Titel: Ueber verbesserte Formen für Flinten-Kugeln. Von Hrn. J. W. Boswell.
Fundstelle: Band 33, Jahrgang 1829, Nr. VIII., S. 22
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VIII. Ueber verbesserte Formen fuͤr Flinten-Kugeln. Von Hrn. J. W. Boswell. Im Repertory of Patent-Inventions, Supplement zum VII. Bd. S. 398. Mit Abbildungen auf Tab. II.Der Uebersezer weiht diese Uebersezung dem Schatten seines im vorigen Jahre verstorbenen Freundes, des Hrn. Generals v. Fallon, dem Astronomie und Topographie so viel zu danken hatte, und der vor ungefaͤhr 30 Jahren sich mit mehreren Versuchen uͤber diesen Gegenstand beschaͤftigte.A. d. U. Boswell, uͤber verbesserte Formen fuͤr Flinten-Kugeln. Folgender Aufsaz uͤber Flinten-Kugeln, die so eingerichtet sind, daß sie den Punkt, nach welchem man mit ihnen zielt, beinahe so sicher, wenn nicht eben so gut, treffen, wann sie aus einem gewoͤhnlichen Flintenrohre, als wann sie aus einem gezogenen Rohre abgeschossen werden, wurde vor bereits vielen Jahren geschrieben. Er blieb im Pulte, weil er nicht dazu dienen sollte, unsere Mitmenschen vernichten zu helfen; eine Anwendung, die man ihm vielleicht nur zu bald gegeben haben wuͤrde. Bei wiederholter Ueberlegung der Sache wollte es mir aber scheinen, daß diese Scrupel zuvoͤrderst auf der Besorgniß beruhten, daß man von diesen Kugeln im Kriege Gebrauch machen wuͤrde. Dieß wird aber dadurch unwahrscheinlich, daß sich nicht leicht Jemand finden wird, der sich die Muͤhe geben wollte, sie zu diesem Behufe einzufuͤhren. 2) Wird diese Unwahrscheinlichkeit auch dadurch noch sehr vermehrt, daß man in neueren Zeiten den Dampf zum Abschießen der Kugeln gebrauchen gelernt hat, wodurch unsere Taktik, fruͤher oder spaͤter, eine andere Gestalt erhalten muß, und zuerst bei dem Angriffe und bei Vertheidigung der Festungen erhalten wird: in dieser Hinsicht wird die gewoͤhnliche Muskete immer mehr und mehr eine unbedeutende Waffe. 3) Bin ich sehr geneigt anzunehmen, daß die Voͤlker der Erde, vielleicht noch fruͤher, als man jezt davon traͤumt, kraͤftigere und bessere berechnete Mittel finden werden, sich wechselseitig aufzureiben, als dadurch, daß sie sich wechselseitig einige Hunderttausende abzwaken oder einige Tausende erschießen; sie werden die Einfaͤltigkeit und Erbaͤrmlichkeit der gegenwaͤrtigen Art Krieg zu fuͤhren bald so deutlich und handgreiflich einsehen, daß sie Flinten-Kugeln kuͤnftig nur mehr auf der Jagd gegen wilde Thiere, gegen welche man sie gegenwaͤrtig in Amerika und Afrika noch immer reichlich genug brauchen kann, anwenden werden. Diese meine Ansichten finden sich durch die Geschichte unserer lezten Kriege mit Frankreich bestaͤtigt, das, ungeachtet des ungeheuren Verlustes an Menschen, den es erlitten hat, theils durch die brittischen Waffen, („d.h. durch die Guineen, mit welchen fremde Waffen in Thaͤtigkeit gesezt wurden; die englischen haben nicht 10,000 Franzosen getoͤdtet; so viel weiß jeder Oesterreicher, Preuße, Russe, Spanier und Portugiese, der mit den Gentlemen im Felde stand“) theils und mehr noch durch die unbarmherzige Weise („wohl fuͤhrten die Gentlemen den Krieg auf eine barmherzige Weise“) durch die verzweifelte Art, mit der die Revolution den Krieg begann und Napoleon ihn fortsezte, nicht nur seine Kraft nicht geschwaͤcht und seine Huͤlfsquellen nicht erschoͤpft hat, sondern, im Gegentheile vielmehr seine Bevoͤlkerung auf jenes heilsame Verhaͤltniß zuruͤk gefuͤhrt hat, in welchem sie auf eine ehrliche Weise fuͤr ihre Erhaltung, wodurch allein Kraft und Wohlstand fuͤr ein Volk hervorgeht, fortbestehen kann, waͤhrend auf der anderen Seite wir, mitten unter einem aͤußeren Scheine von Nationalgluͤk und Ueberfluß, unter den grauenvollsten Uebeln einer alles verschlingenden Bevoͤlkerung, an dem aus derselben unvermeidlich entspringenden Krebse, den Armen Gesezen, die jezt im Stillen die Lebens-Organe unseres Landes zerstoͤren, dahinsiechen und zu Grunde gehen.Wir haben diese Stelle, obschon sie nicht zur Sache zu gehoͤren scheint, uͤbersezt, weil wir glauben, daß ein Uebersezer mit seinem Originale nicht, wie ein Jesuite mit den klassischen Auctoren, verfahren, d.h. ihn nicht castriren duͤrfe. Wenn, der Uebersezer einer entgegengesezten Meinung ist, so steht es ihm frei, seine Meinung in Parenthesen oder in Anmerkungen zu aͤußern. Wir sind hier gezwungen, dieß zu thun, weil wir der Meinung des Hrn. Verfassers, den wir als Mechaniker sehr hoch verehren, nicht bloß nicht beipflichten koͤnnen, sondern sie sogar fuͤr verderblich halten. Der Hr. Verfasser stellt naͤmlich hier den fuͤr die menschliche Gesellschaft so hoͤchst gefaͤhrlichen Grundsaz auf, daß Vermehrung des Menschen-Geschlechtes der Krebs der Gesellschaft wird, daß Uebervoͤlkerung die Quelle alles Unheiles ist, daß Frankreich z.B. dadurch bluͤhender und starker geworden ist, daß es Hunderttausende seiner Einwohner im Kriege verlor; daß, wie Sir John Fallstaff in Shakespeare sagte, „die Leute Futter fuͤr Schießpulver sind.“ Wir haben immer den 28. V. im 1. Cap. des I. Buches Mose fuͤr den herrlichsten in der ganzen Bibel, fuͤr den goͤttlichsten und zugleich fuͤr den humansten, gehalten, in welchem Gott, nachdem er das erste Menschen-Paar geschaffen hatte, es segnete und sprach: „seyd fruchtbar und mehret euch und fuͤllet die Erde und machet sie euch unterthan.“ In diesem Segen, in dem Streben ihn zu verbreiten und zu erhalten, ruth die Grundlage der menschlichen Gesellschaft. Wer ihm entgegen handelt, wird verderben, und sein Saame wird vertilgt werden von der Erde, sey es in einzelnen Familien oder in den großen Familien der Staaten. Wahrhaftig, der indische Fanatiker, der Ungeziefer mit seinem eigenen Blute naͤhrt, um lebende Wesen, also Wohlseyns faͤhige Wesen, zu vermehren, scheint weniger thoͤricht, als jene hochgelehrten Staatswirthschafter, die die Vermehrung des Menschen-Geschlechtes auf alle nur immer erdenkliche Weise zu verhindern suchen; die nichts so sehr in einem Staate fuͤrchten, als Uebervoͤlkerung, und die, sagen wir es unumwunden, in ihrem schaͤndlichen Egoismus fuͤrchten verhungern zu muͤssen, wenn neue Hunderttausende ihr Brot mit ihnen theilen; die allein leben wollen, und nicht nur dem Kinde im Mutterleibe nicht das Leben goͤnnen, sondern auch nicht wollen, daß der Leib der Mutter gesegnet werde. Der Fluch des Herrn wird diese Frevler an dem ersten Segen, den er spendete, treffen fruͤher oder spaͤter. Es scheint diesen Ungluͤklichen, die in jedem neugebornen Kinde Uebervoͤlkerung sehen, (wenn wir sie ja entschuldigen duͤrfen) ungefaͤhr so zu gehen, wie jenen Aerzten, die uͤberall Vollbluͤtigkeit sehen, und jedem zu Tode Ader lassen, an dem sie nur einen etwas vollen Puls finden. Diese heillosen Aerzte wissen nicht, daß es eine falsche Vollbluͤtigkeit, eine Plethora spuria in Folge unserer physischen und moralischen Fehler, unserer Schwelgereien, Laster, Leidenschaften etc. gibt, und daß diese falsche Vollbluͤtigkeit weit haͤufiger ist, als die wahre. Eben dieß ist auch mit der sogenannten Uebervoͤlkerung der Fall, die noch zur Stunde auf keinem Winkel der Erde eingetreten ist, die dort, wo sie eingetreten zu seyn scheint, nur eine falsche scheinbare Uebervoͤlkerung ist, deren Trugbild alsogleich verschwindet, sobald man die gehoͤrigen Mittel gegen dieselbe anwendet. Wie kann Hr. Boswell von einer Uebervoͤlkerung Englands sprechen, da alle Schriftsteller uͤber den Akerbau auf dieser Insel uns mehr als 100 Mal schon auf die unwiderlegbarste Weise bewiesen haben, daß England allein (ohne seine große Wuͤste, genannt Ireland) drei Millionen, sage drei Millionen mehr naͤhren koͤnnte, als es naͤhrt, wenn seine Felder besser bestellt, wenn seine Geseze, die heute zu Tage noch jene des Mittel-Alters sind, weiser und humaner waͤren? Wie kann Hr. Boswell fuͤrchten, daß Groß-Britannien jemals zu viel Menschen haben, jemals uͤbervoͤlkert werden wird, da es, außer seinen Wuͤsten in Ireland, auch noch die in Canada, die am Vorgebirge der guten Hoffnung, da es so zu sagen den ganzen menschenleeren fuͤnften Welttheil als sein Eigenthum besizt? Wie viele hundert Millionen Menschen fehlen England noch, bis seine Besizungen, wir wollen nicht sagen die Bevoͤlkerung von Holland, von Lucca oder von Genf erhalten, sondern auch nur die von China! Auf welchem Punkte der Erde ist eine Bevoͤlkerung, die so nahe an Uebervoͤlkerung graͤnzt, wie jene der kleinen Republik Genf, und wo ist mehr Wohlstand, mehr Bildung, mehr Moralitaͤt? Wo sind aber auch solche Geseze? Der gebildete, fleißige Genfer, der in seinem Vaterlande nicht mehr Bequemlichkeiten genug fuͤr sein Leben findet, findet sie uͤberall in der Welt. Er ist an der Newa und Wolga, wie an der Donau und an der Spree, selbst an der Seine und an der Themse, am Rio Janeiro und la Plata wie am Lorenzo-Flusse gern gesehen. Der verstaͤndige, geschikte und fleißige Mann findet auf der ganzen Welt sein Fortkommen; er hilft aus Wuͤsten Paradiese schaffen. Welchen laͤcherlichen, ebenso einfaͤltigen als schaͤndlichen, Widerspruch sehen wir nicht in der Gesezgebung Englands, wo es den Leuten auf der einen Seite verboten ist, auszuwandern, und auf der anderen nicht erlaubt ist zu heurathen! Wenn man ihnen nicht erlaubt auszuwandern, so sollte man glauben, man fuͤhle, daß man noch zu wenig Leute hat, und wenn man ihnen das Heurathen erschwert, so muß man annehmen, daß man glaube, man habe deren bereits zu viel! Welch ein laͤcherlicher Widerspruch! Wahrlich die alten Heiden waren, indem sie die Proletarii in Schuz nahmen, gottesfuͤrchtiger und christlicher, als viele unserer heutigen christelnden und froͤmmelndeln, aber nicht christlichen, Staatswirthschaftler: sie wußten daß der Mensch immer zu etwas gut ist. Das System der Sclaven-Wirthschaft, so unchristlich und unmenschlich es ist, ist noch immer menschlicher und christlicher, als das System das Kind zu toͤdten, noch ehe es in den Leib der Mutter kommt; diese schaͤndliche Staats-Oekonomie Onan's. Wenn die Furcht vor Uebervoͤlkerung in dem Verhaͤltnisse zunimmt, als sie verbreitet wird (und es ist wahrscheinlich, daß dieß wirklich geschehen wird, indem ein Narr, der sie vom Katheder predigt, wenigstens 10 andere macht), so laͤßt sich erwarten, daß sie noch einen solchen Grad erreichen wird, daß man die Leute, die man in einem Staate fuͤr uͤberfluͤssig und fuͤr gefaͤhrlich haͤlt, und die es vielleicht auch wirklich werden, weil man sie, wie in England dazu zwingt es zu werden, wie man den Hund an der Kette zwingt, wuͤthend zu werden, wenn man ihm nicht zu trinken gibt und ihn nicht sich belaufen laͤßt, nach Amerika verkaufen wird. Die englischen Staatswirthschaftler, die im Namen der Koͤnige, die sie zugleich mit dem Volke bestehlen, Geseze geben, und Armen Taxen ausschreiben, bestehlen den Wohlhabenden, um einen Theil ihrer Beute den Armen zu geben, und handeln hier wie jener heilige Crispinian, der aus gestohlenem Leder Schuhe fuͤr die Armen verfertigte. – Hr. Boswell scheint menschenfressende Kriegswerkzeuge zu wuͤnschen, um Menschen in Masse zu vertilgen, und dadurch seine Furcht vor Uebervoͤlkerung zu besiegen. Wir wuͤnschen sie darum, um Uebervoͤlkerung, wenn sie moͤglich waͤre, hervorzubringen: denn es wird doch keinen solchen Nero geben koͤnnen, der der gesammten Menschheit den Kopf abzuschlagen wuͤnschen konnte. Daß Kriege in dem Muße menschlicher werden, als die Vertilgungs-Maschinen gewaltiger wurden, beweiset die große Lehrerin der Menschheit: Geschichte. Wenn auf Einem Schusse 100,000 Menschen fallen, wird schwerlich eine Armee, und schwerer vielleicht noch ein Feldherr zu finden seyn. Der tapfere und geistreiche Krieger, dessen Andenken alle, die ihn kannten, noch im Grabe mit mir ehren werden, das ihn zu fruͤhe verschlang, General v. Fallon war (seine Kameraden wissen es eben so gut, wie die, die ihm als Feinde gegenuͤber standen) einer der gutmuͤthigsten und wohlwollendsten Menschen; gut wie ein Kind, und tapfer wie ein Held; es war kein schwarzer Tropfen in seinem Blute; er beschaͤftigte sich mit Vervielfaͤltigung der Zerstoͤrungskraͤfte der Kriegsmaschinen, um die Menschheit vor dem groͤßten Nebel zu bewahren, das sie treffen kann, vor haͤufigem und langwierigem Kriege.A. d. U. Die Ursache, warum eine Kugel, von der gewoͤhnlichen Form, wenn sie aus einer Flinte geschossen wird, vom Ziele abweicht, ist diese, daß sie, waͤhrend sie durch das Flintenrohr laͤuft, eine umdrehende Bewegung um ihre Achse erhaͤlt, so daß diese Achse senkrecht auf ihrer Richtungs-Linie steht. Hierdurch entsteht eine Abweichung, weil durch die Geschwindigkeit der Kugel, wenn sie abgeschossen wird, die Luft vor der lezteren so sehr zusammengedruͤkt wird, daß die Reibung der durch dieselbe durchlaufenden Kugel, indem sie auf den verschiedenen Theilen der Oberflaͤche derselben nicht dieselbe, sondern verschieden ist, auf einer Seite mehr auf die Kugel wirken wird, als auf der anderen, und so die Kugel zwingen wird, sich, waͤhrend sie auf die Luft auffaͤhrt, in einer der Richtung, in welcher sie auffahrt, entgegengesezten Richtung zu bewegen, und so von ihrem Laufe abzuweichen, wenn ihre Achse sich in irgend einer anderen Lage, als in der Linie der Richtung befindet. Man wird dieß deutlicher einsehen, wenn man die Kugel sich im Wasser fortgetrieben denkt, und zwar in gerader Richtung, und mit einer solchen Geschwindigkeit, daß sie einen leeren Raum hinter sich zuruͤk laͤßt, und sich zugleich in der Richtung des Pfeiles in Fig. 38. um ihre Achse dreht. Man denke sich an den Seiten dieser Kugel kleine Hervorragungen, wie sie in dieser Figur angedeutet sind. Wenn diese Hervorragungen auf das Wasser schlagen, so werden sie dasselbe in Linien treiben, die Tangenten auf den Kreis sind, in welchem sie sich durch die Umdrehung der Kugel bewegen, und muͤssen folglich von dem Wasser eine Ruͤkwirkung in entgegengesezter Richtung erleiden. Wenn die Fluͤssigkeit, in welcher die Kugel sich bewegt, uͤberall gleichen Widerstand leistete, wuͤrde die Kugel nicht von ihrem Laufe abweichen, indem die Stoͤße, die sie auf der einen Seite erhaͤlt, und die sich bestreben, dieselbe in einer gewissen Richtung zu bewegen, dann von den Stoͤßen auf der anderen Seite vollkommen im Gleichgewichte gehalten wuͤrden, indem diese Stoͤße sie einer vollkommen entgegengesezten Richtung zu treiben streben. Da aber dieß in dem gegenwaͤrtigen Falle sich nicht so verhaͤlt, und ein weit groͤßerer Widerstand durch die Stoße entsteht, welche die Kugel von der an ihrer vorderen Seite befindlichen Fluͤssigkeit erhaͤlt, als von jener, die irgend eine andere Seite derselben beruͤhrt, und zwar im Verhaͤltnisse der groͤßeren Geschwindigkeit ihrer Bewegung; da uͤberdieß ein weit geringerer Widerstand an der Hinteren Seite der Kugel sich findet, wo, in Folge der Schnelligkeit ihrer Bewegung, ein leerer Raum sich gebildet hat, so werden die Stoße auf die an dem vorderen Theile der Kugel befindlichen Hervorragungen, die dieselbe von A. nach H zu treiben streben, durch keinen Gegenstoß von der entgegengesezten Seite aufgehoben werden; die Kugel wird sich also, Statt daß sie sich in der Linie AB fortbewegte, in der Linie CD fortlaufen, und auf einen Punkt auf der Seite des Zieles gelangen, dessen Entfernung von dem Ziele DB desto groͤßer seyn wird, je groͤßer die Geschwindigkeit seyn wird, mit welcher sich die Kugel um ihre Achse dreht. Man fuͤhlt, so zu sagen, den Widerstand, den ein Koͤrper waͤhrend seiner Bewegung durch das Wasser erleidet, deutlicher, als denjenigen, den ein Koͤrper waͤhrend seiner Bewegung durch die Luft erfaͤhrt, und dieser groͤßeren Deutlichkeit wegen haben wir obiges Beispiel gewaͤhlt; obschon aber der Widerstand der Luft im Ganzen geringer ist, ist der theilweise Widerstand, im Verhaͤltnisse zur Dichtigkeit derselben, doch eben so groß, als im Wasser. Es hat also bei Koͤrpern, die sich in der Luft bewegen, dieselbe Abweichung von der Richtungs-Linie der Bewegung Statt, wie bei denjenigen, die sich im Wasser bewegen, und obschon keine so großen Hervorragungen an der Kugel Statt haben, wie sie hier gezeichnet sind, so sind doch auf der Oberflaͤche einer jeden Kugel, auch auf einer noch so glatt gegossenen Kugel, Hervorragungen genug, die sich an der, an der vorderen Seite derselben zusammengepreßten Luft bedeutend reiben koͤnnen. Jedes gute Mikroskop wird dieß jedem deutlich beweisen koͤnnen, der daran zweifeln will. Abgesehen von allem Diesem ist aber schon die Reibung, die durch die Adhaͤsions-Attraction der Luft zur Kugel entsteht (die desto groͤßer ist, je glatter die Kugel ist) hinreichend, eine solche Abweichung von der Bahn auch einer ganz glatten Kugel zu erzeugen, wenn es moͤglich waͤre, eine solche zu verfertigen. Beim ersten Anblike sollte man glauben, der Widerstand der Luft vor der Kugel koͤnne nicht im Stande seyn durch die Reibung der Luft an der Kugel irgend eine Veraͤnderung in der Richtung ihrer Bewegung hervorzubringen, indem die Luft uns in unseren Bewegungen so wenig hindert; allein schon der einfache Versuch mit der in einer Blase eingeschlossenen Luft, die man mit der Hand zusammendruͤken will, kann jeden uͤberzeugen, wie groß der Widerstand einer zusammengedruͤkten Luft ist; von der Kraft der Luft in Orkanen wollen wir hier gar nicht sprechen. Um die Zeichnung in Fig. 1. deutlicher zu machen, habe ich den Theil, der das Wasser darstellen soll, schraffirt, den Theil hinter der Kugel aber unschraffirt gelassen, um die Figur darzustellen, welche gebildet wird, wenn das Wasser wieder zuruͤktritt, um den leeren Raum auszufuͤllen, aus welchem es durch die schnelle Bewegung der Kugel verdraͤngt wurde. Diese Figur wird beinahe die Gestalt eines Kegels haben, der desto laͤnger und spiziger seyn wird, je groͤßer die Schnelligkeit ist, mit welcher die Kugel sich bewegt, und je geringer der Druk der Fluͤssigkeit ist, in welcher er sich bewegt. Er wird folglich in der Luft weit laͤnger seyn, als im Wasser. Wenn die Kugel auf dem unteren Theile des Laufes hinausfaͤhrt, wird sie nach der in Fig. 39. gezeichneten Richtung geschossen, sich nach der Richtung des Pfeiles in Fig. 40. drehen, und hiernach muß sie, nach demjenigen was so eben gesagt wurde, uͤber ihre Richtung hinaufsteigen und uͤber dem Ziele in einer solchen Entfernung einschlagen, die mit der Schnelligkeit der Umdrehung um ihre Achse im Verhaͤltnisse steht; diese Schnelligkeit haͤngt von der Geschwindigkeit ihrer geraden Bewegung nach vorne, und von dem Widerstande ab, den sie waͤhrend ihres Rollens in dem Laufe der Flinte erleidet. Wenn 2) die Kugel sich an der linken Seite des Laufes waͤhrend ihres Ausfahrens reibt, so erhaͤlt sie eine Bewegung um ihre Achse in der Richtung von Fig. 41. und sie wird also rechts vom Ziele abweichen. Eben so wird sie 3) links vom Ziele abweichen, wenn sie sich nach der Richtung des Pfeiles in Fig. 41. bewegt, und an der rechten Seite des Flinten-Laufes sich reibt. Wenn endlich 4) die Kugel sich an der oberen Seite des Laufes reibt, folglich in der Richtung des Pfeiles in Fig. 42., wird sie aus demselben Grunde unter das Ziel hinabfahren. Aus diesen vier Faͤllen von Abweichung laͤßt sich die Richtung der Kugel leicht bestimmen, die dieselbe erhalten muß, wenn sie auf ihrem Durchfahren durch den Lauf an Punkten sich reibt, die zwischen den vier oben angegebenen Punkten gelegen sind, d.h., an B, E, C oder D in Fig. 44., Statt an den Punkten AAAA, wenn diese Figur den Durchschnitt eines Flinten-Laufes darstellt. Die gewoͤhnliche Abweichung einer Kugel ist die, die aus dem ersten Falle entstehtDieß lehrt auch die Erfahrung im Felde haͤufig: meistens hoͤrt man die Kugeln uͤber dem Kopfe hinfliegen, und die meisten Verwundungen in der Infanterie durch Flintenkugeln sind am oberen Theile des Koͤrpers, obschon auf Halden Mann angeschlagen wird.A. d. U., in Verbindung mit dem zweiten und dritten; denn die Schwere der Kugel macht, daß sie unten auf dem Laufe hinrollt, wie in dem ersten oben angegebenen Falle, und die Explosion des Pulvers druͤkt die Kugel gewoͤhnlich wehr auf einer Seite, als auf der anderen, so daß sie sich dann an der entgegengesezten Seite mehr reibt, wodurch dann zugleich entweder der zweite oder der dritte Fall in Verbindung des ersten entsteht. Die Folge dieser vereinigten Abweichungen ist, daß, wenn M in Fig. 45. der Mittelpunkt der Scheibe ist, die Kugel die Punkte B oder E, Statt M treffen wird. Da dem Aufsteigen der Kugel, wenn sie außer dem Laufe gekommen ist, ihre Schwere entgegenwirkt, durch welche sie auf ihrem Fluge in Einer Sekunde um 16 Fuß faͤllt, so wird die Entfernung der Abweichung derselben vom Centrum uͤber diesem geringer seyn, als nach der Seite, rechts oder links, und die Kugel wird daher vielmehr die Punkte G oder H, Statt B oder E treffen, wie man vorher der groͤßeren Deutlichkeit wegen annahm, um die Sache nicht durch zu viele Umstaͤndlichkeiten, die man auf ein Mal dem Leser hinwirft, zu sehr zu verwikeln. Die Art, wie eine Kugel auf ihrem Zuge durch den Lauf der Flinte eine umdrehende Bewegung um ihre Achse erhaͤlt, laͤßt sich leicht begreifen, wenn man beobachtet, wie eine Billard-Kugel, waͤhrend sie auf dem Tuche hinlaͤuft, eine umdrehende Bewegung erhaͤlt. Die Flinten-Kugel erhaͤlt ihre umdrehende Bewegung durch ihre Reibung an den Seiten oder an dem untersten Theile des Flinten-Laufes, wodurch die Geschwindigkeit desjenigen Theiles der Kugel, mit welchem sie den Lauf beruͤhrt, vermindert wird, waͤhrend die uͤbrigen Theile derselben ihre Bewegung nach vorwaͤrs ungehindert fortsezen: ganz und gar auf dieselbe Weise, wie die Reibung auf dem Billard-Tuche die Umdrehung einer Billard-Kugel um ihre Achse erzeugt. Diese Ursache wird desto starker auf die Flinten-Kugel einwirken, je großer die Geschwindigkeit ist, mit welcher die Kugel sich bewegt, indem die Reibung, welche durch die Unebenheit oder Rauhigkeit der Oberflaͤche derselben entsteht, in dem Maße vermehrt wird, als die Geschwindigkeit beschleunigt wird. Einige sind der irrigen Meinung, daß die Schwere der Kugel durch die Schnelligkeit der Bewegung derselben gaͤnzlich aufgehoben wird; sie glauben daher, das die Kugel auf ihrem Zuge durchaus nicht auf der unteren Seite des Laufes hinrollt, indem die Schwere derselben sie nicht darauf niederdruͤkt. Allein, Schwere wirkt auf jeden Koͤrper, und wenn er sich auch noch so schnell bewegt; denn Schwere ist nur ein anderer Name fuͤr Anziehung, deren Einfluͤsse selbst der schnellste Komet (der, nach den Berechnungen, zuweilen 6900 engl. Meilen in Einer Sekunde durchlaͤuft) eben so gut unterworfen ist, als die Kugel einer Kanone, die, waͤhrend dieser Zeit, nur 640 Fuß zu durchlaufen vermag, und die Billard-Kugel, die in Einer Sekunde nicht mehr als 60 Zoll zuruͤklegt. Diese irrige Meinung ruͤhrt davon her, daß die Schnelligkeit des Fluges einer Kugel weit groͤßer ist als die Geschwindigkeit des Falles derselben, so daß, waͤhrend die Kugel hundert und sechzig Fuß weit vorwaͤrts stiegt, sie nur um Einen Fuß faͤlltNach der Berechnung fliegt eine Flintenkugel in Einer Secunde 640 Fuß weit, und faͤllt in derselben Zeit um 16 Fuß. In einer Viertel-Secunde fliegt also eine Kugel nur 160 Fuß weit, und faͤllt in dieser Zeit nur 1 Fuß, weil die im Falle durchlaufenen Raͤume sich wie die Quadrate der Zeiten verhalten.A. d. U., und dieser geringe Fall wird einige Zeit uͤber durch das Aufsteigen, zu welchem die Kugel mittelst ihrer umdrehenden Bewegung, die sie in Folge ihrer Reibung auf dem unteren Theile des Flinten-Laufes, wie wir oben erwiesen haben, erhaͤlt, mehr denn reichlich aufgewogen. Da also die Kugel, statt zu fallen, nachdem sie den Flinten-Lauf verlassen hat, vielmehr aufsteigt, und da der Fall, der durch ihre Schwere veranlaßt wird, waͤhrend der Zeit ihres Zuges so klein ist, daß ihre, durch die Umdrehung um ihre Achse veranlaßte, Bewegung nach aufwaͤrts nur in einem sehr geringen Grade vermindert wird, und folglich immer eine aufsteigende Bewegung bleibt, so darf man sich nicht wundern, wenn einseitige Beobachter auf die Idee gerathen, die Kugel hoͤre, schon im Laufe der Flinte, auf schwer zu seyn, sobald der erste Stoß des entstammten Pulvers auf sie gewirkt hat; daß folglich Schwere der Kugel keinen Einfluß auf die Abweichung derselben von ihrer Richtung haben koͤnne. Es ist vielmehr Thatsache, daß diese Schwere, die solche Beobachter fuͤr verschwunden halten, die entfernte Ursache des Aufsteigens der Kugel ist; daß diese Schwere der Kugel die Reibung derselben auf der unteren Seite des Flintenlaufes, dadurch die Umdrehung der Kugel um ihre Achse, und dadurch das Aufsteigen der Kugel veranlaͤßt. Daß eine Abweichung der Kugel von der Richtungslinie der Bewegung derselben in Folge ihrer Umdrehung um ihre Achse Statt hat, war lang schon entweder theoretisch bekannt, oder man ist praktisch auf ein Mittel gerathen, um diesem Nachtheile abzuhelfen. Die allgemein bekannte Erfindung der sogenannten Stuzen oder gezogenen Roͤhre (rifle) hat keinen anderen Zwek, als die Kugel, so lang sie noch im Laufe des Rohrs hinausfahrt, zu hindern irgend eine Bewegung um ihre Achse zu nehmen, in welcher die Achse nicht in der Richtungslinie der Bewegung liegt, wie in Fig. 43. Die Ursache, warum auf diese Weise keine Abweichung Statt hat, ist, weil die Luft, wo die Reibung durch eine solche Umdrehung um die Achse entsteht, auf allen Seiten gleichfoͤrmig auf die Kugel druͤkt, folglich die Kugel keine Ursache hat, auf die eine oder auf die andere Seite abzuweichen, und folglich in ihrem Laufe die gewoͤhnliche Richtungslinie behalten wird. Es gibt zweierlei Arten von gezogenen Roͤhren; in einer derselben sind die Furchen oder Vertiefungen alle gerade; in der anderen bilden sie eine Schraubenlinie oder Spirale von einer einzelnen ganzen, oder zuweilen auch weniger als einer ganzen, Umdrehung von der Kammer bis zur Muͤndung. Durch die erstere dieser Vorrichtungen wird jede Umdrehung der Kugel um ihre Achse im Laufe des Rohres unmoͤglich; durch leztere erhaͤlt sie jene Umdrehung um die Achse, in welcher die Achse in der Richtung der Bewegung liegt, wie in Fig. 43. Die gezogenen Roͤhre haben verschiedene Unbequemlichkeiten, welche die allgemeine Anwendung derselben hindern. Sie sind schwerer zu laden, und taugen also nicht, wo schnell hinter einander geschossen werden soll. Ein gezogenes Rohr fordert einen sehr geschikten und genauen Buͤchsenmacher, kostet viele Arbeit und Muͤhe, und wird daher auch sehr theuer. Ferner muß der WiderstandEinige glauben der Widerstand, den die Kugel in dem gezogenen Rohre findet, vermehrt die Kraft der Kugel, indem eine groͤßere Menge Pulvers sich entzuͤndet, waͤhrend die Kugel noch im Laufe verweilt. Nun ist es aber wirklich noch nicht ganz sicher und ausgemacht, daß die Kugel in einem gezogenen Rohre laͤnger verweilt, als in einem gewoͤhnlichen Flintenlaufe, und zweitens ist es offenbar, daß, wenn dieses geschieht, da die groͤßere Menge des entzuͤndeten Pulvers gerade im Verhaͤltnisse zu dem Widerstande stehen muß, um so viel Pulver mehr zur Ladung genommen werden muß, d.h., daß bei so viel Pulverladung, als in einem Gewehre mit glattem Laufe noͤthig ist, so viel Kraft verloren geht, als der Widerstand im gezogenen Rohre groͤßer ist.A. d. O., welchen die gefurchten Waͤnde, vorzuͤglich an dem schraubenfoͤrmig gezogenen Rohre, erzeugen, die Kugel in ihrer Bewegung Hindern; sie stiegt also nicht mit so viel Kraft, oder nicht so weit, als wenn sie aus einem glatten Laufe ausfaͤhrt. Endlich geht, durch die vermehrte Reibung, der Lauf selbst auch fruͤher zu Grunde. Diese Betrachtungen fuͤhrten mich auf den Gedanken, daß es gut waͤre, wenn man eine Methode faͤnde, welche die Vortheile der gezogenen Roͤhre gewahrt, ohne die Nachtheile derselben zu besizen. Und da keine Methode einfacher und besser seyn kann, um das Umdrehen der Kugel um ihre Achse, so lang sie noch im Laufe rollt, zu hindern, als wenn man, die Form der Kugel selbst aͤndert, so gerieth ich auf die Idee, eine einfache Hervorragung an der Kugel anzubringen (wie in Fig. 9), die stark und lang genug waͤre, um dem ersten Andrange zu einer Umdrehung um die Achse zu widerstehen. Um solche Kugeln zu verfertigen, hielt ich es fuͤr das Beste, den gewoͤhnlichen Kugelgieß-Model anzuwenden, und neben dem gewoͤhnlichen Gießloche und in derselben Richtung zwischen den Kanten ein Loch bohren zu lassen, durch welches ich ein ungefaͤhr fuͤnf Viertel Zoll langes Stuͤk Messing-Drath von ungefaͤhr Ein Zehntel Zoll Dike so stekte, daß ungefaͤhr drei Viertel Zoll aus der Kugel hervorstanden, wie in Fig. 46. Mittelst dieses hervorragenden Stuͤkes schien es mir wahrscheinlich, alle Umdrehungen der Kugel, nicht bloß so lang sie im Laufe rollt, sondern auch außer dem Laufe, zu beseitigen, indem dieser Stiel an der Kugel auf die Luft, durch welche sich die Kugel bewegt, eben so wirkt, wie die Feder am Ende Eines Pfeiles. Ich dachte, daß die Luft durch die große Schnelligkeit, mit welcher die Kugel fliegt, an den Seiten der Bahn dieser lezteren hinlaͤnglich zusammengedruͤkt wird, um die verlangte Wirkung hervorzubringen. Ich bediente mich zur Bildung dieses Stieles des Messing-Drathes (von der in der Figur gezeichneten Dike), weil Messing ein weicheres Metall ist als das Eisen eines Flinten-Laufes, damit dieser nicht davon geschnitten wird, waͤhrend die Kugel durch denselben durchfahrt: ich ließ ihn so lang, als die Pulver-LadungMan hat gefunden, daß, wenn die Kugel von dem Pulver entfernt liegt, die Gefahr der Berstung sehr groß wird. Es wird daher nothwendig, daß die Kugel auf dem Pulver aufliegt, und da der Drath nothwendig durch das Pulver durch muß, muß die Laͤnge des Stieles sich nach der Tiefe der Ladung richten.A. d. O. es erlaubte, damit er desto sicherer der Umdrehung der Kugel um ihre Achse entgegen wirken konnte. Fuͤr eine Musketen-Kugel ist diese Laͤnge ungefaͤhr drei Viertel Zoll. Fig. 46 ist eine solche Musketen-Kugel. Fig. 47 stellt eine Pistolen-Kugel vor, die auf dieselbe Weise vorgerichtet ist, deren Stiel aber nur einen halben Zoll weit hervorragt, indem die Ladung keine groͤßere Laͤnge desselben gestattet. Ich machte mit solchen Kugeln viele Versuche, und fand die Resultate derselben mit der Theorie so ziemlich genau uͤbereinstimmen. Ich habe, ehe ich diese Versuche machte, nie auf die Scheibe geschossen, und doch traf ich mit diesen Kugeln, aus einer gemeinen Pistole, nicht selten ein sechs Quadrat-Zoll großes Ziel in einer Entfernung von vierzehn Yards (42 Fuß) unter 12 Schuͤssen sieben Mal, waͤhrend ich dieses Ziel aus derselben Pistole mit gewoͤhnlichen Kugeln unter zehn Schuͤssen nicht oͤfter als ein Mal traf. Aus einer Muskete habe ich mit solchen Kugeln oͤfters ein Ziel von obiger Große in einer Entfernung von 60 (Yards (180 Fuß) getroffen. Und damit ja keine Parteilichkeit bei diesen Versuchen sich einschleichen moͤchte, habe ich auch andere Leute mit diesen Kugeln schießen lassen; sie schossen mit demselben Erfolge. Einige Herren, denen ich meine Erfindung mittheilte, machten die gluͤklichsten Versuche mit denselben. Es scheint mir daher, daß diese Kugeln mit vielem Vortheile, und mit weit sicherem Erfolge, als die gewoͤhnlichen angewendet werden koͤnnen. Wenn auch aͤhnliche Versuche ohne genauen physikalischen Apparat nicht den Glanz von mathematischer Gewißheit um sich her verbreiten, so haben sie doch, so wie sie sind, dieß voraus, daß jeder sie leicht wiederholen und sich durch seine eigene Erfahrung von der Wahrheit der Sache uͤberzeugen kann. Wer genauere Versuche zur Vergleichung der Vorzuͤge dieser Kugeln vor den uͤbrigen anzustellen wuͤnscht, und jedem Umstand bei dem Schusse mit diesen gestielten Kugeln auf das Genaueste pruͤfen will, dem empfehle ich das Verfahren, welches Hr. Robins in seinem vortrefflichen Werke uͤber die Buͤchsenmacherei (on gunnery) bei dem gewoͤhnlichen Probieren der Gewehre und bei dem Probeschießen angegeben hat. Die Lektuͤre dieses trefflichen Werkes brachte mich zuerst auf die Idee der hier angegebenen Kugeln. Ich verfertigte mir, nach den hier aufgestellten Grundsaͤzen, noch eine andere Art von Kugeln, die, außer dem Vortheile, daß sie eben so genau treffen, wie die vorigen, auch noch den neuen Vortheil besizen, weiter zu stiegen. Zur Verfertigung dieser lezteren Kugeln gehoͤrt aber ein eigener Model: der Versuch mit denselben wird also nicht so leicht fuͤr jeden einzelnen Liebhaber: wenn man indessen eine groͤßere Menge solcher Kugeln anwenden zu koͤnnen glaubte, ist der Muͤhe werth, sich mit dem hierzu noͤthigen Model zu versehen. Diese Kugeln sind in Fig. 48 und 49 dargestellt. Die Theorie, nach welcher sie verfertigt wurden, ist diese: Die Kraft, mit welcher eine Kugel stiegt, verhaͤlt sich, alles Uebrige gleichgesezt, wie ihre Schwere, weniger dem Widerstande der Luft. Je schwerer man daher eine Kugel machen kann, ohne durch die groͤßere Menge Metalles, die zu diesem Ende nothwendig ist, den Widerstand der Luft zu vermehren, mit desto groͤßerer Kraft wird die Kugel stiegen. Zum Beispiele: Es sollen zwei gewoͤhnliche kugelfoͤrmige Flintenkugeln von gleichem Durchmesser mit der Breite der Kugel in Fig. 48 eben so viel zusammen wiegen, als die einzelne Kugel in Fig. 11, und diese Kugel in Fig. 48 soll nicht mehr Widerstand in der atmosphaͤrischen Luft finden, als jede der beiden obigen kugelfoͤrmigen Flintenkugeln fuͤr sich allein auf ihrer Bewegung durch die Luft findet, so wird nothwendig die Kugel in Fig. 48 bei derselben Pulver-Ladung eben so viel Kraft haben, als beide obige runde Flintenkugeln zusammengenommen, und nur den halben Widerstand in der Luft zu erleiden haben. Wenn wir also annehmen, daß die beiden runden Kugeln mit einer gewissen Kraft aus dem Laufe ausfahren, von welcher sie die Haͤlfte durch den Widerstand der Luft verlieren, nachdem sie tausend Fuß weit geflogen sind (eine Annahme, die man nach Beruͤksichtigung aller Umstaͤnde nicht uͤbertrieben finden wird) so wird die Kugel in Fig. 48, die mit gleicher Kraft, wie obige Kugeln, ausfahrt, aber nur den halben Widerstand findet, zwei tausend Fuß weit stiegen, ehe sie die Haͤlfte ihrer Kraft verliert, oder, mit anderen Worten, doppelt so weit stiegen. Die Reibung der Seiten des kegelfoͤrmigen Theiles von Fig. 48 gegen die zusammengedruͤkte atmosphaͤrische Luft ist, nach dem, was uͤber die Bildung des kegelfoͤrmigen Raumes hinter der Kugel durch die Geschwindigkeit der Bewegung derselben bei Erklaͤrung von Fig. 33 gesagt wurde, so viel wie keine. Dieser kegelfoͤrmige Raum wird bedeutend laͤnger seyn, als das kegelfoͤrmige Ende in Fig. 48, und wird folglich, da er dieselbe Basis mit der Kugel hat, einen Raum zwischen sich und jenem kegelfoͤrmigen Theile der Kugel uͤbrig lassen: dieser Raum enthaͤlt aber keine Luft, und kann folglich auch keinen Widerstand an den Seiten erzeugen. Daß sich ein solcher kegelfoͤrmiger Raum bilden wird, wird aus folgenden Betrachtungen noch deutlicher erhellen. Wenn die Kugel, Fig. 48, abgeschossen wird, so wird sie, nach der gewoͤhnlichen Berechnung, 640 Fuß weit in Einer Secunde fliegen. Der kegelfoͤrmige Theil derselben enthaͤlt ungefaͤhr Einen Kubikzoll, und die Oberflaͤche, die dem Seitendruke ausgesezt ist, betraͤgt ungefaͤhr zwei Quadrat-Zoll. Die Schwere der Atmosphaͤre ist gleich der Schwere von 32 Kubik-Fuß Wasser und Wasser von dieser Hoͤhe laͤßt durch eine Oeffnung von Einem Viertel Quadrat-Zoll in Einer Minute ungefaͤhr zwanzig Quart Wasser auslaufen. Da aber Wasser, außer seinem eigenen Gewichte, auch noch das der Atmosphaͤre zu ertragen hat, welches, bei obiger Hoͤhe, gerade noch ein Mal so viel ist, so wird, da die Atmosphaͤre nur ihr eigenes Gewicht, oder nur den halben Druk zu tragen hat, durch dieselbe Oeffnung (zur Ausfuͤllung des luftleeren Raumes) nur die Haͤlfte so viel, als das Wasser, in derselben Zeit, auslaufen lassen, d.h., bei obiger Zeit und obiger Oeffnung, zehn Quart. In demselben Verhaͤltnisse werden, durch zwei Quadrat-Zoll, in Einer Minute 320 Quart Luft, oder fuͤnf Quart in Einer Secunde durchlaufen. Dieß ist ungefaͤhr eben so viel (da Ein Quart beilaͤufig acht und fuͤnfzig Kubikzoll enthaͤlt), als ob 240 Kubikzoll in Einer Secunde durch eine Oeffnung von zwei Quadratzoll liefen. Da nun aber eine Kugel in Einer Secunde 640 Fuß weit (oder 7680 Zoll weit) fliegt, so bleiben nach Abzug der 240 Kubikzoll, welche der Druk der Atmosphaͤre in dieser Zeit ausfuͤllt, 7440 Zoll, welche die Kugel durchflogen haben wird, ehe die Luft wieder in den Raum eingetreten seyn kann, den sie ehevor ausgefuͤllt hat. Die Kugel muß folglich einen langen leeren Raum hinter sich zuruͤklassen, in welchem keine Reibung an den Seiten irgend eines Koͤrpers Statt hat, der sich in diesem Raume bewegt. Die Kugel in Fig. 11 wird also, wenn sie abgeschossen wird, ihre kegelfoͤrmigen Seiten ohne alle Reibung durch diesen Raum durchdringen, und, zu gleicher Zeit, an ihrer vorderen Seite nicht mehr Widerstand finden, als eine gewoͤhnliche Kugel von gleichem Durchmesser. Aus diesen Betrachtungen folgt, daß die Kugel in Fig. 43 um Vieles weiter stiegen wird, und es ist mir wahrscheinlich, daß sie doppelt so weit stiegen wird, wenn sie doppelt so schwer ist. Ich habe hieruͤber aber noch keine Gewißheit, weil ich noch keine Versuche hieruͤber angestellt habe: so viel ist indessen gewiß, daß sie um ein Bedeutendes weiter stiegen wird. Es wird auch aus Obigem wahrscheinlich, daß eine Kugel von dieser Form nicht viel mehr als die Haͤlfte der gewoͤhnlichen Pulver-LadungWenn die ganze volle Ladung diese Kugel zwei Mal so weit treibt, als eine gewoͤhnliche Flinten-Kugel (wie sich nach der Theorie erwarten laͤßt, so wird die halbe Ladung halben Stoß oder halbe Kraft, also halbe Flugweite geben, d.h., die ganze Flugweite einer gewoͤhnlichen Kugel.A. d. O. brauchen wird, um mit derselben Kraft, d.h. eben so weit, als eine gewoͤhnliche runde Flinten-Kugel zu fliegen. Es ist hier nicht uͤberfluͤssig zu bemerken, daß, wenn man solche Kugeln brauchen, und denselben die Schwere einer Unze (d.h. zwei Loth) geben wuͤrde (eine Schwere, die vielleicht deßwegen den Vorzug verdienen moͤchte, weil sie bei der ganzen (engl.) Armee bereits so eingefuͤhrt ist), die Musketen fuͤr Kugeln von der in Fig. 48 gezeichneten Form bei dieser Schwere von 2 Loth weit enger im Laufe seyn koͤnnten, als sie gegenwaͤrtig sind; denn eine Mustere oder Flinte, wie sie gegenwaͤrtig bei unserm Militaͤrs ist, wuͤrde, bei ihrer gegenwaͤrtigen Weite des Flinten-Laufes vier Loth schwere Kugeln von der in Fig. 48 gezeichneten Form schießen. Die leichten Carabiner unserer Cavallerie wuͤrden also noch nuͤzlicher werden koͤnnen, als die Flinten der Infanterie, und selbst die Pistolen wuͤrden weiter schießen koͤnnenEs scheint auch, daß die Gewehre selbst um ein Gutes leichter werden koͤnnten, wenn der Flinten-Lauf nicht mehr so weit seyn darf.A. d. U.. Vielleicht waͤre es auch gut, wenn das Vordertheil der Kugel die Gestalt von Fig. 49 haͤtte, indem die Kugel in dieser Form leichter durch die zusammengedruͤkte Luft durchfuͤhre, als wenn ihr Vordertheil, wie in Fig. 48, halbkugelfoͤrmig ist. Indessen duͤrfte dieser Winkel an dem Vordertheile der Kugel Fig. 49 einen rechten Winkel, oder, hoͤchstens, einen Winkel von siebzig Graden nicht uͤberschreiten, indem es wesentlich nothwendig ist, daß der breiteste Theil der Kugel dem Kopfe derselben am naͤchsten liegt: Beobachtungen und Erfahrungen haben dieß erwiesen. Die Natur hat alle Thiere, welche sich schnell in einem Mittel bewegen muͤssen, das ihrer Bewegung Widerstand leistet, eine solche Form gegeben, und eben so lehrreiche Erfahrungen haben uns im Baue der Schiffe bewiesen, daß, je schneller ein Schiff fortgetrieben werden soll, desto naͤher seine groͤßte Breite hinter seinem Vordertheile oder Kopfe angebracht seyn muͤsse. Hieraus sollte man so ziemlich richtig schließen duͤrfen, daß diese Form auch fuͤr jene Koͤrper, die sich durch andere Widerstand leistende Mittel, als das Wasser, schnell bewegen muͤssen, die zwekmaͤßigste sey. Hr. de Romme, Admiral Chapman und andere haben diesen Punkt durch sehr genaue Versuche erlaͤutert, und auch noch eine andere Erfahrung gemacht, welche bestaͤtigt, was oben behauptet wurde, daß eine kegelfoͤrmige Endung der Kugeln die beste zur schnellen und sicheren Bewegung derselben ist. Sie haben naͤmlich gefunden, daß Schiffe, die sich von ihrer groͤßten Breite nach dem Hintertheile zu allmaͤhlich verschmaͤlern, bei gleicher Triebkraft schneller fahren, als Schiffe von jeder anderen Form. In der Form dieser Schiffe sind dann auch die Kugeln Fig. 48 und 49. Ich fand die Bemerkung in einem Werke, welches obige Beobachtungen uͤber den Schiffsbau enthaͤlt, daß der schnellste Schwimmer unter den Bewohnern der Meere, der Delphin, die groͤßte Breite seines Koͤrpers nur um den achten Theil seiner Laͤnge hinter dem Hinteren Ende seines Kopfes fuͤhrt, und daß sein Koͤrper von dieser groͤßten Breite an sich nach dem Schweife hin immer und immer mehr verschmaͤlert: die Weisheit der Natur, die allen ihren Werken Vollendung gab, laͤßt uns diesen Bau des Koͤrpers des schnellsten Schwimmers zur Nachahmung fuͤr die Form aller Koͤrper, die sich im Wasser bewegen sollen, mit hoͤchster Wahrscheinlichkeit des Gelingens benuͤzen. Aus denselben Gruͤnden erscheint auch dieselbe Form als die vortheilhafteste zur schnellen Bewegung der Koͤrper durch die Luft, indem wir denselben Bau an dem schnellsten Flieger unter den Voͤgeln, wie an dem schnellsten Schwimmer unter den Wasserthieren finden, wie man an der Schwalbe sieht, an welcher die groͤßte Breite ihres Koͤrpers sich eben dort findet, wo sie am Delphin wahrgenommen wird. Aus demselben Grunde scheint nun auch die in Fig. 48 und 49 gezeichnete Form die beste fuͤr eine Flinten-Kugel, und nicht bloß fuͤr diese, sondern auch fuͤr Kanonen-Kugeln sowohl im Batterie-Dienste, als auf Schiffen. Fuͤr Ricochet-Schuͤsse und vielleicht auch fuͤr den gewoͤhnlichen Feld-Dienst, wo die auf der Erde hinrollende Kugel oͤfters noch gute Dienste leistet, wird indessen die gewoͤhnliche Kugelform immer noch vorzuziehen seyn. Ein paar Jahre spaͤter, als ich obige Bemerkungen uͤber die Form der Flinten-Kugeln niedergeschrieben hatte, schien es mir, daß eine Kugel von der in Fig. 50 dargestellten Form sich noch gleichfoͤrmiger durch die Luft bewegen wuͤrde, als die Kugeln in Fig. 48 und 49, indem die Seiten-Hervorragungen an dem Hintertheile derselben, die der Luft mehr Widerstand leisten, als die Schweife in Fig. 48 und 49, eben so wirken wuͤrden, wie die Federn an einem Pfeile diesen sicherer zum Ziele fuͤhren. Ich machte mir daher einen Model, um solche Kugeln mittelst desselben zu gießen und stellte mit denselben mehrere Versuche auf dieselbe Weise an, wie ich oben angegeben habe. Man wird bemerken, daß die in Fig. 48 dargestellte Form wirklich schon in Fig. 50 enthalten ist, und daß die Seiten-Hervorragungen oder Fluͤgel nur Zusaͤze an dieser Form sind. Diese Fluͤgel sind vorne am Kopfe am dikesten, und laufen an ihrem Ende in eine Schneide aus. Ich gab ihnen zuweilen mit einer Kneipzange eine leichte schiefe Drehung, damit sich die Kugel auf ihrer Bewegung nach vorne um ihre Laͤngen-Achse fortspinnen sollte. Ich bin jedoch nicht gewiß, daß ich diese Absicht auch wirklich erreichte, indem ich kein Mittel auffinden konnte, um diese Sache in's Reine zu bringen, und es beinahe fuͤr unmoͤglich halte, ein solches zu Stande zu bringen. Der merkwuͤrdigste Umstand bei den Versuchen mit diesen Kugeln war die gewaltige Kraft, mit welcher sie flogen, indem mehrere derselben, aus einer gewoͤhnlichen Cavallerie-Pistole geschossen, auf zehn Yards (30 Fuß) ein zwei bis drei Zoll dikes Brett durchschlugen. in einem Falle, wo ich die Pistole an einem schweren Tische befestigte, um die Richtung derselben bei wiederholten Schuͤssen genauer zu erhalten, als es in der freien Hand nicht leicht moͤglich ist, war die Gewalt des Stoßes oder Ruͤklaufes, folglich auch die Gewalt der Kugel, so stark, daß der Griff dicht am Laufe abbrach. Ich habe indessen niemals wahrgenommen, daß, in Hinsicht auf das Treffen, die Kugeln von der Form in Fig. 48, 49, 50 vor jenen in Fig. 40 und 47 irgend etwas voraus haben, und gebe daher diesen lezteren den Vorzug, weil sie leichter zu gießen sind. Wo es sich aber um eine staͤrkere Kraft handelt, z.B. auf Buͤffel- und Tiger-Jagden in fremden Welttheilen, verdienen jene in Fig. 48, 49, 50 den Vorzug. Bei den Versuchen, die ich mit denselben angestellt habe, habe ich oͤfters bemerkt, daß, wenn sie nicht ganz durch das Brett durchschlugen, auf welches sie geschossen wurden, sie in einer Seitenlage in demselben lagen, und nicht, wie ich erwartete, in der Linie der Richtung. Anfangs schien mir dieß, so wie es auch anderen ebenso scheinen wird, zu beweisen, daß sie sich seitwaͤrts durch die Luft bewegen, und daß folglich die Fluͤgel wenig oder gar keine Wirkung in der Richtung des Fluges derselben aͤußern. Da aber diese Lage in dem Brette auch davon herruͤhren konnte, daß einige Theile desselben mehr Widerstand leisteten, als die anderen, wodurch dann nothwendig eine Seitenlage zum Vorscheine kommen muß, so halte ich diese Sache fuͤr nicht so ausgemachtEs scheint, daß sie sich dadurch ausmachen ließe, daß man schwaͤchere Bretter nimmt, oder naͤher an's Ziel tritt, so daß die Kugel das Brett durchschlagen muß; dann wird man sehen, ob das Loch rund oder laͤnglich ist, und die Kugel nach der Seite durch die Luft faͤhrt.A. d. U., besonders da ich fand, daß ich oͤfters das Ziel mit solchen Kugeln traf, als mit gewoͤhnlichen.

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Tafel Tab. II
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