im Verhaͤltnisse
zum beabsichtigten Druke der Daͤmpfe darauf, immer kleiner wird, je
hoͤher dieser Druk der Daͤmpfe in der Maschine steigt, so wird auch
der Verlust des luftleeren Raumes immer weniger fuͤhlbar, waͤhrend die
uͤbrigen oben erwaͤhnten Vortheile bei Anwendung des hohen Drukes
wachsen. Dieserhalb ist nicht schwer einzusehen, daß diese Vortheile des
Hochdrukdampfes immer groͤßer ausfallen, je hoͤher man die Spannung
desselben in der Maschine annimmt, und je wehr man denselben im Cylinder durch
Ausdehnung wirken laͤßt; so wie es von der anderen Seite eben so einleuchtend
ist, daß ein offenbarer Verlust an Dampf und Feuerung entstehen muͤsse, wenn
man Hochdrukmaschinen mit zu niedrigem Druke, z.B. dem von 2 oder 3
Atmosphaͤren und noch dazu ohne alle Anwendung des Expansionsprincipes betreibt, wie es leider
groͤßtentheils in England geschieht.Eine mit 2 Atmosphaͤren Dampfdruk und ohne Anwendung des
Expansionsprincips arbeitende Hochdrukmaschine von 10 Pferdekraͤften
wuͤrde uͤber 900,000 Kubikzolle oder 520 Kubikfuße einfachen
Dampf, also beinahe das Doppelte einer Watt'schen
Maschine an Feuerung gebrauchen. Es ist wahrlich hiernach nicht zu verwundern, wenn in diesem Lande die
Hochdrukmaschinen so wenig gelten, und man ihre Vortheile im Allgemeinen so
bezweifelt. Sollte man solchen Mißbrauch derselben aber auch da vermuthen, wo man in
der Fabrikation und Anwendung der Dampfmaschinen sonst so weit fortgeschritten ist,
und wo man so sehr nach Brennmaterialersparung dabei geizt?England hat aber keinen James Watt mehr. Seine
jezigen Dampfmaschinenbauer sind groͤßtentheils nichts mehr als bloße
Empyriker, ja ich moͤchte sagen Handwerker. Sie bauen ihre Maschinen,
vorzuͤglich die mit niederm Druke, zierlich, dauerhaft und gut, und
kennen eine Menge vorteilhafter Handgriffe zu ihrer Verfertigung, besizen
auch zum Theil vortreffliche Werkzeuge zum Bau derselben, aber die meisten
unter ihnen wissen nicht, warum sie dieselben so bauen und nicht anders. Auf
ihrem jezigen Standpunkte muß ihnen vor jeder Neuerung grauen, die ihren
alten Schlendrian umzustoßen droht, und so ihre ganze Kunst in ein Nichts
verwandelt. Dieserhalb feinden sie auftretende Verbesserer an und bieten
alles auf, sie und ihre Sache zu verderben. Dieserhalb bekuͤmmern sie
sich nicht darum, wie man in anderen Laͤndern fortgeht, ihnen zum
Theil sogar zuvorthut und voranschreitet, und wollen es nicht wissen; denn
ihr Vortheil ist es, bei der wenigsten Anstrengung ihrer intellektuellen und
physischen Kraͤfte fortexistiren zu koͤnnen. Ihr Stolz macht
ihnen aber auch weiß, daß alle andere Nationen ihnen nur
nachstuͤmpern, und daß es unmoͤglich und unter ihrer
Wuͤrde sey, von ihnen etwas zu lernen. Sie glauben sich nicht
uͤbereilen zu duͤrfen in ihren Fortschritten, da diese zu weit
hinter ihnen zuruͤkstehen, um sie je wieder einholen, noch gar
uͤbertreffen zu koͤnnen.Wenn auch das jezige Deutschland, das leider nur immer im Anstaunen des
Auslaͤndischen lebt, und dadurch das Gefuͤhl seiner selbst und
das Vertrauen zu seiner eigenen Kraft verliert, die es seit vielen
Jahrhunderten zur Wiege der herrlichsten und groͤßten technischen
Erfindungen machte, das Gewicht dieser meiner Worte nicht anerkennen sollte,
so wird gewiß noch einmal die Zeit kommen, die mich rechtfertigen wird. Die
Einwuͤrfe derer deutschen Techniker, die England durchreiseten, gegen
diese meine Behauptungen kenne ich, ohne daß sie sie laut werden lassen.
Vielleicht moͤchten sie aber bald vollkommen auf meine Seite treten,
wenn sie einmal 2 Jahre hindurch unter den englischen Engineers aller
Klassen in solchen Verhaͤltnissen leben wuͤrden, in welchen
ich mich darunter aufhielt, und mit denselben in Beruͤhrung kam. Sie
sahen diese Engineers im Vorbeifluge nur gleichsam in den Flitterwochen. Die
Frau zeigt sich aber oft ganz anders, als die Braut.
IIII.
Ein vierter Einwurf gegen die Vortheile der Hochdrukmaschinen ist der, daß sie mehr
Schmiere im Dampfcylinder zur Erleichterung der Bewegung des Kolbens und seiner
Stange erfordern sollen, als die von niederem Druke. Man will diesem Einwurfe zum
Theil dadurch mehr Gewicht geben, daß man behauptet: die Schmiere
verfluͤchtige sich bei der hohen Temperatur, worin die Maschinen
arbeiten.
Daß Fett, welches erst bei einer Temperatur von 600° Fahrenh. siedet, und bei
niederen Waͤrmegraden wenig oder gar nicht verdunstet, in den
Hochdrukmaschinen, wo die Daͤmpfe doch noch nicht bis zur Temperatur von
300° Fahr. gestiegen sind, bedeutend verdampfen koͤnne, ist wohl nicht
glaublich, auch hat die Erfahrung diese Behauptung noch keinesweges gerechtfertiget,
wenn wir nicht die Perkins'schen Maschinen ausnehmen
wollen, in welcher das zur Kolbenschmiere gebrauchte Fett (halb gutes
Baumoͤhl und halb russischer Talg) sich wirklich etwas chemisch zersezen
soll. Sollte aber deßwegen in dem zweizoͤlligen Cylinder der Perkins'schen Maschine mehr Fett gebraucht werden, als
bei dem einer mit niederem Druke von gleicher Kraft, wo die Schmiere zwar auf keine
so heißen Waͤnde als im Perkins'schen Cylinder
aber auch auf viel groͤßere vertheilt wird? Ich kann dieß kaum glauben. Bei
einer von mir erbauten Dampfmaschine, die oft mit einem Druke von 8
Atmosphaͤren betrieben worden ist, habe ich sehr wenig Fett gebraucht. Meine
neueste Dampfmaschine braucht nicht den 8. Theil der Schmiere, den eine Watt'sche von gleichem Effekte verwendet.
Ueberhaupt bin ich der Meinung, daß das in den Cylinder der Dampfmaschine gebrachte
Fett sich nur verschmiert, nicht verfluͤchtiget und zersezt. Es wird
mechanisch mit den im Cylinder sich an den Waͤnden desselben verdichtenden
Daͤmpfen vermengt und mit diesen zu den Ausflußoͤffnungen beim
Ausblasen der Daͤmpfe herausgetrieben. Dieserhalb nimmt das in den
Abzugsroͤhren der Hochdrukmaschinen sich sammelnde Wasser immer eine
milchigte Beschaffenheit an und sieht gewoͤhnlich aus, als wenn Seife darin
aufgeloͤset waͤre. Bei den Maschinen des Mechanikus Freund in Berlin,Eine Beschreibung und Abbildung davon findet sich in Gilbert's Annalen der Physik, Jahrg. 1821, 1stes Stuͤk, S.
49. in welchen die Daͤmpfe in einem roͤhrenfoͤrmigen
Condensator ohne Einsprizung verdichtet werden, kann man die naͤmliche
Erscheinung beobachten. – Ich will dieses nur anfuͤhren, um zu
beweisen, daß die Maschinen mit niederem Druke in diesem Punkte vor den
Hochdrukmaschinen keine Vorzuͤge haben, und daß jenes milchigte Wasser keine
Erscheinung sey, die als allein den Hochdrukmaschinen eigen auf eine groͤßere
Zersezung des Fettes darin schließen lasse.
V.
Nach einem fuͤnften Einwurfe sollen die Hochdrukmaschinen leichter der
Zerstoͤrung ihrer arbeitenden Theile und daher oͤfteren Reparaturen
und Unterbrechungen in ihrem Gange unterworfen seyn, als die von niederem Druke.
Diesen Einwurf kann ich nur da gelten lassen, wo bei den reibenden Theilen derselben
Metallflaͤchen bei uͤbermaͤßiger Temperatur auf einander
gegenseitig einwirken. Um diesen Uebelstand zu heben, hat man angenommen, daß der
Druk der Daͤmpfe darin nicht uͤber 8 bis 10 Atmosphaͤren zu
treiben sey, und mehrere Praktiker sezen denselben sogar unter den von 5 Atmosphaͤren herab.
Offenbar hat man aber aus Mangel an Kenntniß, Erfindungsgeist und Muth neue Mittel
zur Beseitigung jenes Uebelstandes zu suchen und zu ergruͤnden, den rechten
Weg dabei aus den Augen verloren. Man wollte bei Erstrebung eines hoͤheren
Zieles nicht aus dem alten Gleise treten, auch erlaubten es die Verhaͤltnisse
mancher Verbesserer oft nicht, die noͤthigen Versuche fuͤr diesen Zwek
zu machen. Man wuͤrde dann bald gefunden haben, daß mit der Anwendung eines
sehr hochdruͤkenden Dampfes auch die dadurch betriebene Maschine eine
voͤllig veraͤnderte Gestalt und Einrichtung gewinnen muͤsse. In
Amerika ist man in diesem Punkte uns Europaͤern weit voran geschritten, indem
Dampfmaschinen mit einem Dampfdruke von 200 Pfund auf den Quadratzoll in den
vereinigten Staaten schon aller Orten mit Gluͤk in Gang gesezt und darin
erhalten werden.Repertory of Patent Inventions, Aug. 1826.
Polytechn. Journ. Bd. XXII. S.
29. Ob indessen die amerikanischen Dampfmaschinenbaumeister die goldene Regel,
bei so grossem Druke und so ansehnlicher Hize alles Reiben von Metallflaͤchen
auf einander in den eigentlichen Dampfapparaten zu vermeiden, befolgen, weiß ich
nicht, wenigstens scheint ihr Landsmann, der Herr Perkins
in London, dieselbe noch nicht recht zu kennen, da ein grosser Theil seiner Versuche
an diesem Fehlgriff scheitert. Die sogenannten elastischen Kolben mit
Metallliederung sind auf alle Faͤlle fuͤr sehr hohen Druk unanwendbar.
Dieß Naͤmliche gilt von Dampfschiebern und Haͤhnen bei der Steuerung.
Die Metalle kohaͤriren in großer Hize und jeder Versuch, sie anhaltend und
hinreichend zu lubrificiren, wird immer mißlingen, ja nicht einmal nuͤzen.
Daß indessen ein Weg aufzufinden sey, auf welchem alle diese Klippen vermieden
werden koͤnnen, moͤchte mir leicht zu beweisen seyn, auch werde ich in
der Folge meinen Beweis der Pruͤfung Sachkundiger nicht vorenthalten.
Wie die Apparate zur Fortpflanzung der durch den Dampf gegebenen Bewegung des
Staͤmpels in den Hochdrukmaschinen mehr Schwierigkeiten in Hinsicht ihrer
Zusammenfuͤgungen und deren Dauerhaftigkeit bringen koͤnnen, als in
Maschinen mit niederem Druke, ist mir in der That unbegreiflich. Was findet sich in
dieser Ruͤksicht denn wesentlich Verschiedenes bei beiden? – Ist die
Kraft der Staͤmpel fuͤr gleiche Zweke darin nicht dieselbe? –
Sollte die bei Eintritt der Daͤmpfe in die arbeitenden Cylinder auf den
Kolben derselben ploͤzlich fallende Dampflast nicht in beiden (d.h. bei
Maschinen von gleicher Kraft) voͤllig gleich, ja bei Hochdrukmaschinen nicht
eher leichter seyn, da sie bei geringerer Hindernißlast weniger absoluten Totaldruk
auf den Kolben fordern? Kann daher angenommen werden, daß der in einem solchen Momente auf die die
Bewegung fortleitenden Organe wirkende Stoß heftiger und zerstoͤrender bei
lezteren sey, als bei denen mit niederem Druke? Und was hindert die Maschinenbauer,
diesen Organen die an Watt'schen Maschinen gewohnte
Staͤrke und Dauerhaftigkeit zu geben? Laͤßt sich diese Staͤrke
nicht nach Belieben erhoͤhen, wenn man das Expansionsprincip anwendet, und
von der ungleichen Action des Kolbens dabei fuͤrchten sollte? Kann der nach
und nach abnehmende Effekt des Kolbens einer Expansionsmaschine mehr Nachtheil
bringen, als die große Last, die beim Eintritt der Daͤmpfe in die Maschinen
mit niederem Druke auf ihren Kolben fallen muß, um bei ihrer groͤßeren
Hindernißlast mit dem der Hochdrukmaschinen gleichen Effekt hervorzubringen?
– Und welche ploͤzliche Erschuͤtterungen erfahren die Maschinen
mit Condensation nicht bei der Bewegung ihrer Luftpumpe in dem Augenblike, als diese
sich ihres Wassers und ihrer Luft entladet? Sezt sich doch hier ploͤzlich der
ganze Druk der Atmosphaͤre ihrer Bewegung entgegen, und zwar mit solcher
Heftigkeit, daß die staͤrksten Zugstangen derselben in diesem Akte heftig zu
zittern beginnen, und daß man sogar einen durch die ganze Maschine
fuͤhl- und hoͤrbaren Stoß wahrnimmt. Wer koͤnnte an den
einfachen Hochdrukmaschinen etwas Aehnliches aufweisen? Erlaubt die Einfachheit und
Gedrungenheit ihrer Form aber nicht gerade die groͤßte Sicherheit in ihren
Bewegungen und die hoͤchste Dauerhaftigkeit in ihrer Construktion?
–
Freilich aber haben die Hochdrukmaschinen in Hinsicht dieser ihrer Dauerhaftigkeit
vielfaͤltig in Mißkredit kommen muͤssen, wenn sie in der Art
konstruirt werden, wie man sie haͤufig in England zu beobachten Gelegenheit
hat. Um ihrer Form etwas Gefaͤlliges zu geben, ist man naͤmlich in den
Fehler verfallen, die Verhaͤltnisse ihrer einzelnen Theile zu einander denen
der Maschinen mit niederem Druke gleich zu machen, und da haben denn
natuͤrlich die die Bewegung des Kolbens fortpflanzenden Organe immer zu
schwach ausfallen muͤssen. Einen Beweis hiezu liefern die wirklich unter
aller Kritik stehenden klappernden und rumplichten Hochdrukmaschinen der meisten
Dampfwagen in England. Ueberhaupt ist man in diesem Lande bei der Verfertigung der
Hochdrukmaschinen gewoͤhnlich viel zu nachlaͤßig, die meisten
Maschinenbauer sind nicht einmal darauf eingerichtet. Deßwegen kann man die
englischen Produkte in dieser Ruͤksicht keinesweges als solche Muster der
Bauart aufstellen, wie man die daher kommenden Maschinen mit niederem Druke doch
anzuerkennen sich gedrungen fuͤhlt.
––––––––
Wenn ich nun hiemit einige der wichtigsten Einwuͤrfe gegen die Anwendung der Hochdrukmaschinen
moͤglichst widerlegt, und bei der Widerlegung gezeigt habe, daß diese
Maschinen, so wie sie bis jezt bestanden haben, großer Reformen beduͤrfen,
wenn alle die bisherigen Maͤngel in ihrer Struktur gehoben werden sollen,
zugleich aber auch auf die Moͤglichkeit der Ausfuͤhrung dieser
noͤthigen Reform hingewiesen habe, so sey es mir nun noch vergoͤnnt,
die großen Vortheile, die die Anlage und Anwendung dieser herrlichen Art
Dampfmaschinen darbietet, aufzuzaͤhlen und zu wuͤrdigen und dadurch
die Aufmerksamkeit der Verbesserer moͤglichst auf diesen Gegenstand zu
lenken. Sollte das bisher Gesagte dazu beitragen, diese Verbesserer auf den
richtigen Standpunkt zu heben, von welchen ihre Plaͤne und Entwuͤrfe
ausgehen muͤssen, so fuͤhle ich mich fuͤr diese kleine Arbeit
reichlich belohnt. Sie bietet indessen als Einleitung zur Beschreibung meiner neuen
Dampfmaschine auch einen Maasstab der Grundsaͤze dar, von welchen ich bei
meinen Verbesserungen ausgegangen bin.
Zu den großen Vortheilen, die die Anwendung der Hochdrukmaschinen in Vergleich mit
denen von niederem Druke gewaͤhren, gehoͤren vorzuͤglich
folgende:
1) die Maschinen sind viel einfacher als jene, und haben in Verhaͤltniß ihrer
Wirkung einen viel kleineren Umfang und ein kleineres Gewicht. Sie sind deßhalb mit
wenigen Kosten zu erbauen und zu erhalten, sind compendioͤser und nehmen
weniger Raum ein. Fuͤr's Erste bedarf man nur eines Cylinders von weit
geringerem Durchmesser, um eine gleich große Wirkung hervorzubringen. Da die
Hublaͤnge der Kolben selten so groß ist, als bei den Watt'schen Maschinen, und die Kolbenschlaͤge wegen fehlender
Condensation viel schneller wechseln koͤnnen, so spart man dadurch an der
Groͤße so mancher anderen Apparate, vorzuͤglich aller derer, die die
Kolbenbewegung auf die Kurbel uͤbertragen, und an dem Umfange und dem
Gewichte der Schwungraͤder; es fallen der Condensationsapparat mit allen
seinen Pumpen, der Luft- und kalten Wasserpumpe und alle kuͤnstlichen
Vorrichtungen zu ihrer Bewegung am Balanzier, so wie alle Wasserbehaͤlter,
Grundgrabungen, Brunnen und Roͤhrenleitungen zur Herbeischaffung des
Kuͤhlwassers weg. Viele Kolben und Ventile, auf deren dichtes Schließen
Aufmerksamkeit gewandt werden muß, werden hier ganz entbehrlich, und man bedarf des
vielen Fettes nicht, um erstere immer schluͤpfrig zu erhalten. Es sind ferner
die vielen kuͤnstlichen Zusammensezungen von Roͤhren und daher die
vielen Dichtungen unnoͤthig. Ueberhaupt sind alle Theile weniger kolossal und
unbeholfen, und man braucht zum Bau der Maschinen lange nicht die großen
Metallmassen, sie werden deßhalb nicht so schwer und intransportabel. Ihres
geringeren Gewichtes wegen passen sie auch allein nur fuͤr die sogenannten
Dampfwagen.
Es ist jedoch zu bemerken, daß diese geruͤhmten Vortheile nur von den
Maschinen selbst, nicht aber immer von ihren Kesseln gelten. Da naͤmlich troz
des kleineren Durchmessers des Dampfcylinders doch in vielen Faͤllen eine
wenigstens halb so große Menge Wassers verdampft werden muß, als bei Watt'schen Maschinen von gleicher Wirksamkeit, so
koͤnnen die Dampfentwiklungsapparate der Hochdrukmaschinen bei ihrer
gewoͤhnlichen Einrichtung denen der Watt'schen in
Hinsicht ihres Umfanges und ihrer Groͤße nicht so sehr bedeutend nachstehen,
als es anfangs scheinen moͤchte. Dazu kommt noch, daß sie bei der bisherigen
unzwekmaͤßigen Bauart der hoͤheren Elasticitaͤt der in ihnen
entwikelten und sich ansammelnden Daͤmpfe wegen weit staͤrker und
fester gebaut seyn muͤssen, um dem Druke derselben den gehoͤrigen
Widerstand leisten zu koͤnnen. Dieß gilt vorzuͤglich fuͤr den
Fall, wenn die Kessel von Gußeisen verfertigt werden.
2) Sie finden weniger Friktion und uͤberhaupt weniger Hindernißlast in sich
selbst, weil nicht so viele sich reibenden Flaͤchen an denselben vorhanden
sind. Es fehlt naͤmlich ein großer Theil der an den Watt'schen Maschinen gewoͤhnlichen Zapfenlager, Scharniere etc. Die
Anzahl der sich bewegenden Kolben ist geringer, und der Durchmesser und also auch
die Groͤße der reibenden Oberflaͤche an den etwa vorhandenen viel
unbetraͤchtlicher. Wegen des geringeren Gewichtes der Schwungraͤder
ist der Druk auf die Zapfenlager der Welle nicht so groß, und daher ihre Reibung
geringer. Die zu bewegenden Massen sind uͤberhaupt kleiner, daher auch
leichter in Bewegung zu sezen und darin zu erhalten. Es fehlt die Luft- und
kalte Wasserpumpe, Apparate, die wegen des grossen Widerstandes den ersteren bei
ihrer Bewegung durch den Druk der Atmosphaͤre, leztere durch Hebung einer oft
nicht unbedeutenden Wassersaͤule erfaͤhrt, sehr die Kraft der Watt'schen Maschinen vermindern. Außer dem Kolben im
Dampfcylinder gibt es an Hochdrukmaschinen eigentlich keinen, als den an der
Drukpumpe, und dieser kommt in Hinsicht seiner Friktion sowohl, als in
Ruͤksicht der zu verrichtenden Arbeit, kaum in Betracht.
3) Die Maschinen gehen oͤkonomischer mit den Daͤmpfen um, denn;
a) in denselben wirkt der Dampf so zu sagen nur positiv
und wird nicht wieder verdichtet, also nicht alle des kostspielig erzeugten
Waͤrmestoffes wieder beraubt. Dieserhalb kann man denselben zu vielen anderen
Funktionen wieder benuzen, z.B. das Speisewasser fuͤr den Kessel dadurch
erhizen, Speisen kochen, Zimmer heizen etc. In Fabriken, wo große Pfannen, Kessel
und Blasen zu heizen, bedeutende Saͤle oder Trokenvorrichtungen u.s.w. zu
erwaͤrmen sind, hat man auf diese Weise die Kraft der Dampfmaschine fast
umsonst.
b) Es findet keine so starke Verdichtung der
Daͤmpfe im Dampfcylinder Statt. Man ist hier meiner Meinung nach bisher von ganz
irrigen Principien ausgegangen. Waͤhrend man naͤmlich den Grundsaz
aufstellte, daß Daͤmpfe von hoͤherer Temperatur mehr der Verdichtung
ausgesezt sind als weniger heiße, indem die Mittheilung der Waͤrme von einem
Koͤrper an den anderen um so staͤrker ist, je mehr beide in Hinsicht
der Temperatur von einander differiren, so uͤbersah man bei den Watt'schen Maschinen einen Umstand, den ich hier kurz aus
einander zu sezen mich bemuͤhen werde, indem ich ihn fuͤr eine nicht
geringe Quelle von Waͤrmestoffverschwendung halte.
Watt wollte durch seinen Condensator die durch die
Einsprizung bei Newcoman'schen Cylindern eintretende Abkuͤhlung derselben
verhuͤten, bedachte aber den Umstand nicht, daß Daͤmpfe, die
condensirt werden, sich vorher nach und nach verduͤnnen, ehe sie ganz aus dem
Cylinder in den Condensator ziehen, und mit dieser Verduͤnnung
verhaͤltnißmaͤßig an Temperatur abnehmen; daß sie ferner bei dieser
Temperaturverminderung eine Neigung haben, den durch die Beruͤhrung der
vorher gewirkt habenden Daͤmpfe erhizten Cylinderwaͤnden ihren
Waͤrmestoff zu entziehen, und so mehr freie Waͤrme mit sich in den
Condensator zu fuͤhren, als ihnen ihrer Spannkraft nach zukommt. Daß Watt und nachher Woolf diesen
Umstand gar nicht beruͤksichtigt haben, beweisen ihre Dampfkapseln, womit sie
den oder die Cylinder umgeben, bei deren Anwendung aber natuͤrlich dieser
Nachtheil noch vergroͤßert wird, indem nun die Absezung der Hize der
Cylinderwaͤnde nicht durch die durch diese Absezung herbeigefuͤhrte
Temperaturverminderung derselben beschraͤnkt wird. Wir wundern uns immer,
woher das zum Verdichten der Daͤmpfe im Condensator noͤthige
Wasserquantum viel groͤßer ausfaͤllt, als das Calcuͤl ergibt,
und schieben unbilliger Weise allein die Schuld auf die Undichtheit der
Kolbenliederung, da doch die auf diese Weise herbeigefuͤhrte
Waͤrmestoffverschwendung, wie ich darzulegen bemuͤht gewesen bin, zum
Theil Grund in ganz anderen Umstaͤnden hat. – Wenn nun aber diese den
Cylinderwaͤnden angethanene Waͤrmestoffentziehung nicht geleugnet
werden kann, so gebe ich zu bedenken, welcher Verlust an Temperatur dadurch den
nachher wirkenden Daͤmpfen zugefuͤgt werde, indem diese nun jedesmal
die Cylinderwaͤnde auf die ihnen zukommende Temperatur zu heben haben. Daß
dieser Verlust in den Cylindern mit Dampfkapseln auf Rechnung des in den Kapseln
enthaltenen Dampfes komme, erachte ich fuͤr uͤberfluͤßig
anzufuͤhren.
Aber, moͤchte man mich fragen, findet denn ein solcher
Waͤrmestoffverlust in den Hochdrukmaschinencylindern gar nicht Statt?
Allerdings, indessen ist hier zu erwaͤgen, daß die Cylinderwaͤnde
dieser Maschinen um so kleiner in Verhaͤltniß zu der daraus entweichenden
Dampfmasse sind, daß das Abstroͤmen der Daͤmpfe zu schnell und in
einem zu oͤfteren
Wechsel Statt findet, so also das Entziehen von Hize, welches doch immer eine
gewisse Zeit erfordert, nicht bedeutend werden kann. Uebrigens kommt dieser kleine
Verlust bei Maschinen um so weniger in Betracht, deren abstroͤmende
Daͤmpfe anderweitig nuͤzlich verwandt werden koͤnnen.
4) Die Maschinen brauchen, da sie ohne Condensator arbeiten, nicht den
immerwaͤhrenden Zufluß von kaltem Wasser, der in manchen Gegenden, an manchen
Orten und bei manchen Gelegenheiten sehr schwer zu haben ist, und wo er gewonnen
werden kann, oft eine bedeutende Grundgrabung, die Anlegung von Brunnen oder
Roͤhrenleitungen, ja sogar eigene Apparate zur Abkuͤhlung des
Verdichtungwassers, die doch die Kosten fuͤr die Anlage der Maschinen sehr
vergroͤßern, erfordern.Polytechn. Journ. Bd. XXVI. S.
37. Bei Seedampfschiffen, die die Linie passiren muͤssen, fehlt es unter
derselben sogar ganz an kaltem Condensationswasser, da die See daselbst nicht selten
90 bis 95° Fahr. Temperatur hat. Welches Uebergewicht in diesem Falle die
Hochdrukmaschinen haben, ist bis jezt noch gar nicht einmal recht zur Sprache
gekommen.
5) Die Hochdrukmaschinen erfordern zwar bei dem großen Druke und der bedeutenden
Expansion der in ihnen wirkenden Daͤmpfe eine groͤßere Aufmerksamkeit
und Genauigkeit beim Dichten ihrer Zusammensezungen, dafuͤr haben sie aber
auch wieder den großen Vortheil, daß Undichtheiten an ihnen eher aufzufinden sind,
als an den Maschinen mit niederem Druke. Da naͤmlich an den undichten Stellen
sogleich Dampf ausstroͤmt, der an der Luft sichtbar wird, so hat man an
diesem Ausstroͤmen ein leichtes Merkmahl, sogar uͤber den
groͤßeren oder minderen Grad der Undichtheit, da man doch an den Watt'schen Maschinen ein etwaniges Durchdringen von Luft
in den luftleeren Raum derselben durchaus nicht wahrnehmen kann.
6) Beim Angehenlassen der Hochdrukmaschinen braucht man nicht, wie bei denen mit
niederem Druke, die Luft aus der Maschine erst durch Daͤmpfe ausblasen zu
lassen, verliert dabei also weder so viel Zeit noch so viele Daͤmpfe, wie bei
jenen. Die Anwesenheit der Luft nuͤzt bei Hochdrukmaschinen eher als sie
schadet, indem dieselbe, durch die heißen Daͤmpfe expandirt, ein agens zur ersten Bewegung der Maschine mehr wird.
7) Die Hochdrukmaschinen sparen endlich bei ihrer Anwendung an Brennmaterial, und
dieser Vortheil offenbart sich theils bei der Entwikelung der Daͤmpfe, theils
ist er die Folge einer zwekmaͤßigern Benuzung derselben in der Maschine
selbst.
So viele Zweifel auch von jeher gegen diesen Vorzug der Hochdrukmaschinen aufgeworfen sind, so ist doch in
den neuesten Zeiten endlich die Wahrheit an's Licht gefoͤrdert worden. Wir
verdanken diese Wohlthat den Amerikanern und Franzosen, die von jeher die
Hochdrukmaschinen beguͤnstigt, und deren die meisten angelegt haben, daher
auch die competentesten Richter in dieser Sache sind.
Aber nicht allein die Erfahrung, sondern auch die Theorie spricht diesem Vorzuge der
Hochdrukmaschinen das Wort. Schon lange wußte man naͤmlich, daß Temperatur
und Elasticitaͤt der Daͤmpfe in einem ungleichen, aber fuͤr die
Praxis guͤnstigen Verhaͤltnisse steigen und glaubte schon
fruͤher, so wie man sich jezt fast uͤberzeugt halten darf, daß deßhalb
die Anwendung eines sehr concentrirten Dampfes die meisten Vortheile fuͤr die
Ersparung des Brennmaterials verspreche.Gilbert's Annalen der Physik, Jahrgang 1824, Stuͤk 2. Seite 227 die
Note. Die neuern Versuche eines Perkins haben zwar
nicht auf eine neue Ansicht uͤber die Erzeugung hochdruͤkender
Daͤmpfe gefuͤhrt, wohl aber den bisher nur geahnten Umstand, daß Dampf
von hoͤherer Elasticitaͤt weniger latente Waͤrme, als der von
niederer zu seiner Bildung gebrauche, bestaͤtigt, indem dieselben bewiesen
haben, daß Daͤmpfe von hoͤherer Spannung beim ploͤzlichen
Ausstroͤmen in die Atmosphaͤre beinahe aller freien Waͤrme
beraubt werden, da das durch ihre hierbei Statt habende Ausdehnung
herbeigefuͤhrte große Beduͤrfniß an latenter Waͤrme alle freie
denselben entzieht. Und ob nun gleich ausgemacht ist, daß Dampf von hoͤherer
Spannung mehr freie Waͤrme als der von niederer besizt, so hat dieß, wie wir
wissen, in Hinsicht der mechanischen Wirkung desselben eher Vortheile als
Nachtheile, indem groͤßere oder niedere Elasticitaͤt des Dampfes nicht
allein das Product seiner groͤßern Dichtigkeit, sondern auch seiner
Ausdehnung durch die bei sich fuͤhrende freie Waͤrme zu seyn scheint.
Die Ersparung in Hinsicht der latenten Waͤrme bei hochdruͤkenden
Daͤmpfen uͤberwiegt aber mit Hinblik auf jene bei ihrer Ausdehnung
eintretende Erscheinung unlaͤugbar den Nachtheil eines groͤßeren
Bedarfs an freier.
Anmerkung. Man hat zwar die Ausdehnung
hochdruͤkender Daͤmpfe durch den groͤßern Gehalt an freier
Waͤrme bezweifelt, indessen spricht dafuͤr doch zu sehr der
groͤßere Nuzeffect, den man, abgesehen von allen spaͤter noch zu
beruͤhrenden Vortheilen, die mit der Verwendung der Hochdrukdaͤmpfe
auf Maschinen verbunden sind, von diesen in Verhaͤltniß zu dem verdampften
Wasserquantum erhaͤlt. Meine Erfahrungen haben mir vielfaͤltig
gezeigt, daß man bei Schaͤzung der Wirkungen dieser Daͤmpfe auf mehr
als auf ihre bloßen Dichtigkeitsverhaͤltnisse Ruͤksicht zu nehmen
habe. Schon die Bemerkung, daß hochdruͤkender Dampf ein weit durchdringenderes
Fluidum als einfacher ist, hat jene Meinung in mir bestaͤrkt. Er ist hierin
durchaus mit keiner andern stark comprimirten elastischen Fluͤßigkeit, z.B.
mit der Luft zu vergleichen. Auch hat Christian in Paris
durch Versuche die erstaunliche Zunahme des Drukes hochdruͤkender
Daͤmpfe bei einer Temperatur-Erhoͤhung derselben in
verschlossenen Gefaͤßen gezeigt. Dieselbe bleibt noch immer bedeutend, wenn
man auch einen Theil dieser wichtigen Resultate der Verdampfung von einigen den
Cylinderwaͤnden seines Probeapparates anhaͤngenden verdichteten
Daͤmpfen zuschreibt.
Was die durch zwekmaͤßigere Benuzung der Daͤmpfe in den
Hochdrukmaschinen herbeigefuͤhrte Ersparung an Brennmaterial betrifft, so
moͤge zur Erleichterung dieser Wahrheit folgendes dienen:
1) Die Daͤmpfe finden bei ihrer Wirkung in diesen Maschinen keine so große
Hindernisse; denn es erfolgt das Zu- und Abstroͤmen derselben im
Dampfcylinder wegen ihres großen Drukes schneller, da doch bei den Watt'schen Maschinen in den gewoͤhnlichen
Condensatoren mit Einsprizung das Verdichten der abstroͤmenden Daͤmpfe
nur nach und nach geschieht, folglich im Anfange der Kolbenbewegung ein großer
Widerstand auf der entgegengesetzen Seite des Kolbens bleibt, der erst
allmaͤhlig in dem Maße sich vermindert, als die Daͤmpfe sich durch die
Einsprizung verdichten. Man hat diesen Umstand meiner Meinung nach bisher wenig oder
gar nicht beruͤksichtigt. Ich fuͤr meinen Theil bin aber sehr geneigt
zu glauben, daß er der Hauptgrund des bei Watt'schen
Dampfmaschinen so geringen Nuzeffectes ist. Ich will mich hier umstaͤndlicher
erklaͤren.
Bei allen Dampfmaschinen, wo die Daͤmpfe den moͤglichst groͤßten
Effect auf den Kolben hervorbringen sollen, muß ihr Gegendruk auf denselben so viel
und so schnell als moͤglich vermindert und aufgehoben werden. Es ist daher
unumgaͤnglich nothwendig, daß beim jedesmahligen Anfange der Bewegung des
Kolbens, sey diese nun auf- oder abwaͤrts, die vorher auf der
Gegenseite gewirkt habenden Daͤmpfe in dem Augenblike entfernt werden, als er
seine Bewegung beginnt, da sonst großer Widerstand sich dieser Bewegung entgegen
stemmt, und der ganze Effect der positiv wirkenden Daͤmpfe nicht erreicht
wird. Bei den Hochdrukmaschinen ist diese Forderung durch gehoͤrige
Groͤße der Abzugsoͤffnungen fuͤr die Daͤmpfe, so wie
durch moͤglichst schnelle Oeffnung derselben leicht befriedigt, bei den
bisherigen Watt'schen Maschinen aber sind andere
Hindernisse da, deren ich kurz Erwaͤhnung thun muß.
a) Die Steurung geht einen viel zu traͤgen Gang.
Da naͤmlich die Dampfhaͤhne, Dampfschieber, Dampfventile oder alle zum
Wechsel des
Zu- und Abstroͤmens der Daͤmpfe dienenden Apparate
gewoͤhnlich durch eine excentrische Vorrichtung an der Schwungradwelle in
Bewegung gesezt werden, so ist das voͤllige Oeffnen der
Dampfabflußkanaͤle erst in dem Momente ganz vollendet, wenn der Kolben
bereits die Haͤlfte seines Laufs zuruͤkgelegt hat.
Anmerkung. Ich habe in England stets die Bemerkung
gemacht, daß diejenigen Watt'schen Maschinen am
kraftvollsten arbeiten, in welchen das Abstroͤmen der Daͤmpfe zum
Condensator moͤglichst schnell bewirkt wird. Um dieses zu erfahren, lege ich
mein Ohr gewoͤhnlich an die, die Daͤmpfe in den Condensator
fuͤhrende Roͤhre. Hoͤre ich in dieser die Daͤmpfe
waͤhrend des Hubes lange blasen, so schließe ich zugleich auf eine zu
langsame Bildung des luftleeren Raums im Cylinder, und davon auf eine weniger
kraftvolle Wirkung der Maschine.
b) Die Abflußoͤffnungen sind im
Verhaͤltnisse zu den in dem Cylinder zu leerenden Raͤumen viel zu
klein. Ich werde hierauf spaͤter noch wieder zuruͤkkommen.
c) Die Abzugsroͤhre der Daͤmpfe in den
Condensator sind fast immer zu eng, und die Daͤmpfe koͤnnen sich nicht
schnell genug darin expandiren. Diesen Fehler findet man auch immer an den
gewoͤhnlichen Exhaustionsroͤhren der Hochdrukmaschinen.
Anmerkung. Bei einer Hochdrukmaschine, die ich zum
Betriebe einer Oehlmuͤhle erbaut habe, hatte ich die Steurung und die
Abzugsroͤhre nach gewoͤhnlicher Weise eingerichtet, und erhielt nur 25
Huͤbe in der Minute, da ich hingegen bei einer zwekmaͤßigen
Verbesserung dieser Fehler, deren 40 bis 50 mit der naͤmlichen Feuerung
gewann.
d) Es wird den in den Condensator stroͤmenden
Daͤmpfen, anstatt daß sie augenbliklich verdichtet werden sollten, das
verdichtende Mittel bei der gewoͤhnlich uͤblichen Methode der
Einsprizung nur nach und nach zugefuͤhrt, indem das zur Verdichtung einer den
Cylinder gefuͤllt habenden Masse Daͤmpfe noͤthige Wasserquantum
zu groß ist, um in einem Augenblike durch das Einsprizrohr einzudringen. Dieserhalb
wird waͤhrend der Bewegung des Kolbens fortwaͤhrend ein Gegendruk
erhalten, der beim Anfange dieser Bewegung am staͤrksten ist, und dann nach
und nach abnimmt, in dem Maße, als die Daͤmpfe durch die groͤßere
Menge des eindringenden kalten Wassers immer vollkommener verdichtet werden. Dieser
Fehler in der gewoͤhnlichen Verdichtungsmethode hat aber auch noch den
Nebennachtheil, daß man, um die Verdichtung anfangs zu beschleunigen, mehr Wasser
einstroͤmen lassen muß, und daß, wenn dieser Zwek erreicht ist, dieses
uͤbermaͤßige Einstroͤmen in den spaͤtern Momenten
unnuͤzerweise fortgeht, und dem Condensator theils eine zu große Menge Wassers zufuͤhrt,
dessen Herbeischaffung oft mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, und das, um
wieder herausgeschafft zu werden, der Luftpumpe eine zu große Arbeit auflegt; theils
die Temperatur des eingesprizten Wassers unnoͤthig verringert. Alle diese
Ruͤksichten geben den Schluͤssel zu der Erfahrung, welche man
allgemein an den Watt'schen Maschinen mit Einsprizung
macht, daß das mit dem Condensator verbundene Barometer theils selten uͤber
20 Zoll steht, theils daß das zu brauchende Wasserquantum weit dasjenige
uͤbersteigt, was eine richtige Calculation bestimmt. Bei manchen
Dampfmaschinen mit Verdichtung bemerkt man zwar einen hoͤhern Barometerstand,
indessen sieht man demohngeachtet doch keine diesem entsprechende Wirkung der
Maschine, da der vollkommnere luftleere Raum nur in dem Condensator, aber bei dem zu
langsamen Abstroͤmen der Daͤmpfe aus dem Cylinder, nicht in diesem
existirt, wo er am nothwendigsten ist. In diesem Falle ist die Existenz eines
vollkommenern vacui im Condensator um so
erklaͤrlicher, als die in denselben allmaͤhlich einstroͤmende
Dampfmenge mit der langsamen Einsprizung bessern Schritt haͤlt, beide also in
jedem Augenblike in einem guͤnstigen Verhaͤltnisse zu einander
stehen.
Wenn nun also auf diese Weise ein großes Hinderniß fuͤr die kraftvolle Wirkung
der Daͤmpfe in den Watt'schen Maschinen
aufgestellt und gewuͤrdigt ist, so darf man auch ferner den Widerstand nicht
unbeachtet lassen, den diese Dampfmaschinen, wie oben schon beruͤhrt worden
ist, durch ihre Friction und die Menge und Groͤße der zu bewegenden Theile
dem nuzbaren Effecte der Daͤmpfe entgegen sezen, und dieser ist, mit den oben
angefuͤhrten zusammengerechnet, dermaßen groß, daß vom absoluten Effecte der
Daͤmpfe uͤber die Haͤlfte verloren geht, so daß von 17 Pfund
absoluten Druks auf den Quadratzoll nur 7 als nuzbarer uͤbrig bleiben. Der
Vorzug, den die Hochdrukmaschinen in dieser Hinsicht haben, ist zu
uͤberwiegend, als daß man noch daran zweifeln koͤnnte. Ich weiß
naͤmlich aus meiner eigenen Erfahrung, daß dieser Verlust bei
zwekmaͤßig eingerichteten Hochdrukmaschinen selten auf mehr als auf den
vierten Theil angeschlagen werden kann.
2) Hr. Christian in Paris hat durch directe VersucheMan vergleiche dessen traité de mech.
industrielle. pag. 345. bewiesen, daß der Kraftverlust, der durch die Geschwindigkeit der Bewegung
des Kolbens entsteht, bei Hochdrukmaschinen in Verhaͤltniß viel geringer, als
bei Watt'schen Maschinen sey, und daß der mechanische
Effect bei denselben um so mehr erhoͤht werde, je hoͤher man die Spannung der
Daͤmpfe treibt, womit man die Maschine in Bewegung sezt. Bestaͤtigt
sich dieser Vortheil der Hochdrukmaschinen in dem Maße, als Bernoulli ihn in seiner Dampfmaschinenlehre (pag. 244.) berechnet, so waͤre dadurch allein das Uebergewicht
dieser Maschinen fuͤr alle Zeiten begruͤndet.Daß etwas an der Sache sey, scheint mir die allgemein bekannte Erfahrung zu
bestaͤtigen, daß man dem Kolben einer Hochdrukmaschine eine sehr
große Geschwindigkeit geben kann, ohne den Kraftverlust
herbeizufuͤhren, der bei Maschinen mit niederm Druke eintritt, wenn
die Geschwindigkeit ihrer Kolben uͤber 200 Fuß per Minute gesteigert
wird. Die von Christian angestellten Versuche sind so
interessant, daß ich nicht genug empfehlen kann, ihre Beschreibung an dem
angefuͤhrten Orte nachzulesen. Dieselben hier aufzufuͤhren,
wuͤrde die Graͤnzen der Schrift uͤberschreiten.
3) Die Hochdrukmaschinen lassen, da sie mit einem hoͤhern Druke auf den
Quadratzoll als die mit niederm Druke wirken, eine viel ausgedehntere Anwendung des
Expansionsprincipes zu, als diese, ohne daß der Umfang ihrer Cylinder darum
bedeutend vergroͤßert zu werden braucht. Durch das Expansionsprincip wird die
Oeconomie in der Benuzung der Daͤmpfe auf den hoͤchsten Grad gebracht,
und Oliver Evans in Amerika hat schon vor vielen Jahren
bewiesen, daß bei Anwendung desselben auf Maschinen mit sehr hohem Druke die
Ersparung des Brennmaterials in einem sehr hohen Grade wachse.Soll das Expansionsprincip aber alle seine Vortheile in ihrem
gehoͤrigen Umfange erfuͤllen, so muß man sehr dampfdichte
Kolben anwenden. Daß bei den Maschinen mit niederm Druke dasselbe keine so bedeutenden
Vortheile bringen koͤnne, als bei den Hochdrukmaschinen, beweiset schon der
Umstand, daß der kluge Watt von der Benuzung desselben
abging, und daß Woolf, der dasselbe von neuem in Anregung
brachte, den Druk der Daͤmpfe in seiner Maschine auf mehrere
Atmosphaͤren ausdehnte. In der That wuͤrde aber auch bei Anwendung
desselben in den Watt'schen Maschinen, wo der wirkliche
effective Druk der Daͤmpfe schon so sehr gering ist, von diesem zu wenig
uͤbrig bleiben, und die Cylinder derselben muͤßten bis auf einen
ungeheuren Umfang ausgedehnt werden, um eine bedeutende Kraft dadurch
hervorzubringen. Dieß war auch wohl die Ursache, warum die Hornblower'schen Maschinen, die eigentlich nichts als Expansionsmaschinen
mit niederem Druke waren, und deren Hauptprincip Woolf
seinen Maschinen zum Grunde gelegt hat, so wenig Gluͤk machten.
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Wenn ich nun hiemit einige der wichtigsten Vortheile der Hochdrukmaschinen beleuchtet
habe, so muß ich zulezt noch einige Worte zur Berichtigung derjenigen Ansichten
hinzufuͤgen, die man jezt haͤufig, selbst bei wissenschaftlich
gebildeten Leuten, und vorzuͤglich bei den in der neuesten Zeit aufgetretenen
Verbesserern der Hochdrukmaschinen, in Hinsicht der Ursachen der
Brennstoff-Ersparung derselben verbreitet findet.
Fast allgemein hat man naͤmlich die Meinung angenommen, daß jene Ursachen der
Brennstoff-Ersparung allein in der Erzeugung hochdruͤkender
Daͤmpfe begruͤndet waͤren, und daß die Maschinen selbst und die
ihrer Einrichtung untergelegten Grundsaͤze wenig oder gar keinen Einfluß
darauf haͤtten.Merkwuͤrdig ist es, wie fast alle neuen Erfindungen im
Hochdrukmaschinenfach, fast alle englischen Patente der neuern Zeit, nur
einzig die Tendenz, die Entwiklungsapparate zu verbessern, aussprechen, und
wie wenig Begriffe man im Allgemeinen von einigen der oben angegebenen
Vortheile der Hochdrukmaschinen selbst, vorzuͤglich in England, hat.
In diesem Lande ist man uͤberhaupt in dieser Hinsicht weit gegen die
Amerikaner und selbst gegen die Franzosen zuruͤk. England hat keinen
Oliver Evans aufzuweisen. Wenn ich nun gleich mich im Vorhergehenden zu zeigen bemuͤht habe,
daß einige unlaͤugbare Vortheile aus der Erzeugung hochdruͤkender
Daͤmpfe erwachsen, und selbst durch die Erfahrung an meinem neuen
Dampfentwikelungs-Apparate uͤberzeugt worden bin, daß diese Vortheile
mit der Spannung und Temperatur der entwikelten Daͤmpfe wachsen, so muß ich
doch sehr vor dem Irrthume warnen, daß man die hoͤchst moͤglichste
Verbesserung der Hochdrukmaschinen nur von der immer vollkommenern Einrichtung ihrer
Entwikler erwarten koͤnne. Die Vortheile in der Verwendung
hochdruͤkender Daͤmpfe liegen nach dem Vorhergehenden so klar am Tage,
daß ich bei meiner Verbesserung mehr auf diesen Umstand, als auf die
Entwikelungsapparate Ruͤksicht genommen habe. Man wird auch finden, daß ich
bei der Construction meiner Maschinen alle jene Umstaͤnde, die nach den
vorausgeschikten Hindeutungen zu beruͤksichtigen sind, bestmoͤglichst
gewuͤrdigt und benuzt habe. Einseitigkeit von Seiten der Verbesserer hat
schon so manches Ungluͤk uͤber die Dampfmaschinen gebracht, und noch
taͤglich muß man sich wundern, wie blind oft gelehrt gebildete und
wissenschaftlich denken wollende Leute gegen Umstaͤnde sind, die so klar in
die Augen springen. Es ist bei diesen Leuten aber oft weniger eine
Beschraͤnktheit ihrer Ansichten, als eine engherzige Befangenheit anzunehmen.
Diese hat uͤber die Hochdrukmaschinen in neuern Zeiten in so ferne große
Unannehmlichkeiten gebracht, als ihre Verbesserung gleichsam eine Partheisache
geworden ist, wobei man die gesunde Vernunft haͤufig durch Leidenschaften
uͤbertaͤubt. Sonst waͤren der Unsinn, der hier und da in der
juͤngsten Zeit in diesem Felde des menschlichen Strebens zur Welt gebracht
ist, die Umhuͤllungen und Umgehungen der Wahrheit, und selbst die
skandaloͤsen Ausfaͤlle gegen dieselbe eben so unerklaͤrbar, als es die
unnuͤzen Prahlereien gewesen sind, womit man augenscheinliche
Irrthuͤmer aufgepuzt und marktschreierisch herausgepriesen hat. In dem
Zeitalter der Erfindungen, wie das jezige ist, wo jeder erfinden will, wird aber
auch der Kunst und Wissenschaft so viele Gewalt angethan, und die Welt mit einem
solchen Wulste von Erfindungen uͤbersaͤet, daß man bei dem vielen
Unkraute darunter die Wahrheit und das Gute und Nuzbare haͤufig
uͤberwachsen, verstekt und oft erstikt findet. Die Welt ist durch den ewigen
Laͤrm, und das Getoͤse uͤber neue Erfindungen betaͤubt
worden, sie will, um aus ihrer Betaͤubung gewekt zu werden, außerordentliche
Mittel, daher macht alles das, was mit ruhigen Schritten auftritt, und dem das
Aushaͤngeschild des Uebermenschlichen, Ungeheuren und Paradoxen fehlt, keinen
sonderlichen Effect mehr, es lebt oft unbeachtet und verhoͤhnt. Das Wahre und
Gute bleibt deswegen aber dennoch durch sich selbst genug gewuͤrdigt, und die
Zeit laͤßt einen schoͤnen und erquikenden Morgen aufgehen uͤber
die Finsterniß, worin es begraben liegt.