Titel: Ueber Rettung aus Feuersgefahr.
Fundstelle: Band 33, Jahrgang 1829, Nr. LXXVI., S. 315
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LXXVI. Ueber Rettung aus Feuersgefahr. Aus dem Mechanics' Magazine. N. 305. 13. Jun. S. 473. u. 281. Mit Abbildung auf Tab. VI. Ueber Rettung aus Feuersgefahr. Das Mechanics' Magazine macht am a. O., bei Gelegenheit der vielen Braͤnde, die neuerlich wieder Zuker-Raffinerien, Wachs-Tapetenfabriken etc. zu London verheerten, bei der Gefahr, in welcher die Royal-Institution schwebte, durch die Steinkohlen in ihrem Keller, wie einst die Westminster Gaswerke, in Brand aufzugehen, einige Bemerkungen uͤber das Entstehen der Feuersbruͤnste durch Koͤrper, welche sich von selbst entzuͤnden; beschraͤnkt sich aber bloß auf Anfuͤhrung der Steinkohlen, die in Folge der beigemengten Schwefelkiese von selbst brennend werden, und des uͤber einander aufgehaͤuften Wachstuches, und findet in Bezug auf Zuker-Raffinerien, die so oft und in allen Laͤndern abbrennen, die Ursache des Feuers vorzuͤglich in der schlechten Einrichtung der Troken- oder Darrstuben, in welchen die Stellen von Holz sind. Es nennt, bei dieser Gelegenheit, die englischen Baugeseze (the Building-Act) „ein Mixtum Compositum von Juristerei und von Unwissenheit.“ Ein anderer Verfasser eines Aufsazes uͤber Rettungs-Apparate klagt eben so laut uͤber die Maͤngel der Bauordnung und Polizei, und schlaͤgt jeder Familie, die in oberen Stokwerken zu wohnen gezwungen ist, geradezu vor, sich mit einem tragbaren Rettungs-Apparate zum Hausgebrauche fuͤr die Stunde der Gefahr zu versehen. Diese Idee ist wirklich sehr lobenswerth, und fuͤr die Einwohner Londons, bei dem gegenwaͤrtigen Baue ihrer Haͤuser, in welchen alle Treppen aus Holz sind, und bei ihren schlechten Loͤsch- und Rettungs-Anstalten, auch die einzige heilbringende. Der Sak, den er beschreibt, ist ganz zwekmaͤßig; aus starkem Segeltuche, und an seinem oberen Rande, wie Fig. 17. zeigt, mit eisernen Stangen versehen, welche an ihren Eken Gewinde haben, so daß, wenn man den Sak braucht, oben, durch eine Vorrichtung wie an einem Parallel-Lineale, eine gehoͤrig weite vierekige Oeffnung entsteht, in welche man mit aller Bequemlichkeit hineinsteigen kann, und wenn man ihn nicht braucht, er zusammengerollt und aufbewahrt werden kann, ohne daß irgendwo viel Raum dadurch verloren ginge. Allein es ist mit den Rettungs-Apparaten aus Feuers-Gefahr in England, als ob eine Art von Fluch auf denselben lastete. So trefflich die Idee eines tragbaren Rettungs-Apparates, als Moͤbel im Hause, ist, und so gut der Sak ist, den der Hr. Verfasser empfahl, so weiß er doch seine eigene Erfindung nicht zu brauchen, und wird durch seinen wohlmeinenden Rath wirklich laͤcherlich. Er empfiehlt naͤmlich, daß man diesen Sak mittelst vier Ketten, wie Fig. 18. zeigt, an einer eisernen Stange A befestige, welche an beiden Enden zwei Bolzen bb fuͤhrt, so daß man die Stange nach Bedarf verlaͤngern kann. Diese Stange soll man dann in dem Zimmer, aus welchem man sich retten will, nachdem man den Sak vorlaͤufig zum Fenster hinaus gehaͤngt hat, quer uͤber das Fenster legen, wodurch der Sak an diesem lezteren fest gehalten wird, wie Fig. 18. zeigt. – Nun soll man in den Sak steigen und – in demselben außen am Fenster sizend wie eine katholische arme Seele im Fegfeuer, warten bis Rettung kommt!! Wie man dann wieder aus dem Sake heraus kommt (was eben nicht leicht seyn wird), hat er nicht angegeben, sondern buchstaͤblich den armen Teufel, der gerettet werden soll, in suspenso gelassen. Wenn er die vier Ketten des Sakes in gehoͤriger Laͤnge uͤber eine Walze haͤtte laufen lassen, die man mit ihren Zapfen, in zwei an irgend einem Fenster fuͤr den Nothfall vorbereitete Lager Haken einlegt, ehe man den Sak zum Fenster hinaushaͤngt, und die an einem Ende mit einer beliebigen Sperr-Vorrichtung versehen ist, wodurch, wenn man in den Sak steigt, und sich hinablaͤßt, die Umdrehung der Walze im Verhaͤltnisse der Schwere des Koͤrpers nur langsam und mit voller Sicherheit geschieht; so haͤtte er ein fuͤr London hoͤchst brauchbares Moͤbel geschaffen. Es ist wirklich unbegreiflich, daß noch Niemand in London, wo jaͤhrlich so viele Menschen verbrennen, sich ein Patent auf ein solches Rettungs-Moͤbel geben ließ.

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Tafel Tab. VI
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