Titel: Ueber die Anwendung der Erdäpfel bei der Sodafabrikation.
Fundstelle: Band 31, Jahrgang 1829, Nr. CXXXIII., S. 449
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CXXXIII. Ueber die Anwendung der Erdaͤpfel bei der Sodafabrikation. Aus dem Giornale di Farmacia-Chimica e Science accessorie da Ant. Cattaneo. Febr. 1829. S. 45. Ueber die Anwendung der Erdaͤpfel bei der Sodafabrikation. Alle Schriftsteller haben gezeigt, daß wenn man eine Lauge mit kuͤnstlicher Soda bereitet, diese Lauge nach der Verfahrungsweise verschieden ausfallen kann; bei Anwendung von kaltem Wasser erhaͤlt man eine Aufloͤsung, die keine betraͤchtliche Menge schwefelwasserstoffsaures und unterschweflichsaures Natron enthaͤlt und zum Bleichen angewandt werden kann, ohne daß man zu befuͤrchten hat, daß die Lein wand Fleken erhaͤlt; bei dieser Verfahrungsweise erhaͤlt man aber nicht die groͤßt moͤgliche Menge Natronsalz. Bereitet man hingegen die Aufloͤsung in der Waͤrme, so wird zwar mehr kohlensaures Natron aufgeloͤst, aber sie enthaͤlt viel schwefelwasserstoffsaures und unterschweflichsaures Salz und kann nicht mit Sicherheit ohne Nachtheil angewandt werden. Folgendes Verfahren, welches schon in den großen Sodafabriken Schottlands angewandt wird, hat zum Zwek die schwefelwasserstoffsauren und unterschweflichsauren Salze aus den in der Waͤrme bereiteten Aufloͤsungen der kuͤnstlichen Soda zu entfernenEs eignet sich besonders zur Behandlung der Mutterlaugen, aus welchen man das basisch kohlensaure Natron auszieht.A. d. O.. Man gießt in einen großen Kessel aus Blei (oder noch besser aus Gußeisen) die Aufloͤsungen von basisch kohlensaurem Natron, welche schwefelwasserstoffsaure und unterschweflichsaure Salze enthalten (die Mutterlaugen, oder die in der Waͤrme bereitete Aufloͤsung der kuͤnstlichen Soda). Diese salzigen Fluͤssigkeiten versezt man mit Erdaͤpfeln, welche vorlaͤufig mit einem Spatel in Wasser gereinigt worden sind, und zwar in dem Verhaͤltnisse von dreißig Pfund Erdaͤpfeln auf tausend Pfund aufgeloͤstes SalzDie Quantitaͤt des aufgeloͤsten Salzes kann man entweder mit dem Araͤometer oder durch Verdampfen eines Theiles der Fluͤssigkeit ausmitteln. A. d. O.; man bringt dann die Fluͤssigkeit in's Kochen und dampft sie so ein. Wenn man will, sezt man waͤhrend des Eindampfens eine neue Quantitaͤt Aufloͤsung und Erdaͤpfel (immer in dem angegebenen Verhaͤltnisse) zu; bei fortgeseztem Abrauchen kochen die Erdaͤpfel in der Fluͤssigkeit, weil sie wegen ihres Salzgehaltes einen hoͤheren Hizgrad als den Siedepunkt des Wassers erhaͤlt, und durch die durch das Kochen hervorgebrachte Bewegung zertheilen sie sich; man sezt das Eindampfen fort und ruͤhrt gegen das Ende die Masse stark und unaufhoͤrlich untereinander, so daß sie ganz gleichfoͤrmig wird; weil die Masse aber im Inneren in dem bleiernen Kessel nicht ausgetroknet werden kann, indem lezterer schmelzen koͤnnte, so bringt man sie in einen Kessel aus Gußeisen (wenn man nicht schon zuvor einen solchen angewandt hat) und troknet darin das Produkt vollstaͤndig aus. Man brennt sodann die Masse in einem Calcinirofen; waͤhrend der Calcination entwikeln sich dichte Daͤmpfe von schwefelwasserstoffsaurem AmmoniakDieses Produkt wird in den schottischen Fabriken aufgefangen und sodann mit Salzsaͤure zersezt und in Salmiak umgeaͤndert.A. d. O., und die schwefelwasserstoffsauren Salze aͤndern sich in ein zum Laugen geeignetes Natronsalz um. Das erhaltene kohlensaure Natron enthaͤlt zwar schwefelsaure und salzsaure Salze, ist aber von schwefelwasserstoffsauren und unterschweflichsauren frei. Dieses Produkt kann sehr vorteilhaft in den Handel gebracht und zum Bleichen angewandt werden. In Ermangelung von Erdaͤpfeln kann man auch Mehl oder Kleien anwenden, doch haben die Erdaͤpfel wegen ihres geringen Preises den Vorzug. Die Erfinder dieses Verfahrens theilen davon folgende Theorie mit: die Kartoffeln werden der Soda-Aufloͤsung bloß in der Absicht zugesezt, um das Salz mit fein zertheilter Kohle zu vermengen: leztere kommt im Augenblike der Verbrennung mit dem schwefelwasserstoffsauren Natron in Beruͤhrung. Die durch Verbrennung der Kohle entstandene Kohlensaͤure verbindet sich mit dem Alkali und entbindet den damit vereinigt gewesenen Schwefelwasserstoff. Die stikstoffhaltige Substanz erzeugt Ammoniak, welches bei seiner Verfluͤchtigung mit dem Schwefelwasserstoff zusammentrifft und schwefelwasserstoffsaures Ammoniak gibt, das man aufsammeln kann.