Titel: Versuche über die Reibung und Abnüzung der Oberflächen fester Körper. Von Georg Rennie, F. R. S.
Fundstelle: Band 34, Jahrgang 1829, Nr. XX., S. 96
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XX. Versuche uͤber die Reibung und Abnuͤzung der Oberflaͤchen fester Koͤrper. Von Georg Rennie, F. R. S. Aus den Transactions of the Royal Society. Im Repertory of Patent-Inventions. Julius. S. 424. August S. 481. Mit Abbildungen auf Tab. II. Rennie, Versuche uͤber die Reibung und Abnuͤzung der Oberflaͤchen fester Koͤrper. Gegenwaͤrtiger Aufsaz begreift die Resultate eines Theiles von einer Reihe im J. 1825 in der Absicht angestellter Versuche, die Groͤße des Aufenthaltes in der Bewegung der Koͤrper (measure of the retardation of bodies in motion) zu bestimmen, wenn Reibung oder Abnuͤzung (attrition) ihrer Oberflaͤchen, oder wenn Mittel (Mediums) von verschiedener Dichtigkeit auf sie wirken. Nach der Aufmerksamkeit, mit welcher man bisher diesen wichtigen Theil der mechanischen Wissenschaft behandelt hat, und nach den vielen trefflich ausgearbeiteten Abhandlungen und Versuchen, die zu verschiedenen Zeiten daruͤber erschienen sind, sollte man natuͤrlich schließen, daß dieser Gegenstand bereits so vollkommen erlaͤutert ist, daß er nur weniger oder gar keiner weiteren Eroͤrterung mehr bedarf. Allein, die noch immer obwaltende Verschiedenheit der Meinungen unter den Physikern, und die Schwierigkeit, die bereits vorgetragenen Lehren uͤber diesen Gegenstand auf genuͤgende Grundsaͤze zuruͤkzufuͤhren, machen mich geneigt zu vermuthen, daß wir denselben noch immer nur sehr unvollkommen kennen. Diese mag großen Theils dem hoͤchst mangelhaften Zustande unserer Kenntnisse uͤber die Eigenschaften der Stoffe, und der Schwierigkeit oder vielmehr der Unmoͤglichkeit zuzuschreiben seyn, dieselben einer genauen geometrischen Messung zu unterziehen. Die Mechanik, als Wissenschaft, betrachtet Kraͤfte als bloße Gegenstaͤnde mathematischer Analyse, ohne Ruͤksicht auf die Eigenschaften der Materie, oder auf die Erscheinungen, die hierbei Statt haben. Wenn wir aber Kraͤfte bemerkbar machen wollen, so sind wir nothwendig gezwungen, Mittel- oder Zwischen-Koͤrper zu gebrauchen, die sogenannten Maschinen, deren Anwendung bei Uebertragung der Bewegung, bei Veraͤnderung ihrer Wirkung, bei Wiederherstellung des Gleichgewichtes zwischen Kraͤften von verschiedener Staͤrke den Zwek einer jeden mechanischen Unternehmung bildet. Die Aufloͤsung dieser Frage umfaßt demnach die Bedingungen des Gleichgewichtes, sowohl bei einfachen als bei zusammengesezten Maschinen; die Uebertragung der Bewegung unter verschiedenen Umstaͤnden; den Bau und die Verbindung verschiedener Theile der Maschine, und die Eigenschaften der Stoffe, aus welchen diese Theile bestehen. Bei einer fruͤheren Gelegenheit versuchte man die Eigenschaften fester Koͤrper in Hinsicht auf das Vermoͤgen, zerreißenden Kraͤften (disruptive force) zu widerstehenExperiments on the Strength of Materials: Philosophical Transactions. 1817.A. d. O., genauer zu entwikeln: als Maß wurde die Summe und die Beschaffenheit der aus ihrer Stelle gebrachten Theilchen angenommen. Gegenwaͤrtige Untersuchung bildet den Uebergang von der fruͤheren, indem sie sich vorzuͤglich mit dem Widerstand beschaͤftigt, der durch die Veraͤnderung der Lage, oder durch den Bruch der Rauhigkeiten an der Oberflaͤche (superficial asperities) der Koͤrper entsteht, wenn diese sich bewegen, und durch einen starken Druk in Beruͤhrung gebracht werden; ein Widerstand, der dem Cohaͤsions-Zustande eines Koͤrpers aͤhnlich ist, auf welchen zwei gegenuͤberstehende, aber entgegengesezt wirkende, Kraͤfte einwirken. Die Faͤlle, welche von Experimentatoren untersucht wurden, wurden selten bis zu jenem Umfange ausgedehnt, wo ein Zerreißen der Hervorragungen (preminencies) nothwendig wird; sie beschraͤnkten sich meistens auf die Erklaͤrung (Definition) der Reibung, so wie sie von Schriftstellern uͤber Mechanik gegeben wird, nach welchen naͤmlich Reibung die Kraft ist, die dazu verwendet wird, ununterbrochen die Oberflaͤche des Drukes durch eine schiefe Einwirkung emporzuheben, wobei die Oberflaͤchen als eine Reihe schiefer Flaͤchen betrachtet werden, die in abwechselnder Aufeinanderfolge gegen einander wirken. Da man nun also annahm, daß das Maß der Reibung von den Winkeln der Erhabenheiten abhaͤngt und von dem Elementar-Baue der Koͤrper, so konnte die Wirkung des Polirens nur darin bestehen, diese Erhabenheiten zu vermindern, ohne ihre Kruͤmmung oder Biegungen zu veraͤndern. Der Aufwand der Kraft mußte demnach in beiden Faͤllen immer derselbe seynLeslie’s Experimental Philosophy.A. d. O.. Dieser Hypothese muß man allerdings beistimmen, indem Versuche beweisen, daß der Betrag der Reibung unmittelbar mit dem Elementar-Baue der Koͤrper uͤbereinstimmt, und obschon die Lehre von den schiefen Flaͤchen die Ursachen dieser Art von Widerstand unter gewissen Umstaͤnden leicht begreiflich macht, so wird eine auch nur oberflaͤchliche Untersuchung der Natur der Koͤrper selbst ihre Rauhigkeiten unter jeder moͤglichen Gestaltung zeigen. Der Betrag des Widerstandes wird von dem Grade des Drukes abhaͤngen, von der Annaͤherung oder vielmehr von dem Eingreifen der Rauhigkeiten und Vertiefungen in einander und von der Natur der Oberflaͤchen, aus welchen faserige, weiche oder harte Koͤrper bestehen. Um diese Rauhigkeiten unter den verschiedenen Umstaͤnden des Drukes, der Flaͤchen-Ausdehnung und der Schnelligkeit zu uͤbersteigen, zu beugen oder loszureißen, wird eine verhaͤltnißmaͤßige Kraft-Aeußerung erfordert, und nur durch die Bestimmung dieser Kraft unter allen Umstaͤnden koͤnnen wir allein zu einer richtigen Schaͤzung der Wirkung (performance) der Maschine gelangen. Die Natur der Reibung hat die Aufmerksamkeit der meisten Schriftsteller uͤber Mechanik in Anspruch genommen, von den ersten zwei Dissertationen an, die Amontons im J. 1699 uͤber diesen Gegenstand schrieb, bis herab auf die vortrefflichen Untersuchungen Coulomb's und Vince's in den Jahren 1779 und 1784. Amontons war der erste, welcher versuchte die Theorie zu entwikeln, und der Berechnung zu unterziehen. Er behauptete, daß die Reibung nicht durch Vergroͤßerung der Oberflaͤche, sondern allein durch verstaͤrkten Druk vermehrt wirdSur la Force des Hommes et des Cheveaux, et de la Resistance causée dans les Machines.A. d. O.. In einem spaͤteren Aufsaze, wo einige Versuche mit Holz und Metall, auf welche er Federn von bekannter Staͤrke druͤken ließ, als Erlaͤuterungen vorkommen, zog er aͤhnliche Schluͤsse, und fuͤgte die Bemerkung bei, daß die Reibung ein Drittel des Drukes betraͤgt, und daß der Betrag derselben gleich groß auf Holz, wie auf Metallen, ist, wenn Salben dazwischen angebracht werden. Er schloß ferner, daß Reibung mit der Geschwindigkeit zu- und abnimmt, und in dem Verhaͤltnisse des Gewichtes und des Drukes der reibenden Theile und der Zeiten und Geschwindigkeiten ihrer. Bewegungen wechselt. Diese Hypothesen wurden mehr oder minder von allen Physikern nach Amontons angenommen; vorzuͤglich aber von de la Hire Mémoires de l'Academie des Sciences.A. d. O., der sich selbst durch verschiedene Versuche von der Richtigkeit der Schluͤsse Amontons uͤberzeugte; allein Lambert bezweifelte sie, obgleich ohne den Pruͤfstein des Versuches. Parent schlug in seinem Werke uͤber die Kugeln (sur les sphères) eine Untersuchung dieses Gegenstandes durch Bestimmung des Winkels des Gleichgewichtes vor, unter welchem ein Koͤrper, welcher auf einer schiefen Flaͤche ruht, zu gleiten anfaͤngt. Der beruͤhmte Euler betrachtete in einem hoͤchst vollendeten AufsazeEbendaselbst.A. d. O. die Reibung als abhaͤngig von der groͤßeren oder geringeren Annaͤherung der Rauhigkeiten der Oberflaͤchen, die durch Druk in Beruͤhrung kommen. Den dadurch entstehenden Widerstand schaͤzt er auf ein Drittel des Drukes: dasselbe Resultat, das Amontons gefunden hat. In Hinsicht auf die Wirkung der Geschwindigkeiten blieb er in Ungewißheit; er bemerkte aber, daß, wenn ein Koͤrper anfaͤngt uͤber eine schiefe Flaͤche herabzusteigen, die Reibung desselben sich zu seinem Gewichte oder Druke auf die Flaͤche verhaͤlt, wie der Sinus der Elevation der Flaͤche zu seinem Cosinus. Wenn der Koͤrper aber ein Mal im Gange ist, wird die Reibung um die Haͤlfte vermindert. Muschenbroek und andere behaupteten, daß Reibung mit der Oberflaͤche zunimmt, und Bossut unterschied zwei Arten derselben: die eine, die durch Gleiten entsteht, und die andere, die durch das Rollen der Oberflaͤche eines Koͤrpers uͤber einem anderen entspringt. Er bemerkte, daß sie durch die Zeit entsteht, und weder mit dem Druke noch mit der Masse im Verhaͤltnisse steht. Brisson Traité de Physique.A. de O. versuchte eine Coefficienten-Tafel zu entwerfen, um den Werth der Reibung verschiedener Stoffe zu bezeichnen: da es aber hier an den noͤthigen Versuchen fehlt, so lassen sich diese Coefficienten in der Praxis nicht anwenden. Desaguliers betrachtete die Natur der Reibung mit großer Aufmerksamkeit, vorzuͤglich aber in Bezug auf die Steife der Seile. Er fuͤhrt die Versuche, die Camus anstellte, als die besten uͤber diesen Gegenstand an; allein sie sind in einem zu kleinen Maßstabe angestellt, um genuͤgende Schluͤsse zu gestatten. Schober und Meister stimmt mit Muschenbroek in der Ansicht uͤberein, daß die Raͤume sich wie die Quadrate der Zeiten verhalten, wenn die Bewegung eines Koͤrpers gleichfoͤrmig beschleunigt ist. Die Ansichten mehrerer anderer ausgezeichneter Physiker, wie Leibnitz, Varignon, Leupold, Bilfinger, Daniel Bernouilli, Ferguson, Rondelet, Gregory, Leslie, Young, Olivier Sur les diverses espèces de Frottements etc. (Blieb ungedrukt.)A. d. O. etc., sind bekannt. Coulomb ist aber vorzuͤglich derjenige, dem wir unsere Kenntniß uͤber diese Art von Widerstand verdanken. Im J. 1779, wo die Academie des Sciences zu Paris die Geseze der Reibung und die Wirkung der Steife der Seile auf Maschinen angewendet zu sehen wuͤnschte, unternahm Hr. Coulomb am Arsenale zu Rochefort eine lange Reihe von Versuchen, welche er spaͤter, im J. 1781 unter dem Titel: Théorie des Machines simples, en ayant égard au Frottement de leurs Parties et à la Roideur des Cordages Mémoires des Savans Etrangers. Tome 163 und 333. A. d. O. herausgab. Die Abhandlung zerfaͤllt in zwei Theile. Der erste Theil handelt von der Reibung der Oberflaͤchen, wenn sie uͤber einander gleiten; der zweite pruͤft die Steife der Seile, und die Reibung, die bei Umdrehung um die Achse Statt hat. Coulomb beginnt sein Werk mit Untersuchung der Reibung flacher Oberflaͤchen, die uͤber einander gleiten, und unterscheidet zweierlei Arten, wovon die erste durch die Zeit, die zweite durch die Geschwindigkeit entsteht. Erstere kann von vier verschiedenen Ursachen abhaͤngen; naͤmlich: 1) von der Natur der Koͤrper, die in Beruͤhrung stehen. 2) von der Groͤße oder Ausdehnung der Oberflaͤche. 3) von dem Druke auf die Oberflaͤche. 4) von der Laͤnge der Zeit, waͤhrend welcher die Oberflaͤchen in Beruͤhrung bleiben. Er fuͤgt selbst noch eine 5te bei; den Stand der Atmosphaͤre, welcher jedoch, wie er denkt, wenig Einfluß haben mag. Den Fall, wo Koͤrper mit einer gewissen Geschwindigkeit uͤber einander gleiten, betrachtet er in Bezug auf die drei ersten Ursachen, außer der Geschwindigkeit der in Beruͤhrung stehenden Koͤrper selbst. Was die physische Ursache der Reibung betrifft, so stimmt er der Meinung Amontons und anderer bei, daß sie von dem Ineinandergreifen der Rauhigkeiten abhaͤngt, die nur dadurch wieder aus einander gebracht werden koͤnnen, daß sie entweder gebogen oder gebrochen werden. Diese Versuche fuͤhrten zu einigen wichtigen Resultaten; naͤmlich: 1) daß Reibung von Holz auf Holz, ohne Salbe, sich verhaͤlt wie der Druk, der in einigen Minuten nach der Ruhe sein Maximum erreicht. 2) daß die Wirkungen der Geschwindigkeiten aͤhnlich sind; daß aber die Kraͤfte (intensities), welche streben den Koͤrper in Bewegung zu erhalten, viel geringer sind, als jene, welche streben ihn aus der Ruhe zu bringen; oͤfters im Verhaͤltnisse wie 22 : 95. 3) daß bei Metallen die Resultate gleichfalls aͤhnlich sind; daß aber die Kraft (intensity) dieselbe ist, wenn der Koͤrper aus der Ruhe gebracht oder in Bewegung erhalten werden soll. 4) daß bei ungleichartigen (heterogeneous) Oberflaͤchen, wie wenn Holz und Metall uͤber einander gleiten, die Kraft (intensity) zuweilen Tage lang nicht ihre Graͤnze erreichte. Im Allgemeinen fand er, daß bei Holz und Metall, ohne Salbe, die Geschwindigkeiten wenig Einfluß auf Vermehrung der Reibung aͤußern, außer unter besonderen Umstaͤnden. Coulomb's Abhandlung ist durch eine große Menge verschiedener interessanter Versuche erlaͤutert, und ist in der That das schaͤzbarste Werk, das wir uͤber diesen Gegenstand besizen. Im J. 1784 versuchte Dr. Vince durch einige sehr sinnreiche Versuche das Gesez des Aufenthaltes zugleich mit der Groͤße und der Wirkung der Oberflaͤche in Hinsicht auf Reibung zu bestimmen. Die Resultate waren, daß die Reibung harter Koͤrper, wenn sie sich bewegen, eine gleichfoͤrmig aufhaltende (retarding) Kraft ist; jedoch nicht bei Leinen oder Wolle, wodurch in jedem Falle eine Vermehrung des Aufenthaltes bei vermehrter Geschwindigkeit entsteht. Daß die Groͤße der Reibung ungefaͤhr ein Viertel des Drukes betraͤgt, und daß sie in einem geringeren Verhaͤltnisse zunimmt, als die Menge der Masse oder das Gewicht des Koͤrpers. Daß wenn die Oberflaͤchen zwischen 1,61 : 1 bis auf 10,06 : 1 spielen, die kleinste Oberflaͤche die wenigste Reibung gibt. Die Schluͤsse des Drs. Vince in Hinsicht auf die Geseze des Aufenthaltes wurden zum Theile von dem sel. geistreichen Hrn. Southern zu Soho bestaͤtigt, der in einem Schreiben an Dr. Vince im J. 1801 die Resultate mehrerer Versuche an den Oberflaͤchen der Spindeln der Schleifsteine, die sich mit großer Schnelligkeit bewegen, mittheilte. Es zeigte sich hier, daß wenn reibende Oberflaͤchen sich im Verhaͤltnisse von 4 Fuß auf die Secunde uͤber eine Flaͤche von 1000 Fuß Laͤnge hin bewegen, der Widerstand, welcher durch die Reibung einer Masse von 3700 Pfd. entsteht, nur Ein Viertel dieses Gewichtes betraͤgt. Im J. 1786 und noch spaͤter stellte der sel. Hr. Rennie verschiedene Versuche uͤber Reibung und den Widerstand bei schweren Maschinen an. Die Resultate waren unter verschiedenen Umstaͤnden verschieden; es schien aber, daß eine Vermehrung des Widerstandes im Verhaͤltnisse zu der Menge der Maschinerie Statt hatte, die in Bewegung gesezt wurde. In einem Falle war das Verhaͤltniß von 1 : 5, wo Ein Fuͤnftel bis auf Ein Zehntel der aufgewendeten Kraft verschlungen wurde. Diese Anomalie, im Vergleiche mit dem Verhaͤltnisse der Flaͤchen in den gegenwaͤrtigen Versuchen, kann nur durch die Unregelmaͤßigkeit der Bewegungen und durch die Schwierigkeit, gleichzeitige Wirkungen bei zusammengesezten Maschinen hervorzubringen, erklaͤrt werden; um so mehr, als auf die Resultate Zufaͤlligkeiten einwirkten, die nicht gehoͤrig geschaͤzt werden konnten, und einige Elemente, aus welchen sie abgeleitet wurden, nicht angegeben sind. Der Widerstand wurde durch Verkehrung der Richtung der Bewegung gleichfalls vermehrt. Die Geschwindigkeiten scheinen, da sie sehr maͤßig waren, und kaum 120 Fuß in Einer Minute uͤberstiegen, keinen Einfluß gehabt zu haben; allein die Versuche bezogen sich vorzuͤglich auf Widerstaͤnde, die durch verschiedene Arten von Maschinen erzeugt werden. Die Versuche, welche Hr. Boistard Recueil d'Experiences et d'Observations etc. sur le Pont de Nemours. uͤber das Gleiten der Steine anstellte, um daraus das Gleichgewicht der Bogen-Woͤlbungen zu entwikeln, fuͤhrte ihn auf den Schluß, daß das Verhaͤltnis der Reibung zu dem Druke staͤtig ist; daß die Rauhigkeiten der Oberflaͤche den Werth desselben nicht aͤndern, der gewoͤhnlich vier Fuͤnftel des Drukes betraͤgt. Aus aͤhnlichen Versuchen schloß Rondelet L'Art de Bâtir. T. III. 1808.: 1) daß, je rauher die Oberflaͤche der Steine ist, eine desto groͤßere Kraft zu ihrer Bewegung erfordert wird. 2) daß, je groͤßer das aufliegende Gewicht ist, desto groͤßer der Widerstand ist. Da aber die Unebenheiten gebrochen werden koͤnnen, so muß das Maximum der Kraft, welche zur Ueberwindung der Reibung nothwendig ist, im Stande seyn, diese Wirkung hervorzubringen, der Stein mag uͤbrigens was immer fuͤr eine Schwere besizen. 3) daß diese Kraft vielmehr mit der Haͤrte des Steines, als mit dem Gewichte desselben im Verhaͤltnisse stehen muß. 4) der Betrag der Reibung wechselte zwischen der Haͤlfte und Einem Drittel des aufliegenden Gewichtes. 5) der Winkel des Gleichgewichtes aͤhnlicher Steine war ungefaͤhr 30 Grad. 6) hatte die Ausdehnung der Oberflaͤche keinen Einfluß auf den Werth der Reibung. Die Versuche des Hrn. Morisot uͤber das Schleifen und Poliren der Steine, und der HHrn. Maniel und Pasley uͤber den Druk und das Gleichgewicht der Erden bieten einige interessante Resultate dar; erst seit Kurzem aber haben unsere Kenntnisse uͤber diesen Gegenstand sich wesentlich erweitert. Der Streit, der im J. 1824 und 25 uͤber Canaͤle und Eisenbahnen Statt hatte, und die Erfindung, oder vielmehr das Wiederaufleben der Anwendung der Dampfkraft Statt der Kraft der Thiere zur Bewegung der Wagen auf Eisenbahnen fuͤhrte zu den ausschweifendsten Behauptungen, und obschon Coulomb's und Vince's Lehren in Hinsicht auf Gleichheit des Widerstandes unter verschiedenen Geschwindigkeiten immer noch mehr durch die Versuche vieler achtbarer Physiker bei uns bestaͤtigt wurden, wie z.B. von Chapman, Grimshaw, Wood, Tredgold, Palmer, Roberts und anderen, und manche wichtige Belehrung hervorging; so geschahen doch unsere Fortschritte in diesem Theile der Wissenschaft nur langsam und ungenuͤgend. Diese Maͤngel fuͤhlend, und außer Stand, die schaͤzbaren neuesten Abhandlungen, die zeither erschienen sind, zu benuͤzen, schien es mir, daß eine Reihe von Versuchen, auf die Unterlassungen fruͤherer Schriftsteller berechnet, aͤußerst wuͤnschenswerth seyn muͤßte. Die gegenwaͤrtige Reihe von Versuchen bezieht sich auf die Reibung durch Abnuͤzung (attrition). Dieser Zweig der Mechanik begreift den Widerstand fester Koͤrper in sich, wie Eis, Tuch, Papier, Leder, Holz, Stein, Metall etc., die entweder ganz einfach uͤber einander gleiten, oder mittelst Dazwischenkunst halbfluͤssiger Koͤrper oder Salben, wie Oehl, Talg etc. Der Zwek war ferner, die Kraͤfte zu bestimmen, die der Abnuͤzung in Hinsicht auf Oberflaͤche, Druk und Schnelligkeit zu widerstehen vermoͤgen. Beispiele wurden genommen: 1) vom Eise, durch den Widerstand seiner Oberflaͤche gegen Schlitten, Schlittschuhe etc. 2) vom Tuche, durch die merkwuͤrdige Eigenschaft seines Widerstandes im Gegensaze des an festen Koͤrpern beobachteten Gesezes. 3) vom Leder, durch den großen Nuzen desselben an Pumpen-Staͤmpeln etc. 4) vom Holze, in Hinsicht auf seine Anwendung beim Einrammen, in der Zimmermannskunst, bei dem Stapellassen der Schiffe. 5) von Steinen, in Bezug auf das Gleichgewicht der Bogenwoͤlbungen und Gebaͤude; und 6) von Metallen, in Hinsicht auf ihre allgemeine Anwendung auf Maschinen; besonders aber auf Raͤder-Fuhrwerke, Eisenbahnen und andere Straßen, woruͤber eine große Menge von Versuchen angestellt wurde. Versuche im Großen sind indessen mit so vielen Widerspruͤchen verbunden, wegen der Schwierigkeit die noͤthigen Elemente zu erhalten, daß ich es fuͤr zwekmaͤßiger fand die gegenwaͤrtige Reihe von Versuchen darzustellen, als in weiterem Umfange die meisten jener Faͤlle in die Frage mit einzuschließen, und so meiner Unternehmung ein mehr systematisches Ansehen zu geben. (Die Fortsezung folgt.)

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