Titel: | Ueber Rettungs-Anstalten bei Feuers-Gefahr. |
Fundstelle: | Band 33, Jahrgang 1829, Nr. XII., S. 44 |
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XII.
Ueber
Rettungs-Anstalten bei Feuers-Gefahr.
Mit einer Abbildung auf Tab. II.
Ueber Rettungs-Anstalten bei
Feuers-Gefahr.
Man kann nicht laͤugnen, daß es in England eben so viele
herzlich gute Menschen gibt, als die Polizei in diesem Lande
herzlich schlecht ist. Die vortreffliche humane Society, die so viele Hunderte seit einigen 50
Jahren rettete, die Gesellschaft zur Abstellung der Barbarei des
Schornsteinfegens mittelst KinderErst am 26. Maͤrz erstikte wieder ein armer Knabe
zwischen 7 und 8 Jahren in einem Schornsteine zu London.
Wir haben dieß Jahr schon sieben solche
Ungluͤksfaͤlle in London gezahlt in engl.
Blaͤttern. Wir haben neulich vorgeschlagen, die
Schornsteine bloß aus Roͤhren zu verfertigen, und
wir sehen unsern Vorschlag jezt in engl.
Blaͤttern (Mechan. Magaz.
N. 297. S. 151.) wiederholt., Capt. Manby's Anstalten, ja
sogar die Spitaͤler und uͤbrigen
Wohlthaͤtigkeits-Anstalten sind lediglich das Werk
der Privaten; die Polizei kuͤmmert sich nur insofern um
dieselben, als sie eine Finanz-Quelle fuͤr sie
werden. London hat nun durch Hrn. Hudson eine Privat-Anstalt zur Rettung des
Menschen-Lebens aus Feuers-Gefahr erhalten. Das
Mechanics' Magazine hat in einer
Reihe von Nummern die Rettungs-Apparate, die der
Gesellschaft zugeschikt wurden, bekannt gemacht; wir haben auf
dieselben hingewiesen, obschon wir keinen derselben empfehlen
konnten. Da aber die neueste Nummer dieser Zeitschrift (N. 297. 18. April, S. 146.) einen
Rettungs-Apparat liefert, „der nach der Ansicht
der ersten Kenner jeden anderen bisher gebrauchten
uͤbertrifft“ (in
the opinion of very good judges superior to any yet made
public), so wollen wir unseren Lesern diesen Apparat,
der eine Erfindung des Hrn. Wilkinson
ist, mittheilen, damit sie von diesem Apparate, als den besten,
auf die uͤbrigen schließen koͤnnen.
„A, Fig.
34. der unterste Theil dieses
Rettungs-Apparates, wird aus zolldiken Brettern
zusammengeschlagen, ungefaͤhr so, wie eine vierekige
Wasserkufe oder ein Schlauch. Er ist 20 Fuß hoch,
innenwendig 6 ZollSo heißt es im Original; nach der Zeichnung und nach
der Natur der Sache scheint es aber 6 Fuß heißen zu
muͤssen.A. d. U. weit, und an dem oberen und unteren Ende mit einem
starken eisernen Reifen versehen.
Bei 1 ist eine Walze angebracht im Holzwerke, uͤber
welche ein Seil E laͤuft,
das an dem Boden eines aͤhnlichen, innerhalb A befindlichen Schlauches B angebracht ist, wie die
punktirten Linien zeigen. Innerhalb B befindet sich wieder ein aͤhnlicher
Schlauch C, an dessen Boden bei
2 wieder auf eine aͤhnliche Weise ein Seil angebracht
ist, das uͤber eine Walze in dem Holzwerke von B laͤuft, und außen an
A bei Nr. 3. angeheftet ist.
Auf der Spize von C befindet
sich ein Krahnbalken, der in einem Nußgelenke beweglich und
an einem Ende mit einem Haken versehen ist, mittelst dessen
er an irgend einem Theile des in Flammen stehenden Hauses
gehoͤrig befestigt werden kann. DDD sind Stuͤzen,
um den Apparat gehoͤrig zu unterstuͤzen, wann
er in Thaͤtigkeit ist.“
„Die Art und Weise, wie dieser Apparat gebraucht wird,
laͤßt sich nun leicht begreifen. Wenn das Seil E gezogen wird, so hebt sich der
Schlauch B und aus diesem steigt
auf aͤhnliche Weise der Schlauch C empor, so daß man im
Augenblike eine Hoͤhe von 60 oder 70 Fuß erreicht, je
nachdem naͤmlich der Apparat eingerichtet ist. Bei
F ist an dem Seile E ein Querholz angebracht, das
man in das eine oder andere Paar der Augen aa
,
aa
,
aa einschieben kann,
wodurch man dann den Apparat nach Bedarf hoͤher oder
niedriger stellen kann. Bei ii sind zwei Doppelrollen angebracht, uͤber
welche die Strike laufen, an denen die Koͤrbe II aus grober Leinwand
sich befinden. In diesen Saͤken koͤnnen
Menschen und Guͤter mit aller Bequemlichkeit gerettet
werden, auch Menschen aufgezogen werden, um retten zu
helfen. kk sind Seile, die
unten an den Saͤken angebracht sind, um diese
noͤthigen Falles von den Flammen und aus dem Rauche
wegzuziehen. L ist ein
Leitungs-Seil, mittelst dessen der Krahnbalken in
jede verlangte Richtung gebracht werden kann.“
„Dieser Apparat kann von ein paar Maͤnnern
aufgerichtet und gehandhabt werden. Er sollte sich bei jeder
Feuersprize befinden, oder auf einem eigenen Wagen derselben
nachgefahren werden.“
So brauchbar uns die Idee dieses Apparates zu seyn scheint
(vielleicht tauschen wir uns, weil wir sie selbst bereits einige
Male schon mitgetheilt haben), so sehr fuͤrchten wir, daß
Maͤnner, die mit der Praxis beim Feuerloͤschen und
Retten aus den Flammen vertraut sind, das Mangelhafte an diesem
Apparate schon beim ersten Anblik so lebhaft fuͤhlen
werden, daß wir uns alle weitere Bemerkungen hieruͤber
ersparen koͤnnen. Die Idee, eine Art von Krahn hier
anzuwenden, und seinen huͤlfreichen Arm zum Fenster
hineinstreken zu lassen, ist indessen, so scheint es uns
wenigstens, zu schoͤn, als daß man sie aufgeben sollte.
Man muß sie verfolgen, und vielleicht laͤßt sich etwas
finden, was einfacher und leichter und schneller zu handhaben
ist, als diese vierekige Maschine. Es
waͤre z.B. schon dadurch gewonnen, wenn man diese
Schlaͤuche, Statt sie vierekig zu haben, dreiekig machte;
es waͤre groͤßere Leichtigkeit und
staͤrkere Festigkeit zugleich erreicht. Da ferner die
Staͤrke des dreiekigen Prisma nicht sowohl in den
Waͤnden desselben, als in den Kanten beruht, so scheint
es, daß ein solches Prisma, aus drei starken gesunden
dreizoͤlligen Baͤumen von 20 Fuß Hoͤhe und
6 Fuß Weite gebaut, leichter und starker und leichter Zu
handhaben waͤre. In dem untersten Prisma stekte ein
zweites und drittes, gerade so, wie an Wilkinson's Apparat, dessen Krahnbalken ganz so, wie
er ihn angab, beibehalten wuͤrde. Die Weise, die Prismen
aus einander, oder vielmehr uͤber einander, in die
Hoͤhe zu ziehen, koͤnnte dieselbe bleiben, nur
koͤnnten, zur Erleichterung der Bewegung, einige kleine
Reibungswalzen an der inneren Seite der Baͤume, die die
Scheitel der Winkel bilden, angebracht seyn. Es wuͤrde
sich auch hier leicht eine bessere Befestigung anbringen lassen,
da die Seiten des Prismas ohnedieß eine Verschraͤnkung
erhalten muͤßten, bei welcher die bekannte Form des Sir
Sepping wohl die beste und auch
die leichteste waͤre. Ueberdieß konnte in der Mitte eines
jeden oberen Querbalkens ein eiserner Ring angebracht seyn, in
welchen man, in dem Augenblike, wo die Prismen aus einander
gehoben oder gezogen wuͤrden, mit einem
gewoͤhnlichen starken Feuerhaken eingreifen, dadurch die
Bewegung nach aufwaͤrts erleichtern, und endlich auch die
ganze Saͤule stuͤzen koͤnnte, die auf diese
Weise 9 Stuͤzen erhielte, was mehr als genug
waͤre.
Fig. a) zeigt den Bau eines solchen
Prismas, an welchem die Verschraͤnkung der Deutlichkeit
wegen weggelassen ist. Diese Verschraͤnkung ist in Fig.
b) angedeutet, und in einer
Latte eingezapft, die auf die Baͤume ab, bc etc. aufgenagelt ist, damit
die Baͤume selbst durch keine Loͤcher leiden. Die
Baͤume sind uͤberdieß an den Eken a, b, c, d, wo sie in einander
eingezapft werden muͤssen, mit starken eisernen
Baͤndern beschlagen und uͤberdieß durch eiserne
Klammern ef verbunden. Bei g ist der eiserne Ring, in welchen
der Feuerhaken gebracht wird, der die Prismen stuͤzt.
Fig. c zeigt diese Haken hik mit den drei Prismen von
der Seite in der stuͤzenden Stellung.
Das einfachste und beste scheint uns jedoch immer ein fahrbarer
Krahn nach Art eines kolossalischen Meßtisches, der sich, wie
dieser, leicht auf seine drei Fuͤße stellen ließe, und
bei aller moͤglichen Leichtigkeit in der Handhabung die
gehoͤrige Festigkeit und Sicherheit gewaͤhrte. Auf
einen solchen Krahn, der, nach Bedarf, auf 50 bis 80 Fuß
Hoͤhe gestellt werden kann, sollte irgend eine
Gesellschaft oder eine Polizei-Behoͤrde einen
ansehnlichen Preis ausschreiben: des koͤnnte vielleicht
ein sinnreicher Zimmermann, der nicht lesen und nicht schreiben
kann, einen solchen Preis ehe gewinnen, als mancher feine
Mathematiker.
Daß die Seile und Materialien zu den Koͤrben entweder
durch gehoͤrige Beize unverbrennlich, oder wenigstens
nicht so leicht verbrennlich gemacht werden muͤßten, als
gewoͤhnlich; daß Eisen und Ketten hier besser sind, als
Holz und Hanf, ist offenbar; und ward, leider, bei dem lezten
Brande am Basar zu Paris erwiesen, wo der geschikteste und
beherzteste Retter in Feuersgefahr unter den Franzosen (die gute
Feuermaͤnner sind), wo der, der sich fruͤher schon
den Orden der Ehren-Legion durch seine
menschenfreundlichen Anstrengungen in Feuersnoth verdiente, ein
Opfer einer angebrannten Strikleiter wurde, und zwei Stokwerke
hoch herabfiel.
Ich kann hier eine Idee nicht unterdruͤken, die ich
laͤngere Zeit schon hatte, und die irgend ein
menschenfreundlicher Polizei-Commissaͤr in einer
deutschen Stadt wohl leicht wird pruͤfen koͤnnen. Ließen sich nicht drei
Feuerleitern, die oben mittelst eines gleichseitigen Dreiekes
aus starken eisernen Stangen, dessen Seiten um einige Zolle
laͤnger sind, als die Breite der Leitern, oben mittelst
Gewinden um diese drei eisernen Stangen so verbinden, daß sie
auf diese Weise ein dreifuͤßiges sicheres Gestell geben
konnten, auf welchem oben, im Mittelpunkte des Dreiekes, der
Querbalken des Krahnes sicher ruhen koͤnnte? Die,
fuͤr jeden Fall noͤthige, Hoͤhe des
Krahnbalkens ließe sich durch das Auseinanderdruͤken der
Leitern leicht geben. Die Leitern sind leicht transportabel,
denn sie bilden, zusammengelegt, nur ein dreiseitiges Prisma.
Soll ich Ihnen eine umstaͤndliche Zeichnung schiken, oder
glauben Sie, daß jeder Zimmermann mich ohnedieß versteh?