Titel: | Ueber die Verfertigung des rothen Glases, besonders des feuerrothen, wie es die alten Kirchenfenster enthalten, von Dr. F. Engelhardt , Verwalter des Zinsweiler Eisenwerks, unweit Strasburg. |
Fundstelle: | Band 28, Jahrgang 1828, Nr. LXXXVI., S. 299 |
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LXXXVI.
Ueber die Verfertigung des rothen Glases,
besonders des feuerrothen, wie es die alten Kirchenfenster enthalten, von Dr. F. Engelhardt
Hr. Dr. Engelhardt gewann durch die hier mitgetheilte
Erfindung, den von dem Vereine zur Befoͤrderung des Gewerbfleißes in
Preußen ausgeschriebenen Preis einer goldenen Denkmuͤnze nebst 300
Thalern. A. d. R., Verwalter des Zinsweiler Eisenwerks, unweit Strasburg.
Aus den Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des
Gewerbfleißes in Preußen 1828, erste Lieferung, S.
15.
(Im
Auszuge.)
Engelhardt, uͤber die Verfertigung des rothen
Glases.
Die Kunst Glas roth zu faͤrben, war schon den Alten
bekannt, und Hr. Klaproth hat
gezeigt, daß sie dazu das Kupferoxydul gebraucht haben (dessen Beitraͤge zur
Kenntniß der Mineralkoͤrper. Bd. 6, S. 136.). Auch bin ich uͤberzeugt,
daß die meisten alten rothen Glaͤser nur mit diesem Oxyd gefaͤrbt
worden sind. Dieß war auch der einzige hierzu gebrauchte Farbestoff das ganze
Mittelalter hindurch, wenigstens habe ich bei vielfaͤltigen chemischen
Analysen der verschiedenartigsten Stuͤke noch keinen anderen entdeken
koͤnnen.
Allein da die Farbe, welche das Kupferoxydul dem Glase gibt, so intensiv ist, daß
Scheiben von der gewoͤhnlichen Staͤrke ganz schwarzbraun und kaum
durchschimmernd seyn wuͤrden, so mußte ein Verfahren gefunden werden, durch
welches jener Nachtheil gehoben wird. Dieses bestand nur darin, daß man das weiße
Glas mit einer aͤußerst duͤnnen Lage von rothem Glase uͤberzog
(Ueberfangglas); nur auf diese Weise konnte die schoͤne Farbe und die
Durchsichtigkeit mit einander verbunden werden.
Seit Kunkel's Zeit wurde auch
das Goldoxyd oft als Faͤrbestoff bei Verfertigung des rothen Glases
angewandt. Das Goldoxyd gibt in der That ein schoͤnes Roth, mit welchem das
Glas, unbeschadet der Durchsichtigkeit, durch und durch gefaͤrbt werden kann,
und es wird daher mit Vortheil bei Verfertigung von Gefaͤßen und
aͤhnlichen Gegenstaͤnden gebraucht werden koͤnnen. Allein
dieser Gebrauch wird des hohen Preises und verschiedener Schwierigkeiten wegen,
immer beschraͤnkt bleiben. Zugleich erhaͤlt man auch mit Goldoxyd nie
den schoͤnen Purpur, oder das Feuerroth der alten Kirchenfenster, die so
gefaͤrbten Glaͤser schimmern immer in Karmoisin oder Rosa
hinuͤber, und
koͤnnen hieran auch schon bei dem ersten Blike erkannt werden.
Was aber das Kupferoxydul betrifft, so kann man sich durch ein leichtes und einfaches
Mittel uͤberzeugen, daß damit Glas roth gefaͤrbt werden kann. Wenn man
naͤmlich eine ganz duͤnn geschlagene Kupferfolie (falsches Blattgold)
vermittelst Boraxwasser auf eine Glasscheibe heftet, darauf eine zweite Scheibe
legt, oder mit etwas Kohlenstaub bestreut und dann einbrennt, so hinterlaͤßt
die Kupferfolie deutliche rothe Fleken auf dem Glase. Auch stimmen die neuern
Chemiker darin uͤberein, daß Kupferoxydul das Glas roth faͤrbt. Damit
das Kupfer roth faͤrbe, ist seine Umbildung in den oxydulirten Zustand
unumgaͤnglich nothwendig. Aus diesem Grunde kann es auch nur geblasen, nicht
aber, wie andere Farben in der Glasmalerei, als Schmelz aufgetragen werden, da bei
dem Einschmelzen oder Umschmelzen das gepulverte rothe Glas in's Blaugruͤne
uͤbergeht.
Wenn die Alten noch rohen Weinstein, Ruß oder andere dergleichen desoxydirende
Koͤrper beimischten, so geschah dieß allein der Erhaltung der rothen Farbe
wegen. Dazu kann auch Eisenoxydul angewendet werden, besonders wenn man eine in's
gelbliche ziehende feuerrothe Farbe erhalten will. Am besten wendet man aber
Zinnoxydul an, um das Kupfer im oxydulirten Zustande zu erhalten. Die Wirkung des
Zinnoxyduls ist nicht so fluͤchtig, als die der vegetabilischen Stoffe, deren
Einwirkung natuͤrlich mit ihrem Verbrennen aufhoͤrt, und bei welchen
man leicht einem doppelten Fehler ausgesezt ist; denn sind sie noch nicht
hinlaͤnglich verbrannt, so wird das Glas nicht lauter und die Farbe nicht
hell, und ist sie gerathen, so muß man sie auf's schnellste verarbeiten, weil sie
aͤußerst leicht verschwindet. Diesem allem ist man aber bei Anwendung des
Zinnoxyduls nicht ausgesezt. Waͤhrend der ganzen Arbeit blieb mir stets die
rothe Farbe gleich schoͤn, und ich war nie im Falle, desoxydirende
Koͤrper nachzutragen. Auch habe ich in allen alten Glaͤsern, welche
ich untersuchte, stets Zinnoxyd angetroffen, und zwar war dieses Oxyd meistens in
einer groͤßern Menge vorhanden, als das Kupferoxydul selbst.
Da nun die durch das Kupferoxydul ertheilte Farbe zu intensiv ist, um allein
verarbeitet werden zu koͤnnen, und die durch und durch gefaͤrbte
Scheibe undurchsichtig, dunkelbraun erscheinen wuͤrde, und man, damit die
durchsichtige rothe Farbe zum Vorschein komme, sie unendlich duͤnn ausblasen
muͤßte, so kann man haltbare rothe Scheiben nur dadurch machen, daß man eine
weiße Scheibe mit einer ganz duͤnnen Schicht rothen Glases uͤberzieht.
Eine solche Scheibe, welche man. Ueberfangglas nennt, hat außerdem den Vortheil, daß
man stellenweise die rothe Schicht abschleifen kann, und so weiße Zeichnungen, oder vermittelst des
Aufschmelzens von anderen Farben bunte Zeichnungen erhalten kann. Daß dieses auch
ganz das Verfahren der Alten war, zeigen uns alle Scheiben des Mittelalters.
Um das Ueberfangglas zu verfertigen, muß der Arbeiter zwei Tiegel haben, in dem einen
das rothe Glas, in dem anderen das weiße; er taucht seine Pfeife zuerst in die rothe
Masse, so daß ein Knopf sich davon anhaͤngt, dann nimmt er uͤber
dieses Roth eine gehoͤrige Menge weißes Glas. Der hiervon ausgeblasene
Cylinder wird ein schoͤnes rothes Ueberfangglas darstellen. Damit sich die
rothe Lage gut mit der weißen Scheibe verbinde, und beim Erkalten sich nicht von
derselben abloͤse, wie mir dieß bei meinen allerersten Versuchen geschah, ist
es nochwendig, daß der Glassaz des weißen zu uͤberfangenden Glases, wo nicht
derselbe, doch dem rothen Glassaze analog sey; am besten aber macht man die rothe
Masse um etwas Weniges leichtfluͤßiger, als die weiße. Auch darf der Glassaz
fuͤr das rothe Glas keine oxydirenden Stoffe enthalten.
Nachdem ich mich hiervon auf der Glashuͤtte versichert, lasse ich zwischen die
großen Tiegel fuͤr das Rothe einen kleinen Tiegel beisezen; in denselben
bringe ich zu dem gewoͤhnlichen Glassaze, wenn er Mennigehaltig, auf 5 Pfund
desselben, 4 Loth Kupferoxydul, 4 Loth Zinnoxydul. Ist er nicht Mennigehaltig, so
nehme ich auf 2 Pfund Sand, den der Glassaz enthaͤlt, 3 Loth Kupferoxydul, 3
Loth Zinnoxydul. Sezt man das Kupferoxydul nicht unmittelbar dem Glassaze bei,
sondern bringt es spaͤter in denselben, wenn er anfaͤngt lauer zu
werden, so muß man eine weit geringere Dosis Kupfer nehmen.
Zum Scharlach- oder Feuerroth nehme ich auf 25 Pfd. Glassaz, 1/2 Pfund
Zinnoxydul und 1 1/2 Loth feingeriebenes Eisenoxydul; diese werden gleich anfangs
mit eingesezt. Ist das Glas lauter geworden, so fuͤgt man ihm 1 1/2 Loth
Kupferoxyd zu, und bringt das Ganze gut untereinander. Ueberhaupt muß man alle
Vorsicht anwenden, um Blasen und Koͤrner zu vermeiden, welche sich
aͤußerst leicht bilden; so auch dafuͤr sorgen, daß die weiße und rothe
Masse gleichzeitig gar sey, um mit einander verarbeitet werden zu koͤnnen.
Daß das Gelingen einer schoͤnen Scheibe sehr viel von dem Arbeiter
abhaͤnge, ersieht man leicht aus obigen Angaben, denn der Ueberfang bleibt
immer diker an der Muͤndung der Pfeife, als am entgegengesezten Ende des
Glaskolbens, die Scheibe wird daher stets an einer Seite dunkler, als an der
anderen, und nur die Mitte ist gleichfoͤrmig; ja an dem einen Ende wird der
Ueberfang manchmahl so duͤnn, daß er verschwindet, und in's Weiße
uͤbergeht. Ich besize mehrere alte Scheiben, wo dieses Uebergehen aus dem
Dunklen in's Hellere auf das Trefflichste zu gewissen Effecten benuzt ist, unter
anderem bei dem
Atlasgewand einer Judith. Indessen kann der Arbeiter durch einige Uebung bald die
Fertigkeit, ziemlich große gleichfoͤrmige Scheiben hervorzubringen, erlangen,
und ich hoffe, dieß Resultat auf einer unserer Glashuͤtten, mit welcher ich
zu diesem Zweke in naͤhere Verbindung getreten bin, in kurzer Zeit zu
erhalten.
Ein bleihaltiger Glassaz scheint das Rothe leichter zu behalten, als jeder andere,
doch sind Meine Erfahrungen hieruͤber nicht hinlaͤnglich, um als
entscheidend gelten zu koͤnnen. Ist durch Ueberoxydation des Kupfers die
rothe Farbe verschwunden, so nimmt das Glas meistens eine bouteillengruͤne
Farbe an; der Zusaz eines desoxydiren Koͤrpers, wie Kohlenstaub, roher
Weinstein, Ruß u. dgl., ruft aber bald die rothe Farbe wieder hervor. Roher
Weinstein oder Kohle sind zu diesem Zweke vorzuziehen, da man dieselben leichter
rein erhaͤlt, als Ruß u. dgl. Hat man solche desoxydirende Koͤrper
zugesezt, so muß man sich durch die allzu dunkle und unreine Farbe der oberen Lagen
des rothen Glastiegels nicht irre machen lassen, weil die unteren Lagen meistens
dennoch ganz schoͤn, und von der hellsten Tinte sind. Schoͤner ist
aber doch immer das Roth, wobei man keines spaͤteren Zusazes bedarf, und man
muß diesen dadurch vermeiden, so viel man immer kann, daß man sucht den rothen
Glassaz gleich zu verarbeiten, so wie er lauter ist.