Titel: | Beschreibung einer Mühle zum Glasurmahlen für Töpfer, Fayance- und Porzellan-Fabriken, wie man sie in England in den Töpfereien von Staffordshire hat. |
Fundstelle: | Band 28, Jahrgang 1828, Nr. XLI., S. 177 |
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XLI.
Beschreibung einer Muͤhle zum Glasurmahlen
fuͤr Toͤpfer, Fayance- und Porzellan-Fabriken, wie man sie
in England in den Toͤpfereien von Staffordshire hat.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, N. 280, S. 345.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Beschreibung einer Muͤhle zum Glasurmahlen fuͤr
Toͤpfer.
Die feinen Toͤpferwaaren, die Steingut-Fayance
und Porzellan-Geschirre, die man in England in Staffordshire verfertigt,
verdienen sowohl in Hinsicht auf Eleganz und Reinheit der Form, als in Bezug auf
Dauerhaftigkeit ihrer Glasur und Schoͤnheit und Geschmak der Zeichnungen und
Verzierungen, mit allem Rechte den Ruf, den sie so allgemein haben.Ueber die Fabrikation des Steingutes in Staffordshire ist im polytechn.
Journ. Bd. XX. S. 38–52 eine
Originalabhandlung enthalten. A. d. R.
England ist indessen auf dem Puncte, diesen wichtigen Zweig der Industrie, der ihm so
vielen ungeheueren Gewinn brachte, zu verlieren. Hr. Saint-Amans, der sich bereits durch die Verbesserungen, die er in
der Porzellanmanufactur anbrachte, und durch seine Incrustationen auf Krystall
vortheilhaft bekannt machte, hat weder Muͤhe noch Aufopferungen gespart, um
sich mit dem Verfahren der Englaͤnder bekannt zu machen, welches diese bisher
den Augen der Auslaͤnder zu entziehen wußten. Nachdem er sich mehrere Jahre
lang in den ersten Fabriken von Staffordshire aufhielt, und dort, vorzuͤglich
bei der Glasur der Fayance und des Porzellanes, selbst mitarbeitete, die Farben
zurichten half, und jede Arbeit der Werkstaͤtte mitmachte, kam er nach
Frankreich zuruͤk, reich an Kenntnissen der bisherigen Geheimnisse der
Englaͤnder.Eben so machte es ein ehemaliger Vorstand der Fabrik zu Sevres, ein
franzoͤsischer Graf (wenn wir nicht irren, Graf de Milly), der zu Wien in der dortigen Porzellansfabrik als
Tagloͤhner arbeitete, 2 Jahre lang, um hinter dieFabrikgeheimnisse
zu kommen. Daher die Nothwendigkeit, Fonds fuͤr moralisch gute und
gehoͤrig unterrichtete junge Handwerker zu gruͤnden, um sie in
ihrem Fache nach allen Laͤndern reisen zu lassen. Was ist denn aus
dem Vorschlage zu einer solchen Casse im polyt. Journ. geworden? A. d.
U. Er hat das Verfahren der Englaͤnder in Frankreich wiederholt, und
dasselbe so eingerichtet, daß man das rohe Material, welches sich zu diesen
Fabrikaten in Frankreich findet, daselbst eben so gut verarbeiten kann. Die vielen
Muster, die er bei er Ausstellung aufstellte, und die jezt der Société d'Encouragement zur
Pruͤfung unterlegt wurden, beweisen, daß man in Frankreich eben so gut alle
feine Toͤpferwaaren erzeugen kann, als in England, und daß sie jede
Concurrenz des Auslandes auszuhalten vermoͤgen.
Unter den in den Fabriken in Staffordshire angewendeten Maschinen befindet sich eine
zum Mahlen der Kiesel und anderer harter, zur Glasur noͤthigen,
Koͤrper, die so einfach und dauerhaft ist, daß Hr. Saint-Amans die Zeichnungen derselben, die einen Theil seines, im
J. 1822 von ihm bezahlten Brevet d'importation
ausmachen, uns mittheilen wollte.
Diese Muͤhle, die sich auch zum Poliren der Marmorplatten und anderer Tafeln
anwenden laͤßt, befindet sich in der Fabrik des Hrn. Minton zu Stokes, wo sie von einer Dampfmaschine getrieben wird. Fig. 1. und
2. zeigt
sie in Grundriß und Aufriß.
Sie besteht aus einer großen hoͤlzernen Kufe, A,
von 14 Fuß im Durchmesser, ist mit starken eisernen Reifen beschlagen, und auf dem
Boden derselben ist eine Flaͤche oder Tenne, B,
von 14 Zoll im Durchmesser, die aus Bruchstuͤken großer harter Steine, die
sich in Derbyshire sehr haͤufig finden, zusammengesezt ist.
Im Mittelpuncte dieser Kufe befindet sich eine vierekige eiserne Spindel, C, die mittelst eines an dem unteren Theile derselben
angebrachten Zahnrades, D, in Umtrieb gesezt wird. Der
oberste Theil dieser Spindel ist mit einem starken eisernen Halsbande, E, umgeben, welches von einem zweiten Ringe, F, festgehalten wird, der wieder von einem dritten
Halsbande, G, umfaßt wird. Dieses lezte Halsband besteht
aus vier Kreisausschnitten, a, a, a, die man nach
Belieben abnehmen, und mittelst der Schrauben, b, b, b,
wieder vereinigen kann, und zwar mehr oder minder fest, so daß sie mit der Spindel
ein Ganzes bilden. Diese Einrichtung wurde fuͤr noͤthig erachtet, um
eine Verdrehung oder das Abspringen der Spindel zu verhindern. Dieß geschah
naͤmlich oͤfters, wenn ein, ungewoͤhnlicher Widerstand
ploͤzlich eintrat, und die Bewegung nicht schnell aufgehoben werden kann. Da
der Widerstand vorzuͤglich an dem oberen Theile der Spindel Statt hat, muß
man das Halsband so fest als moͤglich anlegen, um dadurch die Steine oder
Broken, die zermahlen werden sollen, auf der Flaͤche oder Tenne herumzufuͤhren. Wenn
waͤhrend des Mahlens ein Hinderniß eintritt, so lassen die Ausschnitte, die
dann nicht mehr Kraft genug zum Widerstande haben, nach, und die Spindel dreht sich
im Halsbande, ohne daß dieses seine Bewegung der Muͤhle mitzutheilen
vermag.Diese Vorrichtung verdient alle Aufmerksamkeit und laͤßt sich in
unendlich vielen Faͤllen mit Vortheil anwenden. A. d. U.
Die senkrechte Spindel, C, ist mit vier horizontalen
Hebeln, H, H, versehen, an deren jedem drei Treiber oder
Haͤngende Arme, I, I, angebracht sind, welche die
großen Steine aus hartem Sandsteine, J, J, deren jeder 8
Zentner wiegt, vor sich hertreiben; diese Sandsteine liegen frei auf der Tenne, und
dienen zum Zermalmen der auf derselben befindlichen Stoffe, welche gemahlen werden
sollen. Der Theil der Treiber, der sich gegen die Steine, J,
J, anlegt, ist mit starken eisernen Platten, c,
c, beschlagen, die sowohl zur Befestigung als zum Schuze gegen alle
Abnuͤzung derselben an diesen Steinen dienen.
Die vier Treiber, I', I', I', I', die der senkrechten
Achse, C, am naͤchsten stehen, sind mit den
Eisenstuͤken, K, K, versehen, gegen welche die
Ohren, d, d, des aͤußeren Halsbandes, G, G, sich stuͤzen. Auf diese Weise wird die
Verbindung zwischen der Spindel und den horizontalen Hebeln, H, H, hergestellt, und das ganze System in Gang gebracht.
Man laͤßt gewoͤhnlich einen Zoll Zwischenraum zwischen dem unteren Ende
der Hebelarme, I, und der Oberflaͤche der Tenne.
In dem Verhaͤltnisse, als diese durch das bestaͤndige Reiben der
Steine, J, J, sich abnuͤzt, laͤßt man die
Treiber herab, indem man die Schrauben, e, e,
herauszieht, und tiefer unten anbringt. Auf diese Weise erhaͤlt man immer
gleichen Abstand zwischen den haͤngenden Treibern und der Tenne.
Damit die Reibsteine, J, J, nicht durch Centrifugalkraft
an die innere Wand der Kufe angeworfen werden, wodurch diese sehr leiden
wuͤrde, ist das Ende eines jeden Hebels, H, H,
mit einem Haken, L, versehen, an welchem sich eine
abgeplattete Eisenstange, M, befindet, welche unter dem
Hebel einen Halbmesser bildet. Auf dieser Eisenstange liegt ein eiserner Kreis, N, der 5 bis 6 Zoll breit ist, der den ganzen inneren
Umfang einnimmt, und sich mit dem Systeme dreht. Dieser Kreis haͤlt die
Reibsteine zuruͤk, und hindert sie, sich an den Waͤnden der Kufe zu
reiben.
Die senkrechte Spindel ist innerhalb der Muͤhle, bis auf eine Hoͤhe von
18 Zoll, mit einer Dille oder mit einem eisernen Cylinder, O, umkleidet, damit die zermahlenen Stoffe nicht im Mittelpuncte der Tenne entweichen,
und gegen die Spindel draͤngen. Diese Stoffe duͤrfen, im
fluͤßigen Zustande, nie uͤber die Hoͤhe der Bekleidung der
Spindel reichen, welche zwei Unterlagen fuͤhrt; die eine, P, dient den horizontalen Armen, H, zur Stuͤze, die andere, Q, den
Halsbaͤndern.
Nachdem die Tenne mit Bruchstuͤken der oben erwaͤhnten Steine
ausgepflastert wurde, muß sie planirt und polirt werden. Diese Arbeit dauert
ungefaͤhr 20 Tage. Man bringt, in dieser Absicht, ein Gemenge aus Wasser und
Kieselerde in die Muͤhle, und treibt dasselbe in dieser solang umher, bis
alle Zwischenraͤume zwischen den Steinen gehoͤrig ausgefuͤllt
sind. Dann bringt man einen Reibstein zwischen jedes Hebelpaar, endlich zwei
derselben und zulezt drei, aber nicht mehr. Wenn die Reibsteine abgenuͤzt
sind, verwendet man sie zum Pflaster der Tenne. Sie dauern gewoͤhnlich ein
halbes Jahr; nach dieser Zeit sind sie nicht mehr schwer genug, um gehoͤrig
zu mahlen.
Wenn man die Tenne hinlaͤnglich geebnet und gleichfoͤrmig findet,
waͤscht man sie sorgfaͤltig, und fuͤllt sie dann mit der
beliebigen Menge Kiesel und Wasser. Hrn. Minton's
Muͤhle mahlt in 24 Stunden 2000 Pf. (Eine Tonne) Kiesel vollkommen. Da sie
sich im ersten Stokwerke seines Gebaͤudes befindet, so laͤßt er die
gemahlene Masse durch die mit dem Hahne, R, versehene
Roͤhre, S, in die Abtheilung zur ebenen Erde in
daselbst zu diesem Ende bereitete Gruben.
Die Muͤhlen zu Colebrokedale sind nach demselben Systeme, werben aber durch
ein Wasserrad getrieben.
Einige Fabrikanten bedienen sich kleiner Muͤhlen von 4 bis 5 Fuß im
Durchmesser, die nur zwei Hebelarme fuͤhren.
Erklaͤrung der
Figuren.
Fig. 1. Tab.
V. Querdurchschnitt der Muͤhle.
Fig. 2.
Grundriß derselben.
Fig. 3.
Thuͤre, durch welche man die Reibsteine einbringt.
Fig. 4. Grund
und Aufriß des Halsbandes, in welchem die Spindel der Muͤhle fest gehalten
wird.
A, große Kufe aus Holz, mit eisernen Reifen beschlagen.
B, Tenne aus harten Steinen. C, Spindel, welche das Triebwerk treibt. D,
Zahnrad, welche diese Spindel in Bewegung sezt. E,
erstes Halsband. F, zweites Halsband. G, aͤußeres Halsband aus vier heilen bestehend.
H, H, horizontale Hebel. I,
I, Treiber oder haͤngende Arme, welche an den Hebeln, I, I, befestigt sind. J, J,
Reibsteine aus hartem Sandsteine. K, K, Stuͤke
Eisen, mit welchen die Treiber in der Naͤhe der Spindel beschlagen sind. L, L, Haken am Ende der horizontalen Hebel oder Arme.
M, eiserne Stange in der Richtung des Halbmessers an den
Haken, L, L. N, eiserner Ring oder Reif, der den ganzen
inneren Umfang der Kufe einnimmt. O, Dille oder Cylinder
aus Eisen, der die Spindel bis auf eine gewisse Hoͤhe umhuͤllt. P, Unterlage, auf welche sich die Hebel, H, stuͤzen. Q,
Unterlage, welche das Halsband traͤgt. R, Hahn,
durch welchen die gemahlene Masse ausfließt. S,
Roͤhre an diesem Hahne. T Thuͤre, durch
welche man die Reibsteine einfuͤhrt.
a, a, Kreisausschnitte, welche das aͤußere
Halsband bilden. b, Schraube zur Vereinigung derselben.
c, c, eiserne Platten zur Befestigung der
haͤngenden Arme. d, d, Ohren am aͤußeren
Halsbande. e, e, Schrauben, durch welche die Treiber an
den horizontalen Hebeln befestigt sind.Es gibt vielleicht kein Land auf Erden, welches schoͤnere Thonarten
haͤtte, als Bayern, und auf welcher Stufe steht die Topferkunst in
diesem Lande? Die groͤbere Toͤpferwaare hat die
moͤglich schlechteste und ungesuͤndeste Glasur: man kaufe nur
eine Schuͤssel oder einen Topf von dem in Bayern allgemein beliebten
Greninger Geschirr, gieße Essig auf diese Geschirre, lasse denselben
abrauchen, und koste dann den Ruͤkstand; man wird den kostlichsten
Bleizuker daran finden. Es ist nicht bald ein Land, wo man an gemeiner
Toͤpferwaare Glasur so sehr verschwendet, wie in Bayern. Man
verfertigt in Bayern treffliches sogenanntes Sandgut zu Wasser- und
Bierkruͤgen; wuͤrde man dieses Material feiner verarbeiten, so
ließe sich die schoͤnste Wedgewood-Waare daraus verfertigen. Man hat den
herrlichsten rothen und weißen Pfeifenthon in Bayern, und keine brauchbare
thoͤnerne Tabakpfeife, waͤhrend Holland jaͤhrlich
Millionen durch seine weißen Pfeifen, von deren Verfertigung beinahe 6000
Menschen leben, verkehrt, und selbst in ungern, wo Industrie Nebensache ist,
bluͤhende Pfeifenkoͤpffabriken sind, deren niedliche Waare
sogar in Hamburg und in N. Amerika gesucht wird. Welche niedliche und
schoͤne Thon- und Fayancewaaren liefert nicht Boͤhmen,
und was haben wir fuͤr Troͤdel in Bayern! Woher kommt dieß?
– Es laͤßt sich an Fingern herzaͤhlen.