Titel: | Ueber die Mittel den Dampf zu benüzen, der aus den Anfrischungskesseln aufsteigt. Von Hrn. Ed. Schwartz. |
Fundstelle: | Band 34, Jahrgang 1829, Nr. LXXXVIII., S. 354 |
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LXXXVIII.
Ueber die Mittel den Dampf zu benuͤzen,
der aus den Anfrischungskesseln aufsteigt. Von Hrn. Ed. Schwartz.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhausen. N. 5. S. 340.
Mit einer Abbildung auf Tab. VII.
Schwartz uͤber die Mittel, den Dampf zu
benuͤzen.
Der Dampf, der aus den Anfrischungskesseln sowohl beim Druken als beim Faͤrben
der Baumwollenzeuge aufsteigt, und bisher immer verloren ging, gewaͤhrt
bedeutende Ersparung, wenn das Locale und die Art, wie die Arbeit zu geschehen hat,
die zur Anwendung desselben noͤthigen Vorrichtungen erlaubt. Es befinden sich
zu Muͤlhausen zwei kleine von Hrn. Clément
Desormes zu Paris verfertigte hydraulische Maschinen nach Art der alten
Dampfmaschine Savary's, die durch den Dampf, welcher aus
einem Anfrischungskessel verloren geht, in Bewegung gesezt werden, und jede Minute
ein halbes Hektoliter Wasser 10 Fuß hoch uͤber die Wasserflaͤche des
Wassers in dem Brunnen heben. In einer anderen Fabrik bedient man sich dieses
Dampfes bloß um das Wasser in einem neben den Anfrischungskesseln hingestellten
Behaͤlter zu erwaͤrmen. Eine andere Art Anwendung, die ich seit
mehreren Jahren hiervon mache, ist folgende:
Der Kessel A, Fig. 9. ist wie
gewoͤhnlich, in einem Ofen eingesezt; der Kessel B hingegen hat unten kein Feuer, und ist, bis an seinen Hals, in ein
Mauerwerk eingesezt, das einen Hohlraum cc
uͤbrig laͤßt, den man mit Kohlenstaub ausfuͤllt. Die Dekel sind
auf beiden Kesseln auf die gewoͤhnliche Weise aufgeholzt, mit
Sicherheitsklappen MM und einem Entladungshahne
N fuͤr den Dampf versehen. Der Kragen O, der eine kleine Roͤhre fuͤhrt, dient
zur Aufsammlung des Wassers, welches von dem Dekel herablaͤuft, und leitet es
in eine gewisse Entfernung von dem Kessel, damit es nicht in das Mauerwerk
einsikert. Die kleinen Roͤhren LL sind auf
die Roͤhren SS aufgeschraubt, damit man sie
nach Belieben abnehmen und aufsezen kann. Die an dem Kessel A hat vier Linien im Durchmesser, waͤhrend die am Kessel B deren nur drei hat, um den Verlust an Hize zu ersezen,
der Statt hat, wann der Dampf durch die Verbindungsroͤhre
P laͤuft. Diese Roͤhre, die eine zollweite
Oeffnung hat, bedekt die kleine Roͤhre L und ist
auf der Roͤhre S mittelst der Schraube R befestigt, damit man sie nach Belieben aufsezen und
abnehmen kann. Man schneidet sie bei K ab, und vereinigt
sie an dieser Stelle mittelst einer Verbindungsschraube.
Der Hahn I dient die Verbindung zwischen den beiden
Kesseln A und B herzustellen
oder zu unterbrechen. Der kleine Hahn H ist ein Zeiger
fuͤr den Heizer und Controle fuͤr die Sicherheitsklappe. Wenn, wo man
denselben oͤffnet. Dampf durch ihn entweicht, so ist dieß ein Beweis, daß die
Operation gut von Statten geht; wenn aber, im Gegentheile, Wasser ausfließt, so ist
dieß ein Zeichen, daß die Roͤhre L verstopft ist,
wo dann der Dampf durch die Sicherheitsklappe N
entweichen wird.
Der Kessel B hat einen Doppelboden aus Kupfer, der
durchloͤchert ist. Dieser Boden wird von der Stuͤze E und von der Schraube F
getragen, so daß man ihn leicht herausnehmen und den Kessel vollkommen reinigen
kann. Ein alter Kessel, der nicht mehr im Feuer dienen kann, kann sehr gut als
Kessel B gebraucht werden.
Die Art, diesen Apparat zu benuͤzen, ist nun folgende. Das Wasser wird in dem
Kessel A in den Sud gebracht, die noͤthigen
Stoffe oder Zeuge werden in das siedende Wasser eingetragen, der Dekel, die kleine
Roͤhre L, und auf dieser die große Roͤhre
P wird befestigt, der Hahn I geoͤffnet und das Feuer nachgeschuͤrt.
Sehr bald wird nun in den Kessel B Dampf
uͤbergehen, und in demselben binnen drei Stunden die Temperatur der Siedehize
erreichen. Man arbeitet nun in diesem Kessel, wie in dem vorigen, traͤgt die
Stuͤke in denselben ein, und sezt die Arbeit 7 Stunden lang fort. Die
Stuͤke in dem ersten Kessel haben dann 10 Stunden lang gesotten, wenn die
Stuͤke in dem zweiten Kessel 3 1/2 Stunde sieden. Man muß hier bemerken, daß,
wenn der erste Kessel keinen Dampf mehr liefert, man nur die Oeffnung L des zweiten Kessels schließen, und keinen Dampf mehr
entweichen lassen darf, um lezteren dadurch so heiß zu erhalten, daß man die Zeuge
noch zwei Stunden lang darin lassen kann, nach welcher Zeit der Dampf immer noch mit
Druk entweicht. Da uͤberdieß die meisten Fabrikanten gewoͤhnlich das
zweite Mal weniger lang sieden, als das erste Mal, so darf man nur jene
Stuͤke in den Kessel B thun, die bereits
fruͤher in dem Kessel A gekocht wurden.
Man erspart auf diese Weise anderthalb Zentner Steinkohle, d.h. gerade so viel, als
man zum zehnstuͤndigen Sieden der Stuͤke im ersten Kessel
noͤthig hat.
Hr. P. Thierry erstattete uͤber diesen Apparat am
28. Mai l. J. folgenden Bericht.
Es ist gewiß, daß durch denselben Brennmaterial erspart wird.
Hr. Schwartz hat bemerkt, daß bei kalter Witterung, dieser
Apparat am ersten und selbst noch am zweiten Tage, wenn man die Arbeit
anfaͤngt, nicht recht in Gang kommt, indem das Mauerwerk am zweiten Ofen den
Dampf verdichtet; wenn jedoch dieses und der Kohlenstaub ein Mal hinlaͤnglich
warm geworden ist, geht er so gut, wie im Sommer.
Hr. Thierry bemerkt noch, daß man den Dampf auch sehr gut
zum Leimsieden benuͤzen kann. Er schlaͤgt hierzu zwei kupferne
Toͤpfe vor, wovon der eine in den anderen paßt: der groͤßere ist eine
Linie, der kleinere eine halbe Linie dik. Zwischen beiden laͤßt man einen
Raum, den man bis auf zwei Drittel mit Wasser fuͤllt. Der groͤßere
Topf hat, an seinem oberen Theile, ein Loch von Einem Zolle im Durchmesser. Der Leim
kommt in den kleineren Topf. Man oͤffnet nun einen Dampfhahn, laͤßt
den Dampf durch das Loch in das Wasser zwischen den beiden Toͤpfen eintreten,
und der Leim ist in kurzer Zeit fertig. Der Leim kann also hier nie anbrennen, nie
Feuersgefahr erzeugen, bleibt laͤngere Zeit fluͤssig und wird
schoͤner.