Titel: | Ueber die Fabrikation des Runkelrübenzukers von Hrn. Dubrunfaut. |
Fundstelle: | Band 33, Jahrgang 1829, Nr. LVI., S. 170 |
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LVI.
Ueber die Fabrikation des
Runkelruͤbenzukers von Hrn. Dubrunfaut.
Aus dem Industriel.
April 1829, S. 589 und Mai S. 637.
Dubrunfaut, uͤber die Fabrikation des
Runkelruͤbenzukers.
Die Abhandlung, welche ich im J. 1827 im December-Hefte
des Industriel bekannt machteMan vergl. pol. Journ. Bd.
XXVIII. S. 302.A. d. Red., haͤtte zum Zwek, die Fortschritte auseinander zu
sezen, welche die Fabrikation des inlaͤndischen Zukers
seit der Bekanntmachung meiner im J. 1825 uͤber diesen
Gegenstand angestellten technischen Arbeit, gemacht
haͤtte. Seit dem Druk meiner lezten Abhandlung ist kaum
ein Jahr verflossen und ich sehe mich jezt schon
genoͤthigt, neuerdings eine solche abzufassen, um es
unseren Lesern moͤglich zu machen, gleichen Schritt mit
dem Gang dieser Industrie zu halten, welche taͤglich sich
vervollkommnet und ihre Erfahrungen mit neuen Thatsachen
bereichert. Das verflossene Jahr war in der That fuͤr
diese neue Industrie außerordentlich wichtig, sowohl wegen der
zahlreichen Versuche, welche darin angestellt wurden, als auch
wegen der neuen Bereicherungen, die sie daraus zog, insbesondere
aber wegen der groͤßeren Aufmerksamkeit, welche sie
sowohl durch ihren Aufschwung als auch durch die Nachforschungen
eines mit den Interessen der Industrie und des Handels
beauftragten hohen Rathes, auf sich zog.
Die von diesem hohen Rache gesammelten Nachrichten wurden in
gedraͤngter Zusammenstellung in sehr vielen Tagesblattern
bekannt gemacht, und da sie erwiesen, daß die Mitglieder der
Commission sich von dem wirklichen Daseyn der
Runkelruͤbenzuker-Industrie uͤberzeugt
hatten, so uͤberzeugten sie davon auch sehr viele andere
Personen, welche geneigt waren, in die in anderer Gestalt
bekannt gemachten Nachrichten Mißtrauen zu sezen. Zu diesem
gluͤklichen Einfluͤsse, welchen die Arbeit der
Untersuchungs-Commission bereits auf die
Runkelruͤbenzuker-Industrie geaͤußert hat,
kommt nun noch jener nicht weniger fruchtbare, welchen die
officielle Bekanntmachung ihrer Arbeit hervorbringen wird. Ich
weiß in der That, daß der Minister des Handels,
uͤberzeugt von den Vortheilen, welche die
Runkelruͤbenzuker-Fabriken, als
landwirthschaftliche Manufakturen betrachtet, darbieten, ihren
Aufschwung und ihre Verbreitung mit aller Macht, welche ein
loyaler Minister anwenden kann, beguͤnstigen will. Ich
weiß, sage ich, daß der Minister von demjenigen Theil der von
der Commission gelieferten Arbeit, welcher sich auf die
Runkelruͤbenzuker-Fabrikation bezieht, eine große
Menge Exemplare druken und uͤber ganz Franke reich
verbreiten lassen will. Aus dieser Arbeit werden Thatsachen
hervorgehen, deren Kenntniß fuͤr diese neue Industrie
außerordentlich wichtig ist; in der That werden die Unternehmer
daraus ersehen, daß die Regierung, in dem sie auf eine eben so
freimuͤthige als kluge Weise das Princip des freien
Handels annimmt, geneigt ist, den Zoll auf auslaͤndischen
Zuker herabzusezen, aber daß diese langsame und
allmaͤhliche Reduction, die Beduͤrfnisse der
Zukerfabriken unserer Colonien so wie der inlaͤndischen
gleichmaͤßig beruͤksichtigend, von der Art seyn
wird, daß sie nur sehr geringen Einfluß auf den Curs der
Urstoffe ausuͤben wird, dessen Wandelbarkeit sie im
Gegentheil beseitigen muß, weil sie oft dem Producenten nicht
weniger laͤstig als dem Kaͤufer ist. Sie werden
daraus auch ersehen, daß die
Runkelruͤbenzuker-Fabrikation ihrer Natur nach
keine erkuͤnstelte Industrie ist, welche die Regierung zu
erloͤschen suchen muß, sondern gerade im Gegentheil eine
reelle Industrie, welche nur Zeit bedarf, um vorteilhaft gegen
die Productionen der Indier ringen zu koͤnnen, und welche
folglich verdient, von ihr ganz beherzigt zu werdenIch weiß, daß gewisse Fabrikanten, welche eben so
unbillig, als mir ungeneigt sind, mich als den einzigen
Veranlasser der gesezlichen Anordnungen, womit uns die
Arbeit der Untersuchungs-Commission bedroht,
darzustellen beliebten. Sie stellen die Reduction des
auf den auslaͤndischen Zuker gelegten Zolles als
den Ruin der Runkelruͤbenzuker-Industrie
dar und geben meinen Schriften Schuld, dieselbe
veranlaßt zu haben, in dem ich den Ertrag dieser
Industrie in einem zu vortheilhaften Lichte dargestellt
haͤtte; daher kommen die vielen
Verlaͤumdungen, welche man uͤber mich in
dem Publikum zu verbreiten suchte. Ich will, wenn man es
so verlangt, diesen unbilligen Tadel annehmen und an
Statt die von mir bekannt gemachten Aufsaͤze,
welche zugleich mit dem Einfluß des Beispiels und den
von einigen Fabrikanten gegebenen Rathschlaͤgen,
die Errichtung des groͤßten Theiles unserer
Fabriken veranlaßt haben, zu widerrufen, will ich sagen,
daß, wenn ich uͤber den Runkelruͤbenzuker
neuerdings meine Ansichten mittheilen muͤßte, ich
gerade so handeln wuͤrde, wie bisher. Endlich
bemerke ich noch, daß, wenn meine Berechnungen, nach
welchen die Runkelruͤbenzuker-Fabrikanten
in kuͤrzerer oder laͤngerer Zeit das Pfund
Zuker zu 3 Sous liefern koͤnnen muͤssen,
unrichtig sind, und diese Industrie nicht mit derjenigen
der Indier concurriren kann, sie auch nichts taugt; die
jezt in unserem Lande vorhandenen Fabriken
muͤssen dann ihre Arbeiten einstellen, unser
Akerbau muß auf die Wohlthaten der Zukererzeugung
verzichten, und die Regierung ist dann dieser ganz
fiskalisch gewordenen Industrie gar keinen Schuz
schuldig. Sind hingegen meine Berechnungen, wie ich
uͤberzeugt bin, richtig, so verdienen die
inlaͤndischen Zukerfabriken alle
Beguͤnstigung der Regierung so wie das Vertrauen
des Publikums, und meine Arbeiten, welche diese unsere
neue Industrie begruͤnden halfen, muͤssen
mir vielmehr das Wohlwollen der Fabrikanten, deren Sache
ich loyal vertheidigt habe, als die Abneigung, welche
man ihnen gegen mich einzufloͤßen sucht,
erwerben.Daß jezt Leute von entgegengesezten, Interesse meine
Berechnungen und Schluͤsse sammeln und
entstellen, daß man meine Hoffnungen fuͤr
positive Annahmen ausgibt, wodurch ich Maßregeln habe
hervorrufen wollen, welche der Entwikelung der
Runkelruͤbenzuker-Fabrikation
gefaͤhrlich sind, ist eine unbillige Handlung,
welche zu verhindern nicht in meiner Macht stand und
woruͤber mich die aufgeklaͤrte
Untersuchungs-Commission gewiß rechtfertigen
wird.Uebrigens geht aus den Bemerkungen, welche die HHrn. Blanquet und Crespel der
Untersuchungs-Commission schriftlich
uͤbergaben, hervor, daß ihr
Runkelruͤbenzuker sie nicht viel hoher als auf 63
Cent. pr. Kilogr. zu stehen
kommt, ein Preis, den ich in meinem Werke als erreichbar
angab, wenn in einer Fabrik 2 Millionen Kilogr. (40 000
Ztr.) nach der bekannten Verfahrungsweise vollkommen
ausgearbeitet werden. Wenn ich gefehlt habe, als ich
schrieb, man koͤnne das Kilogr. Zuker fuͤr
63 Ct. erzeugen, so muß andererseits Hr. Crespel selbst meine Schuld
theilen, weil aus einem Berichte uͤber seine
Arbeiten (welcher nach seinen eigenen Angaben abgefaßt
und in den Mémoires de la
Société d'Arras abgedrukt wurde)
hervorgeht, daß, wenn ein Gutsbesizer seine Fabrik auf
seinen eigenen Guͤtern errichtet, und wie er, 5%
Zuker gewinnt, ihm dieser nur auf 60 Cent. pr. Kilogr. zu stehen
kaͤme. Nach einer anderen Berechnung, welche ich
nach den Datis anstellte, die mir Hr. Crespel selbst
uͤbergab, kommt der Zuker den Fabrikanten auf 62
Cent. zu stehen. Man sieht also, daß die Data, worauf
meine Berechnungen gegruͤndet waren, mir großes
Vertrauen einfloͤßen mußten, weil ihre
Endresultate vollkommen mit denjenigen des Hrn. Crespel
uͤbereinstimmten, welche in einem
aͤhnlichen Falle ein so gerechtes Zutrauen eine
floͤßen muͤssen.A. d. O.. Sie werden außerdem daraus
ersehen, daß die Regierung den Zuker als eine ganz
vorzuͤglich steuerbare Substanz betrachtet, und daß ihre
endliche Absicht bei der Beguͤnstigung der Fabrikation
des inlaͤndischen Zukers diese ist, ihm in Zukunft die
Last aufzulegen, welche heute zu Tage auf dem
auslaͤndischen Zuker haftet, und dem Staate einen
betraͤchtlichen Theil seiner Einnahmen verschafft.
Vergebens wuͤrden wir gegen diese Ankuͤndigung
murren, welche ohne Zweifel mehr als einen Unternehmer
erschreken und die Errichtung mehr als eines Etablissements
laͤhmen wird. Dieser Gang der Regierung, welcher ganz mit
dem Beduͤrfniß der Auflagen und der Redlichkeit, welche
ihre Vertheilung leiten muß, harmonirt, wird in die Plane der
Unternehmer mehr Bestaͤndigkeit und Gewaͤhr
bringen. Leztere werden in der That in ihren technischen
Combinationen zuruͤkhaltender werden und uͤber die
Mittel der Ausfuͤhrung mehr nachdenken, sich daher
weniger abenteuerlich in die neue Industrie
hineinstuͤrzen. Sie werden dann wissen, welche Garantien
jezt die Industrie, welcher sie sich hingeben wollen,
beschuͤzen und welche Lasten sie in Zukunft
druͤken muͤssen; sie werden also nicht, wenn der
Zoll ein Mal festgestellt wird, von der Regierung fuͤr
die politischen Garantien Rechenschaft verlangen koͤnnen,
die unsere hundert Etablissements, welche unter der Aegide
dieser Garantien gegruͤndet wurden, heute zu Tage geltend
machen koͤnnten. Dieser Gang scheint mir von dem
Augenblike an, wo man die Gesezmaͤßigkeit der
Zoͤlle anerkennt (die ich aber nicht diskutiren will),
dieser Gang, sage ich, scheint mir sehr weise und ganz mir
unseren liberalen Institutionen zu harmoniren.
Ueber die beiden
Fabrikations-Systeme.
Die waͤhrend eines Jahres gemachten Erfahrungen haben
einige Aufklaͤrung uͤber den relativen Werth der
beiden Fabrikations-Systeme gegeben, in welche sich die
Industrie gegenwaͤrtig theilt, naͤmlich das
Verfahren mit KrystallisationsgefaͤßenDiese Krystallisationsgefaͤße, cristallisoirs genannt, sind
flache Gefaͤße von Blech.A. d. R. und das Verfahren mit Formen (die regelmaͤßige
Krystallisation und die Koͤrnung des Zukers). Es
entstanden Etablissements, welche nach dem einen und nach dem
anderen Verfahren arbeiteten, auch solche, welche beide mit
einander verbanden, aber man muß gestehen, daß im Allgemeinen
das System der Formen in diesem Jahre mehr Proselyten machte,
als in den vorhergehenden, es sey nun wegen der
Einfuͤhrung der Dampfheiz-Apparate, oder weil
dieses System von den neuen Fabrikanten im Ganzen besser
aufgefaßt und besser geleitet wurde, oder wegen des Mißkredits,
welchen einige Raffinirer auf den krystallisirten Zuker geworfen
haben.
Wegen dieser zwei verschiedenen Fabrikations-Methoden
entstanden zwei entgegengesezte Parteien, welche einen wahren
technischen Krieg mit einander fuͤhren; jede vertheidigt
ihre Verfahrungsarten, sie als die besseren bezeichnend und jede
verachtet die andere, oft mit Hintansezung aller Ruhe und
Vernunft. Man ist erstaunt, den Parteigeist sich hier einer
Discussion bemaͤchtigen zu sehen, wobei nur Thatsachen
und Verstand Zutritt haben sollten. Abgesehen von dem schlechten
Vertrauen, welches eine leidenschaftliche Polemik
nothwendigerweise erregen muß, ist so viel gewiß 1) daß man nach
beiden Methoden, sowohl durch regelmaͤßige als durch
schnelle oder unregelmaͤßige Krystallisation unter den
gegenwaͤrtigen Umstaͤnden vortheilhaft Zuker
erzeugen kann; 2) daß das Verfahren mit
Krystallisationsgefaͤßen, weil sein Gang mehr mechanisch
ist, und weniger Praxis und Kenntnisse von Seiten des Arbeiters
erfordert, im Allgemeinen besser gelang, als das Verkochen; 3)
daß lezteres, obgleich weniger leicht ausfuͤhrbar, als
die langsame Krystallisation, in Hinsicht auf die Einrichtung
des Etablissements oͤkonomischer ist, Handarbeit und
Brennmaterial erspart, die Capitalien schneller realisirt, und
daß man durch dasselbe eben so viel Zuker aus der Wurzel
erhalten kann, wenn sie gehoͤrig behandelt wird; 4)
endlich, daß man durch das Laͤutern (defécation), welches man bei
dem Verkochen anwenden muß, einen Zuker erhaͤlt, welcher
mit demjenigen der Colonien identisch ist und bei dem
Raffinirungsprozeß keine Modificationen erheischt,
waͤhrend bei der Ausscheidung des Rohzukers durch
langsame Krystallisation, unter die Krystalle unvollkommen
gelaͤuterter Syrup kommen und folglich der Zuker
mit Substanzen verunreinigt werden kann, welche bei dem
Raffiniren Hindernisse in den Weg legen.
Diese verschiedenen Behauptungen muß ich jezt
auseinandersezen.
Man mag den Zuker aus den Runkelruͤben durch
Krystallisation oder durch Verkochen des Saftes darstellen, so
sind die Krystalle des Rohzukers den durch Raffiniren desselben
erhaltenen physisch und chemisch vollkommen gleich. Ihre
geometrischen Formen sind ganz so, wie sie Hauy fand und vor Kurzem Hr. Gillot berichtigte. Ihre Grundform ist ein
vierseitiges Prisma, dessen Basis ein Parallelogramm ist, wovon
die kleine Seite sich zur großen = 7 : 10 verhaͤlt. Ich
habe außerdem bemerkt, daß die regelmaͤßigen Krystalle
des Kandis dieser Zukersorten, so wie diejenigen des Rohrzukers
unter gewissen Umstaͤnden Modifikationen an den Kanten
der ebenen spizen Winkel erhalten, sie sind aber
gewoͤhnlich sehr unbetraͤchtlich. Sie haben
außerdem eine Spaltungsflache senkrecht auf die Basis des
Prisma. Wenn man mit dem Zuker aus den
Krystallisationsgefaͤßen regelmaͤßige Krystalle
von Kandis bereitet, so erhaͤlt man gewoͤhnlich
diejenige Krystallisation, welche die Raffinirer hirsenfoͤrmige (cristaux gremillés) nennen.
Es sind Gruppirungen, welche man auch mit Rohrzuker von
schlechter Qualitaͤt, und sogar mit gutem, aber schlecht
geklaͤrtem und schlecht eingekochtem, Zuker
erhaͤlt. Wegen dieses Umstandes, welcher nichts gegen die
Identitaͤt der Krystallformen der beiden Zukerarten
beweist, hat sich Hr. Clémendot taͤuschen lassen, als er
neuerdings behauptete, daß diese beiden Zukerarten in dieser
Hinsicht verschieden sind.
Der Zuker aus den Krystallisationsgefaͤßen, als
Raffinirungsstoff betrachtet, ist in der That schlechter, als
der Zuker aus den Formen, welcher dieselbe Farbe hat.
Fuͤr's Erste kann jener Zuker nicht ohne Huͤlfe
der Presse von der Melasse gereinigt werden und muß zu diesem
Ende die Walzen passiren. Das Zerreiben, welchem er bei dieser
Arbeit ausgesezt wird, veraͤndert einen Theil desselben.
Es wird naͤmlich ein Theil des krystallisirbaren Zukers
dadurch entmischt, und dieser kann beim Raffiniren nicht wieder
zum Vorschein kommen und verhindert bei dieser Arbeit die
gegenseitige Annaͤherung des unveraͤnderten
Zukers. Dieß traͤgt dazu bei, daß diese Zukersorte beim
Raffiniren weniger ausgibt. Diese Veraͤnderung
gehoͤrt unter diejenigen, welche man in der Sprache der
Raffinerie unter dem Namen Schmierigwerden (graissage) begreift. Außerdem ist die Farbe eines
gewalzten Zukers nur das Resultat des Zerreibens und folglich
erkuͤnstelt. Man weiß in der That, daß die weiße Farbe
der Zukersorten nur von dem vertheilten Zustande der Krystalle
abhaͤngt; aber dieser scheinbare Vorzug, welcher die
Kaͤufer tauscht, tauscht keineswegs die Fabrikanten,
welche den Zuker schmelzen: leztere haben in der That bemerkt,
daß der krystallisirte Zuker in dem Kessel nie die Farbe gibt,
welche er versprach, waͤhrend der Zuker aus den Formen,
der sich gleich dem Rohrzuker in kleinen verworrenen Krystallen
darstellt, welche unversehrt und durch die Mutterlauge, worin
sie sich gebildet haben, befeuchtet sind, niemals den Raffinirer
uͤber die wahre Farbe, welche er in dem Kessel annehmen
wird, taͤuscht. Der Zuker aus den Formen ist also bei
gleicher Farbe in dieser Hinsicht dem krystallisirten
vorzuziehen.
Noch ein anderer Umstand macht den lezteren Zuker ebenfalls zum
Raffiniren viel weniger geeignet; naͤmlich seine sehr
wandelbare Reinheit, welche eine Folge des mechanischen und
constanten Ganges der Laͤuterung ist. In der That
erfordern die Runkelruͤben, je nach ihrer
Qualitaͤt und der Zeit ihrer Aufbewahrung, sehr
verschiedene Quantitaͤten Laͤuterungsmittel
(Schwefelsaͤure und Kalk), um bei dem Verkochen gleich
gute Resultate zu geben; wenn diese Bedingnisse nicht
erfuͤllt sind, geht das Verkochen schlecht vor sich und
der Fabrikant bemerkt sogleich, daß er gefehlt hat und muß
folglich seinen Fehler zu verbessern suchen. Ein schlecht
verkochter Zuker legt aber bei dem Raffiniren aͤhnliche
Hindernisse in den Weg. Uebrigens kann der Raffinirer diesen
Zuker jederzeit leicht erkennen; sein Korn ist wenig
voluminoͤs und knirscht nicht unter den Zahnen; er hat
keinen Koͤrper, ist teigig, und die Krystalle sind nicht
abgesondert; meistens kann man ihn auch durch den Geschmak und
Geruch sehr leicht von dem Rohrzuker unterscheiden. Der
krystallisirte Zuker kann im Gegentheil ohne Nachtheil
fuͤr seine physischen Eigenschaften, unvollkommen
gelaͤuterten Syrup enthalten, zum Beispiel sauren Syrup;
im lezteren Falle geht sogar die Krystallisation oft besser vor
sich, als bei einem neutralen Syrup; der Syrup hat dann einen
guten Geschmak, behaͤlt diesen in der Waͤrmstube
bei, und waͤhrend er durch Verkochen nur eine geringe
Menge und noch dazu schlechten Zuker gegeben haͤtte,
erhaͤlt man daraus durch Krystallisation eine große Menge
und schoͤn aussehenden Zuker. Aus diesem Grunde
muͤssen die Fabrikanten, welche krystallisirten Zuker
bereiten, die sauren Syrupe vorziehen, und dieses ist auch
meistentheils der Fall. Bei dem Raffiniren kommen dann die
Fehler in der Laͤuterung wieder zum Vorschein; die
unabgeschiedenen Materialien und oft auch die Ammoniaksalze,
machen das Verkochen schwierig. Diese Wirkung zeigt sich nicht
immer bei den ersten Arbeiten des Raffinirers, wohl aber bei dem
zu Gute machen der Syrupe, und zwar um so fruͤher, je
unreiner der Zuker ist. Sie ist besonders bei dem mechanischen
Verfahren von Achard bemerkbar,
welcher fuͤr alle gleiche Verhaͤltnisse von Kalk
und Saͤure anzuwenden vorschlaͤgt. Auch ist sie bei dem Zuker, welcher nach
dem Verfahren von Derosne bereitet
wurde, naͤmlich durch Krystallisation und schwefelsaure
Alaunerde, noch sehr merklich. Wenn naͤmlich dieser Zuker
aus Wurzeln bereitet wurde, welche viel Ammoniaksalz enthielten,
so gibt er durch den Kalk, Ammoniak, welches man durch den
Geruch allein schon erkennen kann. Auch die unvollkommene
Laͤuterung des nach dem lezteren Verfahren zubereiteten
Saftes macht das Verkochen desselben unmoͤglich. Die
Achard'sche Laͤuterung gibt deßwegen sehr wandelbare
Resultate, weil der Runkelruͤbensaft sehr
verschiedenartige Quantitaͤten Ammoniak enthaͤlt.
Dieses Ammoniak wird bei dem Achard'schen Verfahren zum Theil
mit Schwefelsaͤure gesaͤttigt und das gebildete
schwefelsaure Salz waͤhrend der Concentration zersezt,
wodurch Saͤuren frei werden, welche meistentheils nicht
Schwefelsaͤure, sondern die Sauren aller in dem Saft
aufgeloͤsten Salze sind, naͤmlich
Salzsaͤure, Salpetersaͤure, Aepfelsaͤure,
Gallertsaͤure u.s.w. Dadurch bildet sich in dem Saft eine
fremde Substanz, welche man durch kein bekanntes Mittel
vermeiden kann; denn wenn man die freien Saͤuren genau
neutralisirt, so ist der so behandelte Syrup schwer zu verkochen
und gibt in den Formen immer schlechte Resultate. Diese Substanz
ist besonders beim Verkochen des Syrups nachtheilig, denn sie
macht ihn steigend, klebrig und braun; man findet sie sodann
auch auf den Krystallen des Zukers, welche sich so
zusammenhangend macht, als wenn sie auf einander geleimt worden
waͤren; sie ist derjenigen aͤhnlich, welche man
bei der Behandlung des Zukers mit Salpetersaͤure, wenn
man Aepfelfaͤure bereiten will, erhaͤlt, wobei
sich außer der Aepfelsaͤure eine braune, in Wasser
aufloͤsliche, in Alkohol unaufloͤsliche, dem Gummi
aͤhnliche Substanz bildet. Diese Substanz ist es, welche
den krystallisirten Zuker verunreinigt und beim Raffiniren die
angegebenen Hindernisse in den Weg legt.
Wir haben bemerkt, daß die Fabriken, welche nach der
Krystallisationsmethode arbeiten, wegen des regelmaͤßigen
und weniger schwierigen Ganges dabei, einen guͤnstigeren
Erfolg hatten. Wenn man die Faͤhigkeiten der Personen
kennt, welchen in den meisten Zukerfabriken die Arbeit
anvertraut wird, so uͤberzeugt man sich sehr bald, daß
jede Methode, welche in ihren Proceduren ein wenig verwikelt und
zart ist, oft unuͤbersteigliche Hindernisse darbieten
muß. In den neuen Fabriken wird gewoͤhnlich alles durch
einen Director geleitet, der mehr oder weniger Neuling und mehr
oder weniger aufgeklart ist; mit den Maschinen und den Agentien,
welche er zu handhaben hat, wenig vertraut, muß er sich außerdem
Arbeiter heranziehen, welche mit dieser Industrie noch ganz
unbekannt sind: dieses Geschaͤft macht so viele Arbeit und ist so schwierig, daß es oft schlecht besorgt
worden ist. Bei dem Verfahren durch Verkochen des Syrups besteht
außerdem die Arbeit aus zehnerlei verschiedenen Operationen,
wovon jede zu einem guͤnstigen Erfolg
unumgaͤnglich noͤthig ist, und wenn eine einzige
davon vernachlaͤssigt wird, so ist das Resultat schlecht.
Diese Operationen werden nun gewoͤhnlich verschiedenen
Arbeitern anvertraut, welche entweder unwissend oder
nachlaͤssig handeln koͤnnen; man begreift also
leicht, daß eine Arbeit, deren guͤnstiger Erfolg von dem
Eifer so vieler Individuen und von der Erfuͤllung so
vieler Bedingungen abhaͤngt, oft Resultate geben mußte,
welche hoͤchst betruͤbend fuͤr den
Fabrikanten waren; der selbst wieder oft weder thaͤtig
noch aufgeklart genug war, um das Uebel zu heilen. Daher
schreibt sich der gute Erfolg des Krystallisirens, welches
leztere in der That keine schwierige Operation ist, die, wenn
man ohne Vorurtheil sprechen will, manchen Fehler
bemaͤntelt.
Diese Betrachtungen erklaͤren es auch hinreichend, warum
man durch Krystallisation im Allgemeinen mehr Zuker erhielt, als
durch Verkochen; daraus kann man aber nicht schließen, daß man
auch durch ein zwekmaͤßig geleitetes Verkochen weniger
Zuker, als durch Krystallisiren erhaͤlt; die Erfahrung
beweist im Gegentheil, daß man dadurch eben so viel
erhaͤlt, und zwar mit geringerem Aufwand an Apparaten,
Handarbeit und Brennmaterial, und noch dazu in bei weitem
kuͤrzerer Zeit. Ich erhielt durch ein
Verkochungs-Verfahren, welches in diesem Jahre zum ersten
Male in meiner technischen Werkstaͤtte befolgt wurde, 5
Procent Zuker von dem Gewichte der zerriebenen Wurzeln, deken
Saft 7 1/2° am AraͤometerIn der ganzen Abhandlung wird unter Araͤometer das
Beaumé'sche verstanden.A. d. R. wog. Diese Wurzeln waren 4 Monate lang im Keller
aufbewahrt worden und hatten durch die Reinigung 10% verloren.
Vor der Reinigung gaben sie also 4 1/2%. Das zweite Product
dieser Wurzeln, nach dem Volum des erhaltenen nochmals
verkochten Syrups berechnet, betrug wenigstens 1/3 des ersten
Productes. Dieser Versuch, so wie die Resultate, welche man in
den Fabriken erhielt, wo der Verkochungsproceß gut geleitet
wird, wie in denjenigen der Herren Oudard,
Blanquet und Harpignies,
Clémendot und Guilbert,
Beaujeu, Jallu u.s.w. beweisen, daß man nach diesem
Verfahren wenigstens 5% der gesammelten Wurzeln an Zuker
erhaͤlt; wir wollen noch bemerken, daß dieß auch nach der
Angabe des Herrn Crespel der
hoͤchste Ertrag ist, dessen Fabrik ohne Widerspruch ein
Muster des vollendetsten Krystallisations-Verfahrens
darstellt.
Die Einfachheit der Arbeit bei dem
Krystallisations-Verfahren, wodurch ich
selbst dessen guͤnstigen Erfolg erklaͤrt habe, ist
auch von denjenigen, welche dieses Verfahren befolgen, in
Anspruch genommen worden, um es den Technikern zu empfehlen,
aber es bietet in der That nur scheinbare und augenblikliche
Vortheile dar. Denn wenn man verlangt, daß die
Runkelruͤbenzuker-Fabriken mit den Zukerfabriken
Indiens sollen concurriren koͤnnen, so muß man ihnen die
am wenigsten kostspieligen Apparate und Verfahrungsweisen
empfehlen, man muß ihnen Methoden empfehlen, welche ihnen nicht
nur eine augenblikliche, sondern eine moͤglichst
gluͤkliche und dauerhafte Existenz sichern. Eine solche
koͤnnen diese Fabriken meiner Meinung nach aber bloß
durch das Arbeiten mit Formen erlangen. Bloß dadurch
erhaͤlt man ein Product von guter Qualitaͤt, das
zugleich in allen Beziehungen demjenigen gleich ist, womit es
concurriren und welches es im Handel ersezen muß. Nach dem
Krystallisations-Verfahren kann man bei dem
gegenwaͤrtigen Curs des Zukers mit Gewinn fabriciren;
wenn aber diejenigen, welche mit dem zu raffinirenden Zuker
Handel treiben, uͤber die erkuͤnstelte
Qualitaͤt und die unvermeidlichen Fehler des
krystallisirten Zukers besser aufgeklaͤrt seyn werden,
dann wild der Verkauf dieses Productes groͤßere
Schwierigkeiten darbieten, man wird ihn, wie es schon jezt der
Fall ist, schlechter bezahlen und der Handel, welcher jezt damit
getrieben wird, kann eingehen und dadurch sogar die Existenz
dieser Industrie in Gefahr gebracht werden. Alle diese
Nachtheile koͤnnen, sage ich, durch Zufall auch den Zuker
aus den Formen treffen, aber sie sind doch nicht durch die
Fabrikationsart bedingt, sondern bei dieser ist gerade im
Gegentheil alles so angeordnet, daß die gute Qualitaͤt
der Producte mit der Existenz der Fabriken auf das Innigste
verknuͤpft wird.
In meiner im J. 1824 uͤber den Runkelruͤbenzuker
bekannt gemachten Schrift war ich einer der ersten, welche auf
die Nachtheile, die durch Versezung des Saftes und Syrups mit
uͤberschuͤssiger Schwefelsaͤure entstehen,
aufmerksam machten, und ich bin auch jezt noch
uͤberzeugt, daß dieser Ueberschuß zwar bei beiden
Fabrikations-Systemen nachtheilig ist, aber bei der
Bearbeitung durch Verkochen ganz besonders. Meistens waltet in
diesem Falle in der That nicht Schwefelsaͤure vor, denn
diese kann in einer Fluͤssigkeit, welche vegetabilische
oder mineralische oder andere Salze enthaͤlt, nicht ganz
frei bleiben und ich bin uͤberzeugt, daß die
nachtheiligen Wirkungen, die man der direkten Einwirkung der
Schwefelsaͤure zuschrieb, von anderen durch sie frei
gemachten Sauren herruͤhrenVersuche, welche ich naͤchstens bekannt mache,
werden diese Behauptung beweisen.A. d. O.. Wegen der Nachtheile, welche durch Anwendung zu
concentrirter und einer zu großen Menge Schwefelsaͤure
bei der Runkelruͤbenzuker-Fabrikation entstehen,
darf man also dieses Agens nicht uͤberhaupt verwerfen. Die
Anwendung dieses oder eines entsprechenden Agens ist im
Gegentheil in sehr vielen Faͤllen unvermeidlich und
leistet unter vielen Umstaͤnden unschaͤzbare
Dienste. So hat die Erfahrung hinreichend erwiesen, daß ein
Zusaz von Schwefelsaͤure gute Dienste leistet, um den
Saft in dem Reservoir gegen das Schleimigwerden zu verwahren,
und der so aufbewahrte und mit Kalk gehoͤrig
gelaͤuterte Saft ist zum Verkochen eben so gut geeignet,
wie derjenige, womit andere Manipulationen vorgenommen worden
sind. In anderen Faͤllen, wo ein stark alkalischer Saft
mit Eiweiß nicht gehoͤrig geklaͤrt werden kann,
erlangt er diese Eigenschaft durch Neutralisation mit
Schwefelsaͤure. Wenn ein mit Blut geklaͤrter
alkalischer Syrup nicht leicht bis zur Probe eingekocht werden
kann, so hilft man diesem Umstande durch Zusaz von etwas
Saͤure leicht ab. In allen Faͤllen, wo die Wurzeln
eine große Menge vegetabilischer Salze enthalten, deren Basis
Kali ist, muß man unumgaͤnglich Saͤure bis zur
Neutralisation des Kalis zusezen. Diese Betrachtungen zeigen,
daß man aus der Einwirkung der Schwefelsaͤure auf gewisse
organische Substanzen und unter gewissen besonderen
Umstaͤnden, nicht gegen ihre Nuͤzlichkeit unter
anderen Umstaͤnden schließen darf, so wie es einige
Personen in Bezug auf das mit Krystallisation verbundene
Achard'sche Verfahren gethan haben. Die Saͤure spielt
hierbei eine nuͤzliche Rolle, welche auch auf das
Verfahren mit Formen, aber mit den Abaͤnderungen, welche
das Verkochen erheischt, anwendbar ist.
Wir gehen jezt alle Operationen bei der Zukerfabrikation, so wie
wir es in unserer lezten Abhandlung gethan haben und so wie sie
auf einander folgen, durch, und geben die Veraͤnderungen
und Verbesserungen an, welche darin vorgenommen, so wie
diejenigen, welche bei den erforderlichen Operationen
eingefuͤhrt worden sind.
Wahl der Localitaͤt fuͤr die
Errichtung einer
Runkelruͤbenzuker-Fabrik.
Die hundert gegenwaͤrtig in Frankreich bestehenden
Fabriken sind in dreiundzwanzig unserer Departements zerstreut;
die meisten sind in den Departements
Pas-de-Calais, Nord, Somme und Aisne. Weil diese
Fabriken vorzuͤglich das noͤrdliche Clima lieben
und in dem mittaͤgigen ganz und gar fehlen, und aus
einigen anderen Gruͤnden stellte ich in meiner Schrift
uͤber den Runkelruͤbenzuker den Saz auf, daß diese
Fabrikation, so wie auch der Bau der Zukerwurzel dem
mittaͤgigen Clima nicht zusagt. Die mir seit dieser Zeit
zugekommenen Nachrichten uͤber die Qualitaͤt der
Wurzel des Suͤdens und uͤber die Quantitaͤt
des krystallisirbaren Zukers, welche man durch Versuche daraus
abgeschieden hat, und eine aufmerksamere Untersuchung dieser Frage ließen mich meinen Irrthum erkennen. Ich bin in
der That jezt ganz uͤberzeugt, daß die in dem
mittaͤgigen Frankreich gebaute Runkelruͤbe, unter
uͤbrigens ganz gleichen Umstaͤnden, mehr Zuker,
und mehr krystallisirbaren Zuker als die Wurzeln des Nordens
enthaͤlt, daß dieser Zuker eben so leicht aus der Wurzel
abgeschieden werden kann, und daß, wenn im Suͤden keine
Runkelruͤbenzuker-Fabriken sind, dieses nicht dem
Clima, sondern anderen Ursachen zugeschrieben werden muß. Die
groͤßere Verbreitung der Zukerfabriken in den
noͤrdlichen Departements kann man folgendermaßen
erklaͤren:
Auf den Akerbau der Departements des noͤrdlichen
Frankreichs mußte die benachbarte Niederlande Einfluß haben und
er besaß den Vortheil eines durch gejaͤtete Pflanzen
vervollkommneten Anbaues ohne Brachen. Diese Departements waren
also seit langer Zeit in Besiz des Runkelruͤbenbaues,
waͤhrend es in dem mittleren und suͤdlichen
Frankreich viele Departements gibt, wo diese Wurzel als
Kuͤchengewaͤchs beinahe unbekannt ist. Nachdem die
Runkelruͤbenzuker-Fabrikation so weit
begruͤndet war, daß sie eine nuzbare Industrie werden
koͤnnte, mußte sie sich natuͤrlich vorzugsweise
dorthin verpflanzen, wo sie ihren Urstoff in Ueberfluß vorfand.
Andere rein oͤkonomische Vortheile haben den Fabriken
dieser Art in den noͤrdlichen Departements ebenfalls eine
große Ueberlegenheit gegeben; naͤmlich: 1) der niedrige
Lohn der landwirthschaftlichen und technischen Handarbeit; 2)
die Naͤhe der Steinekohlengruben und folglich die
Wohlfeilheit des Brennmaterials; 3) die große Fruchtbarkeit des
Bodens, welche die Runkelruͤben zu einem sehr niedrigen
Preise sich zu verschaffen erlaubt.
Wenn man bei der Frage also bloß das Clima und den Zukergehalt
der Wurzel in Betrachtung ziehen will, so kann man annehmen, daß
der Suͤden wenigstens eben so gut bedacht ist als der
Norden.
Ueber die Wahl der Localitaͤt fuͤr eine
Zuker-Fabrik habe ich Folgendes zu bemerken. Wenn man
sich dieser Industrie als Guͤterbesizer widmen und nur
die großen Vortheile beruͤksichtigen will, welche sie dem
Akerbau gewaͤhrt, durch den Anbau einer Pfahlwurzeln
treibenden und gejaͤteten Pflanze, und durch die
Consumtion an Ort und Stelle, die sie realisirt, so wird man zu
ihrer Gruͤndung vorzugsweise ein solches Besizthum
waͤhlen, dessen Felder einem dreijaͤhrigen
Brachliegen unterworfen und, wenn auch nicht unfruchtbar, doch
wenigstens aller Vortheile eines guten Anbau-Systems
beraubt sind; man wird endlich solche Felder waͤhlen,
welche schon zum Anbau von Getreidearten geeignet und bestimmt
sind. Man braucht dann den Preis des Brennmateriales und der
Handarbeit nicht zu beruͤksichtigen, weil man nicht die
Absicht bar, sich die großen Vortheile, welche die
Zuker-Fabrikation unter anderen Umstaͤnden
gewaͤhren wuͤrde, zu Nuzen zu machen und
diese Industrie nur als einen Nebenzweig der Landwirthschaft
betrachtet, wodurch man reichliche Mastung erhaͤlt, die
Brachen vermeidet und den Werth der Gruͤnde in
kuͤrzerer oder laͤngerer Zeit wenigstens
verdoppelt. Wenn man hingegen die Zukerbereitung als ein bloßes
Fabrikgeschaͤft betrachten wollte, welches nach Verlauf
des Jahres die Unkosten bezahlt und Gewinn abgeworfen haben muß,
dann muͤßte man vorzugsweise eine Gegend waͤhlen,
wo der Boden sehr fruchtbar oder der Runkelruͤbenbau seit
langer Zeit nach einem großen Maßstabe eingefuͤhrt ist,
wo die Handarbeit und das Brennmaterial sehr wohlfeil sind.
Unter diesen Umstaͤnden wuͤrde die Fabrikation des
Runkelruͤbenzukers zwar nicht den groͤßten, wohl
aber in der kuͤrzesten Zeit Gewinn bringen, und nur in
diesem Falle koͤnnte sie vortheilhaft von dem Akerbaue
getrennt werden. Auch wird die Fabrikation des
inlaͤndischen Zukers in den gut angebauten Departements,
in welche sie verpflanzt worden ist, bis jezt bloß aus diesem
Gesichtspunkte betrachtet und die Verbesserungen, welche der
Akerbau durch sie erhalten kann, sind ohne Vergleich geringer,
als sie bei wenig fruchtbaren und brachliegenden
Laͤndereien seyn wuͤrden.
Alle Auslagen bei dem Bau der Runkelruͤben bestehen in
Handarbeit und Duͤnger. Sie belaufen sich fuͤr
einen wenig fruchtbaren Boden eben so hoch als fuͤr einen
fruchtbaren. Man sieht daher leicht ein, welche Vortheile in
dieser Beziehung ein fruchtbarer Boden darbietet, in dem er mehr
Ausbeute gibt und die Wurzel daher bei weitem wohlfeiler zu
stehen kommt. Auch darf man sich nun nicht mehr wundern, wenn
man in den noͤrdlichen Departements Landwirthe findet,
welche 500 Kilogr. Runkelruͤben vortheilhaft fuͤr
8 Fr. produciren, waͤhrend in anderen Departements, wo
der locale Werth der Grundstuͤke geringer ist, dasselbe
Gewicht Wurzeln fuͤr nicht weniger als 12 Franken erzeugt
werden kann.
Man sieht also, daß der inlaͤndische Zuker aus zwei sehr
verschiedenen Zweken fabricirt werden kann; einerseits aus einem
landwirthschaftlichen, welcher der wichtigste und an großen
Resultaten fruchtbarste ist, andererseits aus einem technischen,
wobei man sich darauf beschraͤnkt, aus den zu dem
billigsten Preise aufgekauften Wurzeln mit der
moͤglichsten Ersparung den krystallisirbaren Zuker
auszuziehen; ersterer Zwek ist fuͤr den
Grundeigenthuͤmer, die Fruchtbarkeit des Landes und die
Vervollkommnung des Akerbaues, von der hoͤchsten
Wichtigkeit und verspricht dieser Fabrikation eine eben so lange
als nuͤzliche Dauer; lezterer, welcher so zu sagen die
Fabrikation von der Landwirthschaft isolirt, nimmt bei seinen
Berechnungen auf den groͤßeren Werth, welchen der Boden
durch den Runkelruͤbenbau erhielt, gar keine
Ruͤksicht; er berechnet die Einnahme und Auslage und
findet nur in einer guͤnstigen jaͤhrlichen Balance
sein Heil.
Indessen muß man doch zugeben, daß ein Techniker in demjenigen
Falle die Zuker-Fabrikation unter den guͤnstigsten
und nuͤzlichsten Verhaͤltnissen unternimmt, wenn
er Grundeigentuͤmer ist oder wenigstens das Gut
fuͤr lange Zeit gepachtet hat. Wenn der Boden wenig
fruchtbar ist, werden zwar die ersten Jahre der Zukerfabrikation
leinen großen Gewinn abwerfen, wenn aber ein
sorgfaͤltiger Anbau und reichlicher Duͤnger den
Boden verbessert, wenn die Arbeiter, an zwekmaͤßige
Feldarbeiten gewoͤhnt, sie schnell und gut
ausfuͤhren werden, wenn man sich endlich brauchbare Leute
fuͤr die Landwirthschaft und die Fabrikation gebildet
hat, dann wird der Eigenthuͤmer durch einen
betraͤchtlich groͤßeren Ertrag seiner Felder und
durch eine vielen Gewinn abwerfende Zuker-Fabrikation die
Frucht seiner Arbeiten reichlich zu erndten anfangen.
Diese Betrachtungen zusammengenommen, fuͤhren auf folgende
Schluͤsse:
1) Alte zum Anbau von Getreide geeigneten Felder, ihre
thon-, kalk- oder kieselartige Beschaffenheit mag
seyn, welche sie wolle, eignen sich auch zum
Runkelruͤbenbau.
2) Ein Techniker, welcher aus der Zuker-Fabrikation den
groͤßten Vortheil ziehen will, muß sich vorzugsweise in
einem Departement etabliren, wo man die Runkelruͤbe mit
Oekonomie baut, was gewoͤhnlich in den fruchtbarsten
Gegenden, wie in den noͤrdlichen Departements von
Frankreich der Fall ist.
3) In den guͤnstigsten Umstaͤnden befindet sich
diejenige Runkelruͤbenzuker-Fabrik, welche einem
Grundeigenthuͤmer gehoͤrt, der die Fabrikation
neben der Landwirthschaft treibt, um dadurch Mastung zu erhalten
und seine Gruͤnde fruchtbarer zu machen.
4) Die Runkelruͤbenzuker-Fabrikation ist dort dem
Landwirthe nuͤzlicher, wo sie dem Fabrikanten weniger
Gewinn bringt, und umgekehrt.
An einem Orte, wo noch keine Zukerfabrik existirt, ist eine
solche immer schwieriger zu errichten, weil man keine in dem
Geschaͤft unterrichteten Arbeiter erhaͤlt; diese
Schwierigkeiten sind noch viel groͤßer, wenn man sich in
eine Gegend versezt, wo der Bau der gejaͤteten Pflanzen
und wo folglich das Verfahren des Jaͤtens unbekannt ist.
Hier muß in der That der Unternehmer die Arbeiter auf seine
Kosten unterrichten, er muß besonders Haͤnde fuͤr
erhoͤhten Sold herziehen; diese Haͤnde leisten im
Anfange wenig Arbeit und sie kommt folglich sehr theuer zu
stehen. Unter diesen Umstaͤnden richtet man die Sache am
vortheilhaftesten so ein, daß man Anfangs nach dem Taglohn, und
spaͤter, wenn die Arbeiter ihr Geschaͤft gut zu
verrichten wissen, sie unter Aufsicht nach Klaftern arbeiten
laͤßt; dadurch bringt man sie dahin, schneller zu
arbeiten und lernt die Arbeit schaͤzen, welche sie
waͤhrend eines Tages verrichten koͤnnen. Wenn sie
einige Zeit lang auf diesem Fuße gearbeitet haben, und man
annehmen kann, daß sie moͤglichst schnell arbeiten, so
hat sich unterdessen ihr Lohn sehr vermehren muͤssen;
dann kann man ihnen den Vorschlag machen, nach Klaftern
fuͤr einen geringeren Lohn zu arbeiten, so daß derselbe
beilaͤufig auf denjenigen reducirt wird, welchen sie im
Anfange erhielten, als sie fuͤr Taglohn arbeiteten. Es
ist fuͤr die Feldarbeiter oft besser, waͤhrend des
ersten Probejahres die Bezahlung fuͤr die Klafter, so wie
sie seit der Erlernung des Geschaͤftes nach der an einem
Tage ausfuͤhrbaren Arbeit festgesezt wurde, beizubehalten
und sie erst im zweiten Jahre herabzusezen, in dem man
Aufmunterungs-Praͤmien fuͤr diejenigen
einfuͤhrt, welche am besten und schnellsten arbeiten,
Cultur der
Runkelruͤben.
Die mechanische Zubereitung des Bodens ist von der
groͤßten Wichtigkeit; denn die Runkelruͤben,
welche in einem sehr lokeren Erdreich gebaut werden, gedeihen
besser, wurzeln tiefer und zeigen eben deßwegen weniger
Gabeltheilungen; die Erde haͤngt ihnen beim Einsammeln
weniger an und sie halten sich laͤnger. Der Hofmist und
uͤberhaupt der Pflanzenduͤnger sagt den
Runkelruͤben besser zu. Auch thut man besser sie nach
einer gut geduͤngten Erndte anzubauen, als selbst zu
duͤngen, denn man hat in der That beobachtet, daß die
ohne Duͤnger erhaltenen Wurzeln sich besser conserviren
und leichter zu bearbeiten sind. Der animalische Duͤnger
scheint insbesondere einen nachtheiligen Einfluß auf die Wurzel
zu haben, so daß sie schwieriger bearbeitet und aufbewahrt
werden kann; man koͤnnte diese leztere Erscheinung durch
die Gegenwart einer groͤßeren Menge animalisirter
Substanzen erklaͤren und die andere eben dadurch und
außerdem durch das Vorkommen einer groͤßeren Menge von
Ammoniaksalzen, welche bei der Darstellung des Zukers eine wahre
Klippe sind. Es scheint mir außerordentlich wahrscheinlich, daß
bei der Waͤhrung der Wurzel, welche waͤhrend ihrer
Aufbewahrung Statt findet, unter anderem das durch eine
Saͤure uͤbersaͤttigte Ammoniak gebildet
wird.
Das Aussaͤen mit der Hand und dem Saͤetuch ist noch
immer am gebraͤuchlichsten. Hr. Blanquet, dessen Verfahrungsweisen außerordentlich
beachtenswerth sind, zieht es vor, mit dem Pflanzstok und mit
der Hand zu saͤen. Die Saͤemaschine ist nur bei
einem gut zubereiteten Boden wohl anwendbar, weil dieses
Instrument in einem unebenen Boden besonders leicht in Unordnung
geraͤth. Ich weiß nicht ob man schon
das Aussaͤen ins Kreuz angewandt hat. Bei dieser Methode
koͤnnte man die Pferdhaue gebrauchen, zum wenigsten bei
dem vorlezten und lezten Jaͤten, und sie waͤre in
dieser Beziehung außerordentlich beachtungswerth, besonders in
den Gegenden, wo das Jaͤten nicht uͤblich und
folglich sehr theuer ist.
Die gesuchtesten Runkelruͤbenarten sind immer, die weiße
aus Schlesien, die rosenrothe und die gelbe mit weißem
Fleische.
Man sucht so viel als moͤglich die Erndte bei einer recht
troknen Witterung vorzunehmen. Wenn man Sonnenschein oder einen
troknen Wind hat, und die Ruͤben einige Tage, bevor man
sie in die Magazine bringt, auf dem Beschaͤlplaz liegen
laͤßt, so erhalten sie sich besser. Die
Runkelruͤbe, welche nicht ausgehoben worden und durch
ihre Blaͤtter schwach geschuͤzt ist, kann einer
Kaͤlte von 2° unter Null widerstehen. Indessen muß
man sie vor dem Eintreten des Frostes einzusammeln und in die
Magazine zu bringen suchen.
Das Einsammeln geschieht immer mit dem Spaten (Schaufel), doch
haben einige Fabrikanten noch immer die Absicht den Pflug zu
versuchen. Die Krautkronen werden am wohlfeilsten mit dem Spaten
weggeschafft; dieses Verfahren ist aber so unvollkommen und die
Sache von so großer Wichtigkeit, daß man besser thut, sie sehr
sorgfaͤltig mit dem Messer, und zwar bis zu den
Blattstielen abzuschneiden. Es waͤre sogar, wie ich mich
davon durch die Erfahrung uͤberzeugt habe,
außerordentlich nuͤzlich, dabei zugleich die Wurzelleime
und Wurzelfasern wegzuschneiden und die ihnen anhangende Erde
wegzuschaffen. Diese vorlaͤufige Arbeit, welche langsam
gehen und eben deßwegen schwierig seyn kann, waͤre eine
wahrhafte Reinigung, welche diejenige, die dem Zerreiben
vorhergehen muß, einfacher und schleuniger machen wuͤrde,
und ohne Zweifel wuͤrden durch dieses Verfahren die
Ruͤben viel haltbarer werden, weil dadurch die Ursachen
der Keimung und Gaͤhrung entfernt wuͤrden.
Aufbewahrung der
Runkelruͤben.
Große Massen Runkelruͤben werden am sichersten in kleinen,
wenig tiefen und wenig breiten. Gruben aufbewahrt, die in einem
festen Boden ausgegraben sind, welcher hoch liegt und eben
deßwegen wenig feucht ist; wenn diese Loͤcher mit
Ruͤben angefuͤllt sind, bedekt man sie mit einer
Schichte Erde, um sie gegen den Frost zu schuͤzen. Wenn
man aber recht luftige und trokne Magazine hat, so kann man die
Ruͤben auch in diesen aufbewahren und sie halten sich
darin sehr gut. Hr. Oudart, dessen
Erfahrung von großem Gewicht ist, bewahrt seine Wurzeln nur in
Magazinen auf und erhaͤlt sie vollkommen gesund. Hr. Bernard zu Sussy, welcher dieses Jahr
seine Arbeit sehr fruͤhzeitig anfing, hat einen großen Theil
seiner Erndte verarbeitet, ohne sie aufzubewahren. Dieser
Umstand ist sehr guͤnstig, wenn man ihn ohne Nachtheil
benuͤzen kann, denn in vielen Departements wuͤrde
man die Erndte oft verderben, wenn man nach dem Beispiele,
welches Hr. Bernard in diesem Jahre
gab, Wurzeln bis im Monat December in der Erde lassen wollte.
Die wichtigsten Bedingungen, welche man erfuͤllen muß,
wenn man die Wurzeln vollkommen gut erhalten will, sind
folgende:
1) Daß man die Krautkronen bis zu den Blattstielen
wegschafft;
2) daß man die Wurzelkeime und Wurzelfasern wegschneidet;
3) daß man die den Wurzeln anhaͤngende Erde
moͤglichst gut beseitigt;
4) daß man die durch das Messer gemachten Wunden vollkommen
vernarben laͤßt, ehe man die Ruͤben in Gruben oder
Magazine bringt;
5) daß man die Wurzeln in kleinen Massen zusammen aufbewahrt, die
Gruben in einem troknen Boden ausgrabt und sie gegen den Frost
schuͤzt;
6) daß man bei dem Einsammeln und Aufspeichern alle Quetschung
vermeidet, wodurch eine Wunde entstehen koͤnnte, die eine
Gaͤhrung veranlassen wuͤrde;
7) daß man alle Umstaͤnde beruͤksichtigt, wodurch
eine Erndte von guter Qualitaͤt erzielt wird.
Einige im Kleinen angestellte Versuche uͤber die
Anwendbarkeit der schweflichen Saͤure, um die
Runkelruͤben besser zu erhalten, und die nuͤzliche
Rolle, welche dieses Agens bei der Aufbewahrung des
Traubenmostes spielt, ließen mich hoffen, daß man aus diesem
Verfahren große Vortheile ziehen koͤnnte; Versuche im
Großen haben jedoch meine Vermuthung nicht bestaͤtigt und
die schwefliche Saͤure, an Statt die Erhaltung der
Wurzeln zu beguͤnstigen, macht sie im Gegentheil sehr
schnell in Faͤulniß uͤbergehenEs scheint, daß sich der Verfasser, ehe er diese
Abhandlung vollendete, mit diesem Gegenstande besonders
beschaͤftigte, denn am Schluß derselben wird
gerade das Gegentheil behauptet.A. d. R..
Nach dieser Thatsache moͤchte es scheinen, daß die
Runkelruͤbe als zweijaͤhrige Pflanze sich nur
durch die Lebenskraft erhaͤlt, welche sie im zweiten
Jahre ihrer Vegetation befruchten muß, und daß sie, wenn man
durch irgend ein Mittel dieses Leben der Pflanze vernichtet,
dann die Veraͤnderungen erleidet, welche das lezte
Stadium der Zersezung organischer Substanzen charakterisiren.
Die Verstuͤmmelung der Wurzel durch Abschneiden ihrer
Blattstiele und Fasern, die ihre Reproductions-Organe
bilden, sind nicht auf gleiche Weise nachtheilig, und es
scheint mir wohl erwiesen, daß diese Verstuͤmmelung die
Wirkung der Lebenskraft laͤhmt, ohne die Pflanze zu
toͤdten. So kann auch die Kraft, welche die
Gaͤhrung durch Veraͤnderung des Zukers
unterstuͤzt, bis zu einem gewissen Grade durch
Verstuͤmmelung der Organe, welcher sie sich bedient,
gelaͤhmt werden; aber man muß sich wohl huͤten,
sie zu vernichten.
Die Wurzeln erleiden bei der Aufbewahrung Veraͤnderungen,
welche das specifische Gewicht ihres Saftes, oft nur um ein
Geringes, oft aber auch betraͤchtlich vermindern. Durch
das Austroknen der Wurzel waͤhrend ihrer Aufbewahrung
wird die Verminderung der Dichtigkeit ihres Saftes
bemaͤntelt und dieselbe scheinbar erhoͤht.
Ich habe schon bemerkt, daß man nach Allem glauben muß, daß die
Salze mit Ammoniakbasis sich in den Wurzeln waͤhrend
ihrer Aufbewahrung bilden koͤnnen. Sie bilden sich in
noch groͤßerer Menge in den geduͤngten Wurzeln und
machen die Ausziehung des Zukers schwieriger. Einige haben
bemerkt, daß sich der Salpeter ebenfalls unter denselben
Umstaͤnden erst bilde; obgleich ich aber gern zugebe, daß
viele Wurzeln Salpeter enthalten, so muß ich doch gestehen, daß
ich keinen Grund einsehe, warum er sich waͤhrend ihrer
Aufbewahrung bilden soll.
Waͤhrend dieser Aufbewahrung erleiden die Wurzeln immer
einen betraͤchtlichen Gewichtsverlust, besonders wenn man
sie in luftige Magazine bringt. Dieser Verlust entsteht durch
die Gaͤhrung und besonders durch die Verduͤnstung
einer gewissen Menge Wassers; er kann auf 4 bis 5% steigen. Wenn
man Wurzeln aufbewahrt, denen noch viele Erde anhaͤngt,
so ist der Gewichtsverlust noch groͤßer, weil sich ein
Theil der Erde waͤhrend ihres Transportes von der Grube
zu der Reinigungswerkstaͤtte losreißt. Die HHrn. Blanquet und Harpignies schaͤzen den Verlust, welchen die
Runkelruͤbe von ihrer Erndte bis zur Zerreibung erleidet,
zu 17%. Dieser Verlust scheint mir uͤbertrieben, obgleich
diese Fabrikanten ihn aus zwei Jahre lang fortgesezten
Beobachtungen abgeleitet haben; uͤbrigens sieht man
leicht ein, welche Ursachen Irrthuͤmer in dergleichen
Beobachtungen bei einer Fabrikation im Großen bringen
koͤnnen.
Die Aufbewahrung der Ruͤben ist von allen Operationen die
wichtigste und vielleicht diejenige, welcher allgemein die
geringste Sorgfalt gewidmet wird. Von ihr haͤngt das
Gelingen aller ferneren Operationen ab, und wenn man bedenkt,
wie leicht man die gesunden Wurzeln bearbeitet, so sieht man
wohl ein, daß der Fabrikant kein Opfer scheuen darf, um sie so
zu erhalten.
Fabrikation des Zukers.
Reinigen oder Waschen der
Ruͤben. Das Reinigen hat hauptsaͤchlich den Zwek, die anhaͤngende Erde
und die faulen Theile wegzuschaffen. Wegen der lezteren ist es
besonders unumgaͤnglich noͤthig, wenn die
Ruͤben einige Zeit lang aufbewahrt worden sind. Dann kann
vor dem Waschen, welches bei frischen und vollkommen gesunden
Ruͤben ausreichen duͤrfte, die Reinigung mit dem
Messer nicht unterlassen werden, weil man durch leztere allein
die faulen Theile entfernen und versichert seyn kann, daß die in
Arbeit genommene Ruͤbe in einem Zustande ist, worin sie
gute Resultate gehen kann.
Hr. Hallette hat nach den Angaben im
Industriel eine
Cylinder-Waschmaschine gebaut, welche viel leistet und
ihren Zwek bei wenig Kraft und wenig Wasser vollkommen
erfuͤllt. Diese Waschmaschine, welche in dem
schoͤnen Etablissement zu Roclincourt bei Arras
hergestellt ist, wird durch eine Dampfmaschine vermittelst eines
Riemens in Bewegung gesezt. Hr. Champonnois, der Erfinder, empfahl zwei Abschnitte
einer Schnekenlinie an den beiden Enden des Cylinders
anzubringen, den einen, um die Ruͤben hineinzuschaffen,
den anderen, um sie auf eine geneigte Ebene herauszuwerfen. Ich
glaube, daß diese beiden Abschnitte unnuͤz waͤren,
denn die Ruͤben, welche an einem Ende hineinkommen,
suchen immer sich in horizontalen Lagen abzusezen, und dieses
Bestreben bringt sie bei der Umdrehung der Trommel immer von
einem Ende des Cylinders zum anderen. Denn man nun beide Enden
mit vier Kreuzhoͤlzern sich enden laͤßt, und von
den Ruͤben immer so viel zulaͤßt, daß sie mehr als
die Haͤlfte des Hohlraums des Cylinders einnehmen, so
wird es offenbar, daß, da die Achse des Cylinders auf den
Raͤndern des Kastens ruht, die Wurzeln nothwendig an
jenem Ende herauskommen muͤssen, das dem Ende
gegenuͤber steht, an welchem sie eintraten. Durch diese
Vorrichtung wuͤrde der Apparat weit einfacher werden, der
an und fuͤr sich schon, so wie Hr. Hallette denselben vorrichtete, sehr einfach ist.
Einige Fabrikanten haben das Waschen aufgegeben, in dem sie
vorgeben, es bringe Wasser in die Wurzeln, was aber schwer zu
beweisen seyn duͤrfte, denn alles Wasser, welches in das
Fleisch kommt, reducirt sich auf die geringe Menge desselben,
die nach dem Waschen noch die Oberflaͤche der Wurzeln
befeuchtet.
Zerreiben der
Runkelruͤben.
Das Zerreiben ist noch immer das einzige Mittel, welches man
anwenden kann, um den Saft von den Runkelruͤben
abzusondern. Offenbar leistet dieses rein mechanische Verfahren
nicht so Vollkommenes, als eine chemische Einwirkung erzweken
muͤßte, wodurch alle Zellen ohne Ausnahme angegriffen
wuͤrden, und man kann daher bei dem jezigen noch
unvollkommenen Zustande der Kunst den Saft und folglich den in
den Wurzeln enthaltenen Zuker nur unvollstaͤndig
ausziehen. In meiner lezten Abhandlung
haͤtte ich bemerkt, daß Hr. Champonnois Versuche uͤber das Auskochen (Cuisson) anstellte, welche ein gutes
Resultat gaben, wenn man die Vorsicht gebrauchte, die
ausgekochten Wurzeln in ganzen Stuͤken in die Sake zu
bringen. Ich habe in diesem Jahre den Versuch wiederholt und
schlechte Resultate erhalten, denn ich fand, daß die Wurzeln in
diesem Zustande nicht gepreßt werden koͤnnen, und der
Saft auch nicht gut gelaͤutert werden kann. Die Zeitungen
der Provinzen und von Paris haben angekuͤndigt, daß Hr.
Martin, Zukerfabrikant bei St.
Omer, eine neue Methode erfand, wodurch er 95% Saft aus den
Runkelruͤben ausziehen koͤnnte. Wahrscheinlich
haͤtte Hr. Martin bloß
Versuche, und zwar fruchtlose Versuche angestellt, denn es war
von seiner ferneren Bearbeitung dieses Gegenstandes nicht weiter
die Rede.
Doch darf man nicht glauben, daß diese Methode den Saft
auszuziehen ganz und gar unmoͤglich ist, denn die Zellen
werden dadurch wohl zertheilt, und es bleibt jezt nur noch ein
Verfahren auszufinden uͤbrig, wodurch man den Saft leicht
von dem Zellengewebe trennen und dann die Laͤuterung so
anstellen kann, daß man gute Resultate erhaͤlt.
Das Zerreiben ist also im gegenwaͤrtigen Augenblik noch
die einzige anwendbare Methode. Die Reibeisen, deren man sich
ausschließlich bedient, sind horizontale Walzen, die an ihrem
aͤußeren Umfange mit Saͤgeblaͤttern
versehen sind. Die Hobel, welche die Wurzeln gegen die
Zaͤhne dieser Saͤgeblaͤtter treiben, sind
so gestellt, daß die Achse der Wurzel, die sie treiben, sich dem
Cylinder in der Richtung des verlaͤngerten Halbmessers
darbietet. Diese Bedingung, unter welcher die
Runkelruͤben-Wurzel sich dem Reibeisen darbieten
muß, ist aus zwei Gruͤnden wichtig: 1)weil dann schneller
und besser gerieben wird, als unter jeder anderen Richtung; 2)
weil das Stuͤk, welches dann nach dem Zerreiben noch von
der Wurzel uͤbrig bleibt, dadurch so klein wird, als nur
immer moͤglich ist: denn es kann nichts anderes mehr
uͤbrig bleiben, als eine Scheibe, die auf der Achse
senkrecht steht.
Man gibt der Walze gewoͤhnlich eine sehr große
Geschwindigkeit. Geschwindigkeit ist hier wirklich eine der
Hauptbedingungen, unter welchen allein die Arbeit gut und
schnell von Statten gehen kann. Sechshundert Umdrehungen in
Einer Minute scheinen indessen genug, selbst wenn das Reibeisen
einen Fuß im Durchmesser hat.
Das Modell des Hrn. Thierry, das man
allgemein nachzuahmen und zu verbessern suchte, haͤtte
einen Cylinder von Einem Fuß Breite und zwei Fuß im Durchmesser.
Hr. Hallette hat den Durchmesser auf
Einen Fuß herabgesezt, unter der Voraussezung, die Reibung des
Werkzeuges dadurch zu vermindern. Ich habe hieruͤber
keine Erfahrung, indessen wurde diese Verminderung des
Durchmessers des Cylinders auf eine sehr
verstaͤndige Weise vorgenommen, d.h. man ließ ihm
dieselbe Anzahl von Saͤgeblaͤttern. Die reibende
Oberflaͤche ward also dadurch nicht
veraͤndert.
Man gab bisher dem Reibeisen seine Bewegung mittelst einer
Roßmuͤhle und eines doppelten Getriebes: erst in den
neueren Zeiten hat man einen Laufriemen angewendet, und zwar mit
Vortheil. Auf diese Weise werden die Reibeisen auf den
Muͤhlen der HHrn. Wery und Peuviou zu Lille, des Hrn. Amoire zu Saultin, des Hrn. Ledru und Comp. zu Roye, des Hrn. Montauvill zu Domfront getrieben.
Man verfertigt auch die Walzen und die Gestelle aus Gußeisen. Die
Weise, wie die Saͤgeblaͤtter auf den Walzen
angebracht werden, ist gleichfalls verschieden. Eine der
einfachsten Methoden, die mir noch bekannt geworden ist, zeigt
Fig. 17 und 18 auf Taf. 33Die Figuren fehlen in dem April- und Maiheft des
Industriel und kommen
nicht vor; wenn sie in einem spaͤteren Hefte noch
erscheinen sollten, so werden wir sie nachtragen.A. d. Red.. Die Walze, die aus Gußeisen, und deren Umfang voll ist,
hat zwei hervorragende Halsstuͤke aa, in welcher man auf der
Drehebank zwei kreisfoͤrmige Furchen ausdreht. Die Walze
fuͤhrt, stellenweise, korrespondirende Oeffnungen, wie
ccc. In diese beiden
Furchen bringt man die Saͤgeblaͤtter, und stellt
sie darin mit ihren beiden Enden fest. Sie werden mittelst
hoͤlzerner Lager von einander getrennt, die gleichfalls
in obige Furchen eingreifen, und mittelst Keilen festgehalten,
die durch die Loͤcher cc laufen, so daß man sie leicht herausnehmen kann,
wenn sie einer Ausbesserung beduͤrfen. Das Einsezen und
Herausnehmen dieser Saͤgeblaͤtter auf den
Cylindern geschieht sehr leicht. Die HHrn. Molard d. jung, und Hr. Moulfarine haben diese Vorrichtung
ausgefuͤhrt.
Man kann auch Reibwalzen verfertigen, deren Cylinder und Gestell
aus Holz ist. Die Saͤgeblaͤtter lassen sich auf
den hoͤlzernen Cylinder entweder mittelst ihrer
Zuͤge einsezen, oder man kann auch diese Blaͤtter
auf dem Umfange der Walze mittelst hoͤlzerner Lager
vereinigen, die mit drei Schrauben auf dem Cylinder festgehalten
werden. Solche Walzen sind aͤußerst wohlfeil und taugen
sehr gut fuͤr aͤrmere Landwirthe, fuͤr
bloße Bauern, bei welchen Einfachheit und Wohlfeilheit der
Instrumente eine unerlaͤßliche Bedingung ist.
Auspressen des Saftes.
Um den Saft auszuziehen, fuͤllt man das zerriebene Fleisch
in Saͤke, die man mit Weidenflechtwerk umgibt und unter
die Presse bringt. Man bedient sich meistentheils der
hydraulischen Presse, weil sie leicht zu handhaben
ist, eine große Kraft ausuͤbt und dabei schnell in Gang
gesezt werden kann.
In den großen Etablissements verbindet man die Pumpen durch
Kurbeln oder mit Laufbaͤndern versehene Flaschen mit dem
Goͤpel und sezt so die Presse in Bewegung. Man liebt die
doppelten Injectionspumpen mit abwechselnder Bewegung wegen
ihres staͤtigen und regelmaͤßigen Widerstandes.
Wenn man diese Pumpen durch Menschenkraft bewegen lassen will,
ist ein Wagebalken, an dessen beide Enden man zwei Menschen
hinstellt, unumgaͤnglich noͤthig. Im lezteren
Falle ist eine einzige Pumpe vorzuziehen, weil sie weniger
kostet.
Eine einzige Injectionspumpe mit doppeltem Koͤrper reicht
fuͤr zwei Pressen sehr wohl aus, weil bei der Fabrikation
niemals beide Pressen zugleich gehen, sondern nur immer eine
davon eine Ladung erhaͤlt.
Man hat in der lezteren Zeit Runkelruͤben-Pressen
von einer Kraft construirt, welche die erforderliche bei weitem
uͤbersteigt; so spricht man von einem Druk von 5 bis 6000
Zentnern. Ich bin noch immer der Meinung, daß eine Presse,
welche einen Druk von 2000 bis 2500 Zentnern ausuͤbt, und
die durch einen Staͤmpel von 7 bis 8 Zoll recht gut in
Gang gesezt werden kann, fuͤr die Saͤke von
allgemein uͤblicher Groͤße hinreichend ist.
Uebrigens ist es sehr schwierig, den Druk, welchen diese
Maschine ausuͤbt, genau zu erfahren, und er wird bloß
nach einer Methode berechnet, welche die Mechaniker leicht
falsch anwenden koͤnnen und die sich immer weit von der
Wirklichkeit entfernt, weil sie ein absolutes Gleichgewicht
voraussezt.
Man hat in der lezteren Zeit eine Schraubenpresse von der
Erfindung des Hrn. Revillon
empfohlenSie ist im polyt. Journ. Bd. XXVIII. S.
397 beschrieben. Man vergl. auch Bd. XXX. S.
407.A. d. Red.. Diese Presse unterscheidet sich von den
gewoͤhnlichen Schraubenpressen bloß dadurch, daß dabei an
Statt der Bewegung durch Druk, eine Reihe von Stoͤßen
angewandt wird, deren Staͤrke in der That
unbegraͤnzt ist (?). Man hat diesen Apparat
uͤbermaͤßig geruͤhmt und ihm eine magische
Kraft zugeschrieben. Wenn man aber sein Princip, seine
Construction und seine Wirkung genau untersucht, so findet man,
daß er mit der gewoͤhnlichen Schraubenpresse identisch
ist, daß die Kraft, welche er ausuͤben kann, wie
diejenige aller Pressen, durch den Widerstand der Materialien,
woraus er besteht, begraͤnzt ist, und daß er sich bloß
durch den Mechanismus unterscheidet, welcher mit einer schwachen
Kraft eine große Wirkung, aber mit geringer Geschwindigkeit zu
erhalten gestattet. Er arbeitet nicht schneller als die
Hebelpressen, und wenn er eine groͤßere Kraft
ausuͤben kann, so geschieht dieß auf Kosten der
Geschwindigkeit.
Diese Presse ist jedoch eben so einfach wie die
gewoͤhnliche Schraubenpresse und verdient in dieser
Beziehung die Aufmerksamkeit der Landwirthe. Ihr Mechanismus
liegt vor Augen; sie braucht nicht so oft ausgebessert zu werden
und kommt nicht so leicht in Unordnung wie die hydraulische
Presse. Diese Presse duͤrfte daher in vielen
Localitaͤten, welche von den mechanischen
Werkstaͤtten weit entfernt sind, mit Vortheil angewandt
werden koͤnnen.
In unserer lezten Abhandlung erwaͤhnten wir einer
Beobachtung, welche die HHrn. Cazalis
und Cordier zu Saint-Quentin
machten. Wenn man naͤmlich zwei hydraulische Pressen,
wovon die eine das Maximum ihrer Wirkung erreicht hat,
waͤhrend die andere ihre Ladung hat, mit einander in
Wechselwirkung sezt, so macht die eine in diesem Falle die
andere auf eine gewisse Hoͤhe steigen, welche gleich der
Haͤlfte des Laufes des Staͤmpels ist. Wir suchten
uns Anfangs diese Erscheinung durch die Elasticitaͤt und
Zusammendruͤkbarkeit des Wassers zu erklaͤren, was
aber ungenuͤgend ist. Seitdem erfuhren wir, daß die
Hauptursache dieser Erscheinung die Elasticitaͤt der
Weidenflechten ist, die, nachdem sie in einer der Pressen
zusammengedruͤkt worden sind, Elasticitaͤt genug
haben, um die beobachtete Wirkung hervorzubringen. Dieses
Verfahren kann also sehr vortheilhaft seyn, weil dabei eine
Kraft benuͤzt wird, welche bei den gewoͤhnlichen
Anordnungen ganz verloren geht.
Zur Verfertigung der Saͤke nimmt man am besten eine
Leinewand, welche sehr rein und aus sehr festem Zwirn, oder
besser noch aus sehr feinem Bindfaden verfertigt ist.
In einigen Fabriken hat man die sogenannten Fuͤhrer (guides), welche zur Anordnung der
Saͤke auf die Platte der Presse dienten, aufgegeben, weil
man bemerkte, daß diese Fuͤhrer die
Nachlaͤssigkeit der Arbeiter bei dem Auflegen der
Saͤke beguͤnstigten, und daß folglich die
seitwaͤrts gegen die Fuͤhrer umgeschlagenen
Weidenflechten schnell zerstoͤrt wurden und ein
unvollstaͤndig und ungleichfoͤrmig ausgepreßtes
Fleisch gaben. Wenn keine Fuͤhrer mehr vorhanden sind,
muͤssen die Arbeiter bei der Zurichtung der Saͤke
sehr sorgfaͤltig und sehr aufmerksam seyn, weil sie
ohnedieß das Fleisch nicht vollkommen auspressen
koͤnnten, ohne es der Pressung zu wiederholten Malen zu
unterziehen; dann wird aber der Director ihre
Nachlaͤssigkeit oder Ungeschiklichkeit bald gewahr
werden. In diesem Falle darf man nicht zu viele Saͤke und
Flechten aus einander aufschichten und die Saͤke auch
nicht zu sehr mit Mark anfuͤllen, denn lezteres wird
immer so besser ausgepreßt, je weniger in die Saͤke davon
gebracht worden ist. In vielen Fabriken begeht man den Fehler, zu schnell zu pressen; der Saft hat dann nicht Zeit
genug zum Abtropfen und das Mark wird nicht vollkommen
ausgepreßt. Zu einer zwekmaͤßigen Pressung muß man
wenigstens 20 bis 25 Minuten verwenden.
Man hat das flache Beken zum Auflegen der Saͤke
vorteilhaft durch eine gußeiserne Platte ersezt, welche auf
einer in ihrer Mitte befestigten Roͤhre beweglich ist.
Diese ungefaͤhr 2 1/2 Fuß hoch erhoͤhte Platte hat
einen erhabenen Rand und ihre Oberflaͤche neigt sich in
allen Richtungen gegen die Mitte, wo sich eine
Abflußroͤhre befindet, welche den sich abscheidenden Saft
aufnimmt und in das Saftbeken faͤhrt. Diese Platte hat
eine laͤngliche Form, so daß man zwei Schichten von
Saͤken auflegen kann. Eine der beiden auszupressenden
Schichten befindet sich immer an dem der Reibmaschine nahen
Ende, und wenn sie ausgepreßt ist, kann man durch eine Drehung
der Platte diese Schichte von den Pressen wegschieben und eine
andere dafuͤr aufsezen. Eine solche Platte ist endlich
auch viel bequemer als das flache fixe Beken und die auf
Raͤdern beweglichen Beken, welche nach diesen in Gebrauch
kamen.
Bei der Ausuͤbung eines besonderen
Fabrikations-Systems fand ich es vorteilhaft, das Mark in
den Saͤken selbst auszuwaschen und ich erhielt dadurch
noch 10 bis 12 Procent (auf den Gehalt des anfaͤnglichen
reducirten) Saft.
Ueber die Triebkraft fuͤr die
Reibmaschine und die Pressen.
Die beste und wohlfeilste Triebkraft fuͤr die
Runkelruͤbenzuker-Fabriken ist ein
Ochsen-Goͤpel, weil man bei der Fabrikation eine
gesunde Nahrung fuͤr die Ochsen in reichlicher Menge
erhaͤlt und die Unterhaltung und Ausbesserung einer
solchen Triebkraft so einfach ist, daß sie von den Feldarbeitern
sehr wohl besorgt werden kann. Von den Dampfmaschinen, welche
man in die Zukerfabriken einzufuͤhren gesucht hat, kann
man dieses nicht sagen. Die Unterbrechung der Arbeiten, die
complicirte Einrichtung der Maschine, das groͤßere
Kapital, welches ihre Anschaffung erheischt, die mehr Sorgfalt
erfordernde und schwierigere Unterhaltung, schließen diese
Triebkraft von den Zukerfabriken aus und machen sie nur in
großen Etablissements, an Orten anwendbar, wo das Brennmaterial
wohlfeil ist und wo man wegen der Naͤhe der mechanischen
Werkstaͤtten sie schnell und leicht wieder ausbessern
kann. Sonst ist uͤberall der Goͤpel die einzige
annehmbare Triebkraft.
Die Wasserfaͤlle, welche man sich an vielen Orten wohlfeil
verschaffen kann, wurden ebenfalls empfohlen; wenn man davon
Gebrauch machen will, muß man versichert seyn,
daß man waͤhrend der ganzen Dauer der Arbeit keinen
Wassermangel leidet, und auch das Gefrieren des Wassers nicht zu
befuͤrchten ist. Da leztere Bedingung unmoͤglich
ist, so muß man auf die hydraulischen Triebkraͤfte
verzichten. Die Windmuͤhlen sind wegen ihrer
Unbestaͤndigkeit in den Zuckerfabriken ebenfalls nicht
anwendbar.
Durch den Goͤpel sezt man die Reibmaschine, die
hydraulischen Pressen und die Waschmaschine in Bewegung. In
vielen landwirthschaftlichen Etablissements wird nur die
Reibmaschine durch den Goͤpel bewegt. Sie erfordert 3 bis
4 Pferdekraͤfte, eine doppelte Pumpe aber nur Eine
Pferdekraft. Man findet in einigen Zukerfabriken Goͤpel,
welche durch acht Ochsen getrieben werden, die aber etwas
unbequem sind, und es ist moͤglich, daß in diesem Falle
eine Dampfmaschine passender waͤre.
Laͤuterung des Saftes.
Der Zwek der Laͤuterung ist, die Substanzen in dem Safte,
welche dem Zuker fremdartig sind und seine Abscheidung
erschweren, entweder abzusondern, oder mit Koͤrpern in
Verbindung zu bringen, welche bestaͤndigere und den
beabsichtigten Resultaten weniger nachtheilige Verbindungen
bilden koͤnnen. Zu diesem Ende befolgt man heute zu Tage
drei verschiedene Verfahrungsweisen, welche ich mit den
Benennungen: Verfahren der Colonien, franzoͤsisches
Verfahren und Archand'sches Verfahren bezeichnen will.
Verfahren der Colonien.
Dieses Verfahren beschraͤnkt sich auf die Anwendung des
Kalks und schließt den Gebrauch der Schwefelsaͤure ganz
aus. Es eignet sich fuͤr diejenigen Ruͤbensorten,
welche nur eine geringe Menge Kalisalze enthalten. Ich glaube,
daß dieß bei den in einem fruchtbaren Erdreiche angebauten und
stark geduͤngten Wurzeln der Fall ist: diese enthalten
auch gewoͤhnlich sehr viele Ammoniaksalze mit
Pflanzensaͤuren. Wenn dieß wirklich sich so
verhaͤlt, so muß man annehmen, daß der Duͤnger bei
den Runkelruͤben die Ammoniak-Erzeugung
beguͤnstigt und der Entwikelung von Kali sehr wenig
guͤnstig ist. Der in den Saft gebrachte Kalk
schlaͤgt organische Substanzen nieder und bildet außerdem
mit mehreren Pflanzensaͤuren, welche in der Ruͤbe
durch Kali und Ammoniak neutralisirt sind, unaufloͤsliche
Salze. Diese beiden Alkalien muͤssen also in dem
gelaͤuterten Saft frei werden. Das Kali kann nur durch
die Unaufloͤslichkeit der gebildeten Kalksalze frei
werden, die Salze des Ammoniaks werden hingegen alle ohne
Ausnahme durch Kalk zersezt. Wenn also der Saft alkalisch wird,
so ruͤhrt dieß von Kali oder von Ammoniak, oder von
beiden zugleich her, denn von Kalkerde ist darin,
wie ich mich durch directe Versuche uͤberzeugt habe,
meistens fast gar nichts enthalten.
Wenn das in dem Saft vorherrschende Alkali bloß Ammoniak ist und
er nur sehr wenig Kali enthaͤlt, so kann man ihn nicht
mit Saͤure versezen, denn sonst wuͤrde sich
waͤhrend seiner Concentration ein saures schwefelsaures
Ammoniak bilden und lezteres durch seinen
Saͤureuͤberschuß aus den in dem Saft
aufgeloͤsten Salzen mehrere Saͤuren in Freiheit
sezen. Diese Saͤuren sind, wir wiederholen es,
Aepfelsaͤure, Gallertsaͤure, Salzsaͤure und
meistens auch Salpetersaͤure, die entweder von der Wurzel
herruͤhrt oder durch die Schwefelsaͤure in den
Saft gebracht wurdeEs scheint mir sehr wahrscheinlich, daß die
kaͤufliche Schwefelsaͤure oft
Salpetersaͤure enthaͤlt; ich habe
daruͤber einige Versuche angestellt, da aber das
dabei beobachtete Verfahren von der Art war, daß es mich
haͤtte irre leiten koͤnnen, so kann ich es
noch nicht positiv behaupten.A. d. O.. (Weiter oben S. 175. wurden die Nachtheile dieser
Agentien angegeben.)
Wenn der Saft so durch bloßen Kalk gelaͤutert worden ist,
ist er immer stark alkalisch und man muß sich wohl
huͤten, ihm die thierischen Kohlen von der
Klaͤrung zuzusezen, was in einigen Fabriken geschieht.
Dieses Verfahren ist bequem, um die Kohlen auszuwaschen, aber es
gibt schlechte Resultate. Denn der Saft, welcher auf diese Art
gelaͤutert worden ist, wuͤrde stark alkalisch
werden und schwer zu concentriren seyn, weil die Alkalien die
Eigenschaft haben, die Faͤrbestoffe aus der Kohle zu
verdraͤngenMan weiß schon seit langer Zeit, daß die thierische Kohle
dem Wasser den Kalk entzieht; ich habe durch diese
Thatsache die Beobachtung erklaͤrt, daß zur
Neutralisation des mit Kohle behandelten Saftes weniger
Saͤure erforderlich ist, aber man wußte bisher
nicht, daß die Kohle alle Alkalien nach Art der
Saͤuren neutralisirt. Ich hatte dieses schon vor
laͤngerer Zeit vermuthet, was eine Note in meinem
Werke S. 258. beweist; seitdem habe ich mich davon durch
directe Versuche uͤberzeugt; die erhaltenen
Resultate lassen mich sogar glauben, daß die Kohle sich
mit den Basen in bestimmten Verhaͤltnissen
verbindet. Es wundert mich, daß Hr. Bussy, welcher in seiner
vortrefflichen Abhandlung uͤber die thierischen
Kohlen (polyt. Journ. Bd. IX. S. 206.) die Einwirkung der Alkalien
auf die mit Faͤrbestoffen uͤberladene
Kohle so gut beobachtete, es wundert mich, sage ich, daß
Hr. Bussy nicht auf dasselbe
Resultat geleitet wurde, welches ich jezt mittheile;
denn er nimmt an, daß das Alkali der Kohle den
Faͤrbestoff dadurch entzieht, daß es sich mit
demselben verbindet, waͤhrend in der That das
Alkali den Faͤrbestoff in der Kohle
verdraͤngt.A. d. O. und außerdem das Kali die Eigenschaft hat, den
Eiweißstoff aufzuloͤsen und damit eine klebrichte
Verbindung zu bilden, welche das Abdampfen schaͤumend und
das Verkochen sehr schwierig macht.
Man hat bemerkt, daß man bei der Laͤuterung mit Kalk bald
flokige, bald sehr zertheilte Niederschlaͤge
erhaͤlt. Zu dieser Beschaffenheit des Niederschlages
traͤgt nach meiner Erfahrung unter Anderem das
Verhaͤltniß des in der angewandten Kalkmilch enthaltenen
Wassers bei; denn wenn sie verduͤnnt
ist, so faͤllt der Niederschlag fein, im Gegentheile
kluͤmprig aus.
Die Klumpen, welche durch den Kalk in dem Safte gebildet werden,
huͤllen immer den Kalk ein, welcher nicht wirkt, so daß
man sie mit den Klumpen vergleichen kann, welche das Eiweiß bei
der Klaͤrung hervorbringt; sie huͤllen Alles ein
und ziehen Alles mit sich, was der Saft in dem Augenblike, wo
sie sich bilden, Unaufloͤsliches enthaͤlt. Durch
diese Beschaffenheit der Klumpen werden uns andere Erscheinungen
erklaͤrbar.
Den Kalk sezt man allgemein dann zu, wenn die Temperatur der
Fluͤssigkeit zwischen dem 70sten und 85sten Grad des
hundertheiligen Thermometers (zwischen 60 und 68°
Reaumuͤr) ist; doch bringt es keinen Nachtheil, wenn man
ihn schon fruͤher und wie ich gefunden habe, sogar in der
Kaͤlte zusezt; nur muß man dann von Zeit zu Zeit
umruͤhren, damit der Niederschlag nicht auf den Boden
faͤllt und sich an den Kessel anhaͤngt.
Gewoͤhnlich erhizt man die Fluͤssigkeit bis zum
Kochen; ich fand es aber nicht nachtheilig, wenn das Feuer schon
fruͤher entfernt wird, sobald naͤmlich die
Laͤuterung vollstaͤndig erfolgt ist, wovon man
sich durch die allgemein uͤblichen Proben
uͤberzeugt haben muß; so hoͤrte ich ohne Nachtheil
auf, die Fluͤssigkeit zu erhizen, als sie bei einer
Temperatur von 85° C. (68° R.) sich vollkommen
gelaͤutert zeigte. Ich bemerkte sogar, daß ein auf diese
Art gelaͤuterter Saft eben so klar und weniger stark
gefaͤrbt ist, als gewoͤhnlicher. Bisweilen habe
ich es auch vortheilhaft gefunden dem Safte 500 Grammen
thierische Kohle auf das Hektoliter zuzusezen, um den
Niederschlag dichter zu machen, damit er sich desto besser
absezt; die Kohle muß aber dann unmittelbar nach dem Kalk
zugesezt werden.
Bei der Behandlung des Kalkes, welcher zur Laͤuterung
dient, verfaͤhrt man in allen Fabriken auf eine sehr
fehlerhafte Weise. Denn der Kalk, so wie er aus dem Ofen kommt,
also in gebranntem Zustande, zieht
die Feuchtigkeit sehr stark an sich und vermehrt daher unter den
Umstaͤnden, wie man ihn gewoͤhnlich aufbewahrt,
durch Anziehen von Feuchtigkeit aus der Luft, sein Gewicht von
Tag zu Tag. Das Gewicht Kalk, welches man heute aus dem Magazine
nimmt, ist daher morgen nicht mehr dasselbe, woher die vielen
Abaͤnderungen in der Dosis und die wandelbaren Resultate
kommen. Außerdem ist der Kalk auch oft wegen des
ungleichfoͤrmigen Brennens von sehr verschiedenartiger
Beschaffenheit, und es finden sich nicht selten mitten in einer
kleinen Anzahl von Kalkstuͤken mehrere Stuͤke,
welche sich entweder nicht loͤschen oder wenn sie sich
loͤschen, unvollkommen zerfallen, wodurch ebenfalls
wieder Anomalien verursacht werden. Um diesen
Nachtheilen, welche man nicht vollstaͤndig beseitigen
kann, moͤglichst zu begegnen, fand ich es
zwekmaͤßig, allen meinen Kalk vor dem Gebrauch zu
loͤschen. Zu diesem Ende bringt man ihn in einen Korb,
welchen man wiederholt in Wasser taucht, bis die Stuͤke
das Wasser nicht mehr einsaugen. Man legt sie dann auf einen
geplatteten Boden oder in einen Kasten von Mauerwerk und bedekt
sie einige Stunden, bis sie moͤglichst
vollstaͤndig zerfallen sind. Ich siebe dann dieses
Hydrat, welches vollkommen troken ist, durch ein Haarsieb und
verschließe es in Tonnen, welche ich so gut als moͤglich
gegen den Luftzutritt verwahre. Wenn der Kalk in diesem Zustande
abgewogen wird, gibt er constantere Resultate, indessen fallen
sie selten, auch bei diesem Verfahren, ganz gleich aus. Ich
schreibe diese Anomalien der verschiedenartigen Zertheilung des
Hydrates zu, welche noch betraͤchtlich genug ist, auch
wenn es durch ein Seidensieb geschlagen wurde. Ich versuchte den
Hydratgehalt des Kalkes durch ein alkalimetrisches Verfahren zu
bestimmen, erhielt aber nur schwierig annaͤhernde
Schaͤzungen. Man muß sich also damit begnuͤgen,
auf die angegebene Weise bereitetes Kalkhydrat anzuwenden und es
an einem trokenen Orte, gegen den Zutritt der Luft
geschuͤzt, aufbewahren. Das Gewicht des
geloͤschten Kalkes verhaͤlt sich zu dem des
gebrannten beilaͤufig = 4 : 3.
Nur wenige Fabrikanten befolgen das Verfahren der Colonien ohne
alle Abaͤnderungen. Hr. Oudart, einer unserer geschiktesten, wendet es mit
guͤnstigem Erfolg an; es scheint aber, daß er doch
bisweilen bei dem Verkochen, wenn dieses Schwierigkeiten
darbietet, Saͤure zusezen muß. Die Krystalle des Zukers,
welcher nach diesem Verfahren dargestellt wird (wenn es anders
die Beschaffenheit der Wurzel zulaͤßt), haben eine
Festigkeit, wie man sie nie in dem Maße bei dem nach anderen
Methoden bereiteten Zuker findet; aber sie zeichnen sich durch
einen eigenthuͤmlichen Geschmak aus; auch eignen sie sich
sehr gut zum Raffiniren und werden dazu als eine der besten
Sorten von Runkelruͤbenzuker gesucht. Die Melassen,
welche man durch dieses Verfahren erhaͤlt, haben außerdem
einen außerordentlich unangenehmen Geschmak.
Wenn die nach dieser Methode bearbeiteten Wurzeln eine
betraͤchtliche Menge Kali enthalten und wenn außerdem
genug Kalk angewandt wurde, um dieses Kali in Freiheit zu
sezenWenn der Runkelruͤbensaft Salze enthaͤlt,
welche sowohl Kali als Ammoniak zur Basis haben, so muß
der Kalk, welchen man zusezt, zuerst die Ammoniaksalze
zersezen und das Kali wird erst zulezt frei gemacht.A. d. O., so kann es sich treffen, daß die Klaͤrung mit
Eiweiß nicht gut erfolgt, indem das Eiweiß sich nicht
kluͤmpert und das Filtriren unmoͤglich wird. Ich
habe diese Thatsache schon in meinem Werke angefuͤhrt und
die Mittel angegeben, wodurch man sich helfen kannDamals schrieb ich die Ursache davon irrigerweise dem
Kalk zu; meine lezten Versuche beweisen, daß diese
Erscheinung durch das Kali hervorgebracht wird.A. d. O., welche darin bestehen, entweder den Saft zu
neutralisiren, oder die Anwendung des Eiweißes ganz zu
unterlassen. Es ist das Kali, welches sich der Gerinnung des
Eiweißes widersezt, indem es damit eine aufloͤsliche und
klebrige Verbindung bildet; diese Erscheinung ist jedoch bei der
Klaͤrung nur dann recht merkich, wann das
Verhaͤltniß des freien Kalis etwas betraͤchtlich
ist; wenn nur eine geringe Menge Kali vorherrscht, bildet sich
die klebrige Verbindung zwar auch auf Kosten einer
entsprechenden Menge Eiweißes, aber der Rest desselben gerinnt
und bewirkt die Klaͤrung; in diesem Falle kann man zwar
wohl filtriren, wollte man aber den geklaͤrten Saft,
welcher die Verbindung des Kalis mit Eiweiß enthaͤlt,
verkochen, so wuͤrde das Verkochen bis zu den lezten
Graden wohl vor sich gehen, dann aber die Masse so
schaͤumend werden, daß keine Verdunstung mehr Statt
findet. Man kann sich alsdann durch Zusaz einer Saͤure
helfen, worauf sich der eiweißhaltige Schaum an den ruhigen
Stellen des Kessels ansammelt. Ich hatte schon in meinem Werke
im J. 1825 diese Schwierigkeiten angegeben und um ihnen
abzuhelfen, vorgeschlagen, mit Huͤlfe eines
eigenthuͤmlichen, von mir beschriebenen Filters, den
Gebrauch des Eiweißes zu unterlassen. Hr. Clémendot schreibt diese Schwierigkeit dem
freien Kali des Saftes und dessen Verwandtschaft zum Wasser zu;
diese Erklaͤrung ist aber ganz und gar unannehmbar. Sie
wuͤrde außerdem auch nicht die Verbesserung des Nebels
durch Weglassen des Eiweißes und eben so wenig die Bildung eines
eiweißhaltigen Schaumes in dem von uns angegebenen Falle,
erklaͤren; andererseits ist sie auch mit einer wohl
bekannten Thatsache im Widerspruche: daß naͤmlich die
Alkalien, wenn man sie allein anwendet, das Verkochen des
Syrupes nicht verhindern, sondern es im Gegentheil
beguͤnstigen und außerdem die Krystallisation fester
machen. Wenigstens ist dieß bei dem Kalk und dem Kali der Fall.
Diese Wirkung des Kalis ist den Colonien wohl bekannt und man
hat dort oft Holzasche, zugleich mit Kalk, zugesezt, um die
Arbeit zu erleichtern.
Man begreift uͤbrigens, daß bei dem
Laͤuterungs-Verfahren der Colonien alles durch den
Kalk in Freiheit gesezte Ammoniak waͤhrend des Abdampfens
und des Verkochens verjagt wird. Ein Verfahren, wobei der Syrup
von dem Anfange der Laͤuterung bis zum Verkochen immer
alkalisch ist, gibt aber den gefaͤrbtesten Syrup. Dessen
ungeachtet ist der daraus erhaltene Zuker, wenn bei dem
Verkochen, Erkaͤlten und der Anwendung der Formen
gehoͤrig verfahren wurde, sehr fest, laͤßt sich
leicht reinigen und ist weniger gefaͤrbt, als man es nach
seiner Mutterlauge haͤtte erwarten sollen. Auch ist der
Zuker dann sehr troken, in großen Koͤrnern, und kracht
unter den Zaͤhnen.
Franzoͤsisches
Verfahren.
Dieses Verfahren besteht darin, Schwefelsaͤure unmittelbar
nach dem Kalk in den Laͤuterungskessel zu bringen; allein
es ist so, wie ich es in meinem Werke beschrieben habe, ganz
fehlerhaft. Ich empfahl bei diesem Verfahren die
Laͤuterung mit Kalk gerade so vorzunehmen, als wenn man
nur diesen anwenden wollte; dieser Gang ist immer gut und muß
befolgt werden, allein die Saͤure darf man, wenn
zwekmaͤßig verfahren werden soll, nicht in dem
Laͤuterungskessel zusezen. Da der mit Kalk
gelaͤuterte Saft entweder gar keinen oder doch nur sehr
wenig Kalk aufgeloͤst enthaͤlt, so duͤrfte
man deßwegen kein Bedenken tragen dem klar abgezogenen Saft
Schwefelsaͤure (z.B. bei dem Abdampfen) zuzusezen; allein
wenn dieser Zusaz gute Resultate geben soll, so darf nur so viel
Saͤure angewandt werden, als noͤthig ist, um die
außer dem Ammoniak vorhandenen Alkalien zu neutralisiren; indem
jenes vollstaͤndig durch die Abdampfung verjagt werden
muß. Um diese Quantitaͤt auszumitteln, habe ich folgendes
Verfahren mit gutem Erfolg angewandt:
Ich mache eine Laͤuterung mit Kalk allein, decantire dann
die Fluͤssigkeit, um sie zu concentriren, und dampfe
meinen ersten Kessel ohne Saͤure zuzusezen, bis zur
Klaͤrungsdichtigkeit (wo der heiße Saft ungefaͤhr
28° am Araͤometer zeigt) ab, wo sodann das
Ammoniak fast gaͤnzlich verjagt ist und die alkalischen
Eigenschaften des Saftes beinahe nur von Kali herruͤhren;
ich seze dann so lange verduͤnnte Saͤure zu, bis
das Alkali nur mehr schwach vorherrscht und bemerke mir zugleich
die Quantitaͤt der angewandten Saͤure. Sobald das
Verhaͤltniß der Saͤure ausgemittelt ist, kann man
sie ohne Nachtheil dem gelaͤuterten Safte in dem
Augenblike zusezen, wo man ihn in den Abdampfungskessel gießt.
Dadurch ist man sicher, daß nicht die geringste Menge Ammoniak
gesaͤttigt wird und daher der Saft weder bei dem
Abdampfen, noch bei dem Verkochen sauer wird. Wenn man die
Arbeit lange fortsezt, so ist es gut, von Zeit zu Zeit
versuchsweise eine Abdampfung ohne Saͤure vorzunehmen und
vor der Klaͤrung zu neutralisiren, um zu erfahren, ob das
Saͤureverhaͤltniß noch immer zwekmaͤßig
ist. Dieser Versuch ist besonders noͤthig, wenn man die
Ruͤben wechselt. Die braune Farbe des Syrups ist bei den
Versuchen mit gefaͤrbten Reagentien Behufs der
Neutralisation sehr hinderlich, und man kann sich in
diesem Falle dadurch helfen, daß man den Syrup mit ein wenig
Wasser verduͤnnt. Bei einiger Uebung kann man
uͤbrigens die Neutralisation nach dem bloßen Geschmak des
Syrups annaͤherungsweise bewerkstelligen, ein Mittel, zu
dem ich oͤfters mit gutem Erfolg meine Zuflucht nahm,
weil mir die gefaͤrbten Reagentien, wenn ich den Versuch
nicht beim Tageslichte anstellte, von keinem Nuzen seyn
konnten.
Die zur Neutralisation des Kalis erforderliche
Saͤuremenge, nach der angegebenen Methode bestimmt,
faͤllt bei verschiedenen Syrupen sehr verschieden aus. Es
verdient bemerkt zu werden, daß gegen das Ende der Arbeit, wo
eine groͤßere Menge Kalk angewandt werden muß, weniger
Saͤure noͤthig ist, eine Erscheinung, welche man
bloß durch die Annahme erklaͤren kann, daß sich in dem
Saft Ammoniak bildet. In vielen Fabriken, wo man das
Verhaͤltniß der Saͤure nach einer Methode
ausmittelte, welche keiner solchen Genauigkeit, wie die von mir
angegebene faͤhig ist, hat man ebenfalls bemerkt, daß
gegen das Ende der Arbeit mehr Kalk und weniger Saͤure
erforderlich ist, um gute Resultate zu erzielen.
Wenn man die Absicht hat, den Saft zu verkochen, so kann man, wie
ich bereits bemerkt habe, das Ammoniak deßwegen nicht
neutralisiren, weil sich das neutrale schwefelsaure Ammoniak in
ein saures Salz umaͤndert. In gewissen Faͤllen
erfolgt die Saͤuerung des schwefelsauren Ammoniaks erst
waͤhrend des Verkochens und oft sogar erst gegen das Ende
desselben; der Syrup verkocht alsdann leicht, nimmt eine braune
Farbe und den Geschmak des geschmolzenen Zukers an und
krystallisirt schnell; der daraus erhaltene Zuker hat endlich
alle Fehler eines durch Verkochen von saurem Syrup erhaltenen
Zukers.
Ich habe mit hinreichendem Erfolge an Statt der
Schwefelsaͤure zur Neutralisation des Kalis unreine
kaͤufliche Salzsaͤure angewandtDie von mir gebrauchte enthielt eine große Menge
schwefliche Saͤure und ich habe sie vorzugsweise
wegen dieser Verunreinigung genommen.A. d. O.. Ich erhielt dadurch einen viel weniger
gefaͤrbten Syrup und Zuker; lezterer hatte einen schwach
salzigen Geschmak, aber er war fest und von guter
Qualitaͤt, indessen habe ich bemerkt, daß die von diesem
Zuker erhaltenen Melassen sich weniger leicht als andere wieder
verkochen lassen und selbst nach laͤngerer Zeit weniger
Krystalle geben, und in der That konnte ich durch Verkochen der
Melassen nicht Zuker genug in den Zukerformen erhalten, aber der
Zuker, welchen ich erhielt, war sehr fest und von sehr guter
Qualitaͤt. Daß der nach diesem Verfahren bereitete Zuker
so schwer krystallisirt, muß dem entstandenen Chlorkalium
(salzsauren Kali) zugeschrieben werden, welches die Feuchtigkeit
sehr stark anzieht. Die Gruͤnde, weßwegen ich die unreine
Salzsaͤure anzuwenden versuchte, waren folgende: erstens
wußte ich, daß die darin enthaltene schwefliche Saͤure
die Farbe des Syrups und Zukers bleicht, und dann hoffte ich,
daß ich bei der Neutralisation des Ammoniaks mit
Salzsaͤure, in Betreff der Zersezung dieses Salzes und
besonders der Saͤuerung des Syrups, nichts mehr zu
fuͤrchten haben wuͤrde.
Ich habe auch versucht die Anwendung von Mineralsaͤuren
ganz zu umgehen, indem ich bei dem Abdampfen bloß einen fetten
Koͤrper (z.B. Schmalz) zusezte, welcher solche
Saͤuren hervorzubringen faͤhig war, die das Kali
neutralisieren und sodann den Kalk aus den Kalksalzen
faͤllten, welche leztere in den Syrupen bis zum Verkochen
desselben aufgeloͤst bleiben, und es oft
unmoͤglich machen, dieses uͤber freiem Feuer
vorzunehmen. Es fand bei dem Abdampfen kein Aufschaͤumen
Statt. Der Saft erhielt sich gut alkalisch, nahm eine
roͤthliche Farbe an, konnte leicht geklaͤrt und
verkocht werden, und der Zuker war eben so fest wie der nach dem
Colonialverfahren dargestellte. Indessen habe ich spaͤter
diese Methode wieder aufgegeben, weil ich in der Farbe des
Zukers nichts gewann und das Verkochen des Syrups mir nicht
verbessert schien.
Um einen sauren Syrup zu verbessern, es mochte nun bei dem
Abdampfen, oder bei dem Klaͤren, oder bei dem Verkochen
seyn, leistete mir krystallisirtes kohlensaures Natron immer
gute Dienste; es ist immer dem Kalk vorzuziehen, wenn man Behufs
des Verkochens einen neutralen oder auch einen saͤuerlich
gewordenen Syrup alkalisch machen muß.
Auch muß man sich wohl huͤten, bei dieser Methode alle
thierische Kohlen anzuwenden.
Daß ich die Schwefelsaͤure bei dem Abdampfen, an Statt bei
der Laͤuterung anwandte, geschah aus folgenden
Gruͤnden:
1) Wenn man die Schwefelsaͤure in den
Laͤuterungskessel selbst gießt, so findet man, daß bei
gleichen Quantitaͤten Kalk verschiedene
Quantitaͤten Schwefelsaͤure noͤthig sind,
um den Saͤttigungspunkt zu erreichen. Ich kann mir diese
Anomalie nur dadurch erklaͤren, daß der angewandte Kalk
sehr ungleich vertheilt ist und der Niederschlag, indem er sich
ebenfalls in einem mehr oder weniger verteilten Zustande
befindet, Kalk in festem Zustande mit sich reißt und so der
Einwirkung der Schwefelsaͤure eine desto geringere Menge
davon uͤbrig laͤßt, je weniger vertheilt er
ist;
2) gießt man Schwefelsaͤure bis zur Neutralitaͤt in
einen mit Kalk gelaͤuterten und schlecht decantirten
Runkelruͤbensaft, der also noch einen
Theil des Niederschlages suspendirt enthaͤlt, so
verschwindet der Niederschlag, selbst in der Kaͤlte,
vollstaͤndig. Die Saͤure kann also einen Theil des
durch den Kalk hervorgebrachten Niederschlages wieder
aufloͤsen und diese Reaction kann auch, nur in geringerem
Maße, vor der vollstaͤndigen Saͤttigung Statt
finden;
3) wenn man die Saͤure in den Laͤuterungskessel
selbst gießt, so braucht man davon zwei Mal so viel, als
noͤthig ist, um das Kali in dem gelaͤuterten Saft
zu neutralisiren, und folglich ist bei dem Abdampfen davon nur
eben so viel oder selbst noch weniger noͤthig. Dieser
Unterschied erklaͤrt sich durch die Wirkung der
Saͤure auf den Niederschlag und durch die in den beiden
vorhergehenden Nummern enthaltenen Bemerkungen;
4) der mit Kalk gelaͤuterte Saft gibt mit
Schwefelsaͤure keinen Niederschlag, was doch wohl
geschehen muͤßte, wenn er Kalk enthielte. In dieser
Beziehung hat man also keinen Nachtheil.
Nachdem ich gefunden hatte, daß die Kohle die alkalischen Basen
neutralisirt, glaubte ich diese Eigenschaft benuzen zu
koͤnnen, um die Saͤuren bei der Bearbeitung des
Runkelruͤbensaftes vollstaͤndig zu beseitigen;
allein die Saͤttigungscapacitaͤt der Kohlen ist so
gering, daß man davon eine große Menge anwenden muͤßte,
weßwegen sich von ihnen kein Vortheil versprechen
laͤßt.
Laͤuterung nach dem Achard'schen
Verfahren. Das Verfahren, welches ich das Achard'sche
genannt habe, besteht bekanntlich darin, die
Schwefelsaͤure in der Kaͤlte anzuwenden und sodann
den Kalk ebenfalls in der Kaͤlte zuzusezen. Achard hatte außer diesen Substanzen
auch noch kohlensauren Kalk gebraucht, welchen man seitdem mit
Recht aufgegeben hat. Diese Methode hat unter anderen den großen
Vortheil, daß die Schwefelsaͤure, in der Kaͤlte
angewandt, den Saft gegen Veraͤnderungen schuͤzt.
In der That nimmt der auf diese Art behandelte Saft eine
roͤthliche Farbe an Statt der schwarzen an, die immer
eine Veraͤnderung desselben anzeigt und kann sich auch in
diesem Zustande 24 Stunden lang und selbst noch laͤnger,
ohne schleimig zu werden, erhalten, wenn die Temperatur, welcher
er ausgesezt wird, 15 bis 18° C. nicht
uͤbersteigt. Die Saͤure schlaͤgt alsdann
eine organische Substanz in Floken nieder und wirkt auch auf
alle Salze der Runkelruͤbe, die sie zersezen kann, und
sezt ihre Saͤuren in Freiheit; diese Erscheinungen gehen
in der Kaͤlte vor und die nachtheiligen Resultate, welche
die Saͤuren hervorbringen koͤnnten, finden alsdann
nicht Statt, wovon jedoch die Einwirkung der
Salpetersaͤure ausgenommen ist, in dem Falle, wo die
Wurzel salpetersaure Salze enthaͤlt. Durch den Kalk,
welcher ebenfalls in der Kaͤlte zugesezt wird, werden die
Saͤuren neutralisirt und man erhizt erst nach diesem
Zusaze. Bei den von Achard
vorgeschriebenen Verhaͤltnissen muß der Saft, so wie bei
den von Hrn. Crespel angegebenen, bei
der Laͤuterung alkalisch seyn, wenn man reine Materialien
angewandt und gut manipulirt hat. Durch dieses Verfahren wird
der Saft gewoͤhnlich sehr leicht gelaͤutert; der
Niederschlag sezt sich gut ab und der Saft ist sehr klar und
wenig gefaͤrbt; bisweilen nimmt er jedoch in
Beruͤhrung mit der Luft eine schwaͤrzliche Farbe
an, was man durch einen groͤßeren Ueberschuß von Alkali
oder durch uͤberschuͤssige Saͤure
verhindern koͤnnte. Dieser Saft wird bei dem Abdampfen
sauer und kann nicht ohne Nachtheil verkocht werden, es sey
denn, daß man ihn aus sehr wenig ammoniakalischen Wurzeln
erhaͤlt, was jedoch nur im Anfang der Arbeit der Fall
seyn kann. Dadurch erklaͤrt sich der Umstand, daß Hr. Crespel und seine Nachahmer, welche
immer Saͤure und Kalk in beinahe gleicher Menge anwenden,
nur im Anfang ihrer Arbeiten verkochen koͤnnen.
Das Achard'sche Verfahren wird jedoch mit gutem Erfolg auch von
einigen Fabrikanten befolgt, welche verkochen, z.B. von den
Herren Dronsart und Feneulle zu Bouchain; in diesem Falle
muß man aber mehr Kalk als Saͤure und beide entweder in
demselben Verhaͤltnisse wie bei dem franzoͤsischen
Verfahren, oder doch in einem wenig davon abweichenden,
anwenden. Endlich duͤrfen bei diesem Verfahren auch keine
Ammoniaksalze in dem Saft bleiben, sondern das Ammoniak muß
durch Abdampfen entfernt werden und der Syrup darf, ehe er auf
den Punkt gebracht ist, wo er verkocht werden kann, nicht sauer
werden. Hiernach kann man beurtheilen, wie schwierig es bei
dieser Methode ist, genau die Verhaͤltnisse der
Laͤuterungsmittel zu bestimmen. Auch trifft es sich oft,
daß der verkochte Zuker von schlechter Qualitaͤt ist;
dessen ungeachtet muß man gestehen, daß man nach diesem
Verfahren, wenn es gut gehandhabt wird, einen Zuker
erhaͤlt, welcher eben so schoͤn und eben so fest
wie der durch Kalk allein bereitete ist. Die Fabrikanten, welche
das von Hrn. Crespel
abgeaͤnderte Achard'sche Verfahren benuzen, wenden bei
dem Abdampfen thierische Kohle an, deren gute Resultate man
leicht erklaͤren kann. Der so bereitete Syrup wird
naͤmlich bei dem Abdampfen sehr haͤufig sauer; die
Kohle kann also durch den in ihr enthaltenen kohlensauren und
basisch phosphorsauren Kalk diesen Fehler zum Theil
verbessern.
Auch muß man gestehen, daß die nach dem Achard'schen Verfahren
bereiteten Syrupe in Hinsicht des Geschmaks unter die
angenehmsten gehoͤren. Sie sind sehr fluͤssig; sie
erhalten sich in der Waͤrmstube gut; ihr Geschmak
aͤndert sich durch den Einfluß der Waͤrme nicht
und die Mutterlaugen koͤnnen, wenn die Wurzeln gut sind,
so zu sagen bis zur Trokniß krystallisiren. Hiezu sind aber
Krystallisirgefaͤße, Zeit, Brennmaterial und Handarbeit
erforderlich.
Ich habe Zuker gesehen, welcher aus saurem Syrup in den
Krystallisationsgefaͤßen angeschossen war, und einen
uͤbeln Geruch hatte; ich wußte schon seit langer Zeit,
daß dieser Geruch sich zeigt, wenn man sauren Syrup mit
verdorbenem Blut klaͤrt.
Es ist zu bemerken, daß der mit gleichen Quantitaͤten Kalk
und Saͤure zubereitete Syrup, wenn er in saurem Zustande
in die Krystallisationsgefaͤße gebracht wird, am
leichtesten krystallisirt und einen Zuker von dem besten
Geschmak gibt. Ein vollstaͤndiger gelaͤuterter
Syrup, z.B. ein solber, der zum Verkochen zubereitet wurde,
zeigt sich in den Krystallisationsgefaͤßen weniger
fluͤssig; er ist mehr oder weniger dunkelgelb an Statt
hellbraun gefaͤrbt und gibt einen Zuker, welcher zwar von
besserer Qualitaͤt ist, aber bei gleicher Reinigung eine
nicht so schoͤne Farbe zeigt.
Aus diesen Gruͤnden haben einige Fabrikanten geglaubt, daß
der fuͤr die Krystallisationsgefaͤße bereitete
Syrup sich nicht zum Verkochen eignet, und umgekehrt. Die
Wahrheit ist, daß ein zum Verkochen geeigneter Syrup auch
fuͤr die Krystallisationsgefaͤße taugt, aber darin
nicht so schoͤne und nicht so große Krystalle gibt, als
wenn er mit weniger Ueberschuß von Alkali behandelt worden
waͤre. Andererseits ist es auch wahr, daß ein Syrup,
welcher so bereitet ist, daß er in den
Krystallisationsgefaͤßen die schoͤnsten und
groͤßten Krystalle geben muß, sich nicht zum Verkochen
eignet. Ich bemerke jedoch ausdruͤklich, daß ich hiebei
keine Ruͤksicht auf diejenigen Eigenschaften des Zukers
nehme, welche dem Raffinirer erwuͤnscht sind und welche
meiner Meinung nach nur bei dem durch Verkochen erhaltenen Zuker
angetroffen werden koͤnnen, und die der Zuker aus den
Krystallisationsgefaͤßen nur dann erhalten
koͤnnte, wenn man ein Mittel auffinden wuͤrde,
solche Zukerarten, die man aus Syrup erhaͤlt, welcher wie
zum Verkochen gelaͤutert wurde, ohne Huͤlfe der
Walzen zu reinigen.
Es gibt einige Fabrikanten, welche das Verfuͤhren des
Verkochens mit dem Krystallisationsverfahren vereinigen. Sie
verkochen naͤmlich den neuen Syrup und bringen die
Melassen in die Krystallisationsgefaͤße. Dieses
Verfahren, wobei in die Krystallisationsgefaͤße ein Syrup
kommt, welcher bereits verkocht worden ist, bietet hinsichtlich
der Qualitaͤt des Zukers groͤßere Sicherheit dar;
ich kann ihm jedoch meinen Beifall nicht schenken, weil ich es
wenig rationell und nicht wohl mit den Principien einer guten
Fabrikation uͤbereinstimmend finde. Ich bin in der That
uͤberzeugt, daß wenn ein Saft gehoͤrig Behufs des
Verkochens behandelt, und diese Operation damit vorgenommen
wurde, die Melasse, welche man damit erhaͤlt, einige
Veraͤnderungen erlitten hat, die ihn
nicht mehr geeignet machen, in den
Krystallisationsgefaͤßen bessere Resultate zu geben. Er
ist in der That alsdann zu klebrig, und solche Krystalle, welche
sich beim Wiederverkochen einander wohl naͤhern
wuͤrden, scheiden sich bei der langsamen Verdunstung und
der niedrigen Temperatur der Waͤrmestube schwierig ab.
Andererseits kann sich die Unvollkommenheit der Behufs des
Verkochens gemachten Laͤuterung bisweilen erst beim
Wiederverkochen zeigen, welches dann sehr schwierig wird; da
diese Schwierigkeiten bei den Krystallisationsgefaͤßen
verschwinden, so koͤnnen diese auch hierin die
Fabrikation schlechter Producte beguͤnstigen. Man muß
daher meiner Meinung nach die eine oder die andere Methode
annehmen, um die Laͤuterung darnach einzurichten.
Laͤuterung mit saurer
schwefelsaurer Alaunerde. Hr. Derosne hat dieses Salz vorgeschlagen, um dadurch
unter Mitwirkung des Kalks den Runkelruͤbensaft zu
laͤutern, und um zugleich die thierische Kohle
entbehrlich zu machen. Es ist klar, daß die schwefelsaure
Alaunerde nur durch ihre Saͤure als
Laͤuterungsmittel wirken kann; durch den Zusaz von Kalk
wird das Verfahren des Hrn. Derosne
den gewoͤhnlichen aͤhnlich und die
Laͤuterung wird bei dem gehoͤrigen
Verhaͤltnisse dieser beiden Substanzen, bei dieser
Methode wie durch Saͤure und Kalk erfolgen. Wozu
nuͤzt also die Alaunerde? offenbar dient sie bloß als
Entfaͤrbungsmittel. Man kann auch wirklich durch dieses
Verfahren einen wohlentfaͤrbten Saft erhalten,
vorausgesezt, daß man eine wesentliche Bedingung, die
Alkalitaͤt des Saftes, aufopfert. Der Saft ist alsdann
sauer oder wird es bei dem Abdampfen und zeigt alle Nachtheile
der sauren Syrupe und außerdem diejenigen, welche durch die
Unreinheit der schwefelsauren Alaunerde veranlaßt werden. Wenn
im Gegentheil der uͤberschuͤssig zugesezte Kalk
fuͤr eine zum Verkochen geeignete Laͤuterung
ausreichend ist, d.h., wenn er alles Ammoniak in Freiheit gesezt
hat, dann traͤgt die Alaunerde nichts zur
Laͤuterung bei; der Syrup faͤrbt sich bei dem
Abdampfen wie bei den gewoͤhnlichen Verfahrungsarten und
die Alaunerde, welche einen Niederschlag verursacht, hat nur
Kosten und Abfaͤlle veranlaßt, ohne irgend ein
nuͤzliches Resultat erzielt zu haben.
Welche Methode man auch anwenden mag, um die schwefelsaure
Alaunerde im Großen zu bereiten, so wird man sie nie ohne große
Kosten von dem schwefelsauren Eisen reinigen koͤnnen;
lezteres verunreinigt daher die mit schwefelsaurer Alaunerde
behandelten Syrupe, und ist auch die Ursache des unangenehmen
und metallischen Geschmakes der von Hrn. Derosne im Großen nach dieser Methode bereiteten
Syrupe. Man kann in der That mit diesen Syrupen Tinte und
Berlinerblau darstellen, gerade so wie mit einer
Aufloͤsung von schwefelsaurem Eisen.
Ich glaube daher, daß sich ganz und gar kein Grund angeben
laͤßt, weßwegen man schwefelsaure Alaunerde
zur Laͤuterung anwenden sollte, indem sie nur wie die
Schwefelsaͤure allein wirken und ihre Alaunerde in dem
Zeitpunkt der Arbeit, wo der Saft durchaus alkalisch seyn muß,
keinen Nuzen gewahren kann. Howard,
welcher zuerst den Gebrauch der Alaunerde bei der Bearbeitung
des Zukers empfahl, wandte sie auf eine zwekmaͤßigere Art
an; er bereitete sie aus Alaun, wodurch er sie, ich will nicht
sagen wohlfeil, aber doch hinreichend rein erhielt, und
gebrauchte sie bei der Raffinirung, wo der Syrup ohne
Schwierigkeit durch sie entfaͤrbt werden kann.
Aus der zur Laͤuterung angewandten schwefelsauren
Alaunerde scheidet sich die Alaunerde in einem gallertartigen,
und folglich in einem sehr verteilten Zustande ab, welcher die
fuͤr diese Operation gebraͤuchliche Klarungsweise
wenig beguͤnstigt; auch mußte Hr. Derosne die Klaͤrung durch Absezen aufgeben und
zu dem Filtriren seine Zuflucht nehmen. Daß man aus
schwefelsaurer Alaunerde seinen Zwek nicht erreicht (was ich
mehreren Personen, die mich uͤber diesen Gegenstand zu
Rathe zogen, vorhergesagt hatte), ist jezt durch die Erfahrung
erwiesen und der Erfinder scheint sie selbst, wenigstens zur
Laͤuterung des Runkelruͤbensaftes, aufgegeben zu
haben. Indessen hofft er, wie man noch sagt, durch sie die
thierische Kohle ersezen zu koͤnnen; dazu muͤßte
man sie aber in reinem Zustande anwenden koͤnnen; auch
scheint es uns noch nicht erwiesen, daß sie eben so viel
leistet, wie die thierische Kohle.
Bearbeitung des Schaumes.
Um aus dem Schaum und Absaz der Laͤuterungskessel die
Fluͤssigkeit, welche sie enthalten, auszuziehen, pflegte
man sie noch vor kurzer Zeit auf ein Filter zu bringen. Dieses
Verfahren war langsam und immer sehr unvollstaͤndig, so
daß dadurch wohl 5% des Saftes verloren gehen konnten: heute zu
Tage bedient man sich hiezu der Pressen. Zu diesem Ende
fuͤllt man Saͤke aus starker und enggewobener
Leinewand mit dem Safte an, verschließt sie, indem man einen
festen Knoten daran macht und bringt sie, durch Flechten von
einander getrennt, unter die Presse, die man allmaͤhlich
wirken laͤßt; der Saft geht klar und schnell durch die
Saͤke, worin nur ein trokner und wenig
voluminoͤser Ruͤkstand bleibt. Bei diesem
Verfahren erhaͤlt man dem Volum nach ziemlich eben so
viel gelaͤuterten Saft, als man Saft zur
Laͤuterung anwandte, da der Verlust durch das mit dem
Kalk und der Schwefelsaͤure zugesezte Wasser wieder
ausgeglichen wird.
Ich habe es zwekmaͤßig befunden, die mit Schaum
gefuͤllten Saͤke vorher in ein enges, mit
Weidengittern versehenes Filter zu bringen, wodurch sie mehr als
die Haͤlfte ihres Saftes in wenigen Stunden ausgeben;
bringt man sie sodann unter die Presse, so nehmen sie weniger
Raum ein, koͤnnen besser hergerichtet werden und laufen
schnell ab, indem die Fluͤssigkeit noch sehr heiß ist.
Bei dieser Arbeit ist es zwekmaͤßig, den Schaum heiß
anzuwenden, weil er sich dann schneller filtrirt und der
Ruͤkstand trokner ist.
Abdampfung (Concentration).
Das Abdampfen nimmt man in beweglichen oder feststehenden Kesseln
uͤber freiem Feuer vor; der Erfolg ist desto besser, je
schneller es geschieht; aus diesem Grunde empfahl ich eine
stufenfoͤrmige Abdampfungs-Batterie. Das Princip,
auf welches diese Batterie gegruͤndet war, entging
mehreren unserer aufgeklaͤrtesten Fabrikanten, wie den
HHrn. Guilbert und Clémendot, Blanquet und Harpignies u.s.w. keinesweges; sie
nahmen zwar die Einrichtung meiner Batterie nicht an, befolgen
aber in der That ihr Princip; nachdem sie naͤmlich den
Saft in mehreren Kesseln als eine duͤnne Schichte
verbreitet haben, vereinigen sie ihn zu einer einzigen, sobald
die Schichte sich so verringert hat, daß man befuͤrchten
muß, sie moͤchte anbrennen. Diese Bedingung war bei
meiner Batterie wohl erfuͤllt, und ich weiß nicht,
weßwegen man sie nicht annehmen wollte. Freilich waren bei dem
Plane in meinem Werke zu viele Kessel; aber bei den
Einrichtungen, die ich unlaͤngst angenommen habe, und
welche in diesem Jahre in mehreren Fabriken ausgefuͤhrt
werden, betraͤgt die Anzahl der stufenfoͤrmig
erhoͤhten Kessel nicht mehr als fuͤnf oder sechs
und man kann darin in 12 Stunden 60 Hektoliter Saft abdampfen.
Man wird darin 500 Liter in einer halben Stunde concentriren
koͤnnen, und dieser Vortheil ist unschaͤzbar. Eine
aͤhnliche Vorrichtung hatte Hr. Guillory zu Angeis angenommen, welcher in diesem Jahre
hauptsaͤchlich zu seiner eigenen Belehrung arbeitete und
seine Zukerfabrik bloß mit Huͤlfe meines Werkes
einrichtete und leitete; seine Producte sind so schoͤn
und gut, daß er sich vornahm, eine Fabrik nach einem großen
Maßstabe aufzubauen.
Die HHrn. Blanquet und Harpignies haben flache, lange, in
der Mauer befestigte und mit Haͤhnen versehene
Abdampfungskessel. Dieser Apparat leistet gute Dienste und ich
glaube, daß solche Kessel, stufenfoͤrmig erhoͤht
und mit gut eingerichteten Oefen versehen, zum Abdampfen am
geeignetsten waͤren.
In vielen Fabriken hat man die Abdampfungskessel mit Dampf
erhizt; es scheint aber nicht, daß man Brennmaterial erspart und
einen besseren Syrup erhalten hat. Bei meinen Versuchen zeigte
sich kein Unterschied in der Farbe des Syrups, er mochte
uͤber freiem Feuer oder mit Dampf concentrirt worden
seyn. Nach den verlaͤßlichsten Nachrichten, welche ich
mir verschaffen konnte, werden durch die Verbrennung eines
Kilogramms Kohle bei der Dampfheizung nur 2 bis 3 Kilogr. Wasser verdunstet, waͤhrend man uͤber freiem
Feuer deren 5 und noch mehr verdampfen kann.
Die Fehler, welche alle unsere Dampf-Apparate bei ihrer
gegenwaͤrtigen Einrichtung haben, werden nie vollkommen
beseitigt werden koͤnnen. Die Gefahr einer Explosion, die
complicirte Einrichtung des Apparates und die schwierige
Ausbesserung, dieses sind Nachtheile, welche dem Systeme
angehoͤren und die man nur mehr oder weniger verringern
kann; ich ziehe daher fuͤr jezt noch in den meisten
Faͤllen das Abdampfen uͤber freiem Feuer vor,
hauptsaͤchlich wenn die Zukerfabrikation wegen
landwirthschaftlicher Zweke und nach einem kleinen Maßstabe
betrieben wird, auch weit von mechanischen Werkstaͤtten
entlegen ist.
Hr. Derosne bemuͤht sich seit
vielen Jahren eine Einrichtung herzustellen, wobei das Abdampfen
staͤtig vorgenommen und daher in derselben Zeit zwei Mal
so viel geleistet wird. Dieses Princip, gegen welches sich aus
der Theorie, wenn man bloß auf die Ersparung an Brennmaterial
sieht, keine Einwendungen machen lassen, bietet in der Praxis
unuͤbersteigliche Hindernisse dar. Hr. Derosne hat seinen Apparat jezt
moͤglichst vereinfacht, und doch sind die Resultate
unvollstaͤndig; sie sind es bei aller Ersparung an
Brennmaterial meiner Meinung nach deßwegen, weil nicht alle
Bedingungen, welche das Abdampfen des Saftes erheischt, dabei
erfuͤllt sind. Bei diesem Apparate wird naͤmlich
der Saft zuerst in Kesseln, welche uͤber freiem Feuer
erhizt werden, gekocht und dann durch ein bloßes Verdunsten
vollends concentrirt, indem er auf Metallplatten circulirt, die
mit Dampf erhizt werden. Es ist hiebei unumgaͤnglich
noͤthig, daß der Saft in einer duͤnnen Schichte
circulirt, weil man ihn unmoͤglich zum Sieden bringen
kann. Diese Circulation ist nach meinen Beobachtungen und meiner
Erfahrung ein Umstand, welcher die Annahme des Apparates des
Hrn. Derosne fuͤr die zum
Verkochen bestimmten Runkelruͤbensyrupe immer verhindern
wird. Die Circulation auf heißen Platten bringt in dem Syrup
diejenige Veraͤnderung hervor, welche die Raffinirer das
Schmierigwerden nennen. Da dieser Apparat sehr complicirt ist,
so wird seine Anwendung immer mit Schwierigkeiten verbunden
seyn. Ehe man damit Versuche zu Paris anstellte, hatte man ihn
in den Colonien angewandt, aber keine guten Producte erhalten;
uͤbrigens war er etwas von demjenigen verschieden,
welcher zu Chaillot bei dem Erfinder verfertigt wurde. Man hat
ihn auch ohne Erfolg in der Fabrik der HHrn. Blanquet und Harpignies versucht.
Vor Kurzem erfand Hr. Hallette einen
neuen Abdampfungs-Apparat. Derselbe besteht aus einem
beweglichen Doppel-Cylinder. Seine Achse ist schwach
geneigt. Der Dampf tritt zwischen die beiden Huͤlsen und der Saft circulirt auf der inneren
Peripherie des umhuͤllten Cylinders. Bei der drehenden
Bewegung circulirt der durch das hoͤchste Ende
zugelassene Syrup und beschreibt eine Art Schnekenlinie auf der
durch Dampf von drei Atmosphaͤren erhizten
Oberflaͤche; der Dampf tritt durch eine Oeffnung aus, die
in der Naͤhe desjenigen Endes angebracht ist, an welchem
der Saft zugelassen wird, waͤhrend dieser Saft am
entgegengesezten Ende austritt. Der Erfinder dieses Apparates
schrieb mir am 5. Febr. l. J. uͤber denselben
Folgendes:
„Ein einziger Apparat, der im Ganzen 16 Fuß lang ist,
und in der Breite, nebst dem noͤthigen Raume
fuͤr die Arbeiter, nur 3 bis 3 1/2 Fuß einnimmt,
kann, wenn er einmal gehoͤrig aufgestellt ist, ohne
irgend eine Sorgfalt zu erheischen, eine ganze Woche lang
arbeiten, ohne daß man noͤthig haͤtte, ihn zu
reinigen. Er kann sich nicht beschmuzen, so viele
Unreinigkeiten in dem Safte auch seyn moͤgen; er ist
in seinen Wirkungen constant, wenn die Temperatur des
Dampfes in den Generatoren constant ist.“
„Mit diesem Apparate allein kann man einen Syrup von
4–5 Graden (am Araͤometer), er mag nach was
immer fuͤr einer Methode gelaͤutert seyn, nach
Belieben auf 26, 27, 28, 30 und sogar 32 Grade bringen; als
ich einen Saft auf mehr als 50 Grade concentrirte, betrug
die Abweichung nie uͤber 1/2 Grad.“
„Ich nahm einen Saft, welcher frisch 4 1/2 Grad
zeigte, aber nachdem er 5 Tage gestanden und ganz freiwillig
gegohren war, 5 1/2 Grade erlangt
hatte. Von diesem Saft wurden stuͤndlich 4
Hektoliter in den Apparat gebracht und er trat mit 24 3/4
und 25 Graden aus, wenn die Temperatur des Concentrators 24
Grade oder 2,4 Atmosphaͤren an Hrn. Collardeaus Thermomanometer
betrugDasselbe ist im polytechn. Journal Bd. XXV. S.
355. beschrieben.A. d. R.. Wenn die Tension des Dampfes groͤßer ist,
z.B. 30 bis 35 Grade, (welche Temperatur man bei den
gewoͤhnlichen Concentrations-Apparaten so wie
bei dem Verkochungs-Apparate des Hrn. Taylor anwendet,) so concentrire
ich 5 Hektoliter stuͤndlich eben so stark;
vorlaͤufig garantire ich aber als Maximum 4
Hektoliter. Ich bemerke Ihnen im Vorbeigehen noch, daß mein
Saft so stark entwaͤssert war, daß man ihn in keinem
offenen Apparate weiter haͤtte einengen
koͤnnen, weil er darin ganz als Schaum emporgestiegen
waͤre.“
„So lange der Saft in dem Apparat verweilt (und jedes
Kilogramm, wenn ich dieses Gewicht zur Einheit nehme, bleibt
darin hoͤchstens 5 Minuten) ist er außer aller
Beruͤhrung mit der Luft.“
„Der Dampf des Syrups entweicht aus meinem
Concentrator mit staͤtiger Wirkung und
unbeschraͤnkter Oberflaͤche durch eine
kupferne Roͤhre von 10 Zoll Durchmesser, und mit
einer Geschwindigkeit, die fast so groß ist, als diejenige,
womit er aus dem Ventil einer Dampfmaschine mit niedrigem
Druk austritt. Ich kann ihn in Roͤhren leiten, welche
auf 7 oder 8 Zoll reducirt sind und die man sodann in allen
Raͤumen der Fabrik, welche erwaͤrmt werden
muͤssen, circuliren lassen kann, z.B. in den
Bleichstuben u.s.w.Man vergl. weiter unten das Capitel: Bleichen des Zukers.A. d. R.. Es ist hinreichend, wenn die obere Oeffnung dieser
Waͤrmungsroͤhre zuoberst auf dem
Gebaͤude ganz offen ist, so daß sie dem Dampf einen
freien Austritt gestattet. Diese Ersparniß, welche man nicht
mit derjenigen verwechseln darf, die man bei einer
aͤhnlichen Heizmethode zu finden glaubt, wenn man wie
zu Roye und in einigen Fabriken zu Paris, Maschinen mit
hohem Druk ohne Verdichter anwendet, welche zwei Mal so viel
Kohle wie die meinigen erfordern, macht diesen Apparat in
Verbindung mit seinen uͤbrigen Vortheilen, sehr
schaͤzbar.“
Nach dieser Mittheilung machte ich Hrn. Hallette einige Bemerkungen uͤber das Princip
seines Apparates, worauf er die Guͤte hatte, mir neue
Nachrichten daruͤber zu ertheilen, die ich hier
woͤrtlich bekannt mache, um keine Verantwortlichkeit auf
mich zu laden.
„Die hier folgenden Resultate erhielt ich nicht etwa
mit einigen Litern Saft, sondern mit Massen von 15, 20 und
30 Hektolitern, die ich auch zu meinen fruͤheren
Versuchen anwandte.“
„Als die Tension des Dampfes in dem Kessel 3
Atmosphaͤren betrug, machte mein Concentrator 7
Umdrehungen in der Minute.“
„Als ich von einem gelaͤuterten
Runkelruͤbensaft, welcher 5 1/2 Grade am
Araͤometer zeigte, in jeder Minute 12 Liter zuließ,
erhielt ich in derselben Zeit Syrup von 25 bis 26
Araͤometer-Graden, dessen Temperatur nur 57
bis 58° R. betrug; das Verdichtungswasser des
angewandten Dampfes verhaͤlt sich zur Masse des
verdunsteten Saftes ungefaͤhr wie 1 zu
1,60.“
„Da regelmaͤßig in jeder Minute zwei Liter
Syrup aus dem Apparate treten, so bleibt offenbar jedes
Liter Syrup nur dreißig Sekunden darin. Da er mit so
niedriger Temperatur austritt und so sehr an Brennmaterial
erspart wird, so ist kein Zweifel, daß der Raum, worin der
Saft siedet, ein verduͤnnter ist.“
„Ich wollte in diesem Jahre die Vortheile, welche mein
System darbietet, wenn es auf einen
Verkochungs-Apparat angewandt wird, noch nicht
bekannt machen; aber ich konnte Hrn. de Beaujeu, welchem ich eine
betraͤchtliche Menge Arbeit zu liefern habe, den
Beweis der Thatsachen, welche ich ihm in dieser Beziehung
mittheilte, nicht verweigern. Waͤhrend seines
Aufenthaltes dahier habe ich einen vorlaͤufig auf 25
Grade concentrirten Syrup verkocht, ohne ihn filtrirt oder
geklaͤrt zu haben; die Operation geschah mit einer
außerordentlichen Schnelligkeit, der Syrup war so
fluͤssig, daß man nicht haͤtte vermuthen
sollen, daß er die Probe ablegen koͤnnte, und seine
Temperatur betrug nur ungefaͤhr 68° R. Man
kann sich keine Vorstellung von der Leichtigkeit machen,
womit alle diese Operationen ausgefuͤhrt werden, und
von den unermeßlichen Vortheilen jeder Art, welche die
Zukerfabrikanten, die Raffinirer und viele andere
Manufakturisten aus diesem neuen Princip ziehen
muͤssen.“
„Ich glaube nicht zu viel zu behaupten, wenn ich sage,
daß eine Fabrik, wenn sie zwekmaͤßig geleitet wird,
mit zwei Laͤuterungs-Apparaten, einem
Verkochungs-Apparat nach meinem System, und einem
staͤtig wirksamen mechanischen Filter, so wie ich
jezt ein solches herzustellen beabsichtige, vollkommen
ausreichen koͤnnte.“
Um das Ansezen eines Niederschlages in diesem Apparate zu
verhindern, scheint er mit einer beweglichen Rachel versehen zu
seyn. Bei genauer Pruͤfung desselben finde ich die
Bedingung einer moͤglichst schnellen Abdampfung wohl
erfuͤllt, aber um welchen Preis? auf Kosten einer
wesentlichen Eigenschaft des Syrups. Ich glaube mit Gewißheit
vorhersagen zu koͤnnen, daß der in diesem Apparate
concentrirte Syrup keinen so guten Zuker gibt, wie derjenige,
welchen man durch das gewoͤhnliche Einkochen
erhaͤlt. Daß der Syrup darin circulirt, ist fuͤr
die Concentration sehr schaͤdlich und daß er darin durch
die Rachel gerieben wird, noch viel mehr. So wird also eine sehr
sinnreiche und merkwuͤrdige Anwendung des Cylinders in
Folge der Eigenschaften des Productes, welches man
waͤhrend der Arbeit ohne Nachtheil weder circuliren
lassen noch umruͤhren noch reiben kann, ganz
unnuͤz. Die Erfahrungen, welche diese Behauptungen
rechtfertigen, sind mir eigenthuͤmlich und noch
unbekannt; sie stimmen uͤbrigens mit den Beobachtungen
vieler Raffinirer, besonders derjenigen, welche sich mit der
Kandis-Fabrikation beschaͤftigen,
uͤbereinDiese Fabrikation, mit welcher ich mich
beschaͤftigt habe, ist außerordentlich schwierig
und man lernt dabei sehr viele Einfluͤsse
wuͤrdigen und entdekt eine Menge von Thatsachen,
die bei der Raffinirung des Hutzukers unbemerkt
bleiben.A. d. O.. Diese Bewegung ist den Apparaten der HHrn. Derosne und Hallette gemeinschaftlich, und die Einwendungen,
welche ich lezterem muͤndlich gemacht habe, als sein
Apparat noch nicht ausgefuͤhrt worden war,
gruͤndeten sich, wie ich glaube, auf dieselben
Principien.
Apparat zum Abdampfen im luftleeren
Raume. – Hr. Roth,
ein sehr ausgezeichneter Mechaniker, hat einen Apparat zum
Abdampfen im leeren Raume erfunden, welcher zu Péronne
bei Hrn. Leclerq in Wirksamkeit ist;
die Einfachheit desselben ist in Bezug auf seine Resultate
merkwuͤrdig. Wir halten das Abdampfen und Verkochen des
Zukers im leeren Raume nicht fuͤr vortheilhaft, empfehlen
daher auch keineswegs den Apparat des Hrn. Roth fuͤr den Runkelruͤbenzuker, theilen
aber davon in diesem Journale eine Zeichnung und Beschreibung
mit, weil wir ihn fuͤr eine sehr sinnreiche und neue
Anwendung des Dampfes haltenEr folgt in einem der naͤchsten Hefte des polyt.
Journ.A. d. R..
Klaͤrung.
Nach dem Abdampfen enthaͤlt der Saft immer eine sehr
betraͤchtliche Menge suspendirter Substanzen, welche
bisweilen noch durch thierische Kohle, die man waͤhrend
des Abdampfens zusezt, vermehrt werden. Man scheidet sie durch
die Klaͤrung ab, welche immer mit thierischer Kohle oder
Ochsenblut oder Milch vorgenommen wird.
Wenn man auf Krystallisation arbeitet, so dampft man den Syrup so
weit ab, daß er heiß 32° zeigt, klaͤrt ihn, und
laͤßt ihn mehrere Tage lang durch Ruhe absezen; er
erkaͤltet dann und es scheidet sich aus ihm ein Saz ab,
welcher sich in den Krystallisationsgefaͤßen gebildet
haben wuͤrde, wenn man ihn sogleich in diese gebracht
haͤtte. Die Kohlen, welche man bei diesem Verfahren
abscheidet, werden gewoͤhnlich wieder zur
Laͤuterung gebracht, wo sie in den Schaum gehen.
Wenn man den Syrup zum Verkochen bestimmt, so klaͤrt man
ihn, sobald er heiß 26 oder 27° zeigt und filtrirt ihn,
oder laͤßt ihn absezen. In allen Faͤllen und
besonders wenn man uͤber freiem Feuer verkochen will, ist
es aber wichtig, den Syrup erst dann zu klaͤren, wenn er
moͤglichst dicht ist, das heißt wenigstens 29 bis
30° noch heiß am Araͤometer zeigt. Es bildet sich
dann beim Verkochen weniger Saz und der Syrup haͤngt sich
nicht so an den Boden des Kessels an.
An Statt den Niederschlag durch Ruhe sich sezen zu lassen, finde
ich es besser zu filtriren, die Kohlen, welche in dem Filter
bleiben, mit etwas Wasser in Saͤke zu bringen und sie
nach und nach gerade so wie den Schaum auszupressen, wodurch sie
allen Zuker in ziemlich starker Aufloͤsung abgeben; diese
Aufloͤsungen kann man sodann bei einer neuen
Klaͤrung an Statt des Wassers mit dem Blute zusezen. Auch
kann man sie noch heiß uͤber neue Kohlen in die Filter
selbst gießen und so ihren Zukergehalt vermehren. Man kann sie
auch abdampfen, um sie sodann mit Kohlen zu
klaͤren und zu verkochen. Hr. Blanquet bearbeitet die Fluͤssigkeit, welche er
durch das Auswaschen der Kohlen erhaͤlt, besonders; er
findet dieses Verfahren vorteilhaft und wir empfehlen es
besonders den großen Fabriken. Derselbe laͤßt auch den
abgedampften Saft sich absezen, ehe er ihn klaͤrt, wobei
ich keinen anderen Vortheil sehe, als daß das Filtriren
erleichtert wird und daher auch weniger Blut oder Milch
angewandt zu werden braucht;, denn bei meinen Versuchen erhielt
ich keinen Syrup von besserer Qualitaͤt.
Ich finde es fuͤr nuͤzlich und vortheilhaft, Filter
anzuwenden, die so eingerichtet sind, daß der Syrup die Schichte
thierischer Kohle, welche sich auf dem Boden des Apparates
absezt, durchstreichen kann. Diese Einrichtung, welche mir zu
einer moͤglichst guten Benuzung der thierischen Kohle
unvermeidlich scheint, ist dem Princip der Taylor'schen Filter,
bei welchen die Schnelligkeit der einzige Vortheil ist, gerade
entgegengesezt. Ich halte diese Art von Filtern nur dann
fuͤr nuͤzlich, wenn der guͤnstige Erfolg
der Arbeit hauptsaͤchlich durch die Geschwindigkeit des
Filtrirens bedingt wird, was bei der Fabrikation des
Runkelruͤbenzukers nicht der Fall ist.
Der zum Verkochen vorbereitete, das heißt schwach alkalische
Runkelruͤbensyrup wird durch die thierische Kohle nur
schwach oder gar nicht entfaͤrbt. Dieses konnten alle
Fabrikanten bemerken, welche nach dieser Methode arbeiten.
Anders verhaͤlt sich ein neutraler oder saurer Saft. Bei
dem Verfahren des Verkochens kann man sich also nicht alle
Eigenschaften der thierischen Kohle zu Nuzen machen. Dennoch
glaube ich nicht, daß man sie ohne Nachtheil weglassen
koͤnnteDie Eigenschaft der Kohle, sich mit den Salzbasen wie
eine Saͤure zu verbinden, macht es
wahrscheinlich, daß bei ihrer Vereinigung mit den
Faͤrbestoffen leztere die Rolle der Basis
spielen. Dieses scheint wenigstens durch die schwache
Wirkung der Kohle auf die Farben der alkalischen
Fluͤssigkeiten und durch die Eigenschaft der
alkalischen Aufloͤsungen, ihr die
Faͤrbestoffe, deren sie sich bemaͤchtigt
hat, wieder zu entziehen, bewiesen zu werden. Diese
Erscheinung wuͤrde also unter diejenigen
gehoͤren, wo eine Basis durch eine andere
staͤrkere Basis aus ihrer Verbindung ausgetrieben
wird.A. d. O..
Das Eiweiß und die Milch wirken bei der Klaͤrung nur
mechanisch. Sie bilden Klumpen, welche in ihr schwammiges Gewebe
alle unaufloͤslichen Substanzen einhuͤllen, und so
das Filtriren erleichtern. Da die Seife die Eigenschaft hat, in
dem Ruͤbensaft reichlich Klumpen zu bilden, indem sie
sich mit den Kalksalzen durch doppelte Wahlverwandtschaft
zersezt, so konnte ich sie ohne Nachtheil zu dieser Operation
anwenden. Ein Pfund gewoͤhnliche Sodaseife reicht zur
Klaͤrung von 100 Liter Syrup und mehr hin.
Hr. Dumont hat ein Filter erfunden,
wobei er thierische Kohle anwendet, welche auf eine besondere
Art vorbereitet ist. Die Kohle, welche so angewandt wird und
wovon 50 Kilogr. 12 Fr. kosten, entfaͤrbt nach seiner
Versicherung viel staͤrker als nach den
gewoͤhnlichen Methoden. Er nimmt von dieser Kohle bis 25%
vom Gewichte des Zukers, an Statt 10%. Ich habe
unvollstaͤndige Versuche uͤber diesen Gegenstand
angestellt, und ich gestehe, daß ich nicht wohl einsehe, warum
diese Kohle viel staͤrker entfaͤrben soll als die
gewoͤhnliche Kohle in dem Zustande, worin man sie
gewoͤhnlich mit Filtern, die nur unten ablaufen,
anwendet. Ich behalte mir vor, meine Versuche sobald als
moͤglich wieder aufzunehmen, um uͤber diesen
Gegenstand in's Reine zu kommen, und ich werde sodann die
Resultate bekannt machen. Was mir eine gute Meinung von diesem
Verfahren einfloͤßen koͤnnte, ist dieses, daß die
HHrn. Blanquet und Harpignies, welche es gepruͤft
haben, gute Resultate damit erhalten zu haben versichern;
andererseits wollen aber jene Fabrikanten diese Filter (ich sehe
nicht ein weßwegen) bloß zu derjenigen Klaͤrung
empfehlen, welche Behufs der Krystallisation angestellt wird,
und nicht fuͤr denjenigen Syrup, welcher verkocht wird;
man sagt, daß man im lezteren Falle bei einer Arbeit im Großen
mit Schwierigkeiten zu kaͤmpfen habe. Hr. Bernard zu Sussy versuchte das Filter
des Hrn. Dumont ohne Erfolg; hingegen
soll es Hr. Bucquet zu Roissy
anwenden, um sehr schoͤne Producte durch Verkochen zu
fabriciren. A priori kann ich nicht
wohl alle Vortheile, welche das Filter des Hrn. Dumont gewaͤhren soll,
deduciren, wenn aber die Erfahrung, wie es allen Anschein hat,
dafuͤr spricht, so muß irgend eine Erscheinung dabei
Statt finden, welche die Theorie nicht voraussieht und die einer
Untersuchung bedarf. Die gewoͤhnliche Klaͤrung
durch Filtriren oder Absezen wird bei diesem Filter nicht
erspart und es scheint im Gegentheil dringend noͤthig,
daß man den Syrup wohl von allen unaufloͤslichen
Substanzen befreit, in dasselbe bringt.
Wenn ich manchmal bei der Klaͤrung den Syrup
saͤuerte und zu viel Saͤure zusezte, so
verbesserte ich stets diesen Fehler ohne Nachtheil durch
krystallisirtes kohlensaures Natron; man kann sich in einem
solchen Falle auch sehr gut der Kalkmilch bedienen.
Wenn man kalten Syrup oder solchen, dessen Temperatur unter
75° C. (60° R.) ist, zur Klaͤrung nimmt, so
kann man alsogleich das Ochsenblut zusezen, welches bei dieser
Temperatur nicht gerinnt, und hierauf die thierische Kohle bei
90 oder 95° C. (72 oder 76° R.)
Es ist unumgaͤnglich noͤthig, daß man sich
uͤberzeugt, ob der geklaͤrte Syrup viele Klumpen
enthaͤlt; sollte dieses nicht der Fall seyn, so wird das
Filtriren schlecht vor sich gehen und unvollstaͤndig
seyn. Wenn der Syrup nicht kluͤmprig genug ist, so hat
man entweder zu wenig Eiweiß zugesezt, oder derselbe
enthaͤlt freies Kali, welches sich mit dem Eiweiß
verbunden hat. Im ersten Fall ergibt sich von selbst die Art,
wie man abhelfen kann, im zweiten erscheinen die Klumpen
sogleich auf Zusaz von Saͤure, wodurch das Eiweiß in
Freiheit gesezt wird.
Behufs der langsamen Krystallisation kann man mit Vortheil die
Klaͤrung vornehmen, wenn der Syrup heiß 22° am
Araͤometer zeigt, sodann filtriren und ihn so weit
abdampfen bis er heiß 32° zeigt. Waͤhrend des
Abdampfens bildet sich noch ein geringer Niederschlag; um diesen
abzuscheiden, bringt man den Syrup in Reservoirs, und es ist gut
diese in die Warmstuben zu stellen, worin sich die
Krystallisationsgefaͤße befinden, weil eine gelinde
Waͤrme die Faͤllung beguͤnstigt.
In den neu errichteten Fabriken hat man besondere Kessel
fuͤr die Klaͤrung eingefuͤhrt, an Statt
sich der Abdampfungskessel zu bedienen, was besonders in dem
Falle sehr bequem ist, wenn man die Kessel mit Dampf heizt.
Verkochen.
Die Operation des Verkochens erheischt durchaus die Anwendung des
Dampfes; man kann allerdings in sehr vielen Faͤllen
uͤber freiem Feuer verkochen und dadurch vollkommen eben
so gute Resultate erhalten, wie durch den Dampf; die Arbeit
nimmt dann aber immer viel mehr Zeit in Anspruch und ist
meistens viel schwieriger. In der That erheischt das Verkochen
uͤber freiem Feuer fast immer eine große Aufmerksamkeit
in der Leitung des Feuers, indem die Hize auf 106 bis
107° C. (85 bis 86° R.) erhalten werden muß und
nur mit groͤßter Vorsicht hoͤher gesteigert werden
kann, weil sonst der Syrup unvermeidlich anbrennen
wuͤrde, wo sodann einer der geringsten Nachtheile noch
dieser waͤre, daß man die Arbeit unterbrechen
muͤßte, um den Kessel reinigen zu koͤnnen.
Nachlaͤssige Fabrikanten finden es zwar bequemer in
diesem Falle ohne vorhergegangene Reinigung des Kessels zu
verkochen; dadurch leidet aber das Product sehr.
Ich habe vergleichende Versuche uͤber das Verkochen mit
Dampf und das Verkochen uͤber freiem Feuer mit Syrup, der
gehoͤrig zum Verkochen vorbereitet war, angestellt, aber
keinen Unterschied in der Farbe des Syrups und in der Farbe und
Qualitaͤt des Zukers, den ich erhielt, bemerken
koͤnnen. Wenn man daher die Frage nur unter diesem
Gesichtspunkte betrachtet, so koͤnnte man schließen, daß
das Verkochen mit Dampf unnuͤz ist; dann wuͤrde
man sich aber taͤuschen, denn dieses Verfahren ist nicht
nur bei gewissen Syrupen, z.B. den bereits einmal verkochten
unvermeidlich, sondern beschleunigt und erleichtert auch in
allen Faͤllen die Arbeit.
Ein saurer Syrup verkocht sich fast immer leicht. Ein alkalischer
mit Eiweiß geklaͤrter Syrup hingegen wird gegen das
Ende klebrig; er gibt einen diken Schaum, welchen die
Dampfblasen schwer durchdringen. In diesem Falle hilft man sich
dadurch, daß man so lange verduͤnnte
Schwefelsaͤure zusezt, bis das Aufwallen wieder seinen
gewoͤhnlichen Gang nimmt. Das Eiweiß gerinnt dann und
sammelt sich wieder auf den ruhigen Stellen des Kessels.
Man kann ohne Nachtheil Butter oder Schmalz anwenden, um das zu
starke Aufwallen zu maͤßigen, und es ist weit besser
einen solchen Koͤrper zu gebrauchen, als dem Syrup durch
den Schaumloͤffel eine Bewegung zu ertheilen, was einige
Fabrikanten zu thun pflegen, welche ich weiß nicht weßwegen, die
Anwendbarkeit der fetten Koͤrper bezweifeln.
Es ist fuͤr das Gelingen dieser Arbeit wichtig, den Punkt
des vollendeten Einkochens ausmitteln zu koͤnnen; dieß
kann nur in den wenigsten Faͤllen durch das AnblasenDie Probe des Anblasens wird folgendermaßen verrichtet:
man taucht den Schaumloͤffel in den kochenden
Syrup, zieht ihn wieder heraus, schwingt ihn etwas ab
und blaͤst dann auf einer Seite daruͤber
hin; wenn sich sodann auf der anderen Seite keine
Blaͤschen zeigen, so ist dieß ein Beweis, daß das
Einkochen vollendet ist; je nachdem diese
Blaͤschen schneller oder langsamer verschwinden,
war der Syrup staͤrker oder schwaͤcher
eingekocht.A. d. R. geschehen; leichter und sicherer ist die FadenprobeDie Fadenprobe besteht darin,
daß man einen Tropfen des kochenden Syrups auf den
Daumen bringt, sodann mit dem Zeigefinger schwach darauf
druͤkt, ihn jedoch sogleich wieder in einer
schiefen Richtung entfernt, wenn sich dabei ein Faden
bildet, welcher am Daumen abreist und sich gegen den
Zeigefinger hin zusammenzieht, so schließt man, daß der
Syrup hinreichend eingekocht ist.A. d. R.. Ich ziehe jedoch beiden die Probe mit dem Thermometer
vor. Das Gefaͤß desselben muß aber immer und ganz in den
Syrup tauchen, denn sonst waͤren seine Anzeigen
veraͤnderlich und unrichtig; ein gutes Celsius'sches
Thermometer muß beilaͤufig 111° 1/2 in einem Syrup
zeigen, welcher zum ersten Male gut eingekocht wurde; wenn der
Syrup wieder eingekocht wird, so kann man bis auf 112°
1/2 oder 113° steigen, und wenn man ihn zum dritten Male
einkocht, muß man die Probe noch weiter steigern, z.B. auf
114° bis 115°.
Der erste Apparat, welcher zum Verkochen des
Runkelruͤbensaftes mit Dampf angewandt wurde, ist der
Schlangenroͤhren-Apparat von Taylor und Martineau; er
wurde von Hrn. Joest, einem unserer
geschiktesten Raffinirer, nach Frankreich gebracht und von den
HHrn. Blanquet und Harpignies trefflich benuzt.
Ich glaube daß einzig und allein durch eine
Schlangenroͤhre der Dampf in einem Verkochungskessel und
in jedem Dampfkessel uͤberhaupt zwekmaͤßig
vertheilt werden kann, indem dadurch sowohl der Dampf als
das Verdichtungswasser einen regelmaͤßigen Gang
erhaͤlt und daher jede Roͤhre den Dienst leisten
kann, welchen man von ihr erwartet. Die Gitter sind sehr
schlechte Apparate, worin der Dampf sich ungleichfoͤrmig
vertheilt, und ich halte den Apparat der HHrn. Drouault, welchen wir in unserem
lezten Hefte mitgetheilt habenEr erschien in diesem Bande S. 99. des polyt.
Journals.A. d. R., und fuͤr welchen Hr. Pecqueur die Prioritaͤt der Erfindung in
Anspruch nimmt, fuͤr nicht viel vorzuͤglicher. Ich
bestreite ihm diese Prioritaͤt eben so wenig als die
Erfindung des Namens Compensations-Gitter, welche taͤuschen
kann, aber im Grund nichts bezeichnet, weil bei dem Gitter des
Hrn. Pecqueur eben so wenig als bei
den gewoͤhnlichen Gittern eine Compensation Statt findet.
Es wird hier also bloß der Name eines sehr sinnreichen Apparates
der Uhrmacher mißbraucht, ohne daß man auch nur eine Spur seines
Princips und seiner Eigenschaften wieder auffinden
koͤnnte. Ich will hier die Bemerkung, welche ich bei
Mittheilung des Apparates der HHrn. Drouault machte, wiederholen, daß ich ihn
naͤmlich bloß wegen des Verfahrens den Dampf zuzulassen
und wegen Verringerung der Anzahl der Loͤthungen
auffuͤhrte, ohne ihn jedoch den Maschinisten und
Fabrikanten zu empfehlen.
Hinsichtlich des Verkochens im leeren Raume brauche ich bloß auf
dasjenige zu verweisen, was ich uͤber das Abdampfen im
leeren Raume gesagt habe. Ich glaube daß diese complicirten
Apparate ganz unnuͤz sind, weil man mit ihnen kein Atom
krystallisirten Zuker mehr erhaͤlt, als nach den guten
gewoͤhnlichen Verfahrungsweisen.
Ich werde eine besondere Arbeit uͤber die Dampfapparate
und ihre beste Einrichtung in Bezug auf Ersparniß an
Brennmaterial, so wie an Kosten bei ihrer Anschaffung und
Unterhaltung unverzuͤglich bekannt machen. Man wird
daraus ersehen, daß keiner der gewoͤhnlichen
Dampfapparate in dieser Hinsicht Genuͤge leistet und daß
die meisten Mechaniker sie nur complicirter machen, an Statt sie
zu vereinfachen.
Kuͤhlpfanne.
Wenn der Syrup in einem schlechten Zustande ist, oder wenn man
ihn aus sehr verdorbenen Wurzeln darstellte, so hat er eine
Neigung beim Verkochen zu schaͤumen, die er in der
Kuͤhlpfanne beibehaͤlt. Um das Aufschaͤumen
zu beseitigen, ist es dann dringend noͤthig, die
Temperatur des Syrups so schnell als moͤglich auf 85 oder
90° C. (68 oder 72° R.) zu erniedrigen, indem man
die Kuͤhlpfanne der Kaͤlte aussezt, oder sie in
kaltes Wasser taucht, oder den Syrup in mehreren metallenen
Gefaͤßen vertheilt. Wenn hingegen der Syrup gut ist, so
ist es zwekmaͤßig, seine Temperatur so langsam als
moͤglich auf 80 oder 85° C. (64 oder 68°
R.) herabkommen zu lassen, indem man entweder die verkochten
Syrupe in derselben Kuͤhlpfanne vereinigt, oder das
Erkalten so leitet, daß es 12 bis 15 Stunden anhalten kann; das
langsame Erkalten beguͤnstigt das Krystallisiren und ist
besonders bei weniger zukerreichen Syrupen, z.B. bei den zum
zweiten Male verkochten nuͤzlich.
Wenn man den verkochten Syrup nicht warm zu erhalten sucht, so
kann man ihn ohne alle Sorgfalt in die Kuͤhlpfanne
schuͤtten; im entgegengesezten Falle ist es gut die
Vorsicht zu gebrauchen, daß man ihn unter die Kruste oder das
Haͤutchen gießt, welches sich uͤber dem Syrup
bildet.
Die Temperatur von 80 bis 85° C. ist sehr passend; denn
wenn der Syrup gut verkocht wurde, so krystallisirt der Zuker
bei dieser Waͤrme regelmaͤßig und man findet unter
einer schwachen krystallinischen Kruste eine Masse Zuker, deren
Oberflaͤche walzenfoͤrmig ist. Wenn der
Anschießkessel kalt oder der Syrup stark verkocht war, so zeigt
die Oberflaͤche der Form keine Vertiefung oder die
Vertiefung findet nur auf der Mitte und in sehr engen
Glaͤnzen Statt. Im ersten Falle kann man den Zuker sehr
leicht und vollstaͤndig in hoͤchstens 8 oder 15
Tagen reinigen, im zweiten nur schlecht und
unvollstaͤndig selbst in einem Monate. Die Masse
krystallisirten Zukers kann sich nur bis zu einem von der Spize
mehr oder weniger entfernten Punkte langsam reinigen.
Wenn der Zuker gehoͤrig bearbeitet, verkocht,
abgekuͤhlt und angeschossen ist, so muß der Hut ganz aus
der Form genommen werden koͤnnen und seine Spize nur
einige Zolle mit Melasse beladen seyn.
Bleichen des Zukers (Clairçage).
Ich habe mich mit Vortheil zum Bleichen des Zukers in den Formen
der sogenannten Clairçage
bedient. Howard war einer der ersten,
welche dieses Verfahren bei der Zukerraffinerie anwandten; es
besteht bekanntlich darin, daß man auf die Thondeke des Hutes
einen mit krystallisirbarer Zuker-Masse
gesaͤttigten Syrup gießt. Dieser Syrup kann noch Melasse
oder unkrystallisirbaren Zuker aufloͤsen und mit ihm
zugleich den Faͤrbestoff entziehen. Es waͤre
offenbar unklug, wenn man bei der Bearbeitung des
Runkelruͤbenzukers den Rohzuker mit einem Syrup von
reinem Zuker reinigen wollte; es kann aber vorteilhaft seyn,
dieses Verfahren mit einigen Abaͤnderungen anzunehmen.
Ich habe es folgendermaßen ausgeuͤbt:
Ich bereitete mit dem Saft von Wurzeln, welche (nach dem weiter
unten besprochenen Verfahren) geschwefelt worden waren, einen
geklaͤrten Syrup (wie zur regelmaͤßigen
Krystallisation), welcher ohne Anwendung von
thierischer Kohle eine schwache Amberfarbe hat und dampfte ihn
so weit ab, bis er heiß 32° am Araͤometer zeigte.
Diesen geklaͤrten Syrup goß ich im Verhaͤltniß von
4 bis 5 Liter fuͤr eine Form von 30 Liter auf den
Thonbrei des Hutes. Er muß kalt aufgegossen werden (welches
jedoch in zwei verschiedenen Zeitpunkten geschehen kann) und in
einem Zimmer, dessen Temperatur 15° C. (12° R.)
nicht uͤbersteigen darf. Man kann ihn entweder aufgießen,
nachdem die Melasse von dem Hute abgeflossen ist, oder noch
besser in dem Augenblike, wo man den Stoͤpsel der Form
oͤffnet. Im lezteren Falle wirkt er kraͤftiger,
indem dann die Melasse, welche die Krystalle verunreinigt, keine
Zeit gehabt hat, einzutroknen und dem
Aufloͤsungsvermoͤgen des geklaͤrten Syrups
besser nachgibt, der sich dann gleichfoͤrmiger
uͤber die ganze Masse des Hutes verbreitet, in welche er
durch die abfließende Melasse hineingezogen wird. Bei der
lezteren Verfahrungsweise muß man einige Vorsicht anwenden;
nachdem man naͤmlich auf den Zuker eine Schichte
geklaͤrten Syrups von ungefaͤhr einem Zoll
aufgegossen hat, muß man fuͤr den Zusaz der zweiten
Schichte den Augenblik abwarten, wo der Zuker abgedekt wird und
so fort, wenn man noch mehr zusezen wollte. Wenn man einen zu
schwachen geklaͤrten Syrup anwenden wuͤrde, so
wuͤrde er den Zuker in der Form niederdruͤken,
indem er ihn schmilzt oder an einigen Stellen mehr oder weniger
tiefe Loͤcher machen und sich so einen Weg bahnen. Wenn
der Zuker nicht warzenfoͤrmig ist und man den
geklaͤrten Syrup nicht in dem Augenblike aufgießt, wo man
den Stoͤpsel herauszieht, so ist es gut die Thondeke
abzuebnen, nachdem man den Zuker bis zur Spize der Form wohl mit
dem Messer umgeruͤhrt hat.
Wenn die Operation des Bleichens (Reinigens) gut geleitet wird,
so darf das Gewicht des Zukers dadurch nicht vermindert werden;
je nachdem sie mehr oder weniger lange fortgesezt wird, kann die
Farbe desselben dadurch von Braun in Weiß
uͤbergefuͤhrt werden. Der Zuker erhaͤlt
dadurch mehr Koͤrper und einen viel groͤßeren
Werth fuͤr den Raffinirer. Durch diese Behandlung
verschwinden sogar alle Eigenschaften des gekoͤrnten
Zukers, wodurch er dem krystallisirten scheinbar nachsteht.
Die HHrn. Blanquet und Harpignies, welche den Zuker
ebenfalls bleichen, bereiten hiezu den geklaͤrten Syrup
mit dem Filter des Hrn. Dumont und
mit den Abfallen ihrer Formen, welche sie schmelzen und
klaͤren. Wie man aber auch immer den geklaͤrten
Syrup bereiten mag, so muß er 36° am Araͤometer
zeigen und wenig gefaͤrbt seyn. Ich habe auch Zuker von
sehr schoͤner Sorte gesehen, welchen Hr. Bucquet gebleicht hatte. Man kann
dieses Verfahren den Fabrikanten als sehr vorteilhaft empfehlen.
In einigen Fabriken, wo man das Bleichen ohne die
erforderlichen Kenntnisse versuchte, erhielt man schlechte
Resultate.
Reinigung des Zukers in den Formen durch
Abtropfen.
Wann der Zuker in den Formen von guter Qualitaͤt ist, kann
man den Stoͤpsel der Form ohne alle Vorsicht
oͤffnen und es ist sogar unnuͤz, die Spizen mit
einer Ahle zu durchbohren: der Syrup laͤuft leicht ab,
ohne Zuker mit sich zu reißen.
Wenn der Zuker wenig Festigkeit oder wenn man bei der Arbeit
irgend einen Fehler begangen hat, so kann das Korn sehr fein,
teigig und von geringer Consistenz seyn, was besonders bei dem
wiederverkochten Zuker eintrifft; man muß alsdann den
Stoͤpsel mit Vorsicht oͤffnen, und wenn man
bemerkt, daß der Syrup Zuker mit sich reißt, so muß man die
Spize des Kegels mit einer Perruque, oder mit einer Kehle, oder,
was noch einfacher ist, mit einem ausgekehlten Stoͤpsel
versehenEine Perruque ist ein Stuͤk reinen Zeuges, welches
man auf die Oeffnung des Unterseztopfes legt, ehe man
die Form darauf bringt. Dieser Zeug haͤlt den
Zuker zuruͤk und laͤßt nur die Melasse
durchgehen. – Eine Kehle (cannelle) ist ein hohler, mit Loͤchern
versehener metallener Kegel, welchen man in die Spize
der Form stekt. – Ein ausgekehlter
Stoͤpsel (bouchon
cannelé) ist ein gewoͤhnlicher
Stoͤpsel, auf dessen Umfang man fuͤnf oder
sechs tiefe Einschnitte gemacht hat.A. d. O..
Die Stube, worin sich die Formen befinden, darf nicht zu heiß
seyn, wenn man die Stoͤpsel oͤffnet; 15 bis
18° C. (12 bis 14° R.) eignen sich zu dieser
Operation gut.
Ein Zuker, dessen erste Reinigung in einer stark geheizten
Waͤrmstube Statt findet, worin sich die Luft leicht
erneuert, ist staͤrker gefaͤrbt, als wenn die
Reinigung bei einer niedrigeren Temperatur und an einem feuchten
Orte erfolgt. Ich habe sogar oͤfters bemerkt, daß Zuker
an seiner Oberflaͤche durch den Dampf der feuchten
Stuben, worin er sich befand, gewissermaßen thonartig wurde. Man
koͤnnte sich ohne Zweifel diese Eigenschaft zu Nuzen
machen und die Reinigungsstuben mit Luft heizen, die mit Dampf
uͤbersaͤttigt ist.
Reinigung des Zukers durch die Walzen und
die Presse.
Der Zuker aus den Krystallisationsgefaͤßen erscheint in
Gestalt krystallinischer oder concreter, mehr oder weniger
harter Massen, aus welchen die Mutterlauge durch bloßes
Abtropfen nicht ganz abgeschieden werden kann; man muß daher zum
Pressen seine Zuflucht nehmen. Wenn man aber den Zuker bloß in
Saͤken abwechselnd mit Weidenflechten auf die Platte
einer starken Presse bringen wuͤrde, so wuͤrde die
Melasse wegen des Widerstandes, den die Krystalle entgegensezen,
welche unter sich um so groͤßere Zwischenraͤume
lassen je voluminoͤser sie sind,
nur unvollkommen ausgetrieben werden. Es bleibt daher nichts
uͤbrig, als den Zuker durch zwei Walzen laufen zu lassen,
die ihn in eine teigartige halbfluͤssige Masse
verwandeln, welche aus mehr oder weniger feinen Koͤrnern
besteht, die in der Melasse schwimmen. Wenn diese Masse sodann
in einen Sak gebracht und ausgepreßt wird, so gibt sie unter der
allmaͤhlichen und kraͤftigen Einwirkung einer
Presse ihre Melasse sehr leicht ab, waͤhrend der Zuker in
dem Sak zuruͤkbleibt. Diese Operation dauert 24 bis 48
Stunden.
Man wendet hiezu dieselben Saͤke und Flechten an, die man
gewoͤhnlich zum Auspressen des Markes gebraucht. Die
Saͤke darf man nicht uͤbermaͤßig
anfuͤllen, weil sie sonst reißen koͤnnten und die
Reinigung schwieriger waͤre.
Diese Reinigung erfolgt um so vollstaͤndiger und leichter
und der Zuker wird um so weißer, je oͤfter man die Masse
durch die Walzen gehen laͤßt, was in einigen Fabriken 20
bis 25 Mal vorgenommen wird. Die Zukerkoͤrner sind
alsdann sehr pulverig und wenn man sie aus den Saͤken
nimmt, haben sie ein thonartiges Aussehen. Es ist kein Zweifel,
daß ein solcher Zuker beim Raffiniren sehr ergiebig ist.
Den fehlerhaften Formenzuker oder die Spizen der Huͤte,
welche nicht ablaufen konnten, kann man hinreichend dadurch
reinigen, daß man sie in Saͤke fuͤllt und unter
die Presse bringt, ohne sie vorher zu walzen, wo man sodann
durch Schmelzen schoͤnen Zuker daraus erhaͤlt;
wenn man aber diese Arbeit vermeiden wollte, so muͤßte
man sie durch die Cylinder gehen lassen, ehe man sie in die
Saͤke fuͤllt.
In einigen Fabriken laͤßt man den Syrup in den
Krystallisationsgefaͤßen fast ganz eintroknen, so daß ihr
krystallisirter Zuker bloß ein eingetrokneter Ruͤbensaft
ist; dieser muß mit Zuker aus anderen
Krystallisationsgefaͤßen, welcher mit Melasse beladen
ist, oder mit Wasser versezt werden, wenn man ihn durch die
Walzen gehen laͤßt. Ein solcher Zuker kann
natuͤrlich weiß und dabei doch fuͤr die
Raffinerien eine sehr schlechte Sorte seyn, weil er viele
fremdartige Bestandtheile enthaͤlt.
Schwefelungs-Verfahren.
Nach diesem Verfahren, welches ich zuerst mit Vortheil
ausgeuͤbt habe, kann man die Wurzeln mit groͤßerer
Sicherheit bearbeiten; es erheischt keine so große Reinlichkeit
und erlaubt das Mark und den Saft viele Tage lang aufzubewahren,
ohne daß sie dadurch eine merkliche Veraͤnderung
erleiden; es macht die Laͤuterung regelmaͤßiger
und der gelaͤuterte Saft erhaͤlt immer eine
schoͤne Farbe; der so behandelte Saft behaͤlt bei
der Laͤuterung und bei dem Verkochen eine
schoͤnere Farbe.
Dieses Verfahren besteht darin, daß man die Wurzeln, ehe man sie
zerreibt, einige Zeit lang einer Atmosphaͤre von
schweflicher Saͤure aussezt. Das Fleisch bleibt dann eine
unbestimmte Zeit lang weiß und gesund. Die Saͤke und
Flechten, welche man bei der Bearbeitung gebraucht, erleiden
auch in ihrer Farbe keine Veraͤnderung und koͤnnen
mehrere Tage, ohne daß man sie reinigt, angewandt werden; eben
so alle anderen Geraͤthe, die mit Saft getraͤnkt
werden koͤnnen.
Wenn man bedenkt, wie wichtig die Reinlichkeit bei der
Fabrikation des Runkelruͤbenzukers ist, und welche großen
Nachtheile durch ihre so leichte und so haͤufige
Vernachlaͤssigung von Seite der Arbeiter entstehen
koͤnnen, so wird man wohl die Vortheile zu
schaͤzen wissen, welche bei der Fabrikation im Großen ein
Verfahren gewaͤhren muß, das in dieser Hinsicht eine
vollkommene Sicherheit darbietet.
Ich habe seit langer Zeit bemerkt, daß die Arbeit, welche in
einer Zukerfabrik am ersten Tage gemacht wird, viel bessere
Producte liefert, man mag den Zuker regelmaͤßig
krystallisiren lassen oder koͤrnen, und ich hatte mit
Unrecht diesen Unterschied einer Veraͤnderung der Wurzeln
zugeschrieben, welche doch gewiß nicht die Ursache davon seyn
kann, weil die Erscheinung allgemein ist und sich jedes Jahr
mehr oder weniger auffallend in den Fabriken zeigt. Ich zweifle
nun nicht mehr, daß die Ursache einzig und allein in der
Unreinheit der Geraͤthe liegt, welche am zweiten Tage der
Fabrikation beginnt und die sich nur dadurch vermeiden ließe,
daß man die Geraͤthe taͤglich so
sorgfaͤltig reinigen und troknen wuͤrde, wie man
es am Schluß der Arbeit zu thun pflegt.
Nach diesen Betrachtungen, worin aufgeklaͤrte Fabrikanten
gewiß mit mir uͤbereinstimmen, ist die Reinlichkeit einer
Fabrik ebenfalls eine unerlaͤßliche Bedingung des guten
Erfolgs; diese wird nun aber durch das Schwefeln der
Ruͤben so vollkommen erfuͤllt, als es auf keine
andere Art moͤglich ist.
Das Schwefeln, welches man den Fabrikanten als eine schwierige
Operation vorstellte, ist eine außerordentlich einfache Arbeit.
Der Apparat, welchen ich dazu erfunden habe, wird in diesem
Jahre in mehreren Fabriken angewandt werden, deren Directoren
bei mir in diesem Verfahren unterrichtet wurden.
Die Kosten des Apparates und des Stoffes zur Erzeugung der
schweflichen Saͤure sind im Verhaͤltniß zu den
uͤbrigen Fabrikationskosten so gering, daß sie gar nicht
in Betracht kommen. Die schwefliche Saͤure spielt bei
dieser Anwendung dieselbe Rolle wie bei der Aufbewahrung des
Ruͤbenmostes; sie verhindert die Faͤrbung und die
schleimige Gaͤhrung, indem sie den Saft gegen die
Einwirkung des Sauerstoffs schuͤzt, wie groß auch immer
die Oberflaͤche der mit der Luft in
Beruͤhrung kommenden Substanz seyn mag. Ein Theil der
schweflichen Saͤure verwandelt sich alsdann in
Schwefelsaͤure, die als Erhaltungs- und
Laͤuterungsmittel wirkt. Der Kalk, welchen man in der
Kaͤlte Behufs der Laͤuterung zusezt, entzieht die
ruͤckstaͤndige schwefliche Saͤure, womit er
ein sehr dichtes unaufloͤsliches schweflichsaures Salz
bildet, welches die Abscheidung der Floken beguͤnstigt.
Es ist mir bei diesem Verfahren nie eine Laͤuterung
mißlungen, selbst wenn ich außerordentlich verdorbene
Ruͤben anwandte. Der nach diesem Verfahren
gelaͤuterte und Behufs des Abdampfens neutralisirte Saft
gibt einen wenig gefaͤrbten Syrup, welcher in den
Krystallisationsgefaͤßen staͤrker anschießt, als
der Archand'sche Syrup und der mit
einigen Vorsichtsmaßregeln zum Bleichen des Zukers gebraucht
werden kann. Ich habe noch die gegruͤndete Hoffnung, nach
diesem Verfahren einen fast farblosen Syrup zum Verkochen
bereiten zu koͤnnen. Ich ließ mir auf dieses Verfahren
ein Brevet d'Invention ertheilen und
trete mein Recht an alle meine Schuͤler ab, von denen es
Einige auch in diesem Jahre anwenden wollen.
Ueber die Zunahme der
Runkelruͤbenzuker-Fabrikation in
Frankreich.
Ich habe hinsichtlich der Zunahme der Fabrikation des
inlaͤndischen Zukers die Hypothese als wahrscheinlich
aufgestellt, daß durch eine Fabrik eine andere entstehen kann
und berechnet, daß Frankreich in fuͤnf Jahren seinen
gegenwaͤrtigen Zukerbedarf durch inlaͤndische
Fabriken erzeugen wird. In der That zaͤhlte man im
verflossenen Jahre 1828/29 hundert Fabriken, welche zusammen
beilaͤufig fuͤnf Millionen
Kilogrammen (100,000 Ztr.) Zuker erzeugten, daher auf
die Fabrik 50,000 Kilogr. kommen. Diese Fabriken sind in 23
Departements zerstreut. Wir theilen am Ende dieser Abhandlung
das Verzeichniß derselben mitDieses Verzeichniß ist in unserem Journale, als von bloß
lokalem Interesse, weggelassen worden und eben so das
darauffolgende von fuͤnfzig Fabriken, welche im Jahre
1829/30 zu arbeiten anfangen.A. d. R.. In diesem Jahre muß man hundert neue Fabriken
zaͤhlen, wenn unsere Hypothese sich bewaͤhrt. Wir
theilen hernach auch das Verzeichniß der neuen Fabriken mit, so
weit wir es zusammen bringen konnten; obgleich es ziemlich
zahlreich ist, so darf man doch annehmen, daß es bei weitem
nicht vollstaͤndig ist; wenn unter diesen Fabriken
mehrere von geringer Wichtigkeit sind, so muß man bedenken, daß
das erste Jahr gewoͤhnlich nur ein Probejahr ist, in
welchem eine groͤßere Grundlage vorbereitet wird.
Man muß bei der Verbreitung der
Runkelruͤbenzuker-Fabrikation dieselbe
hauptsaͤchlich an die Landwirtschaft zu ketten und eben
deßwegen die Geraͤthe und Verfahrungsweisen
moͤglichst zu vereinfachen suchen. Die
meisten Unternehmer fuͤhlen die Notwendigkeit nicht,
diese Fabrikation mit der Oekonomie zu verbinden und treiben sie
ungluͤklicherweise bloß als technisches Unternehmen.
Dieser Umstand, welcher jener Industrie eine falsche Richtung
gibt, ist jedoch den Fortschritten der Fabrikationskunst
foͤrderlich, weil er sie in die Haͤnde von
Kapitalisten bringt, welche im Stande sind kostspielige Versuche
uͤber Maschinen, Apparate und Proceduren anzustellen; die
Oekonomen muͤssen dann bei den einfachsten und
wohlfeilsten Verfahrungsweisen stehen bleiben, welche offenbar
aus den Versuchen, die man gegenwaͤrtig uͤber die
Fabrikation des Zukers anstellt, hervorgehen werden.
Ich hoffe auch, daß der Dampf, welcher heute zu Tage zum
Verkochen erfordert wird, einst in den Fabriken der Oekonomen
wird beseitigt werden koͤnnen, oder daß man wenigstens
die Dampfapparate noch so verbessern wird, daß ihre großen
Kosten und haͤufigen Ausbesserungen wegfallenOben S. 206. hat der Verfasser das Gegentheil gesagt.A. d. R.. Der Apparat fuͤr die Zukerfabrikation darf den
Oekonomen nur ein kleines Kapital kosten, weil derselbe nur 4
bis 5 Monate des Jahres nuzbar ist; uͤbrigens
haͤngt die Guͤte und Menge des Zukers, den man
darstellen kann, nicht so sehr von der Vollkommenheit des
Apparates ab, als man wohl glauben moͤchte; mancher
Oekonom, dessen Apparat keine 20,000 Fr. gekostet hat, macht
mehr und besseren Zuker als mancher Fabrikant, dessen
Einrichtung 80,000 Fr. verschlungen hat. Dagegen haͤngt
der guͤnstige Erfolg groͤßten Theils von der Wahl
des Directors ab, wobei man oft mit so geringer Sorgfalt zu
Werke geht.