Titel: | Ueber die Verminderung der Stärke, welche bei dem Kattun eintritt, wenn derselbe mit Substanzen in Berührung ist, welche sich mit dem Sauerstoff begierig vereinigen, oder solchen entbinden; von Hrn. Eduard Schwartz. |
Fundstelle: | Band 28, Jahrgang 1828, Nr. LIX., S. 229 |
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LIX.
Ueber die Verminderung der Staͤrke, welche
bei dem Kattun eintritt, wenn derselbe mit Substanzen in Beruͤhrung ist, welche
sich mit dem Sauerstoff begierig vereinigen, oder solchen entbinden; von Hrn. Eduard Schwartz.
Aus dem Bulletin de la Société industr. de
Mulhausen. N. 4. S. 197.
Schwartz, uͤber die Bereitung der
Staͤrke.
Der Gegenstand, worauf ich jezt die Aufmerksamkeit der Soc. industr. lenken will, ist die Verminderung der
Staͤrke des Kattuns, wenn derselbe in Beruͤhrung mit Substanzen ist,
welche Sauerstoff entbinden, oder sich mit diesem Koͤrper verbinden. Ich
werde es unterlassen, eine Theorie uͤber die chemischen Verbindungen
aufzustellen, welche diese Erscheinung begleiten, weil ich keine Untersuchungen
uͤber diesen Gegenstand angestellt habe; ich werde mich begnuͤgen die
Thatsachen und die Hauptumstande, unter welchen sie Statt finden, zu bezeichnen.
Kattun in Beruͤhrung mit dem
Oxydul oder Oxyd eines Metalles, waͤhrend lezteres in das Peroxyd
uͤbergeht.
Jedesmahl, wenn Kamm mit einer Aufloͤsung eines Metalles impraͤgnirt
wird, worin lezteres auf der ersten Oxydationsstufe enthalten ist, und man das Oxyd
auf den Zeug niederschlaͤgt, um es sodann in das Peroxyd umzuaͤndern,
es sey nun entweder durch Chlor oder durch langes Aussezen an die Luft, wird der
Zeug mehr oder weniger schwacher, waͤhrend, wenn man diese
Aufloͤsungen vollkommen oxydirt, ehe man den Kattun damit beizt, dieselben
seine Staͤrke nicht vermindern, weder mit Huͤlfe des Chlors, noch beim
Aussezen an die Luft. Aus dieser Thatsache geht hervor, daß der Kattun an der
Oxydation des Metalloxydes, womit er in Beruͤhrung ist, Theil nimmt, und
selbst eine mehr oder weniger betraͤchtliche Zersezung erleidet, je nach der
Quantitaͤt von Sauerstoff, welche sich mit dem Metalloxyd verbunden hat, oder
nach der Menge des gebildeten Peroxydes.
Kattun in Beruͤhrung mit
vegetabilischen Substanzen, welche der Gaͤhrung faͤhig
sind.
Die baumwollenen Zeuge werden vor dem Bleichen allgemein einer Operation unterworfen,
welche man das Entschaͤlen nennt, und welche darin besteht, daß mall die,
noch mit der Weberschlichte impraͤgnirten Zeuge, eine gewisse Zeit lang in
lauem Wasser einweicht. Jeder Bleicher weiß, daß, wenn man diese Operation zu weit
vorschreiten laͤßt, der Zeug dadurch leidet, daß hingegen weißer Zeug, ebenfalls in lauem, aber
reinem Wasser eingeweicht, sich nicht veraͤndert. Diese Veraͤnderung
muß also daher kommen, daß der Kattun an der Oxydation Theil nimmt, welche
waͤhrend der Gaͤhrung der Schlichte Statt hat.
Kattun in Beruͤhrung mit Oehl und
einem Metalloxyde.
Die Oehlung der baumwollenen Zeuge mit Olivenoͤhl und kohlensaurem Kali oder
Natron, hat zum Zwek, moͤglichst viel saures talgsaures Kali oder Natron zu
bilden. Dieses unaufloͤsliche Salz befestigt auf dem Zeuge die Alaunerde, und
die Faͤrbetheile des Krapps auf eine solche Weise, daß sie alle Operationen
des Avivirens aushalten, ohne sich von demselben zu trennen. Es ist gewiß, daß,
selbst unter den guͤnstigsten Umstaͤnden, die Zeuge durch diese
Operation nach der Menge des gesaͤuerten Oehls leiden; dieses beweist, daß
der Kattun an der Oxydation Theil nimmt, welche Statt hat, waͤhrend das Oehl
seinen Zustand aͤndert.
Ich will hier mehrere wichtige Beobachtungen uͤber diesen Gegenstand
anfuͤhren.
In dem feuchten Chlor zersezt sich das Oehl augenbliklich, selbst ohne die Gegenwart
eines Metalloxydes, und die Schwaͤchung des geoͤhlten Kattuns steht im
Verhaͤltnisse mit der Quantitaͤt des zersezten Oehls.
In dem Sauerstoffgase, besonders am Lichte, hat dieselbe Wirkung Statt, aber viel
langsamer; in der atmosphaͤrischen Luft hingegen veraͤndert sich das
Olivenoͤhl nur langsam, wenn es mit keinem Metalloxyde versezt, und von allen
gaͤhrungsfaͤhigen vegetabilischen Theilen gereinigt ist; auch ist dann
seine Wirkung auf den Kattun sehr wenig merklich.
Die Saͤuerung des Oehls wird besonders durch die Wirkung des Kalis und des
Natrons veranlaßt; sie kann aber durch jedes andere Metalloxyd, welches ein saures
talgsaures Salz bilden kann, bewirkt werden, wenn man das Gemenge in dieselben
Umstaͤnde versezt. Das Kupferoxyd besizt diese Eigenschaften in einem so
hohen Grade, daß es in gewissen Fallen den Zeug unter sehr betraͤchtlicher
Waͤrme-Entbindung augenbliklich ganz zerstoͤrt. Wahrscheinlich
ruͤhren die Selbstentzuͤndungen fetter Wolle oft von dieser Ursache
her.
Kattun in Beruͤhrung mit
Faͤrbestoffen, welche der Einwirkung des feuchten Chlors ausgesezt
sind.
Ich habe einerseits feuchtes Chlorgas, und, andererseits moͤglichst troknes
Chlorgas dargestellt, und verschiedene Muster gefaͤrbten Kattuns in dasselbe
gebracht, um zu erfahren, ob reines Chlor direkt auf die Faͤrbestoffe wirft,
oder ob der durch die Zersezung des Wassers frei werdende Sauerstoff die
Entfaͤrbung hervorbringt, Bei diesen Versuchen glaubte ich zu beobachten, daß das reine Chlor
auf die vegetabilischen Farbestoffe nicht wirkt, waͤhrend es, wenn es mit
noch so wenig Wasser in Beruͤhrung ist, dasselbe zersezt, und alle
vegetabilischen Farben augenbliklich zerstoͤrt: zugleich habe ich aber auch
bemerkt, daß der Zeug sich nur in dem lezteren Falle veraͤndert, wo er mit
freiwerdendem Sauerstoffe in Beruͤhrung ist; diese Schwaͤchung
desselben steht immer mit der Quantitaͤt des entbundenen Sauerstoffs in
Verhaͤltniß.
Es waͤre der allgemeinen Nuͤzlichkeit wegen wuͤnschenswerth, daß
diejenigen Mitglieder der Société, welche
bisher die von mir so eben bezeichneten Erscheinungen nicht genau untersucht haben,
dieselben bei ihren taͤglichen Arbeiten nicht aus den Augen verloͤren,
und die chemischen Verbindungen zu ergruͤnden suchen wuͤrden, welche
dabei entstehen. Durch Vereinigung ihrer Beobachtungen wuͤrde man dann
wahrscheinlich dahin gelangen, eine sichere Theorie uͤber diese Thatsachen
aufstellen zu koͤnnen, welche die Aufmerksamkeit des Bleichers und des
Faͤrbers im hoͤchsten Grade verdienen.