Titel: | Ueber Drathbrüken. |
Fundstelle: | Band 33, Jahrgang 1829, Nr. LII., S. 161 |
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LII.
Ueber Drathbruͤken.
Nach dem Recueil agronomique de la
Société des Sciences et Belles-Letres de
Tarn et Garonne. Im Bulletin des Sciences technol.
April 1829. S. 344.
Mit Abbildungen auf Tab. V.
[Ueber Drathbruͤken.]
Hr. Prosper Debia schlaͤgt hier
ein neues System solcher Haͤngebruͤken vor, die er
unterspannte Bruͤken nennt
(ponts sou-tendus). Sie
dienen nur fuͤr Fußgeher, als sogenannte Stege, und
bestehen aus einem gekruͤmmten Brette, das mit seiner
gewoͤlbten Oberflaͤche nach oben gekehrt ist. An
den beiden Enden dieses Brettes sind Eisendrathe angebracht, die
unter demselben hinlaufen, und sich natuͤrlich in gerader
Linie spannen wuͤrden, wenn man sie nicht durch Spreizen
von dem Brette entfernt hielte. Hierdurch entsteht nun die Form
in Fig.
20. Wenn diese Vorrichtung in A und B gestuͤzt
wird, so ist sie im Stande eine gewisse Last zu tragen, welche
dann auf dem oberen Theile AMB
einen gewissen Druk erzeugen wird, und an dem unteren ANB eine gewisse Spannung. Man
koͤnnte die Vorrichtung auch so treffen, daß AMB gerade, und ANB krumm waͤre; oder
so, daß ANB gerade
waͤre, und AMB allein
krumm. Im ersten Falle muͤßte man AMB viel staͤrker
machen, damit es dem Druke widerstehen koͤnnte. Der
Vortheil bei einer auf diese Weise erbauten Bruͤke ist
dieser, daß sie lediglich auf ihren Widerlagen an beiden Ufern
ruht, ohne dieselben nach außen zu druͤken, oder nach
innen zu ziehen.
Die Grundsaͤze, auf welchen diese Vorrichtung beruht, sind
laͤngst bekannt. Sie bilden die sogenannten gespreizten
Balken (poutres armées), d.h.
befestigten Balken, diese moͤgen nun oben durch Stuͤke
gestuͤzt werden, die im Stande sind dem Druke zu
widerstehen, oder unten durch
Stuͤke, die der Spannung zu widerstehen vermoͤgen.
Was die Anwendung dieses Grundsazes auf den Bau großer
Bruͤken betrifft, so hat man die Vorrichtung in Fig. 21. oͤfters benuͤzt, wo der
Spannriegel gerade ist: die beruͤhmte Bruͤke zu
Schafhausen ist das groͤßte Beispiel dieser Art. Man hat
aber bisher die in Fig.
22 dargestellte Vorrichtung, wo das gedruͤkte
Stuͤk gerade ist, noch nirgendwo im Großen
ausgefuͤhrt. Es ist auch wirklich leicht begreiflich, daß
es sehr schwer seyn muß ein langes Stuͤk Holz so
vorzurichten, daß es einem bedeutenden Laͤngendruke zu
widerstehen vermag; sobald sich dieses Stuͤk nach
abwaͤrts kruͤmmt (ein Umstand, der vielleicht
nicht zu vermeiden ist), wird diese
Kruͤmmung immer groͤßer und groͤßer werden,
und das ganze Gebaͤude einstuͤrzen machen. Es ist
sein Zweifel, daß dieser Bau desto fester wird, je mehr er sich
von der in Fig.
22. gegebenen Vorrichtung entfernt, und jener in Fig. 21. sich naͤhert. Man wird also, wenn man
Holz und Drath zu einer Bruͤke verwenden will, die ihre
Widerlagen weder schiebt, noch auf dieselben druͤkt, sich
an diese leztere Vorrichtung halten muͤssen, die
zuverlaͤssig die sicherste und die wohlfeilste ist. Es
wird aber, im Allgemeinen, noch wohlfeiler kommen, wenn man den
Widerlagen eine solche Staͤrke gibt, daß sie den Druk des
hoͤlzernen Bogens aushalten koͤnnen, als wenn man
Eisendrath zu diesem Ende anwendet.