Titel: Ueber Anzucht der Maulbeerbäume; von Hrn. Bonafous.
Fundstelle: Band 34, Jahrgang 1829, Nr. XV., S. 53
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XV. Ueber Anzucht der Maulbeerbaͤume; von Hrn. Bonafous. Aus den Annales de l'Agriculture française 3. Série. T. I. Bonafous, uͤber Anzucht der Maulbeerbaͤume. Wenn die große Anzahl von Maulbeerbaͤumen im Rhone-Departement den gluͤklichen Einfluß beurkundet, welchen die k. Gesellschaft des Akerbaues auf die Landwirthe aͤußert, so laͤßt sich erwarten, daß diese nuͤzliche Klasse von Menschen jeden Nach, jedes Mittel mit Freude aufnehmen wird, das der Anzucht dieser Baͤume einen neuen Aufschwung zu geben vermag. Unter diesen Mitteln befindet sich eines, welches ich der Auf: merksamkeit der Gesellschaft unterlege. Es besteht darin, auch auf europaͤischem Boden dieselbe Weise bei Anzucht dieses Baumes zu versuchen, deren sich die Chinesen bedienen, und die man in den Vereinigten Staaten Nord-Amerikas mit so gutem Erfolge nachgeahmt und eingefuͤhrt hat, wo jezt die Seidenraupe ein Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit wird. In Nord-Amerika saͤen jezt mehrere Landwirthe die Maulbeerbaͤume im Anfange des Fruͤhlings auf einen gut zubereiteten Boden, und im folgenden Sommer maͤhen sie die zarten Staͤmmchen, um ihre Raupen mit denselben zu fuͤttern. Mit dieser Methode fahren sie so lang fort, bis endlich die Baͤumchen zu stark geworden sind, und einen verkruͤppelten Stok bilden. Nun stuͤrzen sie den Boden um, den sie in den Turnus ihres Feldbaues bringen, nachdem sie bereits auf einem anderen Stuͤke Feldes Maulbeerbaͤume ausgesaͤet haben. Jeden Tag werden so viel Blaͤtter gemaͤht, als man zum Futter braucht, und, wenn die Witterung nicht sehr troken ist, koͤnnen die jungen Maulbeerbaͤume zwei bis drei Mal geschnitten werden, ehe die Seidenraupen aufsteigenDiese Maulbeerstaͤmmchen konnten, gehoͤrig zubereitet, ein sehr gutes Papier geben, das dem chinesischen Papiere, welches von den Kupferstechern so sehr gesucht wird, sehr nahe kaͤme. A. d. O. (Man hat schon waͤhrend der Revolution die Rinde der Aestchen der Maulbeerbaͤume als Papier-Material gebraucht. Ein Theil der ungluͤkseligen Assignate wurde auf solchem Papiere gedrukt. Vergl. Boͤhmer t. Gesch. d. Pfl.A. d. Ue.). Dieses Verfahren laͤßt sich allerdings bei unserer Landwirthschaft nicht ohne einige Abaͤnderungen benuͤzen, welche Klima und andere Lokal-Verhaͤltnisse uns bald lehren werden. So wuͤrden wir bei uns nicht in demselben Jahre die Blaͤtter ernten koͤnnen, wo wir den Baum saͤen: wir muͤßten Anfangs Fruͤhlings oder Ende Sommers saͤen, und erst im folgenden Jahre die Blaͤtter sammeln; wir muͤßten auch die Blaͤtter ehe sammeln, als man sie verfuͤttert; damit die Feuchtigkeit, die sie von dem nahen Boden anziehen, verdunsten kann, und in vielen Faͤllen wuͤrde man besser thunthnn Statt die Baͤume alsogleich an Ort und Stelle zu saͤen, dieselben in einer Baumschule anzubauen, und sie dann aus dieser zu versezen. Die Vortheile bei diesem Verfahren waͤren: 1) daß man die Blaͤtter mit weniger Muͤhe und Aufwand einsammeln koͤnnte; 2) daß man weniger Grund und Boden brauchte, um eben so viele Seidenraupen zu ziehen; 3) daß man von einem Jahre zum anderen Saͤmlinge ziehen, die Blaͤtter ernten und so die Zwischenzeit abkuͤrzen koͤnnte, die zwischen dem Aussaͤen des Maulbeerbaumes und der Zeit der Blaͤtterernte verstreicht; 4) daß man die jungen Pflanzen mit einem gespannten Tuche, das man von einer Stelle auf die andere uͤbertragen kann, schuͤzen koͤnnte. 5) Es ist wahr, daß die Seide, die man von den Blattern so junger Baumchen erhaͤlt, weniger nervig seyn mag; sie ist aber dessen ungeachtet nicht minder eine gute Seide, wie mich die Erfahrung gelehrt hat. Ein wichtiger Umstand, der ferner noch beachtet zu werden verdient, ist der, daß diese Art die Maulbeerbaͤume zu ziehen, auch den kleinsten Landwirthen gestattet, sich mit Seidenraupenzucht zu beschaͤftigen, und selbst Paͤchtern, die Grundstuͤke nur auf einige Jahre uͤber besizen. 6) hat man bei dieser Art von Maulbeer-Baumzucht den Vortheil, daß man derselben eine groͤßere oder geringere Ausdehnung geben kann, je nachdem es die Beduͤrfnisse der Fabrikation der Seidenzeuge erfordern. Es scheint mir daher, daß es gut waͤre Versuche hieruͤber anzustellen, und die Landwirthe einzuladen, die Resultate ihrer Versuche der Gesellschaft mitzutheilen; den Ertrag eines Feldes, das auf diese Weise mit Maulbeerbaͤumen bepflanzt ist, mit dem Ertrage eines Feldes von derselben Groͤße und Guͤte, wenn es mit Getreide oder Futterpflanzen bestellt wird, zu vergleichen. Man konnte dann diesen Resultaten noch die Beobachtungen, die sich uͤber die Anwendung der Blaͤtter solcher Baͤumchen als Raupenfutter ergaben, uͤber die Qualitaͤt der dadurch erhaltenen Cocons etc. mittheilen. In der Ueberzeugung, daß diese Art, die Maulbeerbaͤume zu ziehen, alle Aufmerksamkeit verdient, und durchdrungen von der Pflicht, die ich mir auflegte, den Ertrag meiner Werke uͤber die Zucht der Maulbeerbaͤume und der Seidenraupen den Fortschritten des Akerbaues zu widmen, biete ich hier der k. Gesellschaft des Akerbaues zu Lyon einen Fond von 1200 Franken an, um denjenigen Landwirthen Preise ertheilen zu koͤnnen, die im Rhone-Departement Resultate erhielten, welche Beifall und Aufmunterung verdienenBei unserer innigsten Verehrung und Hochachtung fuͤr den großen Seidenwirth Bonafous, erlauben wir uns unsere Zweifel uͤber das Gelingen dieser Versuche zu bekennen, waͤhrend wir uns, auf der anderen Seite, freuen, unsere in diesen Blattern schon vor so vielen Jahren geaͤußerte und oͤfters wiederholte Meinung, daß es weit besser ist, die Maulbeerbaͤume als Straͤucher, denn als hochstaͤmmige Baͤume zu ziehen, von einem so großen Kenner selbst durch das Extrem unserer Ansicht bestaͤtigt zu sehen. In Nord-Amerika hat Grund und Boden noch keinen Werth, und dort mag obige Bewirthschaftung vortheilhaft seyn, wo aber Akergrund so theuer ist, wie in Europa, wird es kaum zutraͤglich seyn, Baͤume krautartig auf Ackern zu ziehen, zumal da es uͤberall, auch in Europa noch, Plaͤze genug gibt, wo man Maulbeerbaͤume als Heken ziehen kann, welche Art von Anzucht uns immer die vortheilhafteste zu seyn scheint, und zwischen beiden Extremen, dem Maulbeerbaume als Kraut und als hochstaͤmmiger Baum, den man mit der Leiter besteigen muß, das Mittel haͤlt. In lezterer Form koͤnnte der Maulbeerbaum nur auf Hutweiden, wo man diese Neste alter Barbarei noch duldet, gezogen werden.A. d. Ue..