Titel: Sehr einfache Windmühle mit horizontalen Flügeln. Von Dr. Ernst Alban.
Autor: Dr. Ernst Alban [GND]
Fundstelle: Band 31, Jahrgang 1829, Nr. IV., S. 8
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IV. Sehr einfache Windmuͤhle mit horizontalen Fluͤgeln. Von Dr. Ernst Alban. Mit Abbildungen auf Tab. I. Alban's sehr einfache Windmuͤhle mit horizontalen Fluͤgeln. Soll eine Horizontalwindmuͤhle wirklich empfehlenswerth seyn, so muß sie mit den gewoͤhnlichen Vortheilen auch Kostenersparung bei der Anlage und Erhaltung verbinden, und nicht, wie die in Battersea bei London und Margate bestehenden, bei geringer Leistung das Drei- und Vierfache einer gewoͤhnlichen Windmuͤhle nach besserer Construction kosten. Schon als Knabe widmete ich manche meiner muͤssigen Stunden dem Nachdenken uͤber diese Art von Windmuͤhlen, indem mich die große Bequemlichkeit in ihrer Anwendung sehr anzog, und es mir nicht entging, daß eine Windmuͤhle in einem voͤllig fest stehenden Gebaͤude, das weder im Ganzen, noch theilweise den Veraͤnderungen des Windes in seiner Stellung zu folgen noͤthig hat, und daher viel dauerhafter gebaut werden kann, fuͤr dieses große Vortheile haben muͤsse. Es war mir ferner nicht unwahrscheinlich, daß wegen der Arbeit aller Fluͤgel in gleicher Hoͤhe, und demjenigen Abstande von dem Boden, wo sie einem sehr gleichmaͤßigen und staͤrkern Windstrome ausgesezt sind, die Gebaͤude auch niedriger aufgefuͤhrt werden duͤrften, und daher weniger durch Stuͤrme und starke Luftstroͤme leiden wuͤrden. Ich war so gluͤklich, schon im 15ten Jahre ein Modell einer solchen Muͤhle zu Stande zu bringen, was die fast gleichen Leistungen gewaͤhrte, die ein anderes Modell einer gewoͤhnlichen Windmuͤhle von derselben Groͤße hervorbrachte. Als Studios. theologiae errichtete ich in Rostok in kurzen Zeitraͤumen nach einander zwei andere Modelle, wovon jedes nach einem verschiedenen Principe gebaut war, und dessen eines ich Gelegenheit hatte, dem wuͤrdigen Hrn. Professor, jezigen Geheimen-Hofrath, Karsten daselbst zu produciren, der es mit seiner gewohnten schonenden Guͤte pruͤfte, und mir ein guͤnstiges Urtheil daruͤber zu fallen nicht anstand. Als angehender Arzt baute ich ein viertes in einem groͤßern Maßstabe, und sezte es auf einem Fluͤgel meines Hauses in Bewegung. Dasselbe war, seiner Struktur nach, das einfachste von allen, und zeigte sich auch in seiner Wirkung hoͤchst vollkommen und kraftvoll, obgleich es der Wind bei seinem niedrigen Stande in sehr unregelmaͤßigen Stoͤßen bearbeitete und es in einer, alle Augenblike veraͤnderten, Richtung traf. Da es so sehr erfolgreich sich zeigte, und sehr compendioͤs arrangirt war, so will ich eine kurze Beschreibung davon liefern, und es der Pruͤfung Kunstverstaͤndiger uͤberlassen, ob sie seine Ausfuͤhrung im Großen fuͤr moͤglich und nuͤzlich erachten. Sollten sie es auch nicht der Beachtung werth finden, so moͤchte seine Bekanntmachung doch vielleicht in andern verstaͤndigern und erfahrnern Technikern, als ich bin, neue Ideen weken, und so das Scherflein, was ich zur Foͤrderung einer interessanten und gemeinnuͤzigen Sache auf den Altar meines guten deutschen Vaterlandes niederlege, nicht ganz nuzlos bleiben. Auf der Tafel habe ich (in Fig. 30) eine Zeichnung desselben geliefert, die es auf einem Gebaͤude angebracht vorstellt. A, ist die Fluͤgelwelle. Sie dreht sich auf der schirmfoͤrmigen Dachspize des Gebaͤudes, B, in einem Lager, und auf dem Grunde des Gebaͤudes innerhalb desselben mit einem Zapfen in einer Pfanne. Durch die Fluͤgelwelle gehen zwei Fluͤgelbalken, die das Skelett zu vier Fluͤgeln hergeben; (mehr Fluͤgel habe ich naͤmlich nicht zwekmaͤßig gefunden). Sie werden durch die, oben auf der Welle befestigten eisernen Baͤnder, a, a, getragen, damit das Gewicht der Fluͤgel sie nicht senke. Am Ende sind diese Fluͤgelbalken mit starken eisernen Zapfen, b, b, versehen, und, damit diese im Holz derselben Festigkeit genug gewinnen moͤgen, mit starken Ringen, c, c, von Eisen beschlagen. Auf dem Zapfen drehen sich zwei Stangen, C und D, in einem mit Eisen ausgefuͤtterten Loche. In der Gegend des Loches sind die Stangen staͤrker gearbeitet, damit sie Festigkeit genug behaltenDa bei starkem Winde zuweilen Gefahr obwalten moͤchte, daß die Stangen zerbrechen, so kann man sie noch durch Baͤnder sichern, die von denselben zu einer Verlaͤngerung des Zapfens fuͤhren, und sich auf demselben mit einer Huͤlse drehen, an welche sie befestigt werden. In Figur 30 sieht man bei a und b die Baͤnder und bei c die verlaͤngerten Zapfen punktirt angegeben. Statt der Huͤlsen kann man auch Oehre nehmen, die an das Ende des Zapfens befestigt werden, und in welche die Enden der Baͤnder durch Haken eingehaͤngt sind., und zwischen beiden ist ein mit Eisen versehener cylindrischer hoͤlzerner Kloz, d, d, auf den Zapfen gestekt, um beide Stangen in einer gewissen Entfernung von einander zu halten. Von den Enden der Stangen sind Strike, e und f, bis zur Fluͤgelwelle hinangefuͤhrt und hier in eisernen Oehren, g und h, befestigt. Auf diese Weise wird von den Stangen und Striken ein gleichseitiges Dreiek gebildet, das zur Aufnahme der Leinewand, E, bestimmt ist, und den Fluͤgel bildet. Betrachtet man den Fluͤgel von seinem Ende und stellt die Stangen, wie es in Fig. 31 angedeutet ist, so wird die Leinewand erst an der Stange, D, von i, herunter bis, k, an der Stange, C, und von da weiter zwischen den, von den Enden derselben zu den Fluͤgelbalken fuͤhrenden, Striken, wie in Fig. 30 sichtbar, eingefaßt. Die entgegengesezten Enden der beiden Stangen, l und m, Fig. 31, so wie ihre zur Welle fuͤhrenden Strike, bleiben frei von Leinewand und dienen bloß als Gegenhalter, um die Stangen bei ihrer Wendung auf der Fluͤgelwelle immer im rechten Winkel gegen diese zu erhalten. Die Moͤglichkeit einer solchen Wendung der Stangen wird aber jedem einleuchten, wenn er sich erinnert, daß selbige sich auf dem, am Ende des Fluͤgelbalkens angebrachten, Zapfen, b, drehen. Dadurch, daß die beiden Stangenenden, i und k, nach der Richtung und der Stellung der punktirten Linien, (n und o,) einander genaͤhert und der horizontalen. Lage p, naͤher gebracht, und wieder zur senkrechten Stellung zuruͤckgefuͤhrt werden koͤnnen, entsteht, da die an denselben und zwischen ihren Leitstriken befestigte Leinewand den Bewegungen folgt, eine Art doppelte Klappe, die es moͤglich macht, daß die Leinewand vor dem Winde geoͤffnet und ihm ihrer ganzen Flaͤche nach entgegengestellt werden kann, waͤhrend sie auf der entgegengesezten Seite, bei Umdrehung des Fluͤgels, dessen Wirkung dadurch entzogen wird, daß beide Stangen in die horizontale Lage gebracht und dadurch zusammengelegt werden. Um die Leinewand in demjenigen Winkel gehoͤrig zu verstaͤrken und zu befestigen, den sie beim Zusammenlegen am Fluͤgelbalken entlang bildet, habe ich sie bei q, an diesen angenagelt, nachdem ich einen starken Lederstreifen daruͤber legte und zugleich mit Naͤgeln antrieb. Um aber die beiden Haͤlften des Fluͤgels oder, wenn ich so sagen soll, die Klappen desselben zu balanciren, sind an den entgegengesezten Enden der Stangen bei r und s, Fig. 30 und 31 Gegengewichte angebracht, die so schwer eingerichtet werden muͤssen, daß sie ohne Einwirkung des Windes die Klappen von selbst oͤffnen. Dieserhalb nehmen diese schon immer, ohne seine Beihuͤlfe die senkrechte Stellung an, bevor sie ganz vor den Wind kommen, und dieser kann keine erschuͤtternden Stoͤße bei ihrem ploͤzlichen Aufschlagen verursachen. Eine solche Einrichtung ist wesentlich nothwendig, um die bei steter Wiederholung der Stoͤße entstehende, sowohl den Fluͤgeln als dem ganzen Muͤhlengebaͤude nachtheilige Erschuͤtterung zu vermeiden. An die Stangenenden (i und k,) der Klappen sind Strike t und u, befestigt, die sich bei (v) in einen einzigen Strik (w,) vereinigen, und als solcher zu dem Ende des naͤchstfolgenden Fluͤgels laufen, von hier aber uͤber eine Rolle nach der Fluͤgelwelle hingeleitet werden. An dieser gehen sie zum zweiten Male uͤber eine Rolle, und werden dann in einer Furche der Fluͤgelwelle abwaͤrts ins Gebaͤude gefuͤhrt. Diese Einrichtung ist getroffen, um durch ihre Verlaͤngerung oder Verkuͤrzung ein mehreres oder minderes Auseinanderschlagen der Fluͤgel bewirken, und dieses daher nach der jedesmaligen Staͤrke des Windes reguliren zu koͤnnen. Auf solche Weise sind alle vier Fluͤgel eingerichtet. Damit die vier in das Gebaͤude hinabgehenden regulirenden Strike das auf der Dachspitze desselben befindliche Lager der Welle ungehindert passiren koͤnnen, ist die Welle in diesem Lager mit einem Ringe versehen, hinter welchem die Strike in Furchen abwaͤrts laufen. Der Ring mit der Welle dreht sich am besten zwischen mehreren Friktionsrollen, wodurch die Reibung sehr vermindert wird. In Fig. 32 ist ein Querdurchschnitt der Welle und ihres Lagers abgebildet. a, ist die Welle, b, der dieselbe umgebende Ring; c, c, c, c, sind die Furchen hinter den Ringen, durch welche die Strike laufen, d, stellt den obern Dachkranz vor, worin die vier Friktionsrollen e, e, e, e, angebracht sind, zwischen denen sich die Welle mit ihrem Ringe dreht. Die Wirkung der vier Fluͤgel findet auf folgende Weise Statt: Der Wind mag kommen aus einer Gegend, aus welcher er will, so wird er stets die durch die Gegengewichte r und s, der Stangen geoͤffneten Klappen zur linken Hand, also auf der Thaͤtigkeitsseite treffen, und durch seinen Druck dieselben so weit aus einandergespreizt halten, als es die Verlaͤngerung oder Verkuͤrzung der Strike w, erlaubt, zu deren Regulirung der Muͤller innerhalb der Muͤhle in jedem Augenblicke und selbst waͤhrend der vollen Arbeit der Muͤhle schreiten kann, wenn die Staͤrke des Windes Veraͤnderungen in der Stellung der Klappen fordert. Kommt der Fluͤgel auf die rechte oder Unthaͤtigkeitsseite, so treibt der Wind die Klappen, die einen fast unmerklichen Widerstand leisten, und durch den Schwung der Fluͤgel zur Schließung schon disponirt werden, zusammen, und streicht daruͤber mit Leichtigkeit hinweg. Um seinen Widerstand an den Fluͤgelbalken zu vermindern, kann man auf die, den Wind schneidende, Flaͤche desselben ein Paar leichte Bretter nageln, die vorne in einen spizen Winkel sich verbinden. Mit dem Fortschreiten des Fluͤgels nach vorne wird der Widerstand desselben zum Schluß der Klappen geringer, und diese oͤffnen sich durch die Gegengewichte sanft und ohne alle Erschuͤtterung, noch ehe der Wind sich in denselben faͤngt. Eine solche Muͤhle wird am meisten leisten, wenn die Fluͤgel nicht zu lang sind, und eher mehr Hoͤhe besizen. Nach meiner Ansicht wird das Verhaͤltniß am besten getroffen werden, wenn man das von der Leinewand gebildete Dreiek ein gleichseitiges seyn laͤßt. Mehr Fluͤgel als vier habe ich stoͤrend gefunden, wenigstens wird der Effect durch sechs nicht vermehrt, indem sich viele Fluͤgel doch nur einander deken, und gegenseitig den Wind abschneiden, diesen auch zum Theil unnoͤthig und mit Nachtheil von seiner Richtung ablenken und gegen die geschlossene Seite der Fluͤgel leiten, wo er den Effect durch Vermehrung des Widerstandes schwaͤcht. Der Wind trifft bei Unordnung von vier Fluͤgeln entweder einen derselben im rechten Winkel oder zwei in schiefer Richtung, und dieß ist in Verbindung mit der Schwungkraft der Fluͤgel hinreichend, einen gleichmaͤßigen Gang der Muͤhle zu erhalten. Die Geschwindigkeit der Fluͤgel an ihren Enden darf nicht uͤber die Haͤlfte der Geschwindigkeit eines gewoͤhnlichen Windes gehen, weil sonst dessen Stoß auf die Fluͤgel zu sehr gemindert wird. Da die geoͤffneten Fluͤgel so nahe uͤber das Dach des Gebaͤudes hinstreichen, so wird der diesem Dache ausweichende Wind mit um so groͤßerer Geschwindigkeit und Staͤrke in dieselben stuͤrzen und den Effect bedeutend vermehren. Dieserhalb moͤchte es vortheilhaft seyn, sie dem Dache so nahe als moͤglich zu bringen, und sie beim Umgange gleichsam nur eben uͤber dasselbe wegstreichen zu lassen. Da die Fluͤgel etwas sakfoͤrmig erscheinen, wenn der Wind sie aufblaͤht, so wird die Luft darin gehoͤrig verdichtet und wirksamer. Daß eine solche Muͤhle mit weniger Reibung als eine gewoͤhnliche Windmuͤhle mit senkrechten Fluͤgeln wirken muͤsse, wird jedem einleuchten, wenn er bedenkt, daß der große Druk der schweren Fluͤgelwelle mit den ungeheuren Fluͤgeln einer gewoͤhnlichen Muͤhle auf das große Drehlager fuͤr den Hals derselben hier fast ganz wegfaͤllt, indem die ganze Schwere der Welle und Fluͤgel allein auf dem untersten Zapfen derselben ruht, oben aber am Halse die Welle beinahe balancirt und nur unbedeutend sich gegen die, der Richtung des Windes entgegengesetzte, Seite des Lagers, und zwar gegen die sich dort befindenden, und die Reibung in einem hohen Grade vermindernden Friktionsrollen lehnt. Wenn der durch große Friktion entstehende Kraftverlust einer gewoͤhnlichen Windmuͤhle von Kunstverstaͤndigen und Praktikern beinahe auf die Haͤlfte des Effectes angeschlagen wird, so laͤßt sich erwarten, daß bei meiner Muͤhle wenigstens ein Viertel davon fuͤr den Betrieb der durch dieselbe in Bewegung zu setzenden Vorrichtungen gespart wird. Wird durch eine solche Horizontalwindmuͤhle eine Kornmuͤhle in Betrieb gesezt, so ist die Fortpflanzung der Fluͤgelwellenbewegung auf den Laͤuferstein viel einfacher und compendioͤser, als bei vertikalen Fluͤgeln, indem zu diesem Zweke nur ein Stirnrad an derselben angebracht zu werden braucht, das gleich in den Trilling eingreift, der am Muͤhleneisen des Laͤufersteines sizt.

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