Titel: | Miszellen. |
Fundstelle: | Band 34, Jahrgang 1829, Nr. CII., S. 439 |
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CII.
Miszellen.
Miszellen.
Verzeichniß der Patente, welche vom 28. October 1829 bis 21.
Nov. 1829 zu London ertheilt wurden.
Dem Thom. Joh.
Fuller, Mechaniker, Commercial-Road, Limehouse, Middlesex; auf
eine verbesserte mechanische Kraft fuͤr Maschinerien verschiedener Art.
Dd. 28. Octbr.
1829.
Dem Gg. Danre,
Fabrikanten zu Birmingham, Warwickshire; auf einen selbstthaͤtigen
Luft- oder Gasregulator oder Sperrhahn, um den Zufluß der Luft oder
Gasarten zu reguliren: dasselbe Instrument laͤßt sich auch zu anderen
Zweken benuͤzen. Dd. 2. Nov. 1829.
Dem Joh. MC Curdy,
Gentleman in Great James Street, Bedford Row, Middlesex; auf gewisse
Verbesserungen im Muͤhlenbaue und an Muͤhlsteinen. Von einem
Auslaͤnder. Dd. 2. Nov. 1829.
Dem Jak. Biney, in
Piccadilly, Obersten bei der k. Artillerie, auf gewisse Verbesserungen an
Dampfkesseln und Wagen und anderen damit in Verbindung stehenden Apparaten. Dd. 2. Nov.
1829.
Dem Jak. Soames, dem
juͤng., Seifensieder, Wheeler Street, Spitalfields, Middlesex; auf eine neue Zubereitung eines gewissen
Pflanzenkoͤrpers, und die Anwendung desselben zur Lichtbereitung und zu
anderen Zweken. Dd. 2. Nov. 1829.
Dem Joh. Tucker,
Brauer zu Hammersmith, Middlesex) auf ein plazendes Wurfgeschuͤz. Dd. 2. Nov.
1829.
Dem Jak. Stewart,
Forte-Pianomacher in George Street, Euston Square, Middlesex) auf gewisse
Verbesserungen an Forte-Pianos. Dd. 2. Nov. 1829.
Dem Joh. Cowderoy,
Gentleman, Britannia Strand; auf gewisse Verbesserungen an der Maschinerie zum
Ziegelschlagen. Dd. 2. Nov. 1829.
Dem Franz Nash,
Gentleman zu Stoneason, bei Wells, Somersetshire; auf gewisse Verbesserungen in
Verarbeitung der Seide mit anderen Materialien. Dd.
2. Nov. 1829.
Dem Wilh. Goocs, in
Mount Street, Berkley Square, Middlesex; auf gewisse Verbesserungen an Badern
verschiedener Art, welche Baͤder auch zu anderen Zweken dienen. Dd. 7. Nov.
1829.
Dem Dan. Macdougall,
Horticulturist; auf gewisse Verbesserungen oder Zusaͤze an Sprizen
fuͤr Garten und zu anderen Zweken. Dd. 10. Nov. 1829.
Dem Thom. Osler,
Leuchter-Fabrikant zu Birmingham; auf gewisse neue Verbesserungen in
Verfertigung glaͤserner und metallner Leuchter und anderer Artikel zur
Prachtbeleuchtung. Dd. 10. Nov. 1829.
Dem Jos. Gibbs,
Zimmerholzhaͤndler auf den Crayford Mills in der Grafschaft Kent; auf
Verbesserungen an den Maschinen zum Schneiden des Marmors, Holzes und anderer
Koͤrper. Dd. 12. Nov. 1829.
Dem Joh. Wilh.
Dodgson, Pumpen- und Maschinenmacher in Lower Shadwell, in
der Grafschaft Middlesex; auf gewisse Verbesserungen an den
Schiffs-Schaufeln zum Wassern und zu anderen Zweken. Dd. 17. Nov.
1829. Dem
Thom. Gethen,
Gentleman, Furnival's Inn, Middlesex; auf gewisse Verbesserungen bei dem
Zurichten der Tuͤcher. Dd. 21. Nov. 1829.
Dem Wilh.
Clutterbuck, zu Oylebrook, bei Stroud, Gloucestershire; auf gewisse
Verbesserungen an Scheren zum Scheren der Tuͤcher, und solcher Zeuge, die
des Scherens beduͤrfen. Dd. 21. Nov. 1829.
Verfallene Patente.
Georg Morton's,
Gentleman's in Covent Garden, Middlesex; Patent auf eine Weise, Pferde an
vierraͤderigen Wagen anzuspannen. Dd. 14. Nov. 1815.
Jos. Baader's, Drs.
d. Med. und Ritters des bayer. Ordens, Patent auf verbesserte Eisenbahnen und
Wagen auf denselben zu leichterer, bequemerer und schnellerer Foͤrderung
aller Guͤter, Waaren und Personen und anderer Artikel, die man auf Wagen
faͤhrt. Dd. 23.
Nov. 1815.
Jak. Dutton's, d.
juͤng., Tuchmachers zu Illsley, Gloucestershire, Patent auf gewisse
Verbesserungen an Walkmuͤhlen. Dd. 23. Nov. 1845. (Siehe Repertory XXVIII. Bd. S. 328.)
Allan. Taylor's,
Gentlemans zu Barking, Essex, und Dan. Gallefent's d. aͤlt. und d.
juͤng., Patent auf eine Maschine zum Heben des kalten und heißen Wassers.
Dd. 25. Nov.
1815.
(Aus dem Register of Patent-Inventions. Decbr.
1829.)
Vergleichung der Vortheile der Straßen, Eisenbahnen und
Canaͤle.
In einer kleinen Schrift unter dem Titel: „Considerations sur les trois systêmes de Communications
intérieures au moyen des routes, des chemins de fer et des canaux;
par B. H.
Nadault, ingenieur des
ponts et chaussées, 4. Paris 1829
ch. Roret 80 S.“ werden die Vortheile
der Straßen = 10, die der Eisenbahnen = 26, die der Canaͤle = 54 gesezt; so
daß also Eisenbahnen um 1,6, Canaͤle um 4,4 mehr Vortheile gewahren, als
Straßen. Eisenbahnen findet der Hr. Verf. nur auf kleinen Streken im Maximum ihres Nuzens. (Bullet. d.
Sc. techn. N. 8. S. 372.) (Der Hr. Verfasser schrieb seine Abhandlung noch
vor den Versuchen auf der Eisenbahn zwischen Manchester und Liverpool, ohne
Ruͤksicht auf Dampfwagen, die auf Eisenbahnen fahren. Er machte also, so zu
sagen, seine Rechnung ohne Wirth. Er schrieb ferner fuͤr eine Gegend
Frankreichs, wo der Winter, der Canaͤle unschiffbar macht, kaum zwei Monate
dauert. In jedem Lande, wo der Winter vier Monate uͤber wahrt, wird 54 mit 2
dividirt werden muͤssen, und dann wird man 27 fuͤr 54 erhalten. Man
wird ferner, wo man mit Dampfwagen auf Eisenbahnen fahrt, 26 mit 100 multipliciren
muͤssen, und dann stehen Straßen = 10, Canaͤle = 27, Eisenbahnen
2600.)
Vorrichtung, um Wagen auf Eisenbahnen uͤber steile
Anhoͤhen hinaufzufoͤrdern.
Hr. Joh. Bywater schlaͤgt im Mech. Mag. N. 327. 14. November. S. 206 vor, auf Anhoͤhen, welche
so steil sind, daß ein Dampfwagen mit seiner Dampfkraft nicht fuͤglich
uͤber dieselbe hinaufgetrieben werden kann, zur Seite eine Huͤlfsbahn
anzudringen, und uͤber diese einen mit Steinen beladenen Wagen herabrollen zu
lassen, der, wenn er mittelst einer Laufkette mit dem Dampfwagen in Verbindung
steht, welcher uͤber die Anhoͤhe hinauf soll, durch sein Herabrollen
den lezteren hinaufziehen wird. Diese Vorrichtung ist bekanntlich in Alpengegenden
des festen Landes von Europa bereits seit Jahren hier und da benuͤzt; wird in
Amerika beim Canalbaue angewendet, und wurde auch von Hrn. Sylvester in seiner kleinen Schrift „on
railways“ 1824 vorgeschlagen und beschrieben. Hr. Deakin auf den Eisenwerken zu Blaenavon gab eine
aͤhnliche Vorrichtung im Mech. Mag N. 304 an, und
man benuͤzt gegenwaͤrtig dieselbe Vorrichtung bei dem Baue der New-London-Bridge zu London.
Sich selbst ladender Karren.
Das Mechanics' Magazine, N. 327, S. 208, 14. Novemb. l.
J., erwaͤhnt aus dem Richmond Compiler eines
neuen von Hrn. W. Beach zu Philadelphia erfundenen Karrens, der mittelst
eines seiner Raͤder, welches hohl ist, die Erde ausgrabt und aufladet. Dieser
Karren arbeitet an der neuen Eisenbahn, neben dem Schuylkill-Canal, anderthalb engl. Meilen von Philadelphia.
Unterschiede im Baue englischer Dampfbothe.
Zwischen London und Gravesend
laufen zwei Dampfbothe: der Hero, mit einer Dampfmaschine
von der Kraft von 180 Pferden, und der Kent, mit einer
Maschine nur von der Kraft von 80 Pferden. Lezteres ist dessen ungeachtet, bei
weitem schneller. So viel ist am Baue des Bothes gelegen. (Chronicle. Galignani N. 4554.)
Hrn. Lieut. Rodger's Anker.
Man bediente sich in neueren Zeiten an der englischen Flotte des verbesserten Ankers
des Hrn. Pering zu Plymouth. Hr. Lieut. Rodgers erfand einen hoͤlzernen Anker, der Außen
nur mit 3/8 Zoll diken Eisenplatten uͤberzogen ist, die mit eisernen Reifen
fest umguͤrtet sind. In Folge wiederholter Versuche war dieser, eigentlich
bloß aus hohlem Eisenbleche verfertigte, Anker weit starker, als ein gleich großer
und noch schwererer Anker aus massivem Eisen. (Portsmouth
Paper, Galignani N. 4556.) Dieß ist bloß eine Bestaͤtigung des
Grundsazes, daß jeder Koͤrper, auf seine Kante gestellt, beinahe eben so viel
zu ertragen vermag, als ein Koͤrper, dessen Durchschnitt einen Kreis von
einem Durchmesser bildet, welcher der Hoͤhe des ersteren gleich ist. Die
Eisenfabrik der HHrn. Gaudillot und Roy zu
Besançon (Polytechn. Journ. Bd. XXXIII. S. 47) hat uns bewiesen, daß
hohle eiserne Roͤhren, aus Gußeisen oder aus geschlagenem Eisen, beinahe eben
so stark sind, als massive eiserne Stangen aus Gußeisen oder aus geschlagenem Eisen.
Das tragbare Haus, das Hr. v. Hoͤslin erbaute (Polyt. Journ. 2. Octob. Heft), hat uns gelehrt, daß die
vier Waͤnde einer leeren Kiste beinahe eben so viel zu tragen
vermoͤgen, als ein Holzkloz von gleicher Dimension. Es geht uns in mancher
Hinsicht in der Mechanik noch wie den Kindern; wir verwuͤsten mehr Material,
als wir brauchen koͤnnen. Unsere Haͤuser koͤnnten die
Haͤlfte Ziegel, und der Dachstuhl zwei Drittel Holz entbehren, und dabei noch
staͤrker seyn, als sie gegenwaͤrtig sind.)
Hrn. Heilmann's
Stik-Stuhl.
Wir sehen aus dem Berichte uͤber die lezte Industrie-Ausstellung zu Muͤhlhausen im Mai l. J. (Bulletin de la Société industr. de Mulhausen
N. 11. S. 22), daß es Hrn. Heilmann gelang, das
Stiken, das bisher mittelst der Hand geschah, durch einen Stuhl zu ersezen, auf
welchem Ein Mann mit zwei Kindern in Einem Tage, nach verschiedenen Desseins, 2
1∫2 bis 18 Ellen Muslin etc. stiken kann. Die verschiedenen Muster, die er
vorlegte, erhielten allgemeinen Beifall. Hr. Heilmann
ließ sich ein Patent fuͤr 15 Jahre auf diese Erfindung geben, die eine
Revolution in der Stikerei hervorbringen wird. – (Es wird nicht an Leuten
fehlen, die in dieser neuen Anwendung von Maschinen auf Handarbeit ein neues Unheil
fuͤr die Gesellschaft finden, und die Tausende von Stikerinnen in der
Schweiz, im Vorarlberge, im suͤdlichen und westlichen Wuͤrtemberg und
in Sachsen beklagen werden, die dadurch brotlos werden muͤssen. Wenn diese
Menschenfreunde aber nur einen Augenblik bedenken wollen, daß es nicht leicht eine
Handarbeit gibt, die dem weiblichen Geschlechte verderblicher seyn kann, als das
Stiken; daß Hunderte unter den Tausenden, die sich jezt am Stikrahmen
kuͤmmerlich naͤhren, nicht bloß zu Kruͤppeln und Siechlingen
werden, sondern an Brustkrankheiten, vorzuͤglich Blutspeien und Lungensucht,
vor der Zeit dahin sterben, der wird diese Erfindung segnen, und an Hrn. Heilmann einen Mann des Heiles ehren, der Tausende und
Tausende von Siechthum und fruͤhen Tod gerettet hat, und dessen Name unter
den Wohlthaͤtern der Menschheit in den Annalen derselben noch nach
Jahrhunderten glaͤnzen wird. Diese Bemerkungen hat uns ein Arzt mitgetheilt,
der die Gefahren des Stikrahmens und der Stiktrommel nur zu gut in seiner Praxis
unter Stikerinnen kennen gelernt hat. Es gehoͤrt zu den Verderbtheiten
unseres Zeitalters, daß die Stikereien Modebeduͤrfniß geworden sind, und daß,
am Stikrahmen flach- und engbruͤstig, rundruͤkig oder gar
schief, und kurzsichtig oder wenigstens schwachaͤugig zu werden, zu einem
Haupttheile der weiblichen Erziehung geworden ist. Wo sollen die Kinder gesunde
Augen her nehmen, wenn die Mutter halbblind ist? Blinde Stuten bringen immer Fohlen,
die auch wieder schnell erblinden.)
Blumen aus Wachs.
Die franzoͤsischen Journale: le Bulletin d. Sciences
naturelles p. 450, le Bulletin d. Scienc. technol.
N. 8. p. 378, la Revue
encyclopedie. (Avr. p. 258), les Annales d. Scienc. d'observation (Avr. p. 452) koͤnnen die Meisterwerke der Frauen
Louis, welche Blumen in Wachs mit einer Zartheit und
Treue darstellen, welche alle bisherigen Versuche der bildenden Kuͤnste,
Blumen nachzubilden, weit uͤbertrifft, nicht genug lobpreisen, und machen auf
die Vortheile aufmerksam, welche die Botanik, als Wissenschaft, von dieser
Ausbildung eines neuen Zweiges der plastischen Kunst sich versprechen darf.
(Waͤhrend nun Mesdames Louis die Museen zu Paris
mit ihren unsterblichen Werken bereichern, und die sogenannten plantes grasses, die selbst der Pinsel eines Redouté nicht in ihrer ganzen Pracht darzustellen
vermochte, fuͤr die Ewigkeit aufbewahren, muͤssen wir bedauern, daß es
einer deutschen Kuͤnstlerinn, deren Meisterwerke mit jenen der Frauen Louis allerdings wetteifern, in ihrem Vaterlande nicht
gegoͤnnt wurde, die Schaͤze der botanischen Garten desselben der
Nachwelt zu weihen. Fraͤulein Janson verdiente an
einem Garten, wie jener des Fuͤrsten Salm zu Dyck, des Kaisers von Oesterreich auf der Bastei zu Wien
als plastische Kuͤnstlerinn, und die Aloen, Mesembryanthemen, Cotyledonen,
Crassulen, Cactus etc., die sich weder in Herbarien noch in Weingeist treu erhalten,
noch durch irgend eine Kunst, außer in der plastischen durch Wachs, darstellen
lassen, angestellt zu seyn.
Ueber einen rothen Faͤrbestoff, Carucru oder
Chica.
Hr. Joh. Hancock, M. D.,
theilt im Edinburgh New Phil. Journ. Oct. 1829. S. 283
eine Notiz uͤber einen rothen Farbestoff aus Essequebo mit, den man aus einer
unbekannten Art der Gattung Bignonia erhaͤlt.
Diese Bignonia, die man daselbst Chica nennt, steigt bis an die Gipfel der hoͤchsten Baͤume.
Die Blaͤtter werden, wenn man einen Zweig abbricht, blutroth, und geben, auf
eine aͤhnliche Weise, wie Indigo, behandelt, ein aͤhnliches Sazmehl,
nur in groͤßerer Menge.
Die Tarumas-Index am oͤstlichen Arme des Essequebo, in der Naͤhe
der Quelle desselben, sind die Haupt-Fabrikanten dieser Schminke fuͤr
die indische kriegerische und galante Welt. Sie stoßen die Blaͤtter,
uͤbergießen sie mit Wasser, und lassen sie so lang stehen, bis
Gaͤhrung eintritt, wo dann die Fluͤssigkeit ein rothes Sazmehl absezt,
welches der Carucru ist. Die Tarumas liefern diesen
Faͤrbestoff schoͤner, als man ihn vom Orinoco und Rio Negro her nicht
erhaͤlt, und verkaufen ihn in Kaͤstchen von
Palmenblaͤttern.
Dieser Faͤrbestoff hat einen ebenen Bruch, ist sanft Cochenill-Roth mir
einem Stiche in's Karmesinrothe, ist unaufloͤsbar im Wasser, laͤßt
sich aber in demselben leicht zerruͤhren. Angezuͤndet brennt er ohne
Flamme zur grauen Asche, die, der Menge nach, der Menge des verbrannten Stoffes
gleich ist. Die Asche enthaͤlt wenig, oder kein Alkali. Wahrscheinlich ist
dieser Farbestoff ein brennbarer Stoff mit einer erdigen Basis.
Wahrscheinlich ist bisher nur wenig von dieser Chica oder von diesem Carucru nach
Europa gekommen. Vielleicht daß man diesen Farbestoff auch zum Farben
benuͤzen kann, wenn man ein Aufloͤsungsmittel und eine Beize
fuͤr denselben findet.
Man wird ihn reichlich erhalten, und auch die Pflanze, die ihn liefert, leicht
vermehren koͤnnen.
Elastischer Firniß zum Auftragen der Farben auf Seidenzeuge
und Gas.
Der Bulletin d. Sciences technolog. N. 8. S. 500 gibt aus
dem Moniteur de l'Industrie. Juin. 1829. S. 184 nach
Hrn. Dumas folgende Bereitungsart eines Firnisses zum Auftragen
der Farben auf Seidenzeuge und Gas. Man loͤst so viel Leim in Essig auf, als
sich darin aufzuloͤsen vermag, bringt dann diese Aufloͤsung auf den
gehoͤrigen Grad von Fluͤssigkeit, und macht damit die Fache an, die
man auftragen will. Die damit angemachten und auf die Zeuge aufgetragenen Farben
troknen schnell, und lassen sich nach allen Richtungen biegen ohne abzuspringen. Man
bediente sich bisher zu diesem Zweke einer Aufloͤsung des Kautschuk in
Terpenthin; diese Aufloͤsung troknete aber oͤfters in vier Wochen
nicht, und roch auch dann noch immer nach Terpenthin und blieb klebrig.
Presse zum Copieren der Briefe, nicht auf einzelne
Blaͤtter, sondern in's Copierbuch.
Hr. Zuber-Karth, Praͤsident der Société industrielle zu
Muͤhlhausen, hat, bei der Industrieausstellung derselben im lezten Mai, eine
Brief-Copierpresse gezeigt, die er fruͤher in Schottland sah, und
zeither vervollkommnete. Bei der Nothwendigkeit, in welcher sich nicht bloß der
Geschaͤftsmann, sondern auch der Gelehrte befindet, Abschriften von dem
Manuscripte zuruͤkzubehalten, was er schreibt, waͤre es hoͤchst
wuͤnschenswerth, daß der Hr. Praͤsident in dem Bulletin der Société
industrielle seine verbesserte Copierpresse bekannt machte, indem die
bisherigen Maschinen dieser Art noch immer manches zu wuͤnschen uͤbrig
lassen. Ein Handelsbrief kann eine Million und mehr werth seyn dem Schreiber sowohl
als dem Empfaͤnger; er wird daher copiert: indessen ist an einer Million nur
eine Million verloren, und wer sie verlor, wag sie leicht wiederfinden. Es gibt aber
Manuscripte, die mehr werth sind, als Millionen, bloß aus dem Grunde, weil man sie
nicht wieder haben kann, wenn sie einmal verloren sind, indem keine Abschrift davon
genommen wurde. So verlor Deutschland vielleicht das groͤßte Meisterwerk
seiner schoͤnen Literatur (wenigstens hielt es sein unsterblicher Verfasser
fuͤr sein bestes, sein gelungenstes Werk, und Lessing's mißlungene Werke moͤgen noch immer als Meisterwerke
gelten), Lessing's Faust. Haͤtte Lessing eine Abschrift davon nehmen koͤnnen, ehe
sein Koffer in der Gegend von Burkersdorf bei Wien abgeschnitten wurde, so hatte
Deutschland dieser endlose Verlust nicht getroffen. Es sind aber nicht bloß Werke
des Genies, sondern auch Werke des Fleißes von vier und fuͤnf Jahrzehenden
unermuͤdet thaͤtigen Lebens selbst in Drukereien verbrannt oder auf
irgend eine Weise in Verlust gegangen, in dem Augenblike, wo sie Wissenschaft
gefordert haben wuͤrden. Waͤre es nicht hoͤchst
wuͤnschenswert!), daß von allen wichtigeren in oͤffentlichen, und noch
mehr in Privatbibliotheken aufbewahrten Manuskripten Copien genommen wuͤrden,
damit nicht, wie es leider schon so oft geschah, durch eine einzige Feuersbrunst oft
die wichtigsten Urkunden in den Annalen der Menschheit fuͤr immer verloren
gehen? Es ist unglaublich (aber es ist doch so), daß noch kein Staat, der
oͤffentliche Bibliotheken haͤlt, fuͤr Copien der auf derselben
befindlichen Manuscripte sorgte, deren Werth, als Exemplar
unicum, gar nicht zu berechnen ist, waͤhrend alle Staaten
Abschreiber (Copisten) fuͤr die Wische ihrer Schreiber halten, die oft nicht
das Papier werth sind, worauf das Original geschrieben wurde. Copierpressen
koͤnnen allein hier retten, und auch den Staatskanzeleien (folglich den armen
Unterthanen) viele Copisten ersparen, die ihre Habe mit ihnen theilen.
Abweichung eines fallenden Koͤrpers von der
Senkrechten.
Hr. Galbraith berechnet in dem Philosophical Magazine and Journal, November. 1829, S. 321, daß, wenn ein
Koͤrper unter der Breite von London (51° 30 N.) 5280 engl. Fuß
faͤllt, er 2,9026 Fuß von der Senkrechten in Folge der Umdrehung der Erde um
ihre Achse abweicht. Hr. Emerson fand als Abweichung 2,88
Fuß.
Ueber die Volta'sche
Saͤule.
Da die Volta'sche Saͤule in so vielen Werkstaͤtten ein unerlaͤßliches
Instrument geworden ist, so wollen wir die Techniker auf eine Abhandlung des
beruͤhmten Physikers, Hrn. Hofr. Parrot (des
Vaters), in den Annales de Chimie, Sept. 1829, aufmerksam machen,
die wahrscheinlich bald in irgend einer deutschen Zeitschrift eine Uebersezung
finden wird.
Ueber die Verhaͤltnisse, in welchen
atmosphaͤrische Luft mit Oehlgas gemengt Knallluft wird.
Hr. Dumas hat in den Annal. de
l'Industr. Mai 1829. S. 491 (Bulletin d. Scienc.
technol. N. 8. S. 308) Versuche uͤber die Verhaͤltnisse
mitgetheilt, in welchen Oehlgas mit atmosphaͤrischer Luft Knallluft
liefert.
Das angewendete Gas hielt 18 p. C. Gasarten oder Daͤmpfe, die von
concentrirter Schwefelsaͤure in einigen Minuten absorbirt wurden.
100 Theile dieses Gases forderten 270 Theile Sauerstoff zur vollkommenen Verbrennung
und erzeugten 174 Theile Kohlensaͤure.
Man bediente sich bei den Versuchen des Eudiometers des Ritters Volta, und eines starken elektrischen Funkens einer Leydener Flasche. Der
erste Funke wirkte zuweilen nicht.
Angewendetes
Gas.
Atmosphaͤrische
Luft.
1
1 – keine Entzuͤndung.
1
4, 6, 7 dtto.
1
8 – Detonation; rußige Flamme,
1
9 – starke Detonation, ohne Rauch.
1
10 11 sehr starke Detonation: Maximum.
1
12 – weniger starke Detonation.
1
13 – noch weniger starke Detonation.
1
17 – Detonation, aber schwach.
1
18 – noch schwaͤchere Detonation.
1
20 – detonirt schwach beim zweiten Funken.
1
21 – detonirt nicht, selbst beim dritten Funken;
nach vielen
Funken schwache Detonation.
1
25 – detonirt nicht mehr, selbst bei vielen Funken.
Diese Versuche werden im Winter bei 5–6° am 100grad. Thermometer
angestellt. Die Graͤnze der Detonation ist also zwischen 1 Theil Gas und 8
Theilen Luft, und 1 Theil Gas und 20 Theilen Luft. Im Sommer wuͤrden die
Graͤnzen noch weiter seyn.
Luftreinigung der Schmauchstuben (Tabagien.)
Im Industriel belge, Juin. 1829, S. 448, wird die
Luftreinigung einer Schmauchstube beschrieben, die zu Namur schon seit drei Jahren mit gutem Erfolge angewendet wird. Ohne
Zeichnung, wie wir diese Vorrichtung im Bullet. d. Sc.
technol. finden, wird sie unseren Baumeistern, die nicht immer einen
gehoͤrig ziehenden Schornstein zu bauen wissen, kaum verstaͤndlich
seyn. Wer sich darum kuͤmmert, mag von dem Cassino zu Namur sich den Plan
erbitten.
Wirkung des Aethers auf schwefelsauren Indigo.
Hr. Cassola bemerkte, daß, wenn man Schwefelaͤther
auf schwefelsauren Indigo gießt, die Farbe des Indigo bei einer Temperatur von
ungefaͤhr 30° R. in beinahe einer halben Stunde gaͤnzlich
verschwunden und fuͤr immer verloren ist.
Wenn man die farbenlose Mischung destillirt, so erhaͤlt man eine
Fluͤssigkeit, welche das Lakmuß stark roͤthet, und mit Barytsalzen
keinen Niederschlag gibt. Salpetersaure Silberaufloͤsung gibt aber einen in
Ammonium aufloͤsbaren Niederschlag. Hensman's
Repertoire. April. 1829. Philosoph. Magaz. November. 1829. S. 393.
Analyse zweier neuen phosphorsauren
Braunstein-Eisenerze, des Huͤraulit und Hetepozit.
Hr. Marktscheider Dufrénoy gibt in den Annales de Chimie, August. S. 337 die
vollstaͤndige mineralogische Beschreibung der beiden obengenannten
Mineralien. Die
specifische Schwere des Huͤraulit ist 2,270. Er
besteht, in 3 Gramm, aus
Phosphorsaͤure
0,760,
Rothem Eisenoxyd
0,266,
Rothem Braunsteinoxyd
0,729,
Wasser
0,360,
–––––
2,105.
Die Oxyde auf ihr Minimum gebracht, erhielt er:
Phosphorsaͤure
0,760 in Hunderttheilen
0,3800 Sauerstoff
0,210 –
8
EisenoxydBraunsteinoxyd
0,230 –
–
– 0,654 –
–
–
0,1100 –0,3285
–
0,025 –0,072 –
13
4
Wasser
0,360 –
–
–
0,1800 –
0,152 –
6
–––––
–––––––
2,004.
0,9995.
Hieraus ergibt sich die Formel
Textabbildung Bd. 34, S. 445 oder
3 Ma P² + Fe P² + 60 Aq, und hiernach:
Phosphorsaͤure
0,3652 Sauerstoff
0,2046 –
8
EisenoxydBraunsteinoxyd
0,3495 –0,1123
–
0,0760 –0,0255 –
13
4.
Wasser
0,1726 –
0,1535 –
6
––––––
0,9996.
Die specifische Schwere des Hetepozit ist zwischen 3,524
und 3,390.
Der Hetepozit enthaͤlt in 4,5 Gramm:
Phosphorsaͤure
1,880 Gramm;
Rothes Eisenoxyd
1,750
– ;
Rothes Braunsteinoxyd
0,809
– ;
Verlust im Feuer.
0,198
– ;
Kieselerde
0,010
– ;
––––––
4,647.
Die Oxyde auf ihr Minimum gebracht:
Phosphorsaͤure
1,880 in Hunderttheilen
0,4177 Sauerstoff
0,2340 –
6
Eisenoxyd
1,562 – –
–
0,3489 –
0,0793 –
2
Braunsteinoxyd
0,790 – –
–
0,1757 –
0,0385 –
1
Verlust im Feuer
0,198 – –
–
0,0440 –
0,0390 –
1
Kieselerde
0,010 – –
–
0,0022
–––––
––––––
4,440.
0,9835.
Daraus die Formel:
Textabbildung Bd. 34, S. 445
oder 2 F P² + M P² + 10 Aq,
wornach:
Phosphorsaͤure
0,4261 Sauerstoff
0,24 –
6
Eisenoxyd
0,3502 –
0,08 –
2
Braunsteinoxyd
0,1810 –
0,04 –
1
Wasser
0,0449 –
0,04 –
1
––––––
1,0013.
Ueber Anwendung des Kupfervitrioles beim Brotbaken.
Der verderbliche Gebrauch einiger Brabanterbaͤker, dem Brotteige blauen
Vitriol (Detosulfate de cuivre) beizusezen, verbreitet
sich auch in den noͤrdlichen Departementen Frankreichs. Die Section der
Pharmacie in der Académie royale de
Médicine erhielt daher vom Minister des Innern den Auftrag,
hieruͤber Bericht zu erstatten. Einige Mitglieder, unter anderen Hr. Deyeux, bezweifelten die Thatsache, indem sie fanden, daß
das Brot, welches man ihnen, als mit Kupfer vergiftet, vorlegte, weil es
gruͤne Fleken zeigte, nur schimmelig war. Hr. Sérullas bemerkte, daß, nach den Versuchen Barruel's vor der Société
philomatique, Brot, mit Kupfervitriol behandelt, schwaͤrzer wird und
schlecht aufgeht; daß es daher zweifelhaft ist, ob man sich eines solchen Verfahrens
in der Baͤkerei bedienen koͤnne. Hr. Chevallier fuͤhrt aber urkundliche Beweise fuͤr diese
Giftmischerei an, unter anderen das Eingestaͤndniß der Baͤker selbst,
die dafuͤr bestraft wurden. Hr. Caventou
versickert, von einem Apotheker zu St. Omer (Hrn. A. Damart) zu wissen, daß die Baker uͤbereinkamen, zwei Loth
Kupfervitriol in einem
Liter Wasser aufzuloͤsen, und diese Aufloͤsung dann in Einen Ztr. Teig
einzukneten. Dadurch meinen sie die Gaͤhrung zu erleichtern, und das Ankaufen
des Sauerteiges sich zu ersparen. Hr. Derheims, Apotheker
zu St. Omer, hat eine eigene Abhandlung uͤber
diesen Gegenstand geschrieben, und die HHrn. Henry (d. Vater),
Deyeux und Boutron
werden dem Ministerium daruͤber Bericht erstatten. (Journal de Pharmacie. Octobre. S. 534.) (Es ist offenbar, daß, wenn die
Baker gewußt hatten, daß blauer Vitriol ein heftiges Gift ist, sie niemals davon
Gebrauch gemacht haben wuͤrden: denn sie aßen selbst von diesem Brote. Man
sieht daher, wie nothwendig es ist, Handwerker uͤber ihr Gewerbe
aufzuklaͤren, und daß polytechnische Schulen weit wichtiger sind, als
gelehrte Schulen.)
Analyse der Rinde der Quercus
falcata.
Nach einer Analyse der Rinde der Quercus falcata von Hrn.
Stattergood zu Philadelphia enthaͤlt
dieselbe:
Gerbestoff
40
Gallapfelsaͤure
26
Oehligen und harzigen Stoff
10
Extractivstoff
6
Quercie
70
Faserstoff
248
––––
400.
(Journ. d. Pharm. Oktober. S. 536.)
Nachtstuͤhlen den Geruch zu benehmen.
Hr. Frigério, Oberapotheker an der Maternité
zu Paris, fand, daß thierische Kohle am kraͤftigsten den Abtritten den
uͤblen Geruch benimmt. Er erfand zur Anwendung derselben eine eigene
Vorrichtung, die er Selline higiénique nennt. Hr.
Rouppe zu Rotterdam bediente sich hierzu
fruͤher der Holzkohle; nach Hrn. Frigério's
Versuchen ist aber diese 11 1/2 Mal schwacher in der Faͤhigkeit, Gasarten
einzusaugen. Die HHrn. Henry (Vater) und Chevallier haben einen sehr vortheilhaften Bericht
uͤber Hrn. Frigério's Apparat erstattet.
(Journ. d. Pharm. October. S. 535.) (Nach dem Bulletin des Scienc. techn. N. 8. S. 335 stehen solche
Apparate am Dépôt général des
sellines hygiéniques rue des Prouvaires N. 10 zum Verkaufe.)
Gegenwaͤrtiger Zustand der Fabrikarbeiter in
England.
„Das Elend“, sagt der Herald (Galignani Messeng. N. 4548), „welches in
mehreren der bevoͤlkertsten Gegenden Englands gegenwaͤrtig
herrscht, hat nun eine Tiefe erreicht, vor welcher die Menschheit
zuruͤkschaudert. Es muß selbst diejenigen erschuͤttern, deren
Zartgefuͤhl eben nicht das feinste ist, wenn sie die Faͤlle und
Beispiele des menschlichen Elendes unter unseren Fabrikarbeitern lesen, mit
welchen unsere meisten Provincial-Zeitungen erfuͤllt sind; und
doch sind einige Londoner Journale so
unverschaͤmt, diesen schreklichen Thatsachen
zum Troze zu erklaͤren, unser Fabrikwesen sey wieder im Aufnehmen. Diese
Schriftsteller, die so menschenfreundlich mit einem Federzuge das Leiden von
Tausenden ihrer Mitbuͤrger vernichten, sind die „Advocaten des
freien Handels.“ Fruͤher bemuͤhten sie sich den
taͤglich zunehmenden unendlichen Jammer in unserem Manufacturwesen,
vorzuͤglich unter den Fabrikarbeitern, als ganz unabhaͤngig von
ihrem Lieblingssysteme zu erklaͤren, welches geradezu die
entgegengesezten Wirkungen von demjenigen hervorbrachte, was sie uns von
demselben verhießen. Gegenwaͤrtig, wo sie sehen, daß ihre Sophistereien
uͤber die Vortheile freier Einfuhr allgemein und laut von dem gesunden
Menschenverstande verlacht werden, versuchen sie das keke Polizeimittel, das
Daseyn eines allgemein verbreiteten und namenlosen Elendes unter der arbeitenden
Classe unverschaͤmt wegzulaͤugnen, eines Elendes, unter welchem
die Industrie unseres Vaterlandes unterliegen muß, und die fleißigen
Fabrikarbeiter zu huͤlflosen entehrten Bettlern herabgesunken sind.
Dieses schaͤndliche luͤgenhafte Laͤugnen beurkundet
wenigstens so viel, daß diese Menschenfreundler bereits selbst die Ueberzeugung
von der Moͤglichkeit verloren haben, ihre Lehre uͤber „freien
Handel“ laͤnger vor allgemeiner Verachtung zu retten, wenn
sie das Unheil zugeben, und eingestehen, das ihre heillose Lehre uͤber
das Land brachte. Die Ursachen, welche fruͤher die Industrie Englands
beeintraͤchtigten und den Wohlstand unserer Insel druͤkten, sind
nichts gegen die Krone des Unheiles, gegen den Todesstreich, welchen ein
Kakadaͤmon uͤber beide dadurch verhing daß er auch das lezte
Bollwerk zum Schuze unserer Manufacturen niederriß, und dadurch unseren
gelaͤhmten Handel vollends zu Boden warf. Doch, das Leiden des Volkes muß
gehoͤrt werden; in den Mauern des Parliaments-Saales muß es
widerhallen. Die kalte Gleichguͤltigkeit, mit welcher die Bitten der
Betheiligten um Abhuͤlfe in der lezten Sizung von den Ministern
aufgenommen wurden, und das veraͤchtliche Hohnlaͤcheln, welches
die Theoretiker des freien Handels bei dem Vortrage uͤber das Leiden der
arbeitenden Classe grinsten, wird, wir sind es gewiß, vor dem Hauche der
Menschlichkeit und der Weisheit weichen muͤssen, den die Gesezgebung
eines großen Landes athmen muß. Indessen empfehlen wir den tief
gekraͤnkten Arbeitern ernstlich, ihrer heiligen Sache nicht zu schaden,
und das Mitleid des gesammten englischen Publicums nicht durch
Gewaltthaͤtigkeit und Gesezesbruch zu verwirken. Es sind Apostel des
Unheiles im Lande, deren einziger Zwek es ist, nicht das Elend der
Ungluͤklichen zu lindern, sondern Unordnungen und Schreken und allgemeine
Verwirrung hervorzurufen. Solche Lehrer kuͤmmern sich nicht, auf welche
Weise ihre Anhaͤnger zu Grunde gehen, wenn nur sie in dem allgemeinen
Ungluͤke gewinnen.“
Ueber den gegenwaͤrtigen Zustand der
niederlaͤndischen und preußischen Fabrikate im Vergleiche mit den englischen.
Von einem Englaͤnder.
Ein Englaͤnder schreibt im Spectator (Galignani Messenger N. 4563): „Es muß
fuͤr uns Englaͤnder interessant seyn, das Verhaͤltnis' der
Preise niederlaͤndischer, preußischer und britischer Fabrikate zu kennen.
Ich habe mir in den Niederlanden und in Preußen hieruͤber einige Notizen
verschafft. Man verfertigt zu Verviers und Aachen weit mehr verschiedene Sorten
von Wollentuͤchern, als bei uns in England, und wenn man die
Qualitaͤt dieser Sorten nicht genau kennt, so wird es unmoͤglich,
den verhaͤltnißmaͤßigen Werth derselben genau zu bestimmen. Ich
fand, daß unsere wohlfeilen schmalen Yorkshire-Tuͤcher wohlfeiler sind, als jede
aͤhnliche Sorte von Verviers oder Aachen, und daß die Mittelsorten bis
hinauf zu den feinen breiten Tuͤchern an lezteren Orten wohlfeiler sind:
ich meine jene Tuchsorten, die aussehen wie starkes Tuch, aber sehr duͤnn
gewebt sind; die Londrins-, Bath-cloths-,
Damentuͤcher etc. Der Unterschied betrug volle 40 p. C. Wenn ich aber die
Qualitaͤt und Preise der besten niederlaͤndischen breiten
Tuͤcher mit unseren besten superfeinen vergleiche, so finde ich zu meinem
Erstaunen 30 bis 40 pr. C. groͤßere Wohlfeilheit bei den unserigen.
Unsere superfeinen Tuͤcher sind nicht bloß feiner, sondern auch fester
gewebt, und doch kostet die Brabanter Elle, die nur 27 Zoll haͤlt, 35
Franken. Grobe Druggets, Duffles aus englischen Fabriken kann der
niederlaͤndische Kaufmann um 30 bis 40 p. C. wohlfeiler verkaufen, als
die Fabriken zu Verviers sie ihm nicht liefern koͤnnen. Echten
Wallis-Flanell (welsch Flannel) verkauft er die flaͤmische Elle zu
zwei bis drei und einen halben Franken, waͤhrend eine grobe Nachahmung
desselben von Verviers ihm selbst auf 4 und 4 1/2 Franken zu stehen kommt. Auf
dem ganzen festen Lande ist man nicht im Stande, Wallis-Flanell zu machen
welsch Flannel). Es fehlt ihnen die Wolle hierzu, und sie koͤnnen ihn
nicht offen, weich und elastisch weben. – Man verfertigt zu
Luͤttich und Namur viel Stahlarbeit, aber alle aus englischem Stahle;
allein sie haben nicht alle Sorten. Das kalte Eisen poliren sie
wunderschoͤn; allein die Griffe an den Messern, die Federn an den
Federmessern etc. sind schlecht. Die beste Messerschmidarbeit, die ich traf, war
im Haag, wo sie der Messerschmid selbst verkauft: die Artikel sind indessen
etwas theuerer, als in England. In Barbiermessern steht uns das ganze feste Land
weit nachWuͤrde man dem deutschen Messerschmide fuͤr ein deutsches
Barbiermesser 12 fl. bezahlen (denn so viel fordert der
Englaͤnder in seinem Lande), so wuͤrden wir es eben so gut
haben. Bei Barbiermessern haͤngt sehr viel vom Zufalle ab. Der
Uebersezer kaufte vor 30 Jahren in Steyermark ein Barbiermesser um 24
kr., das er 20 Jahre lang hatte, und das dann noch eben so gut war, als
ein englisches um 12 fl.A. d. Ue.. Wohlfeile Feuergewehre wurden zu Luͤttich seit Jahren verfertigt; ihre
Guͤte ist aber nichts weniger als ausgezeichnet. Ein Freund in den
Niederlanden erwaͤhnte mir jedoch einer Gewehrfabrik, die ausgezeichnete
Arbeit verfertigt, die besten Doppelgewehre mit den herrlichsten Laͤufen
und den schoͤnsten Schloͤssern um 350 bis 400 Franken: dieser
Freund ist ein großer Gewehrkenner, und weiß, was ein echter Manton ist. – In Stik- und
Naͤhenadeln ist Aachen noch ein halbes Jahrhundert hinter England
zuruͤk, und ein Briefchen echt englischer Naͤhenadeln ist noch
immer ein sehr angenehmes Geschenk fuͤr eine niederlaͤndische
Dame. – Ich habe die große Preußische Fabrikstadt Elberfeld nicht sehen
koͤnnen, fand aber Gelegenheit, die daselbst verfertigten Ginghams zu pruͤfen. Ich erstaunte
uͤber die Vollendung dieser Waare sowohl in Hinsicht auf Farbenpracht,
als auf Feinheit und Gleichfoͤrmigkeit des Fadens und des Gewebes. Sie
uͤbertreffen Alles, was wir bisher zu erzeugen im Stande waren. Allein,
weder die Schweizer, noch die Genter, noch die franzoͤsischen Muslins
halten einen Vergleich mit unseren englischen und schottischen aus. Die
niederlaͤndischen Damen kennen auf großen Baͤllen beim ersten
Blike, wer englischen oder anderen Muslin am Leibe hat. Ich weiß, daß Hr. Ternaux dieß laͤugnet; ich halte es aber mit
den Frauen, die kaufen, gegen den Fabrikanten, der erzeugt. Es ist sonderbar,
daß die Schweizer, die die lezten sich in das Feld der Musline wagten, alle die
gelehrten Franzosen und alle die ungelehrten englischen Faͤrber aus dem
Felde schlugenDer Hr. Verfasser verwechselt hier offenbar die Muͤhlhauser mit
den Schweizern.A. d. Ue.. Weder Manchester noch Glasgow vermag den feinsten Baumwollenwaaren eine
Farbe zu geben, wie man sie an dem groͤbsten Schweizerhalstuche sieht,
das ein Bauernmaͤdchen auf dem festen Lande um den Hals oder um den Kopf
traͤgt. Die rothe Farbe ist ganz besonders prachtvoll, und das
Gruͤn laͤßt sich waschen. Stavelot und
Malmedy, die nur ein Stuͤndchen von
einander liegen, gehoͤrt das eine nach den Niederlanden, und das andere
(lezteres) nach Preußen: ehevor gehoͤrten sie einem Churfuͤrsten:
man kann sich keine absurdere Graͤnzlinie denken, als diejenige, die bei
dem Pariser Frieden herausgedrechselt wurde, ich fordere die ganze diplomatische
Welt auf, eine groͤßere Sottise zu begehen, als sie hier begangen
hatDer Hr. Verfasser ist ein Englaͤnder.A. d. Ue.. Diese beiden Staͤdtchen sind Gerberstaͤdtchen: die
Haͤute sind Buenos-Ayres-Haͤute, und werden auf
weiter Landfracht von Ghent oder Antwerpen hingeschleppt, indessen sind
Eichenwaͤlder, die als Unterholz betrieben werden, in der Naͤhe,
und das Gerbematerial darf nicht weit hergeholt werden; es ist also ohne
Vergleich wohlfeiler, als in England. Dann liegt das Land der gestiefelten
Leute, Deutschland, vor der Thuͤre, und, obschon das Leder schlechter
ist, als das englische, hat es reichlichen Absaz. Die Fasern sind an allen
diesen Lederarten nicht so gut zusammengezogen, wie an dem englischen Leder, und
das niederlaͤndische Leder laͤßt leicht Wasser durch, weil man es
nicht lang genug in der Lohgrube liegen laͤßt. Indessen hat der
Kaͤufer seinen Gefallen an solchem Leder, und der Gerber von Stavelot
waͤre ein Thor, wenn er mehr Geld auf seine Haute wendete, so lange der
Kaͤufer mit seiner Waare zufrieden ist. Die Dampfmaschinen, die in der
Naͤhe von Rotterdam verfertigt werden, und die ich auf zwei Dampfbothen
am Rhein sah, sind vortrefflich gearbeitet; eine dritte aber, die ich in einer
Baumwollenspinnerei bei Aachen sah (aus der Seraing-Fabrik bei
Luͤttich), schnurrt wie eine Baßgeige und verraͤth nicht viel
Geschik. Ob der Fehler in der Maschine oder in der Bedienung liegt, kann ich
nicht sagen. Wenn ich richtig belehrt wurde, so thut man bei dem hohen Preise
der Steinkohlen nicht klug, hohe Einfuhrzoͤlle auf englische Steinkohlen
zu legen, und die Leute zu zwingen, ihre Kohlen auf der Maas von Luͤttich
kommen zu lassen. Der Preis der Steinkohlen ist dadurch in den beiden lezten
Jahren um 60 p. C. gestiegen. 30 Ztr. kosten jezt 22 bis 25 Franken: dabei
muͤßte jedes Eisenwerk in England stillstehen. Um Bruͤssel sind
die Kohlen so wohlfeil, als um Luͤttich. Wenn die Eisenwerke um
Luͤttich fortarbeiten sotten, wird dieß in der Laͤnge nicht mehr
moͤglich seyn. – Ich vergaß zu bemerken, daß man um Aachen viel
Kasimire verfertigt; sie sind aber weder so sein, noch so fest, wie die
englischen.
Die zweite und dritte Qualitaͤt ist wohlfeil; jede bessere Sorte ist aber um
30 p. C. theurer, als die unserigen, und man hat die feinen gaͤnzlich
aufgegeben.
Ueber Gewerbe und Handel in Rußland.
Der Recuiel industriel N. 33. S. 276 liefert folgende
Notizen uͤber den
Aufschwung der Industrie und des Handels in Rußland seit Einfuͤhrung des
Prohibitivsystemes.
Schafwolle. Auf Veredlung der Schafe wird die
hoͤchste Aufmerksamkeit Verwendet. Ein Englaͤnder leitet zu Moskau ein
Berathungsbuͤreau fuͤr Schafheerdenbesizer; eine Wollenniederlage
russischer Mollensorten nach saͤchsischer Art sortirt; eine Musterschafzucht
von 300 Stuͤken.
Zuker-Raffinerien. Sie nehmen jaͤhrlich zu.
Rußland zaͤhlt deren bereits 39, zu Petersburg allein befinden sich deren 20.
Sie erzeugen jaͤhrlich 593,259 Pud Zuker erster Qualitaͤt und 400,796
Pud Meliszuker und Syrup.
Weinbau. Eine Gesellschaft zu Simpheropol betreibt den
Weinbau in der Krimm mit 200 Actien à 1000
Rubeln.
Niederlaͤndische Factorei am schwarzen Meere (zu
Odessa). Die Niederlaͤnder bedienen sich derselben nicht bloß zum Handel mit
Rußland, sondern auch zu einer Landverbindung mit ihren ostindischen Colonien.
Zunftwesen. Es ist, leider, noch nicht aufgehoben in Rußland, jedoch wurden die
Gildensteuern bedeutend herabgesezt, und fremde Handwerker, die sich in Rußland
niederlassen, sind auf 30 Jahre auch von dieser kleinen Steuer von 20 Rubeln
befreit.
Kamtschatka ist ein Freihafen mit Ausnahme des
Thee- und Wein- und Brantweinhandels geworden.
Fabriken. Fabriken, welche thierische Producte, wie
Wolle, Seide, verarbeiten, zaͤhlt Rußland an 2000. Sie fuͤhren
fuͤr ungefaͤhr 20 Millionen Rubels aus. Fabriken, welche
vegetabilische Producte verarbeiten, Leinwandwebereien, Brantweinbrennereien etc.
zaͤhlt es an 1700; sie fuͤhren fuͤr 18 Millionen Rubeln aus.
Fabriken, die die Producte des Mineralreiches bearbeiten, zaͤhlt es 800.
Die Seidenfabriken nahmen den raschesten Aufschwung. Seit
1823 haben die Stuͤhle á la Jacquart sich
sehr verbreitet. Man zaͤhlte deren im Gouvernement von Moskau allein
uͤber 2500, und da ein solcher Stuhl nur 75 bis 85 Rubel kostet, vermehren
sie sich noch immer. Was das Ausland Neues in Seidenwaaren erzeugt, wird nachgemacht
und als Auslaͤnderwaare dem dummen Teufel verkauft, der nach solcher Waare
luͤstern ist, und die inlaͤndische verachtet, weil sie
inlaͤndisch ist. Dunkle Farben werden in Rußland gegenwaͤrtig eben so
schoͤn auf Seide gefaͤrbt, wie in Frankreich; Rosa aber, Lilas, Grau
ist noch nicht so schoͤn, wie an den franzoͤsischen Zeugen. Die
russischen Halbatlasse und Gros de Naples sind sehr schoͤn: in glatten
Seidenzeugen aber sind die Russen noch zuruͤk. Baͤnder und Gase macht
man in Rußland sehr schoͤn, aber an den Atlasbaͤndern fehlt es noch.
Seidenwirker sind im Gouvernement von Moskau allein 800, sie arbeiten aber nicht
alle. Man macht huͤbsche seidene Schahle und Tuͤcher in und um Moskau;
indessen gelten, wie bei uns, nur die englischen und franzoͤsischen.
Gold- und silberbroschirte Zeuge fuͤr die Kirgisen und Perser werden
sehr viele und sehr schoͤne Verfertigt. Wenn die Seidencultur am Kaukasus
einst ihre volle Bluͤthe erreicht haben wird (man haͤlt die russische
Seide jezt schon fuͤr besser als die persische),
werden die russischen Seidenfabriken noch Epoche machen: sie werden
gegenwaͤrtig nur durch die hohen Preise der italiaͤnischen Seide
gedruͤkt, aber einst, bei der Wohlfeilheit des Arbeitslohnes, sicher alle
Seidenfabriken in Europa erdruͤken. 66 russische Seidenfabriken
(ungefaͤhr der dritte Theil der jezt in Rußland vorhandenen Seidenfabriken)
haben fuͤr 10,852,625 Rubel Seidenwaaren erzeugt, und 13,767 Arbeiter
beschaͤftigt, welche sich 2,001,516 Rubel verdienten. Man rechnet den
jaͤhrlichen Bedarf an Rohseide fuͤr Rußland, nach dreijaͤhrigem
Durchschnitte, auf 20 Millionen Rubel.
Baumwollen-Waaren-Fabriken. Man kennt nur
jene im Gouvernement von Moskau und Wladimir genauer: in ersterem sind sie
bluͤhender. Die sogenannten Metkals gehen nach Persien. Man verfertigt bisher
nur wenig und nicht besonders schoͤne Calicots; nur gemeines Zeug. Moskau hat
erst seit dem Jahre 1828 eine Muslinfabrik. Ein Englaͤnder hat vier Meilen
von dieser Stadt eine Fabrik von 40 Stuͤhlen, die sehr gut gedeiht und sehr
schoͤn arbeitet. Sie liefert Stuͤke zu 2 1/2 Rubel die Arschine.
Quadrillirte Tuͤcher werden gegenwaͤrtig in Rußland so schoͤn
und so wohlfeil, als irgendwo in Europa, gemacht; die Arschine von 25 Kopeken bis 1
Rubel. Velverets verfertigt man bisher nur noch wenige; es fehlt an Appretur.
Russische Nankins gehen nicht bloß nach Persien, sondern selbst nach Nordamerika.
Halb-Baumwollenzeuge werden in großer Menge, von 90 Kopeken bis 1 Rub. 75
Kop. verfertigt. Die gedrukten Baumwollenzeuge haben sich sehr verbessert: Rußland
hat bereits mehr als 20 Fabriken mit Cylinderdruk. 74 russische Baumwollenfabriken
haben, im J. 1827, 55,400 Pud englisches, und 841 Pud russisches Baumwollengarn
verarbeitet, und fuͤr 13,277,609 Rubel Waare geliefert. Sie
beschaͤftigten 29,103 Arbeiter, welche sich 3,196,847 Rubel Verdienten.
Tuchfabriken. Man hat noch wenig Detail uͤber
dieselben, obschon in dem Gouvernement Moskau allein 75 große Tuchfabriken sich
befinden. Zehn russische Tuchfabriken haben in einem Jahre 36,499 Pud Wolle
verarbeitet, und fuͤr 7,596,580 Rubel Waare geliefert, dabei 4,945 Arbeiter
beschaͤftigt, die sich 1,362,950 Rubel Verdienten. Bei diesen Tuchfabriken
fehlt es noch am Sortiren der Wolle schon bei der Schur; an zu starker Beize beim
Farben dunkler Farben, und endlich wird zu wenig oder zu viel gewalkt. Graf Woronzoff, Gouverneur von Odessa, hat die langwolligen
Schafe aus England kommen lassen. Er hat 3 Widder und 17 Mutterschafe von der Heerde
des Herzoges von Rutland ausgesuchte Stuͤke. Sie kamen im Julius des vorigen
Jahres (1828) sehr gesund an, und harten, im Oktober wenigstens, noch nicht
gelitten.
Dieß sind die Fruͤchte des Prohibitivsystemes in Rußland seit der kurzen Zeit,
in welcher dasselbe in diesem großen Reiche bei der unermeßlichen Graͤnze
dieses colossalen Staates eingefuͤhrt ist. Es ist kein Zweifel, daß, bei
diesem Systeme, Rußlands Industrie in 10 Jahren um das Dreifache zunehmen wird: denn
die Fabrikanten derjenigen Staaten, die ehevor Rußland mit ihren Waaren
uͤberschwemmten, werden dahin auswandern muͤssen, wenn sie nicht zu
Grunde gehen wollen, oder, wenn die Fabrikeigenthuͤmer ihre Fabriken
gaͤnzlich aufgeben, werden wenigstens ihre Arbeiter die Steppen Rußlands
bevoͤlkern, auf welchen man jezt schon ein buntes Gemenge von
Englaͤndern, Schotten, Franzosen, Schweizern und Sachsen sieht.
Literatur.
a) Deutsche.
Untersuchungen im Gebiete der politischen Oekonomie,
betreffend Adam Smith's und seiner Schule
staatswirthschaftliche Grundsaͤze. Von Dr. P.
Kaufmann, Privatdocenten an der Friedrich
Wilhelm's Universitaͤt. 1. Abtheilung. 8. Bonn. 1829. S. 190.
Es freut uns, unsere Leser auf ein Werk aufmerksam machen zu koͤnnen, in
weichem ein deutscher Mann das britische Joch endlich abzuschuͤtteln
bemuͤht ist, das so endloses Unheil uͤber das feste Land von
Europa gebracht hat.
„Es ist zu bedauern,“ sagt der Hr. Verfasser,
„und als ein wesentliches Stuͤk menschlicher
Unvollkommenheit zu betrachten, daß, so wie in der leblosen Natur
zufaͤllige Ursachen, die man nicht kennt, und deren Wirkungen man
darum nicht begegnen kann, ploͤzliche Veraͤnderungen und
Katastrophen veranlassen, aͤhnliche Erscheinungen in der
Sphaͤre der Wissenschaften vorkommen. Smith's Ansichten verbreiteten sich uͤber Deutschland und
fast alle Laͤnder des gebildeten Europa's wie ein reisender Strom;
mancher faßte die neuen kosmopolitischen Ideen mit Enthusiasmus auf, und
vertheidigte sie mit Waͤrme, dem es fruͤher nie eingefallen
war, sich um Einsichten in die politische Oekonomie zu bemuͤhen. Er
schlug die Gegner mit den Waffen, die ihm der Meister in die Hand gegeben
hatte, und widerlegte Systeme und Schriftsteller, die er nie studirt, nie
gelesen hatte. Smith hatte fuͤr alle
gelesen; fuͤr alle gedacht! Die Unfehlbarkeit seines Systems aber
hatte schon Anfangs bezweifelt werden muͤssen, da man bei dem
Beifall, den dasselbe fand, sich doch nicht bewogen fuͤhlen konnte,
dasselbe zu seinem eigenen Besten, wie der Gruͤnder es verhieß, gegen
benachbarte Staaten in Anwendung zu bringen.“ (Wir wuͤrden
noch hinzufuͤgen: „und Englands Industrie von dem Augenblike
an, wo es auch bloß theilweise dieses System in Anwendung bringen
wollte, einen furchtbaren Stoß erlitt, der Raufende seiner Einwohner in Tod
und Verderben stuͤrzte.“) Was die Schoͤpfung einer
bewegten Zeit und berauschter Zeitgenossen ist, haͤlt die Pruͤfung
eines nuͤchternen Zeitalters fetten aus. Viele Stimmen haben sich
neuerlich gegen Smith erhoben etc.
„Befremdend ist es, eine Wissenschaft, deren Grund und Boden Erfahrung
seyn sollte, wie die politische Oekonomie, in ihren theoretischen
Saͤzen mit der Ausuͤbung im Widerspruche zu erbliken.
Begreiflich wird dieses aber, wenn man bedenkt, daß die Theorie eine gewisse
scheinbare Ueberzeugung gewahrt, welche man sich durch die Erfahrung nicht
will rauben lassen. – Waͤhrend allenthalben die Erfahrung
erwiesen hat, daß man nur mit dem groͤßten Nachtheile die heimische
Production der unbeschraͤnkten Concurrenz der Auslaͤnder bloß
stellt, lehrt man von Paris bis Petersburg, daß Geld gleich jeder anderen
Waare zu betrachten sey, und daß man sich selbst schade, wenn man, im Falle
unserer Production der Absaz ins Ausland erschwert oder gar
unmoͤglich gemacht werde, dasselbe Mittel gegen die Auslaͤnder
in Anwendung bringe. Es scheint daher nothwendig zu seyn, die Theorie auf
ihrem eigenen Gebiete anzugreifen, und ihre falschen Saͤze, falls sie
sich in der Erfahrung als solche ergeben, theoretisch zu widerlegen. Der
Streit und Widerspruch zwischen Theorie und Praxis droht. eine ewige
Fortdauer, wenn dieses nicht geschieht) unglaublich viel hat die
Wissenschaft schon dadurch in ihrem Ansehen und Einfluͤsse verloren.
Der Verfasser hat sich bemuͤht, die gedachte Aufgabe zu loͤsen
etc.“
Er hat dieselbe auch wirklich, wenigstens nach unserer Ansicht, mit einer
Klarheit und Buͤndigkeit und in einem Geiste der mathematischen Analyse
geloͤset, die den deutschen Schriftstellern unseres Zeitalters fremd
geworden ist. Allein, je klarer und buͤndiger der Hr. Verfasser hier Smith, Say etc. widerlegt und zu Recht weiset, desto
weniger wird er, wie wir besorgen, in einem Zeitalter Beifall finden, wo man
statt Klarheit mystisches Dunkel, statt nakter Wahrheit den weiten faltenreichen
waͤlschen Mantel der Luͤge und Heuchelei liebt. Die ledernen
Professoren auf den Lehrkanzeln der Universitaͤten, die es seit 30 Jahren
fuͤr bequemer fanden, Smith'n nachzubeten, als selbst zu denken, wird er
nimmermehr eines Besseren uͤberzeugen: denn jeder Professor duͤnkt
sich infallibel, wie jeder Papst. Die Schuͤler dieser Professoren wird er
auch nicht uͤberzeugen; denn wir wissen aus mehr denn 30jaͤhriger
Erfahrung auf vier verschiedenen Universitaͤten, daß diejenige Kaste der
Studenten, die man Juristen nennt, in der Regel wenig oder gar nichts lernt, und
daß es viel ist, wenn diese guten Leutchen wissen, was ein Professor lehrte. Wenn sie endlich
noch so viel wissen, so sind sie dann in der Regel Nachbeter, und wissen gerade
so viel, als ihr Hr. Professor; sie schwoͤren auf seine Worte; denn die
geheimen Oberen, die den Regierungen zum Troze uͤberall den Unterricht
leiten, wo man sie ihr Hocus Pocus treiben laͤßt, haben dafuͤr
gesorgt, daß alles ehe gelernt wird, als Denken. Aus diesen Juristen werden nun
nach und nach Raͤthe aller Farben, Regierungsraͤthe,
Ministerialraͤthe, zuweilen sogar selbst Minister, und diese sind es
dann, die, je nachdem ihr Professor Rechts oder Links commandirte, Millionen
ihrer Mitbuͤrger rechts oder links abmarschiren lassen, wo nicht ein
weiser Regent ihren Jugendsuͤnden oder ihrer Altersthorheit
Graͤnzen zu sezen weiß.
Es war der hohen Weisheit der preußischen Regierung gemaͤß, einen
Mauthverein in Deutschland zu gruͤnden, und dadurch, mitten im Frieden,
Eroberungen zu machen, die weit glaͤnzender, weit glorreicher, weit
ersprießlicher sind, als die blutigen Eroberungen des siegenden Schwertes:
Preußen hat dadurch dem Kunststeiße seiner Buͤrger ein noch ein Mal so
weites Feld geoͤffnet, als es ehevor niemals hatte, und die Industrie des
Auslandes, das ihm einst gefaͤhrlich werden koͤnnte, fuͤr
immer gelahmt. Der Chocolatmacher mit der Dampfmaschine zu Berlin hat die
Chocolatmacher zu Darmstadt bereits aus dem Felde geschlagen, und so wird es
manchem anderen.... macher noch ergehen in manchem anderen Staate. Industrie
ist, wie Hr. Kaufmann sehr richtig bemerkt, keine
„bestaͤndige“, sondern eine
„wandelbare“ Groͤße. Sie kann, durch die
kleinste Operation, die man negativ mit ihr vornimmt, selbst wo man sie zu
vergroͤßern, scheint, zu weniger als Nichts werden. Man seze, um in Hrn.
Kaufmann's Sprache zu sprechen, die Industrie
eines Landes = A'' (wo n
jede beliebige Zahl ausdruͤkt, die groͤßer ist als eine gegebene),
und multiplicire sie nur mit – 1; so erhaͤlt man um eben so viel
weniger als Nichts, als A'' ehevor mehr als Nichts gewesen ist. Die
Weisheit der preußischen Regierung hat sich bei ihrem Mauthvereine nirgendwo
herrlicher ausgesprochen, als da sie, nach der A. Z. wenigstens. Sachsen nicht
in dem Mauthverbande aufnahm, „um das Interesse seiner gewerbfleißigen
Unterthanen nicht zu beeintraͤchtigen.“ Jeder Staat, der
so handelt, wird weise handeln, et á
contrario jeder etc.
Wir wuͤnschten sehr, daß es Hrn. Kaufmann
gefaͤllig waͤre, seinen theoretischen Beweisen gegen Smith, Gay u. Comp., die die Nachbeter dieser
verungluͤkten Theoretiker nie uͤberzeugen werden, und deren der
Denker und Beobachter nie bedarf, die historischen
Beweise aus der statistischen Geschichte aller Staaten vor und nach dem
Einfuhrsverbote nachzutragen. Diese Arbeit wird leichter, angenehmer, und selbst
fuͤr diejenigen, die daran zweifeln koͤnnten, das 2 Mal 2 = 4 ist,
uͤberzeugender seyn. Zahlen, wo sie in geschlossenen Reihen gut
angefuͤhrt sind, sind wie Friedrich's alte Grenadiere: sie werfen alle
Vertheidiger von Sophismen und Mysticismen zu Boden.
b) Franzoͤsische.
Manuel complet théorique et pratique du
maître de forges, ou Traité théorique et pratique
de l'art de travailler le fer; par M. L.Landrin. 2 vol. 18. Paris. 1829 chez Roret. 6 Fr.
Cours de Mécanique industrielle, fait aux
artistes et aux ouvries messins pendant les hivers de
1827–28. et de 1828 à 1829 par M. J.
V.
Poncelet. 1.
Part. 8. Metz. 1829 veuve Thiel. 4 Fr.
248 p.
Methode simple et facile pour apprendre à
jauger en pen de jours avec le mêtre ou le bâton de
l'octroi de Paris; par Aug.Rossolin 8. Paris. 1829. ch. l'Auteur, rue des
Fosses-Saint-Bernard. N. 25. 2 Fr. 40 p.
Considérations sur les Marbrières de
France. Moyens de donner plus d'altivité et de
développement à leur exploitation: par J.Madelaine, Ingen.
civ. 8 Paris. 1829. ch. Chaigneau. (Aus dem Journal du génie civil. Es waͤre sehr zu
wuͤnschen, daß dieser Aufsaz fuͤr ein bayerisches Volksblatt
uͤbersezt wuͤrde. Wir sind, buchstaͤblich gesprochen,
steinreich in Bayern; wissen aber leider unsere Schaͤze nicht zu
benuͤzen, und kaufen Steine aus dem Auslande, die wir hei uns weit
besser haben.)
Résumé complet de Mécanique et
de la Science des Machines, procede d'une instruction historique et
suivi d'une biographie, d'une bibliographie et d'un vocabulaire; traduit
de l'Anglais du Cours de physique et des arts mecaniques de Th.Young, avec un
appendice de Mr.Hachette. 32. Paris. 1829. 508 p. 3 Fr. 50 C.
The Science of Mechanics etc. byAllen. 8. Providence. 1829 by Hutchens et Cory.
c) Italiaͤnische.
Dizionario di Fisica e Chimica applicata alle arti,
di Giov.Pozzi. g.
Milano. 1829. p. Ran. Fanfani.
Esercitazioni dell' Accademia agraria di Pesaro.
Anno I. Semestre 1. Pesaro. 1829. p. Annesio
Nobili.
Calendario georgica della reale Società
agraria di Torino per l'anno 1829 8. Torino. 1829. p. Chirio e Mina.
(Ein trefflicher Kalender fuͤr Landwirthe, dergleichen wir in
Deutschland noch keinen besizen, so wie auch Deutschland, bei seinen vielen
achtenswerthen landwirthschaftlichen Gesellschaften, noch keine Società agraria, wie jene zu Turin,
besizt. Wir finden hier eine Preis-Abhandlung uͤber den Hanf, von dem beruͤhmten Pomologen und
Botaniker, Grafen Giorgio Gallesio di Finale, und
eine zweite uͤber denselben Gegenstand von Hrn. Dav. Bourgeois, einem Schweizer im Bolognesischen.
Beide Abhandlungen verdienten eine deutsche Uebersezung, so wie auch der
Aufsaz uͤber Agrostis
stolonifera von Prof. Ré, uͤber Klee-
und Luzern-Samen von Hrn. Paolo Musso, und uͤber den Berg-Reiß von Grafen Leonardi.)