Titel: | Verbesserung an Kutschen zur größeren Sicherheit der Reisenden, worauf Zacch. Riley, Mechaniker, Union-Street, Southwark, Surrey, sich am 10. Dec. 1828 ein Patent ertheilen ließ. (Nebst einer Anmerkung des Uebersezers.) |
Fundstelle: | Band 33, Jahrgang 1829, Nr. LXXV., S. 311 |
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LXXV.
Verbesserung an Kutschen zur
groͤßeren Sicherheit der Reisenden, worauf Zacch. Riley,
Mechaniker, Union-Street, Southwark, Surrey, sich am 10. Dec. 1828 ein Patent
ertheilen ließ. (Nebst einer Anmerkung des Uebersezers.)
Aus dem London Journal of
Arts. Mai 1829. S. 79.
Mit Abbildung auf Tab. VI.
Riley, Verbesserung an Kutschen zur
groͤßeren Sicherheit der Reisenden.
Diese Verbesserung besteht erstens in einer Vorrichtung, die
Pferde von dem Wagen los zu machen, wenn sie scheu geworden
sind, und durchgehen; zweitens: in einer Vorrichtung, den Wagen
an einem oder an beiden Hinterraͤdern zu sperren, wenn er
sich in einer gefaͤhrlichen Lage, z.B. an einem Abhange
befinden sollte, so daß er auch dann noch umwerfen
koͤnnte, nachdem die Pferde bereits los gemacht
wurden.
Fig. 9. zeigt den Wagen von der Seite mit der daran
angebrachten Verbesserung: der Kasten ist abgehoben, damit man
die Theile desto deutlicher sieht. Fig.
10. zeigt denselben im Grundrisse, wo man die
Verbesserungen auf der oberen Seite derselben sieht. Fig. 11. zeigt das Wagscheit von der Vorderseite, und
die Art, wie die Straͤnge an demselben befestigt sind.
Fig.
12. stellt den Wagen von der Hinterseite dar, wo man
die Hinterraͤder mit ihrer Achse und den damit
verbundenen Apparat zur Sperrung der Raͤder wahrnimmt.
Dieselben Buchstaben bezeichnen in allen Figuren dieselben
Theile.
Das Wagscheit aa ist an dem
Wagen mittelst der eisernen Baͤnder bb befestigt, wie man in Fig. 9 und 11.
sieht. Die Stifte cccc, um
welche die Straͤnge laufen, sind an einem eisernen Rahmen
dd angebracht, und dieser
Rahmen ist auf zwei Hebeln ee
aufgezogen, oder mit denselben durch Gefuͤge verbunden,
wodurch dann der eiserne Rahmen mit den Stiften c gehoben oder gesenkt werden kann,
welche durch das Wagscheit laufen.
Wenn der Rahmen gehoben wird, so treten die Enden der Stifte in
Stiefel der oberen eisernen Stange ffff, um die Straͤnge fest zu halten; wenn er
aber niedergelassen wird, steigen die Stifte herab und die
Straͤnge werden los.
Dieses Heben und Senken des Rahmens und der Stifte geschieht
mittelst des Hebels g, welcher
seinen Stuͤzpunkt in der Mitte des Wagscheites hat. Der
kuͤrzere Arm dieses Hebels ist mit den Stangen hh verbunden, die mittelst
Gewinden mit den Hebeln ee in
Verbindung stehen, wie man in Fig.
9. sieht.
Wenn die Straͤnge an dem Wagen angebracht werden sollen,
werden die Schlingen an den Enden derselben uͤber die
Stifte c geschlagen, zwischen dem
Wagscheit-Balken a und der
oberen Stange f, und wenn dann der
laͤngere Arm des Hebels g
niedergelassen und mittelst der Feder-Sperre i an der Deichsel k niedergehalten wird, so werden die
Stifte durch die Schlingen der Straͤnge auf die oben
angegebene Weise in die Hoͤhe steigen, und durch das
Sperren des Hebels festgehalten.
Am Ende des Hebels g befindet sich
ein kleiner Hebel l, der sich um
einen Stift als seinen Stuͤzpunkt dreht. Dieser Hebel
liegt auf der Deichsel, wenn der ganze Apparat gesperrt gehalten
wird. Wenn aber die Straͤnge los gelassen werden sollen,
so zieht man eine am Ende des Hebels l befestigte Schnur, wodurch der Hebel l in die Hoͤhe gezogen wird.
Durch diese Bewegung des Hebels wird eine kleine excentrische
Scheibe m gegen die
Feder-Sperre i in
Thaͤtigkeit gesezt, die dadurch zuruͤkgeschoben
wird. Auf diese Weise wird der Hebel g frei, und so wie dieser in die Hoͤhe steigt,
wird der Rahmen d und der Stift c niedersteigen, und die
Straͤnge werden auf die oben angegebene Weise los.
Die Halsriemen, welche von den Kummten der Pferde an das Ende der
Deichsel laufen, werden an den Ringen des Stuͤkes n befestigt, und dieses Stuͤk
n ist in einem Ausschnitte
zwischen den Baken der Zwinge o
eingeschlossen, wenn der oben beschriebene Apparat gesperrt ist.
Wenn aber der Hebel g in die
Hoͤhe steigt, schiebt ein gekruͤmmter Arm p, der von dem langen Hebel g auslaͤuft, die lange Stange
q, welche durch die ganze
Laͤnge der Deichsel laͤuft, vorwaͤrts, und
folglich auch die Zwinge o
vorwaͤrts, deren Baken nun nicht mehr festgehalten
werden, sich oͤffnen, und das Stuͤk n sammt seinen Ringen und den
Halsriemen von den Pferden herausziehen lassen, die auf diese
Weise von dem Wagen vollkommen los werden.
Wenn vier Pferde an den Wagen gespannt sind, so werden die
vorderen mit ihrem Wagscheite auf die gewoͤhnliche Weise
an den Ring am Ende der Zwinge o
gespannt, und wenn diese auf obige Weise sich oͤffnet, so
werden sie gleichfalls los.
Damit das Vorder-Gestell nicht los wird, wenn die Pferde
von demselben frei gemacht werden, steigt ein Stift r am hinteren Ende eines jeden der
beiden Hebel e empor, so wie der
Rahmen d nieder steigt, und tritt,
da er durch die beiden Fuscheln ss laͤuft, in Ausschnitte in der Scheibe t und haͤlt dadurch das
Vordergestell fest.
Der Apparat zum Sperren des Hinterrades einer Kutsche ist in Figg. 9, 10
und 12.
dargestellt, und besteht aus einem Fange oder
Reibungs-Bande u, welches die
Nabe des Rades umfaͤngt; ferner aus einem Tummler-
oder Riegel-Fange v, der
mittelst des Hebels w in eine Furche
in der Nabe des Rades geworfen wird. Der Hebel w
dreht sich auf einem Stuͤzpunkte am Stuͤke x, welches an der Achse befestigt
ist, und das laͤngere Ende dieses Hebels arbeitet
zwischen zwei Platten y, welche die
Federn und Faͤnge enthalten, wodurch das Ende des Hebels
festgehalten wird, das Rad mag eingesperrt seyn oder nicht.
In Fig.
10. sind die Theile dieses Sperr-Apparates in
jener Lage gezeichnet, in welcher sie sich befinden, wenn das
Rad nicht gesperrt ist, und Fig.
9, wenn das Rad gesperrt ist. Wenn man die Schnur 1 zieht,
die an dem Verbindungs-Stuͤke 2 zwischen den
Hebeln 3 und 4 befestigt ist, macht der Hebel 3 den
Feder-Sperrkegel 5 aus dem Zahne 6 auf dem Ende des
Hebels w los, und laͤßt den
Hebel in die durch die punktirten Linien angedeutete Lage
ziehen, wo der Feder-Sperrkegel 7 den Zahn am Ende des
Hebels, und dadurch auch diesen in seiner Lage festhaͤlt,
und so das Rad sperrt.
Das Sperren des Rades geschieht durch den kuͤrzeren Arm
des Hebels w, welcher in das
Zwingstuͤk 8 eingreift, Fig.
9, und da dieses sich seitwaͤrts bewegt, wirft es
den Tummler- oder Riegel-Fang v in die Furche 9, so daß er bereit
ist gegen einen Ausschnitt am Ende der Furche zu sperren. Wenn
das Stuͤk 8 bewegt wird, bringt es das
Reibungs-Band, welches daran befestigt ist, in innige
Beruͤhrung mit dem Umfange der Nabe, und haͤlt so
die Umdrehung des Rades so lang auf, bis der Ausschnitt am Ende
der Furche mit dem Riegel-Fang in Beruͤhrung
kommt, wo dann das Rad vollkommen aufgehalten wird.
Wenn nun das Rad wieder frei gelassen werden soll, wird die
Schnur 10 gezogen, welche uͤber eine Rolle laͤuft,
die an der unteren Seite des Wagens angebracht ist. Dadurch wird
der Feder-Sperrkegel 7 aus dem Zahne 6 los, und
laͤßt den Hebel w in seine
vorige Lage zuruͤk, und den Zahn des Riegels hinab. Da
das Rad immer auf demselben Punkte gesperrt wird, habe ich ein
starkes Stuͤk Stahl daselbst angebracht, um die
Abnuͤzung zu vermindernDadurch wird dieser Hauptfehler nicht verbessert.A. d. Ue..
Die Schnuͤre zum Loslassen der Pferde und zum Sperren des
Wagens koͤnnen uͤber Rollen an irgend eine Stelle
des Wagens laufen, so daß sie vom Kutscher oder von irgend
Jemanden in oder auf dem Wagen in Thaͤtigkeit gesezt
werden koͤnnenDie Erklaͤrung dieses Patentes ist nicht
vollkommen klar, und der Apparat, der hier an dem Wagen
angebracht ist, viel zu zusammengesezt und zu unsicher
fuͤr einen Sicherheits-Apparat. Man hat
bereits bessere, aber wie es scheint, noch nicht den
besten.A. d. Ue..
Newton.
Anmerkung des Uebersezers.
Wir haben in Deutschland weit einfachere Vorrichtungen, das
Wagscheit los zu machen, wovon die meisten sich entweder auf die
einfache Construction des Bayonnett-Gefuͤges an
dem Zapfen oder Nagel gruͤnden, an welchem das Wagscheit
angehaͤngt wird; oder auf die eben so einfache und
allgemein bekannte Vorrichtung, nach welcher man mittelst einer
Springfeder einen dichten Cylinder in einem hohlen
festhaͤlt, welcher erstere alsobald aus dem hohlen
Cylinder heraus faͤllt, sobald die Feder mittelst eines
leichten Drukes oder Zuges außer Thaͤtigkeit gesezt wird.
Man hat zu diesem Ende die Deichsel an derjenigen Stelle
durchbohrt, wo das Wagscheit gewoͤhnlich angebracht wird,
und in diese Oeffnung einen hohlen eisernen Cylinder
eingelassen, in welchen der Stift oder Nagel, an welchem das
Wagscheit angehaͤngt wird, gestekt wird. Die
Feder-Vorrichtung ist nun entweder an diesem Nagel
angebracht, und dann findet sich eine correspondirende
Vertiefung in dem hohlen Cylinder, oder die
Feder-Vorrichtung ist an dem hohlen Cylinder, und dann
ist die Vertiefung im Nagel. Ein Zug an einer Schnur, die von
diesem Nagel zum Bote laͤuft, oder ein Druk auf eine Art
von Schnalle (einen Hebel) an der Deichsel mit dem Fuße sezt die
Feder außer Thaͤtigkeit, und der Nagel faͤllt
durch. Indessen hat die Erfahrung gezeigt, daß Stoͤße,
Staub, Koth, Rost diese einfachen, aber zu delicaten,
Vorrichtungen bald zur Unzeit in Thaͤtigkeit bringen,
bald im Augenblike der Noth ganz außer Thaͤtigkeit sezen.
Hebel scheinen uns daher besser als Federn; sie muͤssen
aber auch so einfach und sicher als moͤglich seyn, damit
sie der roheste Schmid verfertigen, und der gemeinste Kutscher
brauchen kann nicht mit der Hand, sondern mit dem Absaze seines
Stiefels. Es muß ferner das Wagscheit an demselben Punkte auf
der Deichsel befestigt seyn, an welchem diese am Wagen befestigt
ist, so daß Deichsel und Wagscheit zugleich los wird. Dann ist
keine weitere Vorsorge mehr am vorderen Ende der Deichsel zu
treffen, und die Pferde werden sich weniger schaden, wo sie
durchgehen, wenn sie gezwungen sind, vorne bei einander zu
bleiben, und wenn die Straͤnge dieselbe Spannung halten,
als wenn sie Schlingen bilden, und den Thieren die Beine
brechen. Es ist im Wagenbaue noch, wie es scheint, vor Allem auf
eine zwekmaͤßigere Verbindung der Deichsel mit dem Wagen
zu denken. Wenn, in anderen Wissenschaften und Kuͤnsten,
Herr Besser der Feind des Herrn Gut ist, so ist in den gemeinsten
mechanischen Vorrichtungen Herr Gut
der geschworne Feind des Hrn. Besser
und Comp., weil dieses Ehrenhaus alle Wechsel remittirt, die auf
die Factoreien: „Ist schon gut,“ Thut's schon, Gut genug etc. ausgestellt sind. Wo man den Nagel
gehoͤrig auf den Kopf trifft, haͤlt Ein Nagel
fuͤr viele: unsere Wagen sind noch zu complicirt, und,
Statt sie zu vereinfachen, complicirt man sie immer mehr. Sobald
der Deichsel, als Verbindungs-Vorrichtung der Triebkraft
mit der Last, eine bessere Verbindung gegeben wird, als die
gegenwaͤrtige, wird man eben so gut die Triebkraft eines
Wagens, als die einer Muͤhle oder einer Dampfmaschine von
der Kraft von 40 Pferden so zu sagen mit einem Fingerdruke
sicher stellen koͤnnen.