Titel: | Ueber die Anwendung der Kleie zur Buntbleiche, von Hrn. Koechlin-Schouch. |
Fundstelle: | Band 33, Jahrgang 1829, Nr. XL., S. 111 |
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XL.
Ueber die Anwendung der Kleie
zur Buntbleiche, von Hrn. Koechlin-Schouch.
Aus dem Bulletin de la Soc.
industr. de Mulhusen, 1829, N. 9, S.
277.
Koechlin-Schouch, uͤber die
Anwendung der Kleie.
Ich will hier die Resultate einiger Versuche anfuͤhren,
welche im Großen in der Absicht angestellt wurden, mehr
Regelmaͤßigkeit in die Anwendung der Kleie bei derjenigen
Operation zu bringen, welche man die Bunt- oder Schekenbleiche (debouillissage) oder die Passage nennt, und welche den Zwek hat, durch Sieden
in Kleienwasser die Faͤrbestoffe zu entfernen, welche die
nicht gebeizten Theile des Zeuges waͤhrend des
Ausfaͤrbens (in Krapp) angezogen haben, so wie auch die
falben Stoffe, welche die Farben der gebeizten Theile
beschmuzen.
Obgleich diese Operation allgemein uͤblich ist, so wird
sie doch nicht so oͤkonomisch als moͤglich
bewerkstelligt, und da uns heute zu Tage die Umstaͤnde
zwingen, auch die geringsten Ersparnisse aufzusuchen, so suchte
ich durch diese Versuche vorzuͤglich auszumitteln:
1) die Quantitaͤt der zum Auskochen einer gewissen Anzahl
Stuͤke erforderlichen Kleie;
2) die mittlere Dauer des Auskochens in Kleienwasser, wenn es
sich hauptsaͤchlich darum handelt, den weißen Grund zu
reinigen;
3) die zwekmaͤßigste Quantitaͤt Wasser zum
Auskochen einer gewissen Anzahl Stuͤke;
4) die vortheilhafteste Kleienart; ob diese die Weizens oder die
Roggen- oder die Gerstenkleie ist; ob es die feine Kleie
ist, welche mehr oder weniger Mehl enthaͤlt, oder die
grobe Kleie, welche fast gar kein Mehl mehr enthaͤlt;
5) welche Bestandtheile der Weizenkleie bei dem Auskochen
vorzuͤglich wirksam sind;
6) ob es vortheilhaft ist, die Kleie mit Seife zu vermengen u. f.
w.
Alle Passagen wurden in Kufen vorgenommen, die mit Dampf erhizt
wurden und deren Hohlraum 15 Hektoliter (1060 Wiener Maaß) betrug. Es wurden jedes Mal 10 Stuͤke mit einander in
einer Kufe ausgekocht und zu diesem Ende 10 bis 12 Hektoliter
siedendes Wasser in dieselbe gebrachtEin Hektoliter betraͤgt 70,669 Wiener Maaß oder
85,444 Berliner Quart.A. d. R..
Es wurden nur gut gebleichte Zeuge von derselben Sorte angewandt;
naͤmlich 3/4 breite Louisiana-Kattune von 75
Gaͤngen, die 25 bis 26 Ellen lang waren. Ihr Grund war
weiß, violett bedrukt und mit zwei Roth eingedrukt. Sie waren
zwei und eine halbe Stunde lang in Krapp ausgefaͤrbt und
zulezt noch fuͤnf Minuten lang im siedenden
Krapp-Bade behandelt worden.
Die angewandte grobe Kleie war so gereinigt, daß sie beinahe Zar
kein Mehl mehr enthielt.
Zu den vergleichenden Versuchen wurden die Stuͤke immer
durch dieselben Operationen vorbereitet, und da immer eine
Operation Einfluß auf die andere hat, so huͤtete man sich
wohl, die Stuͤke, welche zuerst durch das Kuhmistbad
genommen wurden, mit denjenigen zu vermengen, welche zulezt
hindurch genommen wurden, weil der weiße Grund dieser lezteren
sich oft bei dem Ausfaͤrben in Krapp starker
faͤrbt, besonders wenn die Zeuge nicht vollkommen
gebleicht worden sind.
Endlich wurden alle Versuche zwei Mal angestellt.
Erster Versuch.
Um das zwekmaͤßigste Verhaͤltniß von Kleie zu
bestimmen, machte man vier Passagen, jede mit zehn
Stuͤken, mit verschiedenen Quantitaͤten von Kleie,
und ließ das Kochen eine Stunde lang anhalten.
Die erste Passage wurde mit einem Scheffel oder 6 1/2 Kilogrammen
(13 Pfund) Weizenkleie gemacht;
die zweite Passage mit zwei Scheffel oder 13 1/2 Kilogrammen;
die dritte Passage mit vier Scheffel oder 26 Kilogrammen;
die vierte Passage wurde mit einem Wasser, ohne Kleie
vorgenommen.
Man bemerkte, daß das Weiß und die Farben der durch siedendes
Wasser hindurchgenommenen Stuͤke nicht merklich von den
faͤrbenden und falben Theilen gereinigt worden waren.
Die Stuͤke der ersten Passage waren nicht so weiß
geworden, wie sie gewoͤhnlich durch eine
Kleien-Passage werden.
Bei den Stuͤken der zweiten Passage waren das Weiß und die
Farben von derselben Beschaffenheit, wie bei gut gebleichten,
aus der ersten Kleien-Passage herauskommenden Zeugen.
Bei den Stuͤken der dritten Passage war das Weiß etwas
reiner, als bei denjenigen der zweiten Passage, aber dieser
Unterschied war nicht sehr auffallend. Es geht also
aus diesen Versuchen hervor, daß zwei Scheffel Kleie fuͤr
die Passage ziemlich das beste Verhaͤltniß sind.
Zweiter Versuch.
Diese vierzig Stuͤke von dem ersten Versuche, welche in
reinem Wasser und Kleienwasser ausgekocht worden waren, wurden
genau mit einander vermengt, worauf ich sie durch ein Seifenbad
durchnahm, um zu erfahren, wie die in verschiedenen
Verhaͤltnissen angewandte Seife auf Zeuge wirkt, welche
durch verschiedene Quantitaͤten von Kleie gereinigt
worden sind, und um durch diesen Versuch zugleich die zu einer
Passage erforderliche Quantitaͤt von Seife zu
bestimmen.
Zur ersten Passage, von zehn Stuͤken, wurde Ein Pfund
weiße Marseiller Seife genommen;
zur zweiten Passage, zwei Pfund Seife;
zur dritten Passage, drei Pfund Seife;
zur vierten Passage, vier Pfund Seife.
Man ließ jedes Mal eine Stunde lang kochen.
Dadurch ergab sich, daß Ein Pfund Seife nur schwach auf den
weißen Grund wirkt, besonders bei solchen Stuͤken, welche
vorlaͤufig nur durch siedendes Wasser oder durch Einen
Scheffel Kleie genommen worden sind.
Bei den Stuͤken der zweiten Passage waren das Weiß und die
Farben zwar reiner, aber doch noch nicht so rein, wie sie durch
eine Seifen-Passage werden muͤssen, besonders bei
Stuͤken, welche in reinem Wasser und bei solchen, welche
in einem Scheffel Kleie ausgekocht worden sind.
Die Stuͤke der dritten Passage waren schon hinreichend
weiß und die Wirkung der Seife zeigte sich bei ihnen nach dem
Aviviren der rothen und lilas Farben, besonders aber bei den in
Wasser und bei den in Einem Scheffel Kleie ausgekochten
Stuͤken.
Die Stuͤke der vierten Passage zeigten sich wenig von
denen der dritten Passage verschieden, nur schienen die rothen
Farben mehr geschoͤnt zu seyn; mehr als drei Pfund Seife
anzuwenden, waͤre also nur in dem Falle vorteilhaft, wenn
man das Schoͤnen der rothen Farben beschleunigen wollte,
oder wenn bei schlecht gebleichten Zeugen das Weiß nach dem
Ausfaͤrben in Krapp zu schmuzig waͤre.
Dritter Versuch.
Um sich zu versichern, ob man ohne Nachtheil in demselben
Kleienwasser zwei Passagen vornehmen kann, in dem man bloß Kleie
nach der ersten Passage zusezt, wodurch man an Brennmaterial und
Zeit ersparen wuͤrde, nahm man zehn Stuͤke durch
zwei Scheffel Kleie hindurch, sezte dann zwei Scheffel Kleie zu,
und nahm noch zehn Stuͤke auf dieselbe Art hindurch.
Es zeigte sich, daß das Weiß der Stuͤke von der zweiten
Passage nicht so vollkommen war, wie das der Stuͤke von
der ersten Passage, aber die Farben schienen bei beiden wenig
verschieden: diese Methode koͤnnte also nur bei
Stuͤken von gewoͤhnlichem Druk mit Vortheil
angewandt werden.
Ein anderer Versuch wurde in der Absicht angestellt, das kochende
Kleienwasser, welches schon gedient hat, zu benuzen. Nachdem man
die Stuͤke herausgenommen haͤtte, sezte man zwei
bis drei Pfund Chlorkalk-Aufloͤsung zu, um die
Farbestoffe, womit sich das Wasser und der rindenartige Theil
der Kleie beladen hatten, zu zersezen, worauf man zwei Scheffel
Kleie zusezte und noch zehn Stuͤke durchnahm; obgleich
aber die Fluͤssigkeit entfaͤrbt war u.s.w., zeigte
sich doch das Weiß der Stuͤke von dieser zweiten Passage
nicht so vollkommen, wie das der zuerst durchgenommenen.
Vierter Versuch.
Um die Dauer des Kochens zu bestimmen, welche bei einer Reinigung
in Kleienwasser erforderlich ist, damit nicht nur der weiße
Grund entfaͤrbt wird, sondern auch die Farben
geschoͤnt werden, machte man drei Passagen, jede von zehn
Stuͤken, mit gleichen Quantitaͤten Kleie.
Bei der ersten Passage, mit zwei Scheffel Kleie, ließ man das
Kochen fuͤnfzehn Minuten lang dauern;
bei der zweiten Passage, mit zwei Scheffel Kleie, ließ man die
Fluͤssigkeit dreißig Minuten kochen;
bei der dritten Passage, mit zwei Scheffel Kleie, sechzig
Minuten.
Es zeigte sich, daß ein fuͤnfzehn Minuten lang anhaltendes
Kochen hinreichend ist, wenn man hauptsaͤchlich den
weißen Grund zu reinigen beabsichtigt, in gewissen
Faͤllen aber ist ein dreißig Minuten dauerndes Kochen
noͤthig, um die Farben zu schoͤnen: zwischen den
Stuͤken der beiden lezteren Passagen bemerkte man keinen
Unterschied.
Wenn man durch einen groͤßeren Zusaz von Kleie die Dauer
des Kochens sehr abkuͤrzen koͤnnte, so
waͤre dieß eine Ersparniß; denn zu einer Passage von zehn
Stuͤken, die man in einer durch Dampf erhizten Kufe
vornimmt, sind ungefaͤhr 50 Kilogrammen gute Steinkohle
erforderlich, die 2 Fr. 50 Ct. bis 3 Fr. kosten, waͤhrend
zwei Scheffel Kleie nur 1 Fr. kosten.
Fuͤnfter Versuch.
Um die zu einer Passage von zehn Stuͤken erforderliche
Quantitaͤt Wasser zu bestimmen, machte man zwei Passagen,
jede von zehn Stuͤken, mit zwei Scheffel Kleie, und ließ
bei jeder die Fluͤssigkeit eine halbe Stunde lang kochen:
zur ersten Passage nahm man 12 Hektoliter Wasser, also die
gewoͤhnliche Quantitaͤt; und zur zweiten Passage 6
Hektoliter Wasser.
Der weiße Grund war bei den Stuͤken beider Passagen nicht
merklich verschieden und der Unterschied war
vielmehr zu Gunsten der großen Masse Wasser; doch schienen die
Farben bei wenig Wasser etwas besser geschoͤnt, und da
man durch Verminderung der Wassermenge viel Brennmaterial
erspart, so koͤnnte man dieses Verfahren ohne Nachtheil
anwendenIn den Faͤrbereien, namentlich in den
Baumwollenwaaren-Faͤrbereien wird in der
Regel sowohl beim Faͤrben als auch bei den
Vor- und Nacharbeiten der Baumwollenfabrikate in
den meisten Operationen viel zu viel Fluͤssigkeit
in Anwendung gebracht, und gerade in diesem Zweige klebt
man dem lieben alten Herkommen noch so fest an, daß man
mit vollem Rechte sagen kann, daß diese
Faͤrbungsweise, namentlich das
Krappfaͤrben sich noch gleichsam in der Kindheit
befindet, und dabei an die Haͤlfte wo nicht noch
mehr Krapp ganz uͤberfluͤssig in Anwendung
kommt, wie uns davon unsere Untersuchungen in der
Wollen- und Baumwollenfaͤrberei sattsam
uͤberzeugt haben. In unserer Kattundrukerei sind
beim Krappfaͤrben die Vorarbeiten,
naͤmlich das Troknen der mit Mordant bedrukten
Callicos, das Aussieden und Walken ganz beseitigt, und
es werden die mit Mordant gedrukten Callicos gleichsam
vom Druktisch weg in den Kessel zum unmittelbaren
Ausfaͤrben gebracht. Zum Vordruk wird nur ein
schwacher Mordant (5 Grade nach Beck = 1,035 spez.
Gewicht) angewendet, und in einem Kessel, in dem man in
anderen Fabriken hoͤchstens 12 Stuͤke
faͤrbt, werden deren 30 bis 32 Stuͤke auf
ein Mal ausgefaͤrbt, wo bei sehr reichhaltigen
Dessins auf ein Stuͤk Callico von 44 brab. Ellen
Laͤnge und 7/8 Ellen Breite zu einem
kraͤftigen Roth nicht mehr als Ein Pfund Krapp erforderlich
ist.A. d. R..
Sechster Versuch.
Um sich zu versichern, ob die feine Kleie, welche mehr oder
weniger Mehl enthaͤlt, vorteilhafter als die grobe Kleie
ist, und ob dieses Mehl zum Theil als Reinigungsmittel dient,
machte man die drei folgenden Passagen:
Die erste Passage mit zwei Scheffel grober (von Mehl gut
gereinigter) Kleie;
die zweite Passage mit zwei Scheffel feiner, viel Mehl
enthaltender Kleie;
die dritte Passage mit einem Scheffel feiner Kleie und vier Pfund
Mehl.
Man erhielt bei allen drei Passagen die Fluͤssigkeit
dreißig Minuten lang im Kochen.
Man fand, daß der weiße Grund der durch grobe Kleie
hindurchgenommenen Stuͤke reiner als bei den
Stuͤken der anderen Passagen war; denn das Weiß war bei
den durch feine Kleie und Mehl genommenen Stuͤken viel
weniger gereinigt, als bei den durch grobe Kleie genommenen.
Die feine Kleie waͤre also nur zu den Passagen der
haarigen Zeuge u. f. w. empfehlenswerth, an welche sich die
grobe Kleie anlegt und dann schwer durch Walken wieder beseitigt
werden kann.
Mehrere im Kleinen angestellte Versuche bestaͤtigten es
ebenfalls, daß das Mehl zur Reinigung der Zeuge, ganz und gar
nichts beitraͤgt. Man gibt also ohne gegruͤndete
Ursache im Allgemeinen der feinen und mehligen Kleie den Vorzug;
ihr Gebrauch ist mit einem doppelten Verlust verbunden;
erstens ist sie theurer und zweitens nimmt sie, bei gleichem
Gewichte, einen viel kleineren Raum ein, als die gereinigte
Kleie.
Siebenter Versuch.
Um zu erfahren, in wie fern sich in der Praxis die Kleien von
verschiedenen Getreidearten als Reinigungsmittel unterscheiden,
machte man die drei folgenden Passagen:
Die erste Passage mit zwei Scheffel Weizenkleie;
die zweite Passage mit zwei Scheffel Roggenkleie;
die dritte Passage mit zwei Scheffel Gerstenkleie.
Bei allen drei Passagen wurde die Fluͤssigkeit eine Stunde
lang im Sieden erhalten.
Der weiße Grund der durch Weizenkleie genommenen Stuͤke
war viel reiner als derjenige der anderen Passagen; die
Roggenkleie haͤtte noch ziemlich gut gewirkt, aber die
durch Gerstenkleie genommenen Stuͤke waren fast gar nicht
gereinigt.
Achter Versuch.
Um sich zu versichern, ob es vorteilhaft ist, ein Gemenge von
Seife und Kleie anzuwenden, nahm man zehn Stuͤke durch
zwei Pfund weiße Marseiller Seife und zwei Scheffel Kleie und
ließ die Fluͤssigkeit eine Stunde lang kochen.
Deßgleichen nahm man zehn Stuͤke durch drei Pfund Seife
allein.
Das Weiß war bei der mit Seife und Kleie gemachten Passage
wirklich etwas besser entwikelt, als bei der mit Seife allein
vorgenommenen; aber die Farben schienen bei beiden wenig
verschieden und der Unterschied im Weiß war nicht so
betraͤchtlich, daß man ein solches, uͤbrigens
kostspieligeres, Gemenge vorziehen duͤrfte, es sey denn,
daß die Beschaffenheit des Druks es erheischt oder das Wasser,
welches man gebraucht, viel erdiges Salz oder andere fremdartige
Substanzen enthaͤlt: in diesem Falle ist es
zwekmaͤßig, vorlaͤufig das Wasser mit der Kleie zu
kochen und selbst etwas Potasche zuzusezen, um einen Theil der
Kalksalze zu faͤllen, und hierauf bloß die Seife
zuzusezen.
Neunter Versuch.
Dieser Versuch wurde in der Absicht angestellt, zu erforschen,
auf welche Art die Kleie als Reinigungsmittel wirkt; ob das
Hautchen, welches das Sazmehl umhuͤllt, oder der
schleimartige und mehlige, in siedendem Wasser
aufloͤsliche, Theil fuͤr sich die Eigenschaft hat,
die faͤrbenden und falben Substanzen, welche nicht innig
mit dem Zeuge verbunden sind, auszuziehen, oder ob bloß beide
zusammengenommen dieses bewirken koͤnnen.
Man kochte vier Scheffel Kleie mit der noͤthigen Menge
Wasser zwei Mal in derselben Kufe, welche zu den Passagen
gebraucht wird, jedes Mal zwei Stunden lang aus; der
Absud wurde durch eine grobe Leinewand in eine andere Kufe
abfiltrirt, um die rindenartigen Theile davon zu trennen, welche
man sodann wieder in die Kufe zuruͤkbrachte, worin man
sie mit der zu einer Passage erforderlichen Quantitaͤt
Wassers uͤbergoß; lezteres wurde dann eine Stunde lang im
Sieden erhalten und waͤhrend dieser Zeit zehn
Stuͤke hindurchgenommen; die beiden Absude wurden
vereinigt, zum Sieden erhizt, und ebenfalls zehn Stuͤke
eine Stunde lang hindurchgenommen.
Das Weiß derjenigen Stuͤke, welche die Passage mit dem
Ruͤkstand erhalten hatten, war nur schwach gereinigt und
haͤtte einen Stich ins Rosenrothe. Das Weiß der durch den
filtrirten Absud genommenen Stuͤke hingegen war reiner
und hatte eher einen Stich ins Gelbliche; es war jedoch bei
beiden Passagen lange nicht so rein, wie es bei den auf
gewoͤhnliche Weise durch zwei Scheffel Kleie genommenen
Stuͤken ist; hieraus kann man also schließen, daß sowohl
die aufloͤslichen als die unaufloͤslichen Theile
der Kleie zur Erzielung eines guten Resultates erforderlich
sind, was zu der Vermuthung fuͤhrt, daß das
Haͤutchen der Kleie sich mit einem Theile der in dem
Kleienabsud aufgeloͤsten Farbestoffe verbindet.
Freilich wurden diese Versuche nicht mit aller erforderlichen
Genauigkeit angestellt; sie wurden auch im Kleinen wiederholt,
immer in der Absicht, zu bestimmen, welche Bestandtheile der
Kleie hauptsaͤchlich als Reinigungsmittel wirken: zu
diesem Ende kochte man die Kleie drei Mal aus, filtrirte alle
drei Absuͤde zusammen durch Leinewand und kochte dann ein
mit Krapp gefaͤrbtes Muster darin aus; nach dreißig
Minuten langem Sieden war jedoch das Weiß erst zur
Haͤlfte entfaͤrbt; man kochte auch ein Muster mit
dem Ruͤkstand oder den unaufloͤslichen Theilen der
Kleie aus; nach dreißig Minuten anhaltendem Sieden war jedoch
der weiße Grund nicht mehr veraͤndert, als wenn man das
Muster in reinem Wasser ausgekocht haͤtte.
Ein drittes Muster, welches durch gewoͤhnliches
Kleienwasser genommen wurde, war nach fuͤnfzehn Minuten
anhaltendem Kochen weiß.
Ein viertes Muster, welches durch (vorlaͤufig
ausgewaschene) Staͤrke genommen wurde, war nach dreißig
Minuten anhaltendem Kochen nicht weißer, als ein gleiches, in
reinem Wasser ausgekochtes Muster.
Ein fuͤnftes Muster zeigte sich, nachdem es dreißig
Minuten lang in Weizenmehl ausgekocht worden war, nicht merklich
gebleichtBehufs dieser Versuche wurde ein in Krapp
ausgefaͤrbter Zeug in fuͤnf Theile
getheilt.A. d. O..
Es ist durch diese Versuche erwiesen, daß die ganze Kleie
wirksamer ist, als jeder ihrer Bestandtheile fuͤr sich,
und daß das Mehl und das Amilum unnuͤz sind.
Anders verhaͤlt es sich mit der schleimartigen Substanz,
welche ein Drittel vom Gewichte der Kleie ausmacht und die mit
Huͤlfe der unaufloͤslichen Theile folgendermaßen
zu wirken scheint: in dem Maße, als der schleimartige Absud die
Faͤrbestoffe und falben Theile aufloͤst,
bemaͤchtigt sich das Hautchen derselben zum TheilIch machte auf folgende Art eine unvollstaͤndige
Analyse der Weizenkleie:Ein Pfund Weizenkleie wurde oͤfters mit Wasser
ausgekocht: die Absuͤde wurden vereinigt und
durch Leinewand filtrirt; beim Erkalten sezten sie eine
geringe Menge einer graulichen Substanz ab, von welcher
die Fluͤssigkeit abgegossen wurde; der klare
Absud wurde zur Trokniß verdunstet und gab:Vier Unzen einer braͤunlichen bruͤchigen
Substanz, welche hauptsaͤchlich aus Schleim und
ein wenig Kleber und Sazmehl bestand.Eine halbe Unze grauen Ruͤkstand, der sich beim
Erkalten des Absudes abgesezt hatte.Neun Unzen rindige Theile der Kleie.Zwei und eine halbe Unze Verlust, worin auch das
hygrometrische Wasser der Kleie begriffen ist.A. d. O..
Man troknete den Ruͤkstand einer Kleie, welche schon zu
einer Passage von Stuͤken mit weißem Grunde gedient
haͤtte, aus, um auszumitteln, ob er viele
faͤrbende Theile enthaͤlt; eben so troknete man
Kleie aus, welche zu zwei Passagen fuͤr Stuͤke mit
farbigem Grunde gedient haͤtte; als man aber jenen und
diese mit alkalischem Wasser behandelte, waren die
Aufloͤsungen ziemlich gleich stark gefaͤrbt. Die
Wirkungsart der Seife, als Reinigungsmittel bei den Passagen,
scheint leichter erklaͤrt werden zu koͤnnen, als
diejenige der Kleie; denn erstens hat die alkalische Substanz
die Eigenschaft, die Faͤrbestoffe aufzuloͤsen, und
zweitens hat der oͤhlartige oder fette Bestandtheil eine
sehr große Verwandtschaft zu den Pigmenten, womit er eine
unaufloͤsliche Verbindung eingeht und die er also
niederschlaͤgt, waͤhrend er zugleich den Glanz
derjenigen Farbestoffe, welche inniger mit dem Zeuge verbunden
sind, erhoͤht.
Bemerkungen.
Da ich durch diese Versuche bloß das wohlfeilste Verfahren bei
Anwendung der Kleie ausmitteln wollte, so haͤtte ich
nicht noͤthig, ausfuͤhrlich von den Passagen und
dem Aviviren aller Arten von Druk zu handeln, die fast in jeder
Fabrik auf eine verschiedene Weise ausgefuͤhrt und nach
der Localitaͤt, dem Wasser, der Art des Druks, der feinen
oder gewoͤhnlichen Waare, der Jahreszeit und dem Klima
abgeaͤndert werden.
Ich habe bloß zu bemerken, daß man der Kleie ganz und gar,
besonders bei den Krappfarben, entbehren kann, wenn das Wasser
keine erdigen Salze enthaͤlt: es gibt Fabriken, welche
zum Bleichen des Grundes und zum Aviviren der Farben mit sehr
gutem Erfolg die Zeuge bloß in eine mit lauwarmem Wasser
verduͤnnte Aufloͤsung von Chlorkalk
oder ChlorkaliWirksamer noch Chlor-Natron.A. d. R. eintauchen und darauf eine Passage mit Seife folgen
lassen.
Wenn man hauptsaͤchlich den Grund eines in Krapp
ausgefaͤrbten Stuͤkes zu bleichen, und nicht auch
die rothen Farben zu schoͤnen beabsichtigt, so sind die
Passagen mit Kleie sehr zwekmaͤßig und wohlfeiler als
diejenigen mit Seife, besonders wenn der rothe und falbe
Farbestoff, welche sich auf dem weißen Grund waͤhrend des
Ausfaͤrbens befestigen, in dem siedenden Krappbade keine
zu große Festigkeit erhalten haben.
Die Passagen mit Kleienwasser bieten hinsichtlich der Ersparniß
groͤßeren Vortheil dar, als diejenigen mit Seife. Der
mittlere Preis der Kleie ist im Elsaß 3 Fr. 50 Ct. bis 4 Fr.
fuͤr 50 Kilogrammen; zu einer Passage von 10
Stuͤken von 25 Ellen braucht man 12 1/2 Kilogrammen oder
zwei Scheffel Kleie, welche nur 1 Fr. kosten. Der Preis der
weißen Marseiller Seife ist ungefaͤhr 60 Fr. fuͤr
50 Kilogr., 60 Ct. das halbe Kilogr.; um dieselbe Anzahl
Stuͤke mit Erfolg durch Seife zu reinigen, braucht man
drei bis vier Pfund davon; hiernach wuͤrde diese Passage
auf 1 Fr. 80 Ct. bis 2 Fr. zu stehen kommen; die Seife wirkt
jedoch besser als die Kleie, besonders wenn man in gewissen
Faͤllen, wobei Ersparniß nicht unumgaͤnglich
noͤthig ist und wo es hauptsaͤchlich auf die
Erzielung eines lebhaften Roths und eines schoͤnen Weiß
ankommt, eine groͤßere Quantitaͤt davon
anwendet.
Es ist noch zu bemerken, daß mehrere Farben eine Passage mit
Kleienwasser bei hoher Temperatur nicht nothwendig erheischen
oder nicht ohne Nachtheil ertragen, und daß in diesem Falle zur
Reinigung des weißen Grundes kein anderes Mittel uͤbrig
bleibt, als sie einige Minuten in dem Kleienbad zu lassen; dann
muß man aber immer die Kleie zuvor mit wenig Wasser kochen
lassen, worauf man die Temperatur durch Zusaz von kaltem Wasser
erniedrigt: auf diese Art macht man die Passage fuͤr das
Weiß nach dem Ausfaͤrben in Quercitron und einigen
anderen Farbebaͤdern.
Die in Wau gefaͤrbten Stuͤke, und die in Krapp
geroͤtheten Farben, die braunen Farben u.s.w. nimmt man
durch ein fast siedendheißes Kleienwasser, aber so, daß man nur
ein oder zwei Stuͤke auf einmal in demselben herumhaspelt
und sie nicht laͤnger darin verweilen laͤßt, als
es zur Entfaͤrbung des weißen Grundes noͤthig
ist.
Man kann bei mehreren Pigmenten, besonders aber bei dem Krapp,
die Bemerkung machen, daß, je mehr die Temperatur
waͤhrend des Ausfaͤrbens erhoͤht und je
laͤnger sie unterhalten wurde, desto staͤrker auch
die Faͤrbestoffe und fremdartigen Substanzen, welche sich
auf den nicht gebeizten Theil des Zeuges werfen, befestigt
werden, und dann eine um so hoͤhere Temperatur erfordern,
um durch die Passagen ausgezogen zu werden; wenn man z.B. in
einem kochenden Krappbade gefaͤrbt hat, so wuͤrde
man umsonst zur Passage ein Kleienwasser von 50° C.
(40° R.) anwenden.
Man machte eine Passage von zehn Stuͤken, welche beim
Ausfaͤrben fuͤnf Minuten lang im siedenden
Krappbade gelassen worden waren, und um zu erfahren, bei welchem
Temperaturgrade das Kleienwasser zu wirken anfaͤngt,
brachte man sie in ein Kleienwasser von 30° C.
(24° R. und erhoͤhte dessen Temperatur dann
allmaͤhlich bis zum Kochen; man fand, daß das
Kleienwasser erst bei 50° C. (40° R.) merklich auf
das Weiß zu wirken anfing und bis zum Siedepunkt immer wirksamer
wurde. (Es ist zu bemerken, daß die Kleie dem Wasser bei
30° C. (24° R.) zugesezt wurde, ohne daß sie zuvor
gekocht worden war.)
In mehreren Gegenden, wo die Kleie selten ist, ersezt man sie
durch Kuhmist: man faͤngt damit an, die Stuͤke,
wenn sie aus dem Krappbade kommen, einige Tage lang auf dem
Bleichplan auszulegen, worauf man sie in einen Absud von Kuhmist
auskochtBei diesem Anlasse verweisen wir auf Kurrer's Abhandlung
uͤber die Buntbleiche im Polytechnischen Journale
Bd. VIII. S.
169.A. d. R..
Als man mit Krapp gefaͤrbte Muster in einem Digestor
(Papinian'schen Topf) bei hohem Druk in Kleienwasser auskochte,
wurde der weiße Grund vollkommen weiß und die
Fluͤssigkeit war ganz und gar nicht gefaͤrbt; die
violetten Farben waren graulichblau geworden, ohne daß sie an
Intensitaͤt verloren hatten.