Titel: Ueber ein Mittel, Metalle in Säuren aufzulösen, und über die Fabrikation einiger Metallsalze; von J. E. Bérard .
Fundstelle: Band 32, Jahrgang 1829, Nr. XX., S. 116
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XX. Ueber ein Mittel, Metalle in Saͤuren aufzuloͤsen, und uͤber die Fabrikation einiger Metallsalze; von J. E. Bérard Diese Abhandlung ist aus den Ann. de l'industr. franc. et étrang. T. I. p. 78 in Poggendorff's Annalen der Physik Bd. XIV. S. 285 uͤbersezt; die nachfolgende Abhandlung ist ein Auszug aus der lezteren Zeitschrist. A. d. R.. Bérard, über ein Mittel, Metalle in Saͤuren aufzuloͤsen. Man weiß seit langer Zeit, daß die meisten Metalle in sehr trokner Luft ihren Glanz behalten, waͤhrend sie dagegen mehr oder weniger schnell anlaufen, wenn sie der feuchten Luft ausgesezt werden, oder besser noch, wenn sie mit einem poroͤsen feuchten Koͤrper, der mit der Luft in Beruͤhrung steht, bedekt sind. Wenn z.B. ein Stuͤk Metall in lufthaltiges Wasser eingetaucht wird, so uͤberzieht sich seine Oberflaͤche mit einer Oxydschicht, die auf Kosten des Sauerstoffs der in dem Wasser enthaltenen Luft entsteht. Da das Wasser nur den zwanzigsten Theil seines Volumens an Luft enthaͤlt, so kann die Menge des auf Kosten dieser Luft gebildeten Oxyds nur sehr gering seyn. Diese Oxydirung der Metalle, welche, wie ich glaube, als ganz allgemein betrachtet werden kann, geschieht zuweilen so rasch und sie ist dabei so wenig kostspielig, daß sie großen Nuzen fuͤr die Kuͤnste verspricht; besonders scheint sie mir ein vortreffliches Mittel abzugeben, um Metalle in Saͤuren aufzuloͤsen. Bis jezt, wenn man dergleichen Loͤsungen bewerkstelligen will, faͤngt man damit an, daß man das Metall durch Luft und Waͤrme, oder, waͤhrend des Loͤsungsactes, entweder auf Kosten des Sauerstoffs der Saͤure oder des Wassers, oxydirt. Diese Operationen sind nicht immer leicht ausfuͤhrbar, und zuweilen kostspielig; bloß die leztere ist oͤkonomisch, aber zugleich nur in wenigen Faͤllen anwendbar. Das Verfahren, welches ich vorschlage, ist niemals theuer und wird einer vielfachen Anwendung faͤhig seyn. Das beste Mittel, es im Großen auszufuͤhren, besteht darin, daß man das Metall in Spaͤne oder Koͤrner verwandelt. Man schuͤttet diese in ein Gefaͤß, auf die Art, daß sie moͤglichst viel mit der Luft in Beruͤhrung kommen. Man fuͤllt das Gefaͤß, in welchem die Aufloͤsung bewerkstelligt werden soll, mit der Saͤure; diese muß aber sehr verduͤnnt seyn, denn wenn sie concentrirt waͤre, so wuͤrde das Wasser derselben, wegen seiner Verbindung mit der Saͤure, weniger im Stande seyn, sich mit der Luft zu verbinden. Bald darauf zapft man die Saͤure ab, und laͤßt das benezte Metall mit der Luft in Beruͤhrung stehen; alsdann verbindet sich dieses mit dem Sauerstoff, und in den meisten Faͤllen mit einer solchen Kraft, daß dabei eine Temperaturerhoͤhung Statt findet, die hinreichend ist, eine Verdampfung der das Metall bedekenden Fluͤssigkeit zu bewirken. Die Gegenwart der Saͤure vermehrt in diesem Falle die Tendenz des Metalles, sich mit dem Sauerstoff der im Wasser geloͤsten Luft zu verbinden, da eine der Wirkungen ihres Contacts mit dem Metalle darin besteht, daß sie dieses positiver macht. Nachdem man das mit der verduͤnnten Saͤure benezte Metall 10 bis 12 Stunden lang in Beruͤhrung mit der Luft gelassen hat, uͤbergießt man es von Neuem mit der zuvor abgezapften Saͤure, welche nun das als Hydrat vorhandene Oxyd mit der groͤßten Leichtigkeit aufloͤst. Einige Stunden darauf nimmt man die Saͤure wieder ab und laͤßt das befeuchtete Metall an der Luft stehen. Dieselbe Operation wird abermals erneuert und so fort. Durch Wiederholung dieser Operationen gelingt es in wenigen Tagen, die Saͤure voͤllig zu saͤttigen. Das eben beschriebene Verfahren zur Aufloͤsung der Metalle in Saͤuren ist vor langer Zeit von meinem Vater vorgeschlagen worden, um Zinn direkt in Salzsaͤure aufzuloͤsen (Annales de chimie, T. LXVIII. p. 78.) Damals war die Ursache der Erscheinung unbekannt. Seitdem haben wir von diesem Verfahren in unserer chemischen Fabrik zu Montpellier so gluͤkliche Anwendungen auf die Fabrikation einiger Metallsalze gemacht, daß ich glaube, es werde fuͤr die Fabrikanten von einigem Nuzen seyn, wenn ich sie auf dasselbe aufmerksam mache. Die drei hauptsaͤchlichsten Anwendungen, welche wir von diesem Verfahren gemacht haben, und welche wir durch eine dreijaͤhrige Erfahrung als vortheilhaft verbuͤrgen koͤnnen, beziehen sich auf die Fabrikation im Großen von schwefelsaurem Kupferoxyd, salzsaurem Zinnoxydul und essigsaurem Bleioxyd. Bereitung des Kupfervitriols. Das Verfahren zur Bereitung des Kupfervitriols, welches von Schriftstellern empfohlen, und in den meisten Fabriken befolgt wird, besteht darin, daß man das Kupfer mit Schwefel gluͤht, das daraus entstandene Schwefelkupfer verwittern laßt, es darauf auslaugt, und nun die Loͤsung bis zum Krystallisationspunkte abdampft. Dieß Verfahren hat den Vortheil, daß es ein neutrales Salz liefert; allein es ist sehr kostspielig, weil es schwer haͤlt, dabei einen großen Verlust von Schwefel und selbst von Kupfer zu vermeiden, und es viel Feuerungsmaterial erfordert. Man hat statt seiner versucht, verduͤnnte Schwefelsaͤure direkt auf Kupfer wirken zu lassen; allein diese Einwirkung geschieht so langsam, daß die Aufloͤsung erst nach langer Zeit zu Stande kommt, und uͤberdieß ist es auf diesem Wege unmoͤglich, die Saͤure voͤllig zu saͤttigen. Dagegen gelingt dieß auf die allerleichteste Weise, wenn man Luft und sehr verduͤnnte Saͤure hinter einander auf das Kupfer einwirken laͤßt. Man fuͤlle vier, fuͤnf, oder, nach den Beduͤrfnissen, noch mehrere Bleikaͤsten mit Kupferspaͤnen. Alte Schiffbeschlaͤge und die Ruͤkstaͤnde von der Gruͤnspanfabrikation sind hiezu am tauglichsten. Diese Spaͤne haͤufe man so auf einander, daß recht viele Zwischenraͤume zwischen ihnen bleiben, und dann befeuchte man sie mit verduͤnnter Schwefelsaͤure, die 15º bis 20º am Beaumé'schen Araͤometer zeigt. Nachdem sie einige Zeit der Luft ausgesezt gewesen sind, fuͤlle man den ersten Kasten mit derselben Saͤure, und lasse sie einige Stunden darin stehen. Man bringe nun diese Saͤure in den zweiten Kasten und, wenn sie darin einige Stunden verweilt hat, in den dritten und so fort, bis am Araͤometer die Dichtigkeit der Saͤure zeigt, daß sie ganz oder beinahe ganz mit Kupfer gesaͤttigt ist. Alsdann verfaͤhrt man mit einer neuen Quantitaͤt von Saͤure auf dieselbe Weise. Man sieht, daß waͤhrend die saure Fluͤssigkeit bei dieser Operation in einem der Kaͤsten stehen bleibt, das Kupfer in dem anderen mit Saͤure benezt der Luft ausgesezt ist, und daß es sich also unter den Umstaͤnden befindet, die, wie gesagt, zu seiner Oxydation am guͤnstigsten sind. Bei Anwendung einer Saͤure von zwekmaͤßiger Dichte kann man durch dieß Verfahren eine beinahe ganz neutrale Kupferloͤsung erhalten. Die Krystalle sind kaum sauer, und deßhalb fast ganz frei von Eisen. Auch ist der Kupfervitriol, welchen wir auf diese Art bereitet haben, eben so geschaͤzt, als der von der Efflorescenz des kuͤnstlichen Schwefelkupfers herruͤhrende. Etwas Handarbeit und ein wenig Brennmaterial sind die einzigen Dinge, welche Kosten bei dieser Operation verursachen. Bereitung des Zinnsalzes. Obgleich das Zinn die Eigenschaft besizt, unter Mitwirkung der Saͤuren, und besonders der Salzsaͤure, das Wasser zu zersezen, so wissen doch diejenigen, welche versucht haben, das Zinn in dieser Saͤure zu loͤsen, wie langwierig und schwer es ist, sie damit zu saͤttigen. Dagegen bewirkt man diese Saͤttigung sehr geschwind, wenn man ein analoges Verfahren befolgt, wie oben zur Aufloͤsung des Kupfers in Schwefelsaͤure beschrieben ist. Man fuͤllt große Flaschen von Glas oder Steingut mit gekoͤrntem Zinn, welches man durch langsames Eingießen des geschmolzenen Metalls in ein großes Beken mit kaltem Wasser bereitet hat. Auf diese Koͤrner schuͤttet man Salzsaͤure, worauf zunaͤchst eine Einwirkung Statt findet, und sich Wasserstoffgas entwikelt. Wenn man nach einiger Zeit die Saͤure abgießt, und die Flaschen geoͤffnet stehen laͤßt, so wird, waͤhrend zugleich die das Zinn benezende Saͤure unter Wasserstoffgas-Entwikelung in ihrer Einwirkung fortfahrt, eine so bedeutende Menge Sauerstoff aus der Luft mittelst der Fluͤssigkeit absorbirt, daß die ganze Masse sich betraͤchtlich erhizt. Wenn man nun die zuvor fortgenommene Saͤure wiederum auf dasselbe Zinn zuruͤkgießt, so loͤst sich eine unendlich groͤßere Menge von Oxyd, als wenn man, ohne Mitwirkung der Luft, die Saͤure fortwaͤhrend, und selbst unter Erwaͤrmung haͤtte einwirken lassen. Schuͤttet man nun die Saͤure, welche man saͤttigen will, von einer Flasche in die andere, so erhaͤlt man in kurzer Zeit eine Loͤsung von salzsaurem Zinnoxydul, die man nur sehr wenig abzudampfen braucht, um aus ihr, beim Erkalten, das Salz in schoͤnen schneeweißen Nadeln herauskrystallisirt zu erhaltenNach einem ganz aͤhnlichen Verfahren laͤßt sich auch das essigsaure Eisen der Kattundruker sehr leicht bereiten. A. d. R.. Bereitung des Bleizukers. Ich habe in allen Bleizukerfabriken, die ich zu besuchen Gelegenheit fand, gesehen, daß man zur Bereitung dieses Salzes die Essigsaͤure, je nach ihrer Gewinnungsart, mehr oder weniger concentrirt auf gepuͤlverte Bleiglaͤtte wirken laͤßt. Nun kostet aber die Bleiglaͤtte gewiß mehr als das in ihr enthaltene Blei. Es muß also vortheilhaft seyn, mit dem Blei selbst zu arbeiten, wenn die Operation ohne sonstige Kosten zu betreiben ist. Dieß findet wirklich Statt, wenn man genau denselben Gang befolgt, welchen ich oben fuͤr den Kupfervitriol und das Zinnsalz vorgeschlagen habe. Man faͤngt damit an, daß man sich Bleikoͤrner verschafft, die moͤglichst klein und unregelmaͤßig sind, damit, wenn sie auf einander geschuͤttet werden, viele Zwischenraͤume zwischen ihnen bleiben. Man fuͤllt mit ihnen einen hoͤlzernen Kuͤbel beinahe ganz an, befeuchtet sie mit verduͤnnter Essigsaͤure, so wie sie sich in dem gewoͤhnlichen destillirten Weinessig befindet, und bedekt hierauf den Kuͤbel mit einem bloßen Brete. Nach einigen Augenbliken wird, mittelst der Fluͤssigkeit, eine so große Menge Sauerstoff aus der Luft absorbirt, daß die Masse sich stark erhizt, und die Essigsaͤure verdunstet. Die Saͤure, welche man hierauf auf dieses Blei schuͤttet, loͤst eine große Menge Oxyd auf, und nach zwei oder drei aͤhnlichen Operationen gelingt es, sie zu saͤttigen und selbst zu uͤbersaͤttigen, d.h. eine das Kurkumaͤpapier stark braͤunende Loͤsung von basisch essigsaurem Bleioxyd zu erhalten. Die Saͤttigung der Essigsaͤure mit dem Bleioxyd geschieht so rasch, daß, bei Nachfuͤllung des aufgeloͤsten Bleies, drei oder vier Kuͤbel zu einer betraͤchtlichen Fabrikation hinreichend sind. Die hierdurch erhaltene Loͤsung wird dann unter den bekannten Versuchsmaßregeln in kupfernen Pfannen abgedampft. Die Mutterlaugen werden mit der neuen Loͤsung weiter abgedampft, und wenn sie sich bei diesen wiederholten Abdampfungen, ohne Zweifel, durch Zerstoͤrung eines Theils der Saͤure, zu stark faͤrben, so kann man sie mittelst thierischer Kohle sehr gut entfaͤrben; man verfaͤhrt hiebei, wie bei dem Entfaͤrben von Syrupen, mit welchen uͤberdieß die concentrirte Loͤsung des essigsauren Bleies viele Aehnlichkeit hat. Ich zweifle nicht, daß sich nicht die Oxydation auf aͤhnliche Weise, d.h. vermittelst des Wassers, bei der Fabrikation des Gruͤnspans, wie sie im suͤdlichen Frankreich uͤblich ist, und bei der in Holland betriebenen BleiweißfabrikationDer Verfasser hat oben bemerkt, daß das mit Essig befeuchtete Blei durch Einwirkung der Luft sich in basisches essigsaures Blei umaͤndert. Wie dieses Verhalten sich zur fabrikmaͤßigen Bereitung von Bleiweiß benuzen laͤßt, zeigt die folgende Abhandlung. A. d. R., anwenden ließe. Diese Beispiele haben mir hinlaͤnglich geschienen, um den Nuzen der von mir zur Aufloͤsung der Metalle in Saͤure vorgeschlagenen Methode nachzuweisen, und ich hoffe, daß sie die Aufmerksamkeit der Fabrikbesizer erregen wird. Viele unter ihnen werden gewiß Gelegenheit haben, sie in Ausuͤbung zu bringen.