Titel: | Ueber gezogene Röhre und über das Schießen aus denselben. Von Hrn. Obersten Macerone. |
Fundstelle: | Band 33, Jahrgang 1829, Nr. LXXXIV., S. 364 |
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LXXXIV.
Ueber gezogene Roͤhre
und uͤber das Schießen aus denselben. Von Hrn. Obersten Macerone.
Aus dem Mechanics'
Magazine. N. 304. 6. Junius, 1829. S. 258. N. 305.
13. Junius, 1829. S. 282.
Macerone, uͤber gezogene Roͤhre
und uͤber das Schießen aus denselben.
Ich habe viele Versuche angestellt, um das beste Caliber
fuͤr gezogene Roͤhre in einzelnen Faͤllen
sowohl als im Allgemeinen zu finden, und auch viel uͤber
diesen Gegenstand nachgedacht. Wir wissen alle, daß der
Widerstand der Luft eines der Haupthindernisse ist; mit welchem
geworfene Koͤrper zu kaͤmpfen haben. Dieses
Hinderniß ist so groß, daß die Schußweite abgeschossener Kugeln
mehr durch diesen Widerstand regulirt wird, als durch die
Schnelligkeit, welche sie von dem Schießpulver erhalten, indem
die vermehrte Schnelligkeit der Kugel auf einen im geometrischen
Verhaͤltnisse vermehrten Widerstand der
Atmosphaͤre stoͤßt. Da nun groͤßere Kugeln
eine im Verhaͤltnisse zu ihrer Masse geringere
Oberflaͤche darbieten, so erleiden sie auch einen
verhaͤltnißmaͤßig geringeren Widerstand, so daß
eine groͤßere Kugel weiter fliegt, als eine kleinere, und
zwar verhaͤltnißmaͤßig um Vieles weiter, als im
Verhaͤltnisse der respectiven Durchmesser. So fliegt z.B.
ein Zweiunddreißig-Pfuͤnder, dessen Durchmesser
ungefaͤhr sechs Zoll ist, selbst mit einer
verhaͤltnißmaͤßig geringeren Menge Pulvers unter
gleicher Elevation noch ein Mal so weit, als ein
Neun-Pfuͤnder, dessen Durchmesser vier Zoll
betraͤgt. Da das Verhaͤltniß der
Oberflaͤche einer Kugel zur Masse derselben in
geometrischem Verhaͤltnisse mit der Abnahme ihres
Durchmessers zunimmt, so muß der Widerstand, den eine Kugel auf
ihrem Fluge erleidet, in dem Verhaͤltnisse groͤßer
seyn, je kleiner ihr Durchmesser ist. Ja wir finden sogar, daß
kleine Theile der schwersten Metalle, die, so zu sagen, zu
bloßen Oberflaͤchen werden, einige Zeit uͤber in
der Luft schweben, und auf den leichtesten fluͤssigen
Koͤrpern schwimmen. Daher sehen wir, daß wenn man aus
demselben Gewehre mit derselben Ladung von Pulver eine Unze
Vogeldunst und eine eine Unze schwere Kugel schießt, und
zwischen diesen beiden Calibern alle anderen dazwischen
liegenden abfeuert, die Schuͤßweite vom Vogeldunste bis
zur Kugel von 2 Loth in demselben Verhaͤltnisse zunimmt, als das Caliber zunimmt; und diese Kugel von 2 Loth
wuͤrde um nichts weiter fliegen, wenn man sie, unter
Elevation, aus einer Kanone von
Vierundzwanzig-Pfaͤndern abschoͤsse.
Die Theorie des regelmaͤßigen
Widerstandes gegen die fortschreitende Bewegung der Kugel muß
ferner auch auf den unregelmaͤßigen Widerstand angewendet werden,
welchen die Kugel auf ihrem Fluge von der
Seite durch den Wind erleidet; auch die Wirkung des
Windes nimmt im Verhaͤltnisse der Abnahme des Gewichtes
der Kugel zu. Ich fand, daß ein starker Seitenwind eine Kugel
aus einem gezogenen Rohre auf einer Streke von 945 Fuß um drei
bis vier Fuß vom Ziele abweichen macht, wenn sie von jener
Groͤße ist, von welcher 19 Stuͤke auf das Pfd.
gehen. Unter gleichen Verhaͤltnissen schoß ich eine Kugel
von der Große der sogenannten Zehner (wo 10 auf Ein Pfd. gehen)
und sie wich um nicht mehr, als um Einen Fuß ab. Man sollte
daher bei Aufstekung der Scheiben immer auf die Richtung der
herrschenden Winde Ruͤksicht nehmen (in England ist 7/8
des Jahres uͤber Nord-Ost oder
Suͤd-West), und so viel es die Umstaͤnde
erlauben, sie nach der Richtung des Windes stellen.
Im Allgemeinen, und vorzuͤglich zu militaͤrischen
Zweken, wuͤrden so schwere Kugeln, wie die lezteren,
neben der uͤbrigen Munition, zu schwer seyn. Die
gezogenen Roͤhre bei dem Militaͤre der Vereinigten
Staaten schießen, wie man mir sagte, Kugeln, von welchen 32 auf
das Pfund gehen. Ich vermuthe, man hat daselbst nur deßwegen ein
so kleines Caliber angenommen, weil die Anwendung der gezogenen
Roͤhre in diesem Lande urspruͤnglich nur auf
Waͤlder beschraͤnkt war, wo man selten weiter als
auf 300 Schritte schießt, und wo man auch weit weniger dem Winde
ausgesezt ist, als in einem offenen Lande.
Unter diesen Umstaͤnden sind Kugeln von Einem Loche
allerdings hinreichend; aber in offenen und vorzuͤglich
in bergigen Gegenden muͤssen die Kugeln nothwendig um
Vieles schwerer seyn. In einem bergigen Lande hat man den Feind
nicht selten auf dem Schusse, und man kann ihm bedeutend Abbruch
thun in Entfernungen, in welchen man in der Ebene, wo oft die
kleinsten Gegenstaͤnde ihren Mann deken, nichts gegen ihn
vermag. In bergigen Gegenden muß man auf große Schußweiten
antragen, wenn man seinem Feinde schaden will, und diese
erreicht man weder mit Amerikaner- noch mit
Tyroler-StuzenMit Erlaubniß des Hrn. Obersten kann der Uebersezer jeden
versichern, daß die Tyroler den Vortheil einer großen
Schußweite mit schweren Kugeln im J. 1809 nur zu gut zu
benuͤzen wußten, und weiter schossen, als man
glaubte, daß eine Kugel aus einem gezogenen Rohre zu
reichen vermag.A. d. Ue..
Da nun diese Bemerkungen auf Thatsachen gegruͤndet sind,
so laͤßt sich leicht entscheiden, welches Caliber man zu
jedem besonderen Zweke brauchen muß. Im Allgemeinen bin ich
geneigt fuͤr zweiloͤthige Kugeln (16 auf das Pfd.)
zu stimmen. Bei der englischen Armee sind 19 bis 20 auf das Pfd.
gerechnet, wogegen sich wenig sagen laͤßt, da dieß das
Caliber fuͤr Carabinen und Pistolen bei der Cavallerie
ist. Indessen koͤnnte ich mehrere, ich will eben nicht
sagen wichtige, Gruͤnde
angeben, nach welchen das alte franzoͤsische Reglement
mir besser zu seyn scheint, dem zu Folge die ganze Armee,
Cavallerie und Infanterie, gleiches Caliber fuͤhrt: 16
Kugeln auf das Pfund.
Fuͤr gezogene Roͤhre muß ich fuͤr jeden Fall
das Schlagschloß auf das Ernstlichste Statt des
Feuersteinschlosses empfehlen: ersteres verhaͤlt sich zu
diesem wie das Feuerstein-Schloß zu dem abenteuerlichen
Rade und dem Schwefelkiese, mit welchem man vor 200 Jahren
Gewehre abfeuerte. Im Vergleiche zum Schlagschlosse ist das
beste Feuersteinschloß ein Feuermoͤrder; denn unter
zwanzig Mal brennt es gewiß ein Mal ab. Die Schlagkappe ist weit
schneller auf, als das Zuͤndkraut; man verliert keine
Zeit mit dem Aufziehen der Feuersteine, und wenn man Hrn. Joyce's Knallpulver braucht, hat man
weder Schmuz noch Corrosion am Gewehre zu fuͤrchten.
Ueberdieß kann man die gegenwaͤrtigen gezogenen
Roͤhre mit einer Kleinigkeit zur Schlagfeuerung brauchbar
machen, oder in sogenannte Kupferkappen umwandeln, und neue Kupferkappen-Schloͤsser kosten weniger,
als Schloͤsser fuͤr
Feuersteine
Ich habe eine einfache und sichere Methode gefunden,
Kupferkappen vollkommen wasserdicht zu machen. Ich
tauche naͤmlich den offenen Rand oder die Basis
der Kappe in gruͤnes Kerzen-Wachs, das ich
in einem Teller uͤber einer Lampe schmelze. Das
geschmolzene Wachs darf nicht so tief seyn, daß es in
der Kappe bis zum Knallpulver an dem Ende derselben
hinaufstiege, sondern nur so hoch hinaufreichen, daß es
einen leichten Saum von Wachs um die innere Basis
desselben bildet. Dieß reicht hin, um die Kappe
uͤber der Zize hermetisch anschließen zu machen,
so daß, wenn sie anders nicht gesprungen ist, und das
Gewehr kein gewoͤhnliches Zuͤndloch an der
Seite hat, was es nicht haben soll, das geladene Gewehr
in eine Wasserkufe mit seinem Schlosse gestellt werden
kann, ohne daß die Kappe oder die Ladung leidet. Auf der
Jagd braucht man nur ein paar solche Kappen im Vorrathe
zu haben. Fuͤr den Felddienst koͤnnte sie
die Artillerie bereiten.A. d. O.. Der einzige Grund, den man gegen diese Neuerung haben
kann (und ich muß gestehen, daß es wirklich ein vollwichtiger
Grund ist), ist die blinde Anhaͤnglichkeit an altem
Herkommen.
Um die Kupferkappe noch anwendbarer zu machen, vorzuͤglich
fuͤr den Felddienst, sollte das Zuͤndloch an der
Seite wegbleiben, und dafuͤr eine breite mit einem
gewoͤlbten Kopfe versehene Schraube angebracht werden,
wodurch, wenn sie weggezogen wird, ein Durchgang in die Kammer
unter dem Zuͤndloche von 1/8 Zoll entsteht. Durch diese einfache Vorrichtung, welche ich an allen meinen
Flinten, Roͤhren und Pistolen angebracht habe, kann, wenn
irgend eine Verstopfung durch Naͤsse oder Schmuz
eintritt, die man durch bloßes Raͤumen des
Zuͤndloches nicht beseitigen kann. Alles in Ordnung
gebracht werden, wenn man diese Schraube auszieht, den Durchgang
in die Kammer auskehrt, und etwas Pulver in dieselbe bringt und
abfeuert, nachdem man vorher das Zuͤndloch
geraͤumt und die Schraube wieder aufgezogen hat. Die
Oeffnung, die man durch Entfernung der Schraube erhaͤlt,
erleichtert auch das Auswaschen des Laufes.
Statt der Buͤrste und des Raͤumers aus
Messing-Drath bei den Flinten mit
Feuerstein-Schloß wird jezt bei den Flinten mit
Schlagschloͤssern ein kleines staͤhlernes
Instrument in Form eines T
nothwendig. Die eine Haͤlfte des horizontalen Theiles
desselben ist ein vierseitiger, oder, was vielleicht besser ist,
ein dreiseitiger Raͤumer von Ungefaͤhr 1/20 Zoll
Dike. Die andere Haͤlfte des horizontalen Theiles ist ein
kleiner Besen, dessen Durchmesser nach dem Durchmesser der oben
erwaͤhnten Seiten-Schraube berechnet ist, nach
deren Wegnahme er in Thaͤtigkeit gesezt wird. Das
Mittelstuͤk oder der Fuß dieses T ist ein Schraubenzieher mit einem Ringe, so daß man
dieses kleine Werkzeug bequem an einem Knopfe tragen kann. Da
man es aber bei Schlagschloͤssern nicht so oft
noͤthig hat, kann es bequemer unter dem Ladstoke
angebracht werden, wo ich es mittelst einer Zunge an einer
Schraube befestige.
Einige empfehlen, Statt der obigen Schraube, das Zuͤndloch
selbst herauszunehmen, wenn es sich verstopft, oder wenn die
Flinte gewaschen werden soll. Dazu gehoͤrte aber ein
eigenes Instrument, waͤhrend diese Schraube bloß einen
gewoͤhnlichen Schraubenzieher fordert.
Das Knallpulver fuͤr die Kappen sollte bloß salpetersaures
Queksilber seyn, das Hr. Joyce in
Old-Compton Street zuerst anwendete. Dieses Pulver hat
nicht die mindeste Neigung die Flinte aͤzend anzugreifen,
im Gegentheile scheint es sogar dieselbe gegen Rost zu sichern.
Ich habe oͤfters mehr denn zwanzig Mal aus einer Flinte
mit diesem Pulver gefeuert, und das Gewehr hierauf, ohne es zu
puzen, einen Monat lang bei Seite gestellt: als ich es dann
wieder hervorzog, war es so rein als ob es eben vom
Buͤchsenmacher hergekommen waͤre. Dieß ist selbst
bei Feuersteinschloͤssern nicht der Fall. Das
gewoͤhnliche Knallpulver aus uͤberoxygenirter
kochsalzsaurer Pottasche greift aber allerdings das Gewehr an,
und zwar so gut, als ob man einen Tropfen Salpetersaͤure
selbst auf das Gewehr haͤtte fallen lassen. Nach dem
Abfeuern entwikelt sich wirklich eine solche Fluͤssigkeit
und laͤßt einen Theil derselben auf dem Gewehre
zuruͤk. Die schnelle Zerstoͤrung, die
hierdurch entsteht und um sich greift, wuͤrde im
Felddienste zu großen Nachtheil erzeugen.
Ich habe oͤfters die Vortheile der Magazin- und
Kupferkappen-Schloͤsser mit jenen der
Feuerstein-Schloͤsser sowohl auf der Jagd als im
Felde verglichen. Unter den Magazin-Schloͤssern
fand ich jenes des Hrn. Forsyth unter allen bisher bekannten als
das beste und einfachste. Das Magazin schiebt sich hier auf
einer Flaͤche, in welcher das Zuͤndloch ist, und
ist mit dem Hahne mittelst eines Zaumes verbunden, wodurch es
den Bewegungen desselben nach vor- und
ruͤkwaͤrts folgt. Im Felddienste hat dieses Schloß
vor dem Kupferkappen-Schlosse den Vortheil, daß es die
Zeit und Muͤhe, die beim Aufschuͤtten des
Zuͤndkrautes nothwendig ist, erspart, indem man hier bloß
den Hahn spannen und abdruͤken darf. Beim Schießen aus
gezogenen Roͤhren gewinnt man dadurch die Zeit wieder,
die das langsamere Laden bei diesen Gewehren im Vergleiche mit
der Flinte mehr kostet. Bei der Cavallerie ist der Vortheil
solcher Magazin-Schloͤsser noch weit auffallender
und wichtiger, da es allgemein bekannt ist, wie viel Zeit und
Pulver verloren geht, wenn man reitend aufschuͤtten muß,
waͤhrend man mit einem solchen Magazine, das 30 bis 40
Zuͤndungen haͤlt, einen Carabiner oder eine
Pistole zu Pferde, im Trote reitend oder im Gallope, eben so
leicht laden kann, als ob man auf einem Stuhle saͤße.
Eine Kupferkappe ist weit leichter aufgesezt, als
Zuͤndkraut aufgeschuͤttet: bei Forsyth's Magazine
ist aber selbst dieses Aufsezen der Kappe nicht noͤthig.
Wenn man das gewoͤhnliche scharfe zerfressende
Knallpulver nimmt, taugt freilich dieses Magazin-Schloß
nicht; denn wenn man ein paar Schuͤsse gethan hat, und
nicht alsogleich puzt, bringt man Tags darauf das Schloß gar
nicht mehr in den Gang. Ich hatte indessen im lezten spanischen
Kriege im Jahre 1823 mehrere Pistolen und gezogene Roͤhre
mit solchen Magazinen und bloß das schlechte fressende
Knallpulver: meine Offiziere und einige Soldaten, denen ich
diese Waffen gab, waren aber so stolz auf dieselben und sorgten
so genau fuͤr die Reinigung derselben, daß die
Schloͤsser immer in der besten Ordnung waren. Es bleibt
indessen ausgemacht richtig, daß die Magazin-Schlagschloͤsser fuͤr Cavallerie-Offiziere die
besten sind, und allen anderen vorgezogen werden muͤssen.
Ich muß hier im Vorbeigehen bemerken, daß es sowohl fuͤr
Offiziere als fuͤr Gemeine weit besser ist, eine
Doppelpistole, als zwei oder ein halbes Duzend einfache Pistolen
zu haben, und daß, der Mann mag eine oder zwei Pistolen
fuͤhren, diese, wenn es zum Kampfe geht, am
Saͤbelriemen haͤngen soll, so daß man sie
augenbliklich bei der Hand haben kann. Wenn man eine
Doppelpistole hat, so kann die andere Pistolen-Halfter
als sehr nuͤzliches Magazin dienen. Bei
allen Doppelgewehren ist es aͤußerst wichtig, daß die
Achsen der Laͤufe vollkommen parallel sind, von der
Pulverkammer bis zur Muͤndung: wenn hierauf
gehoͤrig geachtet wurde, ist es einerlei, ob die Laufe,
wie in Vogelflinten, neben einander, oder ob sie uͤber
einander liegen. Eine Doppelpistole mit den Laͤufen
uͤber einander, den oberen Lauf gezogen und fuͤr
Neunzehner gebohrt, nur 8 Zoll lang, mit Raumnadel und einem
beweglichen Feder-Stoßer (Spring
butt), den man in der anderen Pistolen-Halfter
haͤlt, wenn man ihn nicht braucht, ist eine treffliche
Waffe fuͤr einen Offizier. Dieser Stoßer dient zum Laden
des gezogenen Laufes, der mit dem kurzen Ladstoke, zumal zu
Pferde, nicht geladen werden kann: drei oder vier leichte
Schlaͤge bringen die Kugel hinunter. Aus dem glatten
Laufe kann mit Kugeln oder mit Pfosten-Patronen
geschossen werden.
Die Kupferkappen gewaͤhren den Vortheil einer etwas
groͤßeren Einfachheit, und gerathen folglich nicht so
leicht in Unordnung; sie ist, mit Anwendung des Wachses, nach
obiger Art, vollkommen wasserdicht. Sie kann also, zur Bedienung
eines gezogenen Rohres, in einer gewissen Hinsicht vielleicht,
dem Magazine vorgezogen werden, und ist an Vogelflinten, in
jeder Hinsicht dem Magazine vorzuziehen, bei deren Gebrauch
Schuz gegen Regen von hoͤherer Wichtigkeit ist, als
Gewinn von ein paar Secunden beim Laden, und bei welcher alle
Nachtheile beim Aufschuͤtten zu Pferde wegfallen.
Pistolen zum Duell sollten nothwendig jedes Mal Kupferkappen
fuͤhren. Bei solchen Pistolen braucht man kein Magazin,
und ich habe gefunden, daß ein feiner Druker auch nicht dem
mindesten Stoße oder der kleinsten zufaͤlligen Spanne von
Seite des Buͤgels des Magazines ausgesezt werden kann,
ohne große Gefahr von allerlei Unfaͤllen.
Ein wichtiger Fehler bei allen gezogenen Roͤhren, die ich
noch sah, ist der Bau des Ladstokes, der viel zu leicht ist. Die
Folge hiervon ist, daß die Kugel entweder mit zu wenig Zwang in
den Lauf kam, um das Drehen derselben um ihre Achse bis an das
Ende eines weiten Fluges zu sichern,
oder daß, wenn man sie genauer passen machen will, viele Zeit
und Muͤhe verloren geht, bis man die Kugel
hinabbringt.
Die Reibung, welche uͤberwunden werden muß, wenn man eine
Kugel in einem gezogenen Rohre hinabtreibt, ist in einiger
Hinsicht analog mit jener eines Nagels oder Keiles, den man in
ein Stuͤk Holz treibt. Es wird Niemanden einfallen
koͤnnen, einen Nagel oder einen Keil durch ein bloßes Druͤken oder Schieben in einem Stuͤke Holz
befestigen zu wollen, indem man hier auf diese Weise auch mit
einer tausend Mal groͤßeren Kraft, als diejenige ist, die
man als Schlag oder Stoß anwendet, nicht zum Ziele
kommen wuͤrdeNach Versuchen, die man auf der Schiffswerfte zu
Portsmouth anstellte, zeigte es sich, daß ein Mann von
mittlerer Staͤrke, der mit einem Hammer von 18
Pfunden schlaͤgt, dessen Griff 44 Zoll lang ist,
einen großen eisernen Bolzen bei jedem Schlage
ungefaͤhr um ein Achtel Zoll einzuschlagen
vermag; daß aber ein Druk von
hundert und sieben Tonnen (2040 Ztrn.) noͤthig
ist, um denselben Bolzen um dieselbe Streke weiter zu
bringen, obschon nur ein kleines Gewicht mehr ihn bald
gaͤnzlich hineintrieb.A. d. O.. Ein gezogenes Rohr mit einem Hammer zu laden, zumal im
Felddienste, ist unmoͤglich; ich fand es aber am besten
einen messingenen festen Ladstok zu haben, der um ein
bedeutendes schwerer ist, als die eisernen Ladstoͤke, die
sich an den gezogenen Roͤhren der Schuͤzen bei den
Regimentern befinden. Ich bediene mich ferner noch eines kleinen
Stuͤkes harten Holzes, das in Form eines Stoͤßels
zugedreht und an seinem dikeren Ende sehr spizig gewoͤlbt
ist. Um es jeden Augenblik bei der Hand zu haben, befestige ich
dasselbe mittelst eines Bandchens an einem Knopfe meiner Jake.
Mit diesem Holze gebe ich der Kugel einen leichten Schlag,
wodurch sie unter den Mittelpunkt ihres Umfanges in die Furchen
des Laufes hinabkommt. Wenn dieser vollkommen rein ist, geht die
Kugel durch bloßes Nachschieben gut
in dem Laufe hinunter; der Lauf wird aber nicht mehr rein seyn,
wenn man bereits einige Male aus demselben abgefeuert hat, und
die Kugel wird dann nicht mehr in demselben hinabgehen, außer
sie waͤre kleiner, als sie seyn sollte. Indessen muß doch
immer noch mit dem Ladstoke ein oder zwei Mal nachgestoßen werden, bis man den
eigenen Klang, das Knarren vernimmt, welches das einzige
sichere Kennzeichen gibt, daß die Kugel sich vollkommen bei
Hause befindet.
Wenn der Ladstok die gehoͤrige Schwere besizt, und das
Ende desselben, welches auf die Kugel stoͤßt, beinahe das
Kaliber derselben hat und gehoͤrig ausgehoͤhlt
ist, so laͤßt die Kugel sich mittelst desselben durch
einige leichte Stoͤße hinabtreiben, und wenn der Lauf
auch noch so unrein nach der Kammer hin waͤre, so werden
ein paar Stoͤße mit einem
solchen Ladstoke die Kugel sicher hinabtreiben, und man wird das
Zischen durch das Klingen vernehmen. Dieß wird aber nach einigen
Schuͤssen weder bei einem hoͤlzernen noch bei
einem metallnen leichten Ladstoke der Fall seyn
koͤnnen.
Die Ladstoͤke, die ich mir zu meinem eigenen Gebrauche
verfertigen ließ, sind aus dichtem Messing, und halten
ungefaͤhr einen halben Zoll im Durchmesser, außer an dem
Ende, mit welchem sie die Kugel beruͤhren, an welchem
sie, ein paar Zoll weit, so dik sind, daß sie nur noch mit
einiger Leichtigkeit in den Lauf eingefuͤhrt werden
koͤnnen. Dieses breitere Ende ist kegelfoͤrmig
ausgebohrt, so daß es zwischen zwei und drei Quentchen Pulver
fassen kann, welches, wenn man mit Muße schießen kann, zur
Einfuͤhrung der Ladung in den umgekehrten Stuzen dient.
Der Kugelzieher laͤßt sich, wo man ihn braucht, an dem
anderen Ende des Ladstokes aufschrauben.
Die Ladstoͤke, mit welchen der Soldat vom Regimente aus
versehen wird, koͤnnten, der Wohlfeilheit wegen, aus
Eisen seyn; sie muͤßten aber dann viel schwerer seyn, als
sie gegenwaͤrtig sind. Es ist unerlaͤßlich
nothwendig, daß wenn Mit einem gezogenen Rohre gut und schnell
geschossen werden soll, die Kugel in die Muͤndung des
Laufes durch irgend eine Art Schlages eingetrieben wird, ehe man
den Ladstok auf dieselbe aufsezt. Wenn man den oben
erwaͤhnten kleinen hoͤlzernen Stoͤßel zum
Felddienste ungeeignet
faͤnde (was, wie es mir scheint, er nicht ist), so ließe
sich eine aͤhnliche Wirkung mittelst eines Klopfers mit
dem runden knopfaͤhnlichen Ende des gegenwaͤrtigen
Ladstokes an den gezogenen Roͤhren oder Stuzen
hervorbringen, obschon ich, des Laufes wegen, lieber
saͤhe, wenn dieses knopfaͤhnliche Ende von weichem
Kupfer waͤre. Wenn es mehr convex waͤre,
wuͤrde es die Kugel noch tiefer hinabtreiben.
Es ist offenbar, daß, im wirklichen Felddienste, Alles, was zum
Laden noͤthig ist, nicht einfach genug gemacht werden
kann. Ich will daher nur im Vorbeigehen bemerken, daß ich in
meiner eigenen Patron-Tasche zwoͤlf Patronen
fuͤr die ersten zwoͤlf Schuͤsse etwas diker
mit Baumwolle umhuͤllt habe, und, damit ich dieselben
leicht von den uͤbrigen unterscheiden kann, nehme ich
rothe oder blaue Wolle zu denselben. So wie nun der Lauf nach
und nach unrein wird, gehe ich zu duͤnneren Patronen
uͤber, die sich etwas leichter laden lassen. Ja ich habe
es sogar sehr bequem gefunden, Patronen von drei verschiedenen Kalibern zu haben,
die ich dann durch ihre Farben, blau, roth und weiß, leicht von
einander unterscheide. Ein gezogenes Rohr verliert die
Genauigkeit im Schusse im Verhaͤltnisse zur Anzahl der
Schuͤsse, die man aus demselben abgefeuert hat, ohne den
Lauf zu puzen. Der Schmuz haͤuft sich naͤmlich
vorzuͤglich gegen die Kammer zu an, und bildet daselbst
eine Art von Verengung und verlegt die Furchen. Wenn nun die
Kugel durch diesen verengten Theil durchgetrieben wird, paßt sie
nicht mehr in den uͤbrigen laͤngeren Theil des
Laufes, und ihr Spinnen um ihre Achse wird am Ende eines weiten
Fluges hoͤchst unsicher. Nach 25 Schuͤssen ohne
Puzen des Laufes fand ich, daß die Kugeln in einer Entfernung
von 945 Fuß auch bei sehr trokenem Wetter anfangen etwas
abzuweichen, indem sie die Scheibe nicht mehr an jener Seite
einschlugen, mit welcher sie zuerst aus dem Laufe kamen.
Die Patron-Tasche eines Schuͤzens, der mit einem
gezogenen Rohre schießt, muß nothwendig vorne angebracht und mit
einem breiten Riemen um die Weste geschnallt seyn. Die große
Dike, welche die englischen Patron-Taschen
fuͤr diese Schuͤzen haben, und die so weit
hervorstehen, haben manchen Nachtheil. Einer dieser Nachtheile
besteht darin, daß die Schwere, die hier in den Umfang einer
beinahe wuͤrfelfoͤrmigen Masse
zusammengedraͤngt ist, demjenigen, der sie tragen muß,
eine große und laͤstige Buͤrde wird, die selbst
seiner Gesundheit schaͤdlich werden kann. Weit entfernt
eine solche Form an der Patron-Tasche zu dulden, habe ich
vielmehr gefunden, daß dieselbe so flach als moͤglich
seyn muß, so daß sie nur Eine Reihe
von zinnernen Patronen-Roͤhren aufzunehmen vermag,
von welchen 24 einen Raum von ungefaͤhr 14 Zoll von einer
Huͤfte zur anderen einnehmenWenn man naͤmlich annimmt, daß 19 Kugeln
fuͤr das gezogene Rohr auf das Pfund gehen, und
man auf jede Patrone zwei Quentchen Pulver rechnet,
welches, bei einem guten mit Schlag- oder
Detonations-Vorrichtung versehenen Rohre von
gehoͤriger Schwere hinreicht, auf 200 Klafter
einen guten Schuß zu thun.A. d. O.. Die Roͤhren sind ungefaͤhr 5 Zoll lang,
an beiden Enden offen, in der Mitte aber durch eine Scheidewand
abgetheilt, und halten jede zwei Patronen. Nachdem die obere
Reihe verschossen ist, darf man nur, um zu den uͤbrigen
zu gelangen, die Roͤhren herausziehen, und sie in der
Tasche umkehren. Wenn die Patronen nach der an einem anderen
Orte dieses Aufsazes empfohlenen Methode geschlossen sind, so
koͤnnen sie, weil sie an dem gefalteten Ende diker sind,
mehr oder minder fest in die umgekehrte Haͤlfte der
Roͤhre gestekt werden, wenn man diese herauszieht, um sie
umzukehren. Der Dekel der Patron-Tasche ist bloß ein
uͤber dieselbe geschlagener lederner Lappen, der mit
Lein-Oehl gehoͤrig getraͤnkt ist, und
mittelst eines runden Knopfes und einer Schlinge festgehalten
wird. An einem Ende oder an beiden Enden der
Patron-Tasche ist ein kleiner lederner Sak, der noch ein
oder zwei Paͤkchen Patronen im Vorrathe aufbewahren kann.
Ich ziehe indessen die Methode, nach welcher die Calabreser und
Corsikaner ihre Patronen bei sich fuͤhren, jeder anderen
vor: haͤtten diese Leute gezogene Roͤhre, so
waͤren sie die furchtbarsten Plaͤnkler in der
Welt. Ihre Patron-Tasche laͤuft um den ganzen Leib
oder ist zuweilen eigentlich nur eine doppelte
Patron-Tasche, die nur an jeder Huͤfte abgesezt
ist, wo an der einen ein Bayonnett, an der anderen eine Pistole
stekt. Da nur eine Reihe von Roͤhren in diesen
Patron-Taschen liegt, so stehen leztere so wenig hervor,
daß man sie sowohl uͤber als unter der Jake kaum mehr
bemerkt, als einen bloßen Leibgurt. Wenn die Patronen, die in
der vorderen Patron-Tasche, oder im vorderen Theile des
Guͤrtels lagen, verschossen sind, wird der Gurt leicht
umgekehrt, und die Hintere Patron-Tasche zur vorderen.
Das Gewicht wird auf diese Weise rings um den ganzen Koͤrper gleichfoͤrmig vertheilt, und auf diese
Weise kaum fuͤhlbar fuͤr denjenigen, der es zu
tragen hatEine der wichtigsten Aufgaben in der Taktik ist, die
Last, die der Mann zu tragen hat, so zu vertheilen, daß
er sich dabei ruͤhren, kaͤmpfen kann; daß
er nicht dadurch wund, gequetscht, oder fuͤr den
Augenblik der Entscheidung gelaͤhmt wird.
Tausende fielen im Gefechte, und spaͤter als
Opfer der ihnen aufgebuͤrdeten Last, nicht weil
man ihnen zu viel, sondern weil man ihnen ungeschikt
aufgeladen hat. „Der menschliche
Koͤrper ist wunderbar und furchtbar seinem
Feinde gebaut.“ Wir tragen alle, durch
den Druk der Luft, die uns umgibt, und die auf den
□ Fuß mit einer Schwere von 2,232 Pfd.
druͤkt, insofern wir der Luft mit unserem
Koͤrper eine Oberflaͤche von 15 □
Fuß darbieten, eine Last von 33,480 Pf. oder 334 Ztrn.,
und fuͤhlen diese Last nicht, weil sie
gleichfoͤrmig uͤber dem ganzen
Koͤrper vertheilt ist. Der beruͤhmte, und
zu wenig benuͤzte, Physiker, Désaguilières,
fand, daß man einem Menschen,
verhaͤltnißmaͤßig zu seinem
Koͤrper, eine groͤßere Last auflegen kann,
als einem Elephanten; daß er, außer obigem Druk der
Luft, sich mit einer Last von 14 Ztrn. noch frei bewegen
kann, wenn man sie gehoͤrig auf seinem
Koͤrper vertheilt. Die Versuche dieses alten
trefflichen Physikers sollten wieder hervorgenommen, und
auf den braven Mann, der fuͤr sein Vaterland
stirbt, waͤhrend andere fuͤr dasselbe
Zukerbrot essen und Wein trinken, und –
schreiben, zwekmaͤßig angewendet werden. Ein
Regiments-Physiker waͤre vielleicht eben
so nuͤzlich, als ein
Regiments-Feldpater.A. d. Ue.. Ich habe ferner noch gefunden, daß dieser Gurt sich
weit leichter tragen laͤßt, wenn er mittelst des
gewoͤhnlichen Hosentraͤgers unter der Weste
getragen wird, an welchem man zu diesem Ende nur ein paar
Riemchen anzubringen braucht.
Ich muß hier nur noch ein paar Worte beifuͤgen, um einige
wesentliche Veraͤnderungen in der Art, die Leute in dem
Gebrauche dieser Waffe abzurichten, empfehlen zu koͤnnen.
Was ich hier sage, gilt in mancher Hinsicht auch von Musketen,
Carabinern und Pistolen.
Bei allen gewoͤhnlichen Schieß-Uebungen sowohl mit
dem gezogenen Rohre als mit der Muskete, die ich noch gesehen
oder von welchen ich gehoͤrt habe, laͤßt man die
Leute auf eine Scheibe von ungefaͤhr drei Fuß im
Durchmesser schießen, die man auf einem Erdwalle oder auf einem
Erdhuͤgel aufstellt, in welchen die fehlgeschossenen
Kugeln fahren sollen! Wenn dieß Unterricht im Schießen seyn
soll, so muß ich gestehen, daß es keine schlechtere
Unterrichts-Methode geben kann. Jeder Schuß, der die
Scheibe fehlte, haͤtte eben so gut gerade in's Blaue
hinauf abgefeuert werden koͤnnen; der Schuͤze
haͤtte eben so viel dabei gelernt. Auch jene Kugeln,
welche die Scheibe treffen, lehren den Schuͤzen nichts,
und gewaͤhren ihm keine Erfahrung, wenn ihm nicht
alsogleich die Stelle gezeigt wird, welche er getroffen hat.
Die Zielwand (der Kugelfang), oder vielmehr die Mauer, auf welche
man bei den Schieß-Uebungen mit dem gezogenen Rohre oder
mit der Muskete schießen laͤßt, sollte wenigstens zwoͤlf Fuß im
Gevierte halten, oder vielmehr zwoͤlf Fuß breit und
zwanzig Fuß hoch seyn. Sie sollte ganz mit drei viertel Zoll
diken Platten aus Gußeisen bedekt seyn. Eine bequeme bewegliche
Zielwand koͤnnte aus einem rechtwinkeligen Rahmen
bestehen, welcher, wie ein Fenster-Rahmen, entweder
rechtwinkelig oder horizontal mit Holzstuͤken durchzogen
ist, welche an ihren Durchschnitten mit Loͤchern zur
Aufnahme flachkoͤpfiger Bolzen versehen sind, wodurch die
vier Eken der Gußeisen-Platten, welche mit der
Groͤße der vierekigen Abtheilungen correspondiren, an dem
Rahmen befestigt werden, und in genaue Verbindung mit einander
kommen. Wenn eine solche Wand auf ihrer Kante aufgestellt ist,
darf sie nur oben mittelst einer Rolle mit einem Paare in der
Erde befestigten Pfosten, oder mit dem Scheitel eines
beweglichen Dreiekes verbunden werden. Man kann ihr jede Neigung
vorwaͤrts oder ruͤkwaͤrts mittelst der
Rolle geben. Wenn sie ruͤkwaͤrts unter einem
Winkel von 80 oder 85° geneigt wird, so werden die Kugeln
bei mittleren oder kurzen Schußweiten beinahe senkrecht in die
Luft zuruͤk geprellt.
Der Boden vor der Zielwand oder vor dem Kugelfange soll in einer
Entfernung von 90 Fuß vor derselben gehoͤrig geebnet und
mit durchgesiebtem Straßenschutt, oder besser mit Sand, Schutt
oder Rasen bedekt seyn.
Da nichts umsonst verloren gehen soll, so laͤßt sich kein
Grund angeben, warum nicht auch auf die Kugeln gesehen werden
soll. Man erhaͤlt sie am sichersten wieder, wenn man dem
Kugelfange eine Neigung nach vorwaͤrts von
beilaͤufig 10° gegen den Horizont gibt, wodurch
die Kugeln vor demselben auf dem gereinigten Boden
niedergeworfen werden. Das auf diese Weise wieder gewonnene Blei
kann dem ZielerWir Deutsche nennen den armen Teufel, der neben der
Scheibe steht, den „Zieler,“
obschon er nie zielt, sondern nur neben dem Ziele steht,
und oͤfters Statt desselben getroffen wird; die
uͤbrigen Nationen nennen ihn richtiger den Deuter, Marker der zeigt, wo
getroffen wurde.A. d. Ue., oder dem besten Schuͤzen als Belohnung
uͤberlassen werden.
Etwas an der Seite, und ungefaͤhr 15 Fuß vor dem
Kugelfange, soll ein kleiner Schirm, oder eine Brustwehr
angebracht seyn, hinter welcher ein Mann, der den Dienst des
Zielers thut, sich mit Sicherheit bergen kann. Dieser Zieler
soll mit einem Topfe versehen seyn, in welchem Kienruß mit
Wasser abgerieben ist, mit einem Pinsel an einem langen Stiele,
und mit einem Topfe mit weißer Farbe. Er muß ein Stuͤk
Kreide, oder eine Schachtel mit Oblaten von verschiedener Farbe
haben, um die Schuͤsse zu bezeichnen. Der Kugelfang muß
ganz schwarz angestrichen seyn. In der Mitte desselben wird dann
entweder mit weißer Farbe, oder mit einem oder mit mehreren
Bogen weißen Papieres nach Umstaͤnden, und wie es
fuͤr den Unterricht besser taugt, ein Ziel
gezeichnet.
Statt einer kreisfoͤrmigen Scheibe wuͤrde ich,
fuͤr Soldaten, ein senkrechtes Parallelogramm von zwei,
vier, sechs, zwoͤlf oder mehr Zoll Breite, und einem,
zwei, drei oder fuͤnf Fuß Hoͤhe empfehlen. Wenn
eine solche Figur mit weißer Farbe auf die schwarze Wand
hingemalen wird, so geben die Kugeln fuͤr sich einen
schwarzen Flek, und die Fehlkugeln lassen das Papier weiß. Wenn
Papier gebraucht wird, so muß man dafuͤr sorgen, daß es
nicht von dem Winde weggeweht wird. Stuͤke von
geschlagenem Eisen, von der zulezt beschriebenen Form und
Groͤße nach den verschiedenen Entfernungen, weiß
angestrichen und an dem Kugelfange aufgehaͤngt, geben
treffliche Scheiben. Ein lauter Klang verkuͤndet, daß die
Kugel getroffen hat, und der Zieler kann mit einem weißen, am
Ende schwarz angestrichenen, Stabe genau die getroffene Stelle
andeuten. Er kann auch die Stellen derjenigen Kugeln weisen, die
nicht das Ziel getroffen haben. Der Offizier, welcher die
Aufsicht fuͤhrt, sollte ein Fernrohr brauchen. Auf diese
Weise wird das immerwaͤhrende Hin- und Herlaufen
zur Scheibe erspart, wodurch immer Zeitverlust, und oft
Verwirrung und Gefahr entsteht.
Da ich immer bemerkte, daß der Schuͤze am meisten Freude
und Belehrung hat, wenn er den Gegenstand, auf welchen er
schießt, fallen sieht, so kann man ihm mit Platten aus Gyps oder
Metall leicht diese Freude gewaͤhren. Es wird nebenher
nicht uͤberfluͤssig seyn zu bemerken, daß eine
hellrothe Farbe diejenige ist, die man in der Ferne am
deutlichsten sieht, und die folglich am besten zu dem
sogenannten Centrum taugt.
Wenn jeder Schuß demjenigen, der ihn that, gehoͤrig
angezeigt wird, so wird er hieraus immer fuͤr den
naͤchsten Schuß etwas lernen und bei demselben sich
darnach richten koͤnnen. Es ist eben so viel, wenn man
die Leute im Finstern auf eine Flasche schießen laͤßt,
als wenn man sie schießen laͤßt ohne ihnen die Stelle zu
zeigen, wo sie hingetroffen haben, die sie nur dann kennen
lernen, wenn sie zufaͤllig das Centrum getroffen haben.
Ich wage es zu behaupten, daß fuͤnf Schuͤsse mit
Sorgfalt, mit Vergleichung und Ueberlegung abgefeuert, mehr
Nuzen geben und besser Schießen lehren, als funfzig
Schuͤsse nach dem gewoͤhnlichen Schlendrian.
Es ist aͤußerst wichtig, daß man die Leute lehrt immer auf
die senkrechte Linie Acht zu geben, und daß man keinen Schuß
gelten laͤßt, der den Kugelfang hoͤher, als
fuͤnf Fuß von seiner Grundflaͤche trifft. Im Felde
ist es weit besser, wenn die Kugel zu niedrig faͤllt, als
wenn sie zu hoch und uͤber dem Kopfe des Feindes weg
fliegt; im ersten Falle wird sie, wenn der Boden anders so
ziemlich eben und die Kugel in der gehoͤrigen
senkrechten Linie ist, den Feind mit großer Wahrscheinlichkeit
als Ricochet-Schuß treffen.
Sowohl beim Pistolen-Schießen als beim Schießen aus
gezogenen Roͤhren besteht die absurde Gewohnheit, das
Gewehr erst hoͤher anzuschlagen, und dann
allmaͤhlich auf die Hoͤhe des Gegenstandes
herabzusenken, auf welchen man feuert. Statt auf diese Weise zu
verfahren, gegen welche sich so viele Einwuͤrfe machen
lassen, sollte das Gewehr, ehe man den Hahn spannt, mit der
Muͤndung abwaͤrts gehalten, und nur auf drei Fuß
weit von dem Schuͤzen weg angeschlagen werden. Dann wird
es, ruhig und fest, bis auf die Hoͤhe des Gegenstandes
gehoben, und, wenn es in eine gewisse Entfernung von dieser
Hoͤhe gekommen ist, der Druͤker (wenn man nicht
einen Tupfer oder Schneller hat) allmaͤhlich angezogen,
so wie man naͤmlich sein Gewehr kennt, damit es in dem
Augenblike ohne alle angewendete Gewalt losgeht, in welchem man
es abgefeuert wuͤnscht. Waͤhrend man das Gewehr
aufwaͤrts fuͤhrt, wird die senkrechte Linie, die
damit beschrieben wird, immer die wahre und dieselbe bleiben,
und je schneller die Bewegung nach aufwaͤrts vor sich
geht, desto genauer wird diese senkrechte Linie gezogen werden.
So wie diese senkrechte Bewegung ihr Ende erreicht hat,
faͤngt das horizontale Wakeln an. Man soll also nicht
laͤnger mehr mit dem Zielen fortfahren, wann die Fliege
ein Mal auf die beabsichtigte Hoͤhe gekommen ist, und
wenn dieß geschehen waͤre, muß man wieder mit dem Gewehre
herab, und neuerdings mit demselben in die Hoͤhe
fahren.
Wenn die Leute einige Zeit uͤber eingeuͤbt wurden,
sollte man sie anhalten nach dem Commando auf ein bestimmtes
Ziel zu schießen. Der Mann steht dann mit dem linken Fuße
voraus, gerade, das Auge fest auf das Ziel gerichtet und die
Muͤndung des Gewehres, wie gesagt, nach abwaͤrts
gekehrt. Man commandirt: „spannt den Hahn!“
Dann: „Eins, Zwei, Drei, Vier!“ nach den
Schlaͤgen eines Sekunden-Pendels ungefaͤhr.
Bei Eins faͤngt der Mann an
sein Gewehr zu heben, und bei Vier wird abgefeuert. Nachdem die
Mannschaft sich auf diese Weise hinlaͤnglich
geuͤbt hat, kann man schneller, und nur bis auf
„Drei“
zaͤhlen und commandiren. Auf diese Weise wird sie mit dem
kraͤftigsten Erfolge schießen lernen; denn der beste
Scheibenschuͤze wird im Felde wenig Dienste leisten
koͤnnen, wenn er nicht schnell schießt und flink bei der
Hand ist. Er wird finden, daß es ganz etwas anderes ist, ruhig
und bequem auf eine Scheibe zu schießen, die still stehen
bleibt, und auf Leute zu schießen, die sich rasch bewegen, und
die einem auf der Stelle das ihnen erzeugte Compliment
zuruͤkgeben.