Titel: Ueber das echte ostindische Wootzerz, Eisen und Stahl, welche Hr. J. M. Heath, Esq., aus Ostindien einführte. Von Th. Gill.
Fundstelle: Band 29, Jahrgang 1828, Nr. CII., S. 375
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CII. Ueber das echte ostindische Wootzerz, Eisen und Stahl, welche Hr. J. M. Heath, Esq., aus Ostindien einfuͤhrte. Von Th. Gill.Man vergleiche hiemit auch die Abhandlung des Hrn. Faraday im polyt. Journale Bd. III. S. 91. A. d. R. Aus dem technological Repository desselben. N. 6. des II. Bandes, S. 337. Gill, uͤber das echte ostindische Wootzerz. Da ich neulich von Hrn. Heath mit Exemplaren dieses Erzes, so wie auch mit verschiedenen Artikeln, die aus dem daraus bereiteten Gußstahle verfertigt worden sind, freundschaftlichst versehen wurde, und zugleich auch einige Notizen uͤber diesen wichtigen Gegenstand erhielt, so beeile ich mich, sie meinen Lesern mitzutheilen. Das Erz ist ein schwarzes magnetisches Eisenoxyd, beinahe von der Art des uralten und beruͤhmten Oregrund oder schwedischen Eisenerzes, aus welchem wir unseren besten Gußstahl bereiten, oder eigentlicher gesprochen, nur mittelst desselben bereichern sollten. Es ist ein Eisenperoxyd und Protoxyd, das haͤufig in Form regelmaͤßiger Oktaëder vorkommt, und außerordentlich reich an Eisen ist; das keinen anderen Zuschlag zu der in demselben gewoͤhnlich vorkommenden Kieselerde fordert, als Kalk, um einen Fluß zu bilden, der es in metallischen Zustand zuruͤkfuͤhrt. (?) Die Indier zerschlagen das Erz in grobe Koͤrner, lesen dieselben aus, und schmelzen sie in kleinen Oefen, die beinahe wie Kuppeloͤfen geformt, nur vier Fuß hoch sind und mit Holzkohlen geheizt werden. Das Eisen wird zu Zoll breiten und einen halben Zoll diken Eisenstangen geformt, und in, vierekige Stuͤke quer durchschnitten, so daß sie diese in ihre krugfoͤrmigen Tiegel bringen koͤnnen, um sie in denselben auf ein Mahl in Gußstahl zu verwandeln, indem sie in die Tiegel zugleich Holz von der Cassia auriculata eintragen, oder von dem Baume, der das Katechu liefert, das man in der Medicin als Adstringens braucht, und welches aus Gaͤrbestoff besteht.Der Baum, der das Katechu liefert, ist nach Hrn. Dr. Buchanan, jezt Hamilton, die Mimosa Catechu, in Indien Keiri genannt, A. d. U. Die Tiegel werden an ihrer Mundung mit Thon geschlossen und in kleine Oefen gebracht, in welchen das Feuer durch Blasebaͤlge aus Ziegenfellen, wie sie die Eingebornen gewoͤhnlich brauchen, angefacht wird, und in welchen sie so lang gelassen werden, bis das Eisen geschmolzen und in Gußstahl verwandelt ist. Die Stahlmassen haben die aus fruͤheren Einfuhren nach unserer Insel bekannte Form der Wootzkuchen, mit welchen Sir Thom. Frankland und andere unter den Auspicien des sel. Sir Jos. Banks so viele Versuche machten. Der Wootz wird nur aus einem besonderen Erze bereitet, und nicht, wie man bisher irrig angab, aus Eisenmassen, die man in ganz Indien ohne Unterschied zusammensammelt. Hr. Heath hat eine bedeutende Menge dieses Erzes bei uns eingefuͤhrt, und ließ es von dem bekannten erfahrnen Metallurgen, Dav. Mushet, probiren, der wunderschoͤne Knoͤpfe aus dem, bloß durch zugesezten Kalk aus demselben reducirten Eisen verfertigte, und den großen Reichthum dieses Erzes an diesem Metalle beurkundete. Er ließ es auch von Hrn. Rich. Phillips analysiren, der die Reinheit desselben, den gaͤnzlichen Mangel irgend einer Beimischung eines anderen Metalles, die vollkommene Abwesenheit des Schwefels, Phosphors und Arseniks und anderer Koͤrper, welche die Eisenerze gewoͤhnlich verunreinigen, in aller Genauigkeit an demselben erwies. Er hat auch Eisen im Großen aus diesem Erze bei uns bereitet und dasselbe auf viele verschiedene Arten probirt. Gewundene Flintenlaͤufe hat Hr. Fullard, in Clerkenwell, daraus verfertigt, und dadurch einen schoͤnen Beweis der vorzuͤglichen Guͤte desselben geliefert. Man hat den feinsten Draht daraus gezogen; man hat es auf Walzwerken zu Reifen gestrekt; man hat Kettentaue daraus verfertigt, wo ein walzenfoͤrmiger Bolzen von 7/8 Zoll Dike nur von einer Kraft, die 17 Tonnen und 3/4 betrug (die Tonne zu 20 Ztr.), abgerissen wurde. Dike Stangen aus demselben wurden so lang gebogen, bis sie rissen, und dann einen so faserigen Bruch gaben, wie das beste und mit Recht beruͤhmte sogenannte Welsheisen. Er hat, mit einem Worte, die Vortrefflichkeit dieses Eisens auf die mannigfaltigste Weise erwiesen. Endlich hat er dieses Eisen auch in sogenannten Blasenstahl (blister-Steel) umgewandelt, und diesen in Gußstahl durch die ersten Stahlbrenner unseres Landes schmelzen lassen. Er ließ diesen Stahl in Stangen schmieden, in Platten rollen, ließ Barbiermesser daraus verfertigen (deren Guͤte ich versichern kann, weil ich mich mit denselben barbierte), Federmesser, feine Scheren (an welchen die Ringe an den Stangen die ausgezeichnete Haͤmmerbarkeit dieses Eisens beurkunden) und 'eine Menge anderer Artikel, so daß gegenwaͤrtig nichts mehr zu thun uͤbrig bleibt, als daß wir in unserem Lande dieses Product einer unserer Colonien statt des schwedischen Stahleisens fleißig verarbeiten, welches bei der haͤufigen Nachfrage nach demselben nur um sehr hohe Preise noch zu bekommen ist. Hr. Heath ließ aus diesem Eisen auch durch die gewoͤhnliche Caͤmentation mit Holzkohle Blasenstahl verfertigen, der vortrefflich ausfiel; eben so ließ er sogenannten Schar- oder Scherenstahl daraus bereiten, und aus diesem eine Menge verschiedener Artikel, Tischmesser etc. verfertigen. Hr. Heath ließ ferner den Wootz von Hrn. Thompson an den London Companys Steel-Works zu Chelsea mit Silber legiren. Er nahm Ein Vierhinderte Silber auf den Wootz: allein es zeigte sich, daß lezterer nur Ein Fuͤnfhundertel aufnahm, und daß das Uebrige sich vollkommen ausschied, und eine Trennung der inneren Theile in der daraus verfertigten Stange erzeugte: das Silber zeigte sich auf den verschiedenen Bruͤchen in seiner natuͤrlichen weißen Farbe und in seiner blaͤttrigen Form. Ich habe, auf Verlangen des Hrn. Turrell, meines Kupferstechers, ein Stuͤk Wootz von Hrn. Heath demselben zu Gravirnadeln und Griffeln mitgetheilt, damit man sich von der Guͤte dieses Eisens auch bei diesen feinen Stahlwaaren uͤberzeugen konnte; ich gab ihm auch ein Stuͤk von obiger Silberlegirung. Ich habe das aus Wootz verfertigte Federmesser bereits drei Monate lang taͤglich gebraucht, und seine Schneide ist noch so gut, wie anfangs.