Titel: Ueber die Zersezung des Ammoniaks durch die Metalle, von Hrn. Felix Savart.
Fundstelle: Band 29, Jahrgang 1828, Nr. XXXIX., S. 137
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XXXIX. Ueber die Zersezung des Ammoniaks durch die Metalle,Diese Untersuchungen wurden im August und September 1827 angestellt: ich theilte sie damals mehreren Gelehrten, unter anderen den HHrn. Biot, Dulong, Chevreul, Hachette, Savary u.a. mit: aus ihrer Unvollkommenheit wird man leicht ersehen koͤnnen, daß ich keine Muße gehabt habe, sie zu beendigen. A. d. O. von Hrn. Felix Savart. Aus den Ann. de Chim. et de Phys. Maͤrz 1828, S. 527. Savart's Zersezung des Ammoniaks durch die Metalle. Man weiß seit langer Zeit, daß verschiedene Metalle, z.B. Kupfer und Eisen, die Eigenschaft haben, wenn ihnen eine hoͤhere Temperatur mitgetheilt worden ist, das Ammoniak in seine Bestandtheile zu zersezen, und man hatte bisher geglaubt, daß die Metalle, welche diese Trennung bewirkt haben, ihr Gewicht dadurch weder vermehrt noch vermindert haben; man hatte bloß bemerkt, daß sie dadurch sehr sproͤde geworden sind, und man glaubte, daß diese Eigenschaft einzig und allein von einer in ihnen erfolgten Veraͤnderung in der Stellung der kleinsten Theile gegeneinander herruͤhre. Da ich mich, um meine Untersuchungen uͤber die Elasticitaͤt ganz auszufuͤhren, versichern mußte, daß in der That keine Gewichtsvermehrung Statt findet, wenn man auf diese Art ein Metall der Einwirkung des Ammoniakgases aussezt, so suchte ich die Genauigkeit dieser Behauptung dadurch zu pruͤfen, daß ich mit weit betraͤchtlicheren Quantitaͤten von Metall, als man bisher angewandt hatte, meine Versuche anstellte, und es schien mir, daß das Metall eine allerdings noch zu beruͤksichtigende Gewichtsvermehrung erleidet; so wogen 141,91 Gr. Kupferdraht, nachdem sie vier Stunden lang Ammoniakgas zersezt hatten, 142,382 Gr.; die Gewichtsvermehrung betrug also 0,472 Gr. Da die Kupferdraͤhte schwach oxydirt worden waren, und man also befuͤrchten mußte, daß die Gewichtsvermehrung wenigstens zum Theil von dem absorbirten Sauerstoff herruͤhre, so stellte ich den Versuch neuerdings mit einem einzigen Kupferdrahte (?) an, welcher 28,86 Gr. wog, und traf alle Vorsichtsmaßregeln, daß das Ammoniakgas sich ununterbrochen entband und vollkommen ausgetroknet wurde. Als die Kupferdraͤhte nach dem Versuche neuerdings gewogen wurden, betrug ihr Gewicht 28,965 Gr.; das Metall hatte also 0,105 Gr. einer unbekannten Substanz absorbirt, das heißt ungefaͤhr 1/275 seines eigenen Gewichtes, waͤhrend in dem vorhergehenden Falle die Absorbtion nur 1/300 war. Ich habe nichts zu demjenigen hinzuzufuͤgen, was man bis jezt uͤber die Eigenschaften des Kupfers, welches das Ammoniakgas zersezt hat, weiß; ich will hier nur noch bemerken, daß ich das spec. Gewicht des Metalles vor und nach dem Versuche bestimmte, und daß es im ersteren Falle 8,8659 und im zweiten nur 7,7919 betrug. Das Eisen gibt unter denselben Umstaͤnden dieselben Erscheinungen, nur ist die Gewichtsvermehrung weniger betraͤchtlich: so wog ein 40,135 Gr. schweres cylinderfoͤrmiges Stuͤk Eisen, nachdem es neun Stunden lang einem Strom ganz trokenen Ammoniakgases ausgesezt worden war, 40,195 Gr.; der Unterschied betraͤgt 0,06 Gr., so daß die Absorbtion nur 1/69 war, welches Resultat sehr mit einem aͤhnlichen Versuche des Hrn. Thenard uͤbereinstimmt, wobei 25 Gr. Eisen sich um 5 Centgr. vermehrten, nachdem sie das Ammoniak vier und zwanzig Stunden lang zersezt hatten, indem in diesem Falle, wobei die Beruͤhrung laͤngere Zeit dauerte, die Absorbtion 1/500 betrug. Die physischen Eigenschaften des so mit Ammoniak behandelten Eisens sind auf eine sehr merkwuͤrdige Art veraͤndert: man hat bemerkt, daß dieses Metall sproͤder als das gewoͤhnliche Eisen ist; wenn man es aber nur eine oder zwei Stunden lang mit dem Strom Ammoniakgas in Beruͤhrung laͤßt, so zeigt sich auch sein Korn auf dem Bruch sehr von demjenigen des gewoͤhnlichen Eisens verschieden, und wird dem eines sehr feinen Stahles aͤhnlich. In diesem Zustande kann das Eisen gehaͤrtet werden und gibt an dem Feuersteine Funken, wie der gewoͤhnliche Stahl. Wenn hingegen das Gas laͤngere Zeit auf das Eisen eingewirkt hat, z.B. acht oder zehn Stunden, so werden seine Eigenschaften durch das Haͤrten nicht mehr veraͤndert, es scheint weicher zum Feilen zu seyn, als selbst Stabeisen; sein Bruch ist schwaͤrzlichgrau und sein Korn hat einige Aehnlichkeit mit dem des Graphits. Das spec. Gewicht eines Eisendrahts von 5 Millim. Durchmesser, der neun Stunden lang dem Gasstrome ausgesezt wurde, war vor dem Versuche 7,788 und nachher 7,6637.Es waͤre noͤthig, diesen Versuch mit großer Sorgfalt zu wiederholen und sich zu versichern, daß das angewandte Ammoniakgas keine Kohlensaͤure enthaͤlt. A. d. O. Es scheint also aus diesen Untersuchungen hervorzugehen, daß bei der Zersezung des Ammoniaks durch die Metalle eine Substanz absorbirt wird, und daß sich eine wirkliche Verbindung, entweder von Stikstoff, oder von Wasserstoff, oder von Ammoniak selbst, mit dem Metall bildet, und daß diese neue Verbindung veraͤnderliche Eigenschaften hat, je mehr oder weniger betraͤchtlich die Menge der absorbirten Substanz ist. Hr. Perzos, welcher die Guͤte hatte, mich bei den angefuͤhrten Versuchen zu unterstuͤzen, erbot sich, mit mir zu untersuchen, ob wir die Substanz, welche sich in diesem Falle mit den Metallen verbindet, nicht abscheiden koͤnnten, und wir brachten daher 49 Grammen Kupfer (welche der Einwirkung des Ammoniaks fuͤnf Stunden lang ausgesezt worden waren) in eine kleine Porcellanretorte, deren Hals mit einer in ein Queksilberbad tauchenden Roͤhre versehen war, um die Gasarten aufzusammeln, falls sich solche entwikelten; nachdem die Retorte in einem Ofen, welcher seinen Luftzug durch einen Blasebalg erhielt, erhizt worden war, brachten wir das Metall in Fluß. Es entband sich waͤhrend des Versuches kein Gas, die in der Retorte und der damit verbundenen Roͤhre enthaltene Luft ausgenommen. Als die Retorte nach dem Erkalten zerschlagen wurde, fanden wir das Metall in einer einzigen Masse; aber zwischen ihr und dem Boden der Retorte war eine gelblichbraune Substanz, welche ein groͤßeres specifisches Gewicht als das Kupfer zu haben schien, und sich zum Theil mit der Porcellanglasur vereinigt hatte. Als das Kupfer neuerdings gewogen wurde, zeigte sich sein Gewicht vermindert; es betrug nur noch 48,9 Gr.: es hatte also viel von der Substanz, welche sich mit ihm verbunden hatte, verloren. Ich will diese Notiz mit der Bemerkung schließen, daß die Wirkung des Kaliums auf eine kleine Menge von dieser an einem Porcellanstuͤk haͤngen gebliebenen Substanz, uns ganz derjenigen dieses Metalles auf das Ammoniak aͤhnlich zu seyn schien: es bildete sich in beiden Faͤllen eine gruͤnlichbraune Substanz, welche alle Eigenschaften des Stikstoffkaliums besaß; so daß diese Versuche, welche jedoch wiederholt und mannigfaltig abgeaͤndert werden muͤssen, die Ansichten der HHrn. Davy und Berzelius zu unterstuͤzen scheinen, welche durch andere Untersuchungen darauf geleitet wurden, den Stikstoff als ein Oxyd zu betrachten, dessen Radical, welches sie Ammonium nannten, die Substanz waͤre, welche in den von uns so eben angefuͤhrten Versuchen mit dem Kupfer und Eisen Legirungen bildet.