Titel: | Ueber Erzielung feiner und langer Anglo-Merino-Wolle. Von Hrn. Chas. Callis Western, Esq. Mitglied des. Parliaments. |
Fundstelle: | Band 28, Jahrgang 1828, Nr. LXI., S. 238 |
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LXI.
Ueber Erzielung feiner und langer
Anglo-Merino-Wolle. Von Hrn. Chas. Callis Western, Esq. Mitglied des.
Parliaments.Hr. Western erhielt von der Society die goldene Isis-Medaille. A. d. O.
Aus dem XLV. Bd. der Transactions of the Society for
Encouragement of Arts, etc. in Gill's technical Repository.
Februar. 1828. S. 73.
(Im
Auszuge)
Western, uͤber Erzielung feiner und langer
Anglo-Merino-Wolle.
Von anliegenden Wollen-Mustern sind ein Paar
außerordentlich merkwuͤrdig; alle beweisen aber, wie es mir scheint, daß man
von Anzucht und Veredlung dieser merkwuͤrdigen Rasse sehr schoͤne und
nuͤzliche Resultate ziehen kann.
Die Wolle Nr. 1. wird naͤchste SchurzeitDiese Zeilen wurden am 1. Jan. 1827 in Felix-Hall, Essex geschrieben.
A. d. Ueb. dreijaͤhrig: ich schnitt sie diesen Morgen selbst von dem
Ruͤken zweier Hammel ab. Sie hielt so fest auf der Haut, als ob sie
einjaͤhrig waͤre, und die Thiere aͤußerten Schmerz bei dem
Ziehen derselben, mehr Schmerz, als andere Schafe unter aͤhnlichen
Umstaͤnden. Diese Hammel werden zur naͤchsten Lammerzeit drei Jahre
alt; sie sind fett, und ich schaͤze sie jeden, im Fleische, auf neun Stone,
(72 Pfund). Die Staͤrke und Elasticitaͤt dieser Wolle ist auffallend;
es ist unmoͤglich, sie von einjaͤhriger Wolle zu unterscheiden. Ich
schaͤze das Gewicht des ganzen Fließes im Fette an dem einen Stuͤke
auf fuͤnf und zwanzig Pfund, an dem anderen auf acht und zwanzig bis dreißig.
Sie sind seit der lezten Schur zwei Jahre im Hause. Ihr Futter bestand in Wiken und
Klee, gruͤnem Heue, Turnips, Mangold-Wurzel, und Haber, nach der
Jahreszeit.
Ich sandte vor einigen Tagen zwei Hammel nach London, wovon das dreijaͤhrige
Fließ des einen 26 Pfund wog. Diese Widder waͤren im naͤchsten
Fruͤhjahre vier Jahre alt geworden.
Beide Schoͤpse wogen lebendig,
der eine
17 SteinStein ist 8 Pfund. A. d. Ueb.
1 Pfd.
andere
17 –
6 –
–––––––––––––
34 Stein 7 Pfund.
Im Fleisch todt
11 Stein
4 Pfd.
10 –
5 –
–––––––––––––
22 Stein 1 Pfund.
Rohes Fett
3
– 3 1/2 –
Die beiden Felle
3
– 2 1/2 –
– – Koͤpfe
1
– 0
– Eingeweide beider
2
– 4 1/2 –
– Leber etc.
0
– 6
–
– Blut
1
– 1 1/2 –
Das Fleisch beider also zu 22 St. 1 Pfd. à 6
Shill. den Stein gibt 6 Pfd. Sterl. 12 Shill. 9 Pence.
Nr. 2. ist die Wolle von 6 Schafen, die zur naͤchsten Schur zweijaͤhrig
sind. Sie wird, bis dahin, zum Kaͤmmen hinlaͤnglich lang seyn.
Nr. 3. ist die Wolle von vier Widder-Laͤmmern von einem Prima saͤchsischen Widder und auserlesenen
Merino-Mutterschafen aus meiner eigenen Herde. Sie wird zum Kaͤmmen
lang genug seyn, und wenig Abfall geben.Hr. Western legte Muster von Zeugen bei, die er daraus verfertigen ließ, und
die die Herzogin von Gloucester, die Ladies Londonderry und Melville und
Lady Petre tragen, und bezieht sich auf seinen vor drei Jahren
herausgegebenen Letter on Merino sheeps. Die
darin aufgestellten Grundsaͤze bestaͤtigten sich mit jedem
Jahre mehr. Er erinnert die Society auch an sein
practical treatise on the improvement of grass
land by irrigation, winter-floodings and drainage.
„Man kann sein Capital,“ sagt er, ich spreche aus
10-jaͤhriger Erfahrung, „nicht besser anlegen, als
auf gewasserte Wiesen.“ A. d. Ueb.
Ich verkaufte, bei dem niedrigsten Wollpreise im Jahre 1826, das Pfund Wolle zu 14
Pence (14 Groschen) an Wollenhaͤndlern im Fette. Drei Jahre fruͤher
verkaufte ich es um 1 Shill. 6 Pence.
Zur Nachzucht waͤhle ich immer diejenigen Widder, die die laͤngste
Wolle haben.
––––––––
Die Society ließ durch ihren Secretaͤr, Hrn.
A. Aikin, sich bei Hrn.
Western erkundigen:
„woher es kommt, daß, da die Wolle an anderen Schafen, wenn man sie
nicht schert, im Sommer den Thieren von selbst ausfaͤllt, da sogar an
Schafen, die auf Gemein-Weiden, und unfruchtbaren Huͤgeln weiden,
die Wolle vor der Schur in Floken wegfaͤllt, die Merinos des Hrn.
Western ihre Wolle so
fest behalten? Ob dieß auch bei den anderen Merinos, die auf die
gewoͤhnliche Weise („d.h. nie im Stalle“) gehalten
werden, und bei den verbesserten englischen Rassen Statt hat, oder bloß von
seiner Art, die Schafe bei Hause in Stallen zu halten, wie man es in Sachsen mit
den feinen und kurzwelligen Schafen seit langer Zeit thut („und mit
jedem Heidschnuken und Schmiervieh-Stuͤke in Deutschland thun
muß, wenn es nicht erfrieren soll“) abzuhaͤngen scheint?
koͤnnen Sie uns („fragt der Secretaͤr“) eine
Bilanz zwischen den Auslagen der Stallfuͤtterung bei Schafen und der
gewoͤhnlichen englischen Schafzucht im Freien geben? Die Auslagen
fuͤr Errichtung eines Stalles, das Heimfahren der Wurzeln und des
gruͤnen Futters, die groͤßere Menge Futters, die man bei der
Stallfuͤtterung nothwendig hat, wie hoch belauft sich dieß? Und das
Interesse des Werthes der Wolle von zwei Jahren bei der ersten, und von Einem
Jahre bei der zweiten Schur? Die Vortheile scheinen bei der
Stallfuͤtterung in Ersparung des FuttersKurz vorher fand der Hr. Secretaͤr den Futterverbrauch
groͤßer. A. d. Ueb. im Ertrage des Duͤngers, und bei dem Belassen der Wolle auf dem
Ruͤken des Thiers in Ersparung der Schurkosten und in dem Gewinne an dem
hoͤheren Werthe der Wolle zu liegen. Wahrscheinlich gehen auch weniger
Laͤmmer verloren, und die Thiere bleiben im Stalle gesuͤnder.
Haben Sie einige Erfahrungen uͤber den Nuzen des Salzen, wenn man es den
Schafen im Futter beimengt? In Sachsen und in Spanien gibt man es den Schafen
reichlich, und es soll der Gesundheit dieser Thiere sehr zutraͤglich
seyn! „(Ist es moͤglich, daß die Society
of Arts und ihr Hr. Secretaͤr so wenig unterrichtet sind,
daß sie nicht wissen, daß Salz die conditio sine qua
non datur ovile ist? ist? Hr. Aikin ist ein Alterthumsforscher, und
liebt lana caprina mehr als ovina.)
––––––––
Hr. Western antwortete auf
dieses Schreiben (aus welchem wir viele Laͤcherlichkeiten wegließen, da sie
nur beweisen, daß der Secretaͤr der Society of Arts,
Agriculture and Commerce ein sehr gelehrter Herr ist, aber auch nicht das
ABC in der Schafzucht versteht, was von einem
Secretaͤre an einer solchen Gesellschaft in England, wo die Schafzucht ihre
Vollendung erhielt, gewiß merkwuͤrdig ist).
„Ich wollte der Gesellschaft beweisen, daß ein Schaf sein Fließ in aller
Schoͤnheit und Starke drei Jahre lang tragen kann, und wollte dadurch
andere zu aͤhnlichen Versuchen einladen. Die Fabrikanten werden den Werth
solcher Wolle bestimmen, und dann erst kann der
Paͤchter mit Sicherheit sagen, ob Stallfuͤtterung oder Parkirung
mehr Ertrag gibt. Ich wuͤnsche mir nur zweijaͤhrige Wolle, bei
welcher also nur Ein Jahr Stallfuͤtterung nothwendig ist. Nur einen Theil
meiner Herde, und diesen nur aus lauter Hammeln bestehend, die 16–18
Monate alt sind, wann sie in den Stall kommen, und mit 28 bis 30 Monaten
geschoren werden, wo sie ohnedieß zur Schlachtbank bestimmt sind, will ich zur
Stallfuͤtterung verdammen, und hierzu waͤhle ich nur die
bestwolligen aus. Ich erschreke daruͤber, daß der Ausschuß der
Gesellschaft mich nicht verstanden hat; vielleicht war es meine Schuld. Ich
wollte nur zeigen, daß man sehr schwere und sehr fein und langwollige Schaft zugleich
ziehen kann, und daß wir aus dieser Wolle so feine
Narrenpossen-Stuͤke auffuͤhren koͤnnen, als die
Franzosen, die uns hierin bisher uͤbertrafen. Anliegender chinesischer
Flor (China crape), der zu Norwich gewebt wurde, und
auf dem Ruͤken meiner Schafe wuchs, ist ein Beweis, daß wir dieß auch
koͤnnen, wenn wir wollen. Wir koͤnnen bei unserer alten englischen
Turnips-Wirtschaft und unserem Behagen am fetten Hammelfleische eben so
gut ausschließlich (?) die feinste laͤngste Wolle erzeugen, als wir
bisher ausschließlich die laͤngste grobe Wolle
erzeugten. Hierzu muͤssen aber die Schaft reichliches Futter bekommen,
sonst kann die Wolle unmoͤglich lang und stark werden. Die Franzosen
fuͤhren jezt unsere langwolligen Schafe aus, und in Paris hat sich eine
ganze Gesellschaft hierzu vereinigt. Sie koͤnnen South-Down Schaft
haben; wenn sie dieselben aber nicht besser fuͤttern, wird die Wolle auf
ihren Schafen bald loker und bruͤchig werden, sie wird kuͤrzer
werden, und die Kaͤmmlinge werden schlecht ausfallen. Ich will nur die
Fabrikanten und Schafwirthe aufmerksam auf das machen, was wir aus unseren
Schafen ziehen koͤnnen.
Sie fragen, ob ich meinen Schafen Salz gebe? So viel, als sie immer fressen wollen!
Im Fruͤhjahre, wo meine Mutterlammer und die jungen Schaft in nassen Wiesen
weiden, fressen sie wirklich sehr viel. Ich kann nicht daran zweifeln, daß es ihnen
sehr wohl bekommen muͤsse.Man sieht aus diesen wenigen Zeilen, welche Verwirrung Herr Aikin in der einfachsten
Sache von der Welt angerichtet hat. Die schoͤne Wolle des Hrn.
Western mußte nach
Hrn. Aikin's Ansicht
von der Stallfuͤtterung der Schafe herkommen, und, damit die.
Stallfuͤtterung, wozu wir in Deutschland unseres rauhen Klima's wegen
gezwungen sind, ja keine deutsche Erfindung
bleibe, muͤssen alle englischen Orte, die auf cot sich enden, ehevor Schafstaͤlle gewesen, die
Stallfuͤtterung der Schafe also in England noch alter als in
Deutschland seyn? Hr. Aikin weiß nicht, daß die in Spanien und in England in
Staͤllen gehaltenen Schafe die schlechteste Wolle liefern, die dann
auf dem Markte Absaz findet, daß England und Spanien seine feine Wolle
vorzuͤglich dem Klima verdankt, in welchem es moͤglich ist,
die Thiere immer in freier gesunder Luft zu halten, und folglich allen
Seuchen vorzubeugen, die durch die verdorbene Stallluft entstehen; daß in
einem Lande, wo die Thiere in gesunder freier Luft 5 Monate laͤnger
gruͤnes Futter finden, als bei uns, sie gesuͤnder und starker
werden muͤssen; daß sie die Kreuzung der Rassen (crossing) gewissenhaft beobachten, daß die
Sorgfalt, mit welcher die Englaͤnder uͤber die
Erschoͤpfung ihrer Spring-Widder wachen, denen sie
hoͤchstens 20 Mutterschafe zum Sprunge lassen, die riesenhaften
Schafe der Insel schenkte, auf welche sie mit Recht so sehr stolz ist.
Moͤchte doch ganz England bald die Ansicht des Hrn. Aikin gewinnen: dann
wuͤrde bald die deutsche Wolle zollfrei nach England
eingefuͤhrt werden duͤrfen! A. d. Ueb.
Ich kann nicht sagen, daß die Schafe bei uns ihre Wolle verlieren, und kann nicht
glauben, daß Stallfuͤtterung hierauf Einfluß hat. Wenn ein Schaf
kraͤnklich ist, verliert es seine Wolle allerdings und so muß es werden, wenn es
nicht genug, und nicht gut genug zu fressen bekommt. Dann wird es und lausig, und
reibt sich die Wolle uͤberall ab.