Titel: Ueber die vorzüglichsten gegenwärtig in England bestehenden Eisenbahnen.
Fundstelle: Band 35, Jahrgang 1830, Nr. LXIV., S. 264
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LXIV. Ueber die vorzuͤglichsten gegenwaͤrtig in England bestehenden Eisenbahnen. Ueber die vorzuͤglichsten Eisenbahnen in England. Das Register of Arts gibt Part. 29. S. 145., groͤßten Theils aus Tredgold's Werk uͤber die Eisenbahnen folgende Notiz uͤber die gegenwaͤrtig in England bestehenden vorzuͤglichsten Eisenbahnen. Da man nun endlich ein Mal auch in der Mitte des festen Landes von Europa anfaͤngt auf Eisenbahnen ernsthaft zu denken, und Oesterreich die so schoͤn gelegene Welserheide zwischen Linz und Lambach, und den beinahe ebenen Weg von diesem ungluͤkseligen Horter nach Gmuͤnden zur Foͤrderung seines Salzes nach Boͤhmen und an die Donau zu verwenden gedenkt, so wie es fruͤher, und zwar der Erste unter den Staaten auf dem festen Lande, durch Hrn. v. Gerstner zur Foͤrderung des Holzes aus dem Boͤhmenwalde Eisenbahnen an die Donau, oder wenigstens Holzbahnen anzulegen versuchte; so wird diese Notiz vielleicht auch fuͤr andere Laͤnder von Nuzen seyn koͤnnen, die die ebensten Streken in ganz Europa besizen. Doch vielleicht wartet man in diesen Laͤndern, bis die Wagen von selbst laufen lernen; und dieß scheint auch noch moͤglich werden zu koͤnnen. Die Kraft der menschlichen Faulheit ist eine Kraft, die auch der hoͤchste Fleiß des groͤßten Rechenmeisters nicht zu berechnen vermag. Die Eisenbahnen sind beinahe so alt, als der Bergbau. Wir sahen Jahrhunderte und Jahrtausende lang eine Last, an welcher ein Gaul zu schleppen hat, durch einen Jungen, (den sogenannten Hundsstoͤßer) mit groͤßerer Schnelligkeit als der Gaul in der Nacht der Bergwerke zu dem Schachte oder auf die Halden foͤrdern, und Jahrhunderte und Jahrtausende lang dachten wir nicht, daß dasjenige, was unter der Erde Kraft und Geschwindigkeit zu vervielfaͤltigen mag, auch uͤber der Erde dasselbe leisten wird und muß. Die Naturhistoriker haben laͤngst das Faulthier in die Nachbarschaft des Menschen gestellt, und sie haben sehr Recht gethan, daß sie den Menschen vor das Faulthier stellten; denn er uͤbertrifft dasselbe an Faulheit im Denken und Thun eben so sehr, als der Wallfisch die Milbe, die im Kaͤse wohnt, und die das Auge nur unter tausendfaͤltiger Vergroͤßerungskraft eines Mikroskopes zu erkennen vermag, an Schwere seiner Masse. Waͤre in England nicht eines der ersten Beduͤrfnisse des Lebens seit dem J. 1357. an den Bergbau geknuͤpft worden (in diesem Jahre kamen naͤmlich die ersten Steinkohlen nach London), so wuͤrden vielleicht die Englaͤnder selbst noch bis zur Stunde der Eisenbahnen entbehren: denn sie haben ihre Eisenbahnen bloß ihren Steinkohlengruben zu danken, und brauchten, wie man sieht, ein halbes Jahrtausend dazu, um die Eisenbahnen, wie der Bergmann sagt, aus den Tiefen der Erde zu Tage zu foͤrdern. Eine ihrer vorzuͤglichsten Eisenbahnen ist der Hetton-Railway. Er ist 7 5/8 engl. Meilen lang, und 13 bis 17 Lastwagen werden mittelst eines Dampfwagens, den eine Dampfmaschine mit hohem Druke treibt, getrieben. Diese Maschine ist im Register of Arts IV. Bd. S. 445. (I. Series) beschrieben und abgebildet. Obige 17 Wagen fuͤhren, wenn sie mit Kohlen beladen sind, eine Last von 64 Tonnen (1280 Ztrn.). Die Unebenheiten auf dieser Bahn betragen von der Grube bis zum Abladungsorte 812 Fuß, wovon ein Theil durch schiefe Flaͤchen, der andere durch einen regelmaͤßigen Fall von 335 Fuß ausgefuͤllt ist. Die Schienen sind von der Kanten-Art; ihre aͤußerste gaͤnge ist 3 Fuß 11 Zoll, und die Breite an ihrer oberen Oberflaͤche 2 1/3 Zoll. Die Verbindung geschieht mittelst eines Kragengefuͤges (scarf-joint). Die Geschwindigkeit, mit welcher die Wagen laufen, betraͤgt 3 1/2 – 4 engl. Meilen (Eine deutsche) in Einer Stunde. Aehnliche Eisenbahnen sind in Cumberland in der Nachbarschaft von Whitehaven. Von diesen Eisenbahnen aus verbreitete sich der Gebrauch derselben nach verschiedenen Oertern in Yorkshire, Derbyshire, Wales und Schottland. Die Surrey-Rail-road faͤngt am suͤdlichen Ufer der Themse an in der Naͤhe von Wandsworth und laͤuft suͤdoͤstlich, ungefaͤhr 9 1/2 engl. Meilen bis Croydon, und von da in einer mehr suͤdlichen Richtung 8 Meilen nach Merstham. Die Schienen sind flache Platten, vier Zoll breit, beinahe Einen Zoll dik, und sind zur Leitung der Raͤder mit einem drei Zoll tiefen und einen halben Zoll diken Leistenrande versehen. Die Wagen sind ungefaͤhr Eine Tonne (20 Ztr.) schwer, fuͤnf Fuß breit, acht Fuß lang, zwei Fuß tief, und duͤrfen nicht uͤber 3 1/4 Tonne (65 Ztr.) Last laden. Die Raͤder sind aus Gußeisen, am Reife anderthalb Zoll breit, und halten 32 Zoll im Durchmesser. Sie laufen um kegelfoͤrmige Achsen, die hinter der Schulter 2 3/8 Zoll und am Nagel 1 1/2 Zoll im Durchmesser halten. Nach Hrn. Palmer's Versuchen zieht Ein Pferd sechzig, wo die Bahn vollkommen eben ist und zwar mit einer Geschwindigkeit von 2 1/2 engl. Meilen auf die Stunde, d.h. ein Pferd von mittlerer Staͤrke zieht im Durchschnitte mit dieser Geschwindigkeit 9 Ztr. (Register of Arts I. Bd. I. Series.) Die Kohlenwerke in der Naͤhe von Leeds und Wakefield sind mit den benachbarten Canaͤlen mittelst zahlreicher Eisenbahnen verbunden. Die Stadt Leeds erhaͤlt ihre Kohlen aus den Middletonkohlengruben durch eine Eisenbahn, auf welcher die Wagen durch eine Dampfmaschine getrieben werden. Diese Dampfwagen weichen von jenen in der Gegend von Newcastle und Sunderland ab; denn, Statt daß ihr Widerstand von der Reibung der Raͤder des Maschinenwagens abhinge, haben die Schienen der Rennbahn Zaͤhne, in welche Zahnraͤder eingreifen, die von der Maschine getrieben werden, und folglich eben so wirken, wie ein Triebstok, der in einem Zahnstoke laͤuft. Hr. Blenkinsopp hat diese Art von Dampfwagen im J. 1811. eingefuͤhrt. Sie sind im Register of Arts Bd. IV. S. 441. (I. Series) beschrieben und abgebildet. Der Densbury und Birstal Railway fuͤhrt Steinkohlen aus den Gruben von Birstal in die Calder und Hebble Navigations-Schiffe. Er ist ungefaͤhr 3 engl. Meilen lang, und ward im J. 1805. vollendet. Der Ashby – de la Zouch Canal, welcher im J. 1805. eroͤffnet wurde, endet sich in eine drei Achtel engl. Meilen lange Eisenbahn bis zu den Ticknall-Kalkgruben in Derbyshire. Eine andere Eisenbahn ist an den Kohlengruben zu Measham, fuͤnf engl. Meilen lang; noch eine andere, sechs und eine halbe englische Meile lang, an den Kalkgruben zu Cloudshill. Mit dem Derby-Canal verbinden sich mehrere Eisenbahnen: jene von den Kohlengruben zu Horseley; von den Smitheyhouses bei Derby, von 4 Meilen Laͤnge; und die 1 1/2 Meilen lange Eisenbahn von Smalley-Mills. Auch mit dem Cromford- und Erewash-Canale verbinden sich Eisenbahnen; so ist auch der Charnwood-Forest Canal mit dem schiffbaren Flusse Soar mittelst einer zwei Meilen und eine halbe langen Eisenbahn verbunden. Diese unter dem Namen Charnwood-Forest railway bekannte Eisenbahn hat, auf ihrer kurzen Streke, einen Fall von 185 Fuß. Die Eisenbahn von Chapel Milton nach Loads Knowl laͤuft von dem Peak-Forest Canal bei Chapel Milton in Derbyshire nach den Kalkgruben zu Loads Knowl im Peake auf einer Laͤnge von sechs engl. Meilen, hat auf dieser Streke einen Fall von 204 Fuß und eine schiefe Flaͤche von 1545 Fuß. Hr. Benj. Outram hat sie angelegt. Die Lancaster-Canal-Eisenbahn laͤuft von Clayton Green quer durch das Thal Ribble bis an den Gipfel der gegenuͤberstehenden Huͤgelreihe. Die Verbindung zwischen den einzelnen Theilen des Canales wird mittelst dieser Eisenbahn unterhalten, die zu jeder Seite des Thales eine schiefe Flaͤche und einen Fall von 222 Fuß hat, waͤhrend sie nur drei englische Meilen und ein Viertel lang ist. Vom Flusse Wye geht bei Mitchell Dean eine Eisenbahn durch den Wald von Dean nach Lydney an der Severn, die bei Colford einen Nebenzweig nach Monmouth abgibt. In derselben Nachbarschaft laͤuft eine andere Eisenbahn von der Severn fuͤnf englische Meilen lang nach den Steinkohlengruben im Walde. Die Vortheile, welche Eisenbahnen bei einem haͤufig unterbrochenen und unebenen Boden gewaͤhren, zeigen sich nirgendwo deutlicher, als bei den schiefen Flaͤchen des Shropshire-Canals.Bei uns auf dem festen Lande haͤlt man einen schnellen Wechsel von bergauf bergab fuͤr ein unuͤbersteigliches Hinderniß einer Eisenbahn. Die Oerter Burghausen, Landshut, Wolfartshausen, Dachau, Friedberg etc., die bei ihren steilen Abhaͤngen so viel gewaͤnnen, wenn sie dieselben in eine Eisenbahn verwandelten, verloͤren ja den Gewinn an der Vorspann! A. d. Ue. Der Shropshire-Canal laͤuft durch eine aͤußerst haͤufig unterbrochene Gegend, wo die Abhaͤnge steil und bedeutend sind. Man hielt es daher fuͤr zwekmaͤßig, schiefe Flaͤchen anzuwenden, um die Bothe zu den hoͤheren Wasserstaͤnden im Canale hinauf zu foͤrdern. Die erste schiefe Flaͤche haͤlt 1053 Fuß in der Laͤnge und 207 Fuß in der Hoͤhe. Sie hat eine starke doppelte Eisenbahn, so daß Bothe mit 100 Ztr. Last sammt Zugehoͤr uͤber diese schiefe Flaͤche hinaufgefoͤrdert werden koͤnnen. Die zweite schiefe Flaͤche hat 1800 Fuß in der Laͤnge und 120 Fuß Fall. Diese schiefen Flaͤchen sind nach dem Plane des Hrn. Wilh. Reynolds, der schon im J. 1788. einen Plan zu einer aͤhnlichen bei 73 Fuß Hoͤhe fuͤr Bothe von 160 Ztr. Last entworfen hat. In Cornwall laͤuft eine fuͤnf engl. Meilen lange Eisenbahn vom Hafen Portreth nach den Gruben von Redruth. Eine lange Eisenbahn von Stockton bei Darlington nach den Steinkohlengruben an der Suͤdwestseite von Durham ist nun vollendet. Sie laͤuft von Stockton westwaͤrts, und ungefaͤhr 3 12, engl. Meilen von da geht ein zwei engl. Meilen langer Seitenarm nach Yarm suͤdwaͤrts, waͤhrend die Haupteisenbahn bis dicht an Darlington, und noch ungefaͤhr vier engl. Meilen daruͤber hinauslaͤuft, wo ein beinahe zwei engl. Meilen langer Seitenarm suͤdlich nach Pierce Bridge fuͤhrt. Ungefaͤhr fuͤnf engl. Meilen weiter auf der Hauptlinie trennt sich der Black Boy Arm, und fuͤhrt nordoͤstlich in die Black Boy Kohlengruben und in die Coundor Kohlengruben. Dieser Arm ist ungefaͤhr fuͤnf engl. Meilen lang. Die Hauptlinie zieht sich vor Evenwood vorbei nach den Norwood Kohlengruben, und laͤuft in einer nordoͤstlichen Richtung zuruͤk zu den Etherly und Witton Park Kohlengruben. Die ganze Laͤnge der Hauptlinie dieser Eisenbahn betraͤgt ungefaͤhr 32 engl. Meilen. Sie hat Kantenschienen. In Wales sind sehr viele Eisenbahnen, welche die Eisenwerke und Steinkohlengruben unter einander verbinden, und die Eisenwerke mit den Canaͤlen und schiffbaren Fluͤssen: sie haben erwiesen, wie nuͤzlich Eisenbahnen fuͤr den Unternehmer und fuͤr das Publikum sind. Die Haupteisenbahnen sind durch viele kleinere Eisenbahnen, welche Privaten angehoͤren, verbunden: man nennt leztere tramroads. Sie gewaͤhren dem Verkehre in einem so rauhen Lande, wo die Hauptstraßen so schlecht sind, unendliche Vortheile. Im J. 1791. war kaum noch eine einzige Eisenbahn in South-Wales; im J. 1811. haben die bereits fertigen Eisenbahnen zur Herstellung einer Verbindung zwischen den Canaͤlen und Gruben etc. in Monmouthshire, Glamorganshire, und Caermarthanshire bereits eine Laͤnge von hundert und fuͤnfzig englischen Meilen, die unterirdischen (die unter Tages, unter der Erde, hin laufen) nicht mit begriffen. Eine dieser lezteren, die einer Gesellschaft in Merthyr Tidvil angehoͤrt, ist allein an dreißig engl. Meilen lang.Sollte es moͤglich seyn, daß der gesammte Verkehr einer Stadt, wie Muͤnchen, Augsburg etc. nicht mehr betraͤgt, als ein einziges Eisenwerk einer Compagnie. in Wales? Diese Annahme waͤre laͤcherlich, wenn man bedenkt, daß bloß auf die Schranne zu Muͤnchen allein jaͤhrlich fuͤr wenigstens 2 Millionen Gulden Getraide gefahren wird, und daß die gesammte Eisenerzeugung von South-Wales, wo 90 Hochoͤfen sind, nur ungefaͤhr 3 Millionen Gulden werth ist. Wenn wir der Merthyr-Compagnie den dritten Theil dieser Erzeugung zurechnen, also jaͤhrlich eine Million, und sie fand es vorteilhaft, hierzu eine Eisenbahn von 8 deutschen Meilen unter der Erde anzulegen: sollte es keinen Gewinn geben, wenn man zur Foͤrderung eines Werthes von 2 Millionen uͤber der Erde Eisenbahnen anlegte, wo die Anlage zehn Mal leichter ist, als unter der Erde? Es ist wahr, daß bei uns eine Eisenbahn sechs Mal theurer kommt, als in England, wenn wir den Werth des Eisens bei uns, die Kosten der Anlage bei der Ungeschiklichkeit und Unerfahrenheit unserer Arbeiter mit der Wohlfeilheit des Materiales und mit der Geschiklichkeit der englischen Arbeiter vergleichen. Wir haben gesehen, mit wie vielen Schwierigkeiten ein kleiner Versuch, nur von einigen hundert Klaftern, bei der Anlage einer Eisenbahn auf dem ebensten Wege von der Welt, in der Naͤhe der Hauptstadt, wo alle Huͤlfsmittel, die das Land besizt, bei der Hand waren, selbst unter der Leitung eines Mannes verbunden waren, der sich seit 25 Jahren mit Eisenbahnen beschaͤftigt, die englischen Eisenbahnen in England selbst studierte, der selbst ein Patent auf Eisenbahnen in England nahm, und als Schriftsteller uͤber Eisenbahnen bekannt ist. Das einfachste Mittel, zu einer Eisenbahn zu gelangen, uͤber deren Nuzen, wir wollen nicht sagen Nothwendigkeit, wohl nicht mehr der mindeste Zweifel uͤbrig seyn kann, wuͤrde daher dieses seyn, mit einer englischen Eisenbahn-Compagnie in Unterhandlung zu treten, dieselbe das Eisen aus England, wo dieses Material jezt, bei dem tief gedruͤkten Zustande der englischen Industrie, in einem so niedrigen Preise steht, wie es bei Menschen Gedenken nicht gestanden ist, und wie auch der eisenreichste Staat auf Erden es nicht zu erzeugen vermag, bis an irgend einen am Mayne gelegenen Ort liefern, und von diesem Orte aus eine Eisenbahn nach Augsburg, Nuͤrnberg, Regensburg, und von dieser lezteren Stadt nach Muͤnchen legen zu lassen. Preußen verfuhr auf eine aͤhnliche Weise, um sich fuͤr Berlin die Vortheile einer Gasbeleuchtung zu verschaffen; es unterhandelte mit einer englischen Compagnie, und wenn hier die Resultate nicht allen Wuͤnschen entsprachen, so lag dieß zum Theile im Materiale, aus welchem das Leuchtgas bereitet wurde, zum Theile in dem Charakter des Englaͤnders, an welchen man sich wendete, und dessen Genie mehr zur Zerstoͤrung von Staͤdten, als zur Verschoͤnerung derselben geschaffen schien. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Englaͤnder, der eine Eisenbahn auf dem festen Lande anzulegen unternimmt, die Wichtigkeit der Entdekung der HHrn. Gaudillot, daß hohle Eisenstangen von einer gewissen Dike in jeder Hinsicht bei gleicher Masse staͤrker sind als volle, so daß man wenigstens ein Drittel an Eisen ersparen kann (Vergl. Polytechn. Journ. Bd. XXXIII. S. 47.) benuͤzen wird, sobald man ihn darauf aufmerksam macht. Man kennt in England, wo man sich im stolzen Selbstgefuͤhle um das Ausland wenig kuͤmmert, diese fuͤr Eisenbahnen so hochwichtige Entdekung nicht, und wir wissen, daß man sie auch in Deutschland zu wenig achtet. Vielleicht, daß man sie bei der in Oberoͤsterreich neu zu errichtenden Eisenbahn benuͤzt, da die Kosten des Materiales dadurch um ein volles Drittel vermindert werden. Wenn auch noch manches Wasser durch den Mayn und durch die Donau hinabrinnen wird, bis wir, wenn wir auch Eisenbahnen haͤtten, zum Gebrauche der Dampfwagen auf denselben gelangen; so ergibt sich schon aus der bloßen Anwendung der Pferde auf derselben Gewinn genug, wenn man bedenkt, daß ein Pferd auf einer guten Eisenbahn mit einer Last von 9 Ztr. Eine halbe deutsche Meile in Einer Stunde laͤuft; unsere schweren Fuhrleute laden gewoͤhnlich 10 Ztr. auf ein Pferd, und fahren damit den ganzen Tag uͤber, je nachdem der Weg ist, 8 bis 10 Stunden Weges. Es ist demnach auf einer Eisenbahn die Haͤlfte der Zeit gewonnen, woran bei gewissen Waaren viel gelegen ist, und es ist die Haͤlfte des Unterhaltes der Pferde auf der Straße, um welchen die Fracht an und fuͤr sich wohlfeiler wird. Wuͤrde man nun die Haͤlfte dieser ersparten Unterhaltungskosten des Pferdes auf der Straße als das Maß des Zolles fuͤr die Erlaubniß die Eisenbahn benuͤzen zu duͤrfen betrachten, so wuͤrde das Capital der Eisenbahn verzinst, das Publicum gewaͤnne an Wohlfeilheit der Fracht und an Schnelligkeit der Expedition.Es ist offenbar, daß in jedem Lande, wo man 5 Monater auf den Winter rechnen muß, die Eisenbahn dem Canale vorzuziehen ist; die Zeit, wo man Canale bald wegen Wassermangels, bald wegen Hochwassers und bald wegen Eises nicht benuͤzen kann, verhaͤlt sich zu derjenigen, in welcher Eisenbahnen durch Schnee und Reparationen unbrauchbar wurden, wie 20 zu 1.Wenn auch nicht zu erwarten steht, daß durch den neuen Handelsverein mit Preußen und durch die Erhebung der guten Stadt Paris zu einem Freihafen der Activhandel mit Oesterreich einen regeren Umschwung gewinnt, indem Oesterreich seine Colonialprodukte theils, und zwar groͤßten Theils, uͤber Hamburg auf der Elbe, theils uͤber Triest, und in einem kleinen Theile seiner oͤstlichen Provinzen uͤber Danzig bezieht, so wird doch der Transitohandel aus Frankreich und aus den Niederlanden nach dem schwarzen Meere und in die neu organisirten Fuͤrstenthuͤmer an der Donau seinen Weg durch Wuͤrtemberg finden. Der große Deutsche, der dem Bodensee und dem Rheine das erste Dampfschiff gab, wird auch seinem Vaterlande die erste Eisenbahn schenken. Ob diese nun in Wuͤrtemberg ihren Anfang und ihr Ende finden soll; oder ob sie durch die Ebenen an der Donau von Ulm bis in das Lechfeld nach der Augusta Videlicorum, von hier in die große Ebene Bayerns von Fuͤrstenfeld bis nach Passau fortgesezt werden soll, wird uns die große Lehrmeisterinn, die Zeit lehren. A. d. Ue. Die Menge der Eisenbahnen in Wales nimmt taͤglich zu, und wir koͤnnen nur von den wichtigsten sprechen. Da es im oberen Theile des Cardiff- oder Glamorganshire-Canales haͤufig an Wasser gebricht, so wurde die Cardiff- und Merthyr-Eisenbahn oder Tramroad parallel mit dem Canale auf einer Streke von neun engl. Meilen angelegt, vorzuͤglich fuͤr die Eisenwerke von Plymouth, Pendarran und Dowlais. Der Parliamentsact fuͤr diese Tram-road wurde im J. 1794. (35sten Georg III) durch die HHrn. Hompray, Hill und Comp. bewirkt, und es scheint, daß dieser Act der erste ist, den das Parliament fuͤr eine solche Straße erließ. Die Breite des Landes, dessen Ankauf man erlaubte, war 21 Fuß, und die ganze Laͤnge der Straße betraͤgt ungefaͤhr 26 3/4 engl. Meilen. Diese Bahn laͤuft in einer Gegend, wo wegen der Rauhheit und Unebenheit des Landes alle Verbindung wie abgeschnitten ist. In solchen Gegenden sind Eisenbahnen weit besser als Canale. Auf dieser Tram-Road machte man am 21. Februar 1804. die Versuche mit Trevithick's Dampfmaschine mit hohem Druke, um mittelst derselben Wagen zu ziehen. Hr. Blenkinsopp und anderen gelangen diese Versuche spaͤter besser. Der Aberdare-Canal, (nebst Zweigen des Carliff-Canales) wird mittelst Eisenbahnen mit dem Neath-Canal verbunden. Eine ungeheuere schiefe Flaͤche stellt diese Verbindung her, und eine Dampf-Maschine mit hohem Druke treibt die Wagen uͤber den Berg. Die Sirhoway-Eisenbahn oder Tram-road faͤngt bei dem Monmouth-Canal zu Pillgwelly an, laͤuft durch Tredegar Park an den Ebwy-Fluß bei Risca, sezt uͤber diesen Fluß auf einer Bruͤke von 16 Bogen, folgt hierauf dem Laufe des Flusses Sirhoway bei den Tredegar- und Sirhoway-Eisengruben bis zu den Kalkgruben von Trevill: durchlaͤuft also eine Streke von 28 engl. Meilen. Neben dieser Eisenbahn laͤuft eine sehr gute Chaussee. Von der Sirhoway-Eisenbahn laufen mehrere Zweige zu verschiedenen Steinkohlengruben, eine zu den Romney-Eisengruben, andere zu dem Monmouth-Canal. Ein Pferd zieht auf dieser Eisenbahn 10 Tonnen (200 Ztr.) hinab, und geht mit dem leeren Wagen zuruͤk. Der Parliaments-Act ist vom 42sten Regierungsjahre Georgs III. Die Brinore-Eisenbahn ist ein Zweig der vorigen, und laͤuft uͤber den schwarzen Berg (Black Mountain) in das Thal des Uske bei Brecon, und von da nach Haye am Flusse Wye. Durch diese Verbindung ist der Preis der Kohlen in den oberen Theilen von Herefordshire und Radnor um vieles wohlfeiler geworden. Auch die Blaen-Avon-Eisenbahn fuͤhrt an den Monmouthshire-Canal, und ist 5 1/2 engl. Meilen lang. In dieser Streke faͤllt sie 610 Fuß bis zum Blaen-Avon-Hochofen. Die Caermarthenshire-Eisenbahn beginnt an der Werfte des Hafens Llauelly an, und erstrekt sich 15 engl. Meilen weit durch ein reiches Steinkohlenland bis zu den Kalkgruben von Llanbedie. Gegen Osten laufen mehrere Seiten-Eisenbahnen zu den großen Kohlenwerken des Generals Waide. Auf dieser Eisenbahn wird Steinkohle, Eisen und Blei gefahren. Sie ist so alt, als jene von Sirhoway. Nach Hrn. Palmer's Versuchen zieht Ein Pfund auf dieser Eisenbahn nur 59 Pfund, wo sie eben laͤuft. (Siehe dessen Description of a Railway on a New Principle. 2 edit. S. 29.) Die Oystermourh-Eisenbahn laͤuft von Swansea sieben Meilen lang laͤngs der Kuͤste hin bis zum Dorfe Oystermouth, und dient vorzuͤglich zur Foͤrderung des Kalksteines. Sie ist aus dem 44sten Regierungsjahre Georgs III. Die Abergavenny-Eisenbahn laͤuft vom Brecknock-Canal mittelst einer Bruͤke uͤber den Uske nach Abergavenny. Von demselben Canale laͤuft ein Arm der Eisenbahn nach Uske und Haye, und mehrere andere gehen nach verschiedenen Kohlen- und Eisenwerken. Bei den Eisenwerken von Pontypool sind mehrere hohe schiefe Flaͤchen. Die Ruabon Brook-Eisenbahn faͤngt bei einem großen Teiche zu Pontcysylte am noͤrdlichen Ufer des Flusses Dee an. Sie ist doppelt angelegt, steigt hinter Hrn. Hazledine's Eisenwerken sanft empor, und laͤuft durch eine Menge Eisengruben nach Ruabon-Brook auf einer Streke von drei engl. Meilen. Unter den Welsh-Railways wollen wir nur derjenigen erwaͤhnen, die die Schieferplatten aus den Schieferbruͤchen von Penrhyn foͤrdert, indem sie von den uͤbrigen Eisenbahnen abweicht. Die uͤbrigen Eisenbahnen in Wales haben alle, beinahe ohne Ausnahme, flache Schienen. Diese Eisenbahn, die von den Schieferbruͤchen in Caernarvonshire nach Port Penrhyn fuͤhrt, laͤuft auf einer Streke von 6 1/4 engl. Meilen hin, und ist in mehrere Absaͤze getheilt. Sie hat auf drei Fuß drei Achtel Zoll Fall; also 1 auf 96, und uͤberdieß drei schiefe Flaͤchen. Sie wurde im J. 1800 begonnen, und im Julius 1801 geendet. Ihre Schienen sind oval, aus Gußeisen, 4 1/2 Fuß lang und zwei Fuß breit. Zwei Pferde ziehen 24 Wagen auf einem Absaze sechs Mal des Tages, und foͤrdern so eine Last von 24 Tonnen (480 Ztrn.) auf jeder Fahrt oder 2880 Ztr. des Tages. Die Raͤder sind aus Gußeisen, 14 Zoll im Durchmesser und waͤgen 35 Pfd. (Repertor. of Arts III. Bd. S. 285. XIX. Bd. S. 16. (New Series). Nach Hrn. Palmer's Versuchen (Description of a Railway S. 29.) zieht Ein Pfund 78 Pfd., wo die Bahn eben ist, waͤhrend auf den Kantenschienen zu Newcastle 1 Pfd. hundert und sechs und siebzig Pfunde zieht, was von den kleinen Raͤdern auf der Penrhyn-Eisenbahn herruͤhrt. So unvollkommen diese Eisenbahn ist, so war sie von unendlichem Vortheile fuͤr die Besizer dieser Schieferbruͤche, indem sie ihnen viele Menschen und viele Pferde ersparte.Solche Eisenbahnen waͤren bei den großen Schieferbruͤchen zu Solenhofen, bei den Steinbruͤchen zu Kellheim und in der Naͤhe der Loisach hoͤchst wohlthaͤtig; wir zweifeln aber sehr, daß sie jemals daselbst werden errichtet werden. Es gibt gewisse Menschen, die ihrem Bruder eine Wohlthat zu erweisen glauben, wenn sie ihn vor einen Karren spannen und ziehen lassen, wie einen Esel: „so kann er sich doch etwas verdienen,“ sagen diese Menschenfreunde. Was man solchen Menschenfreunden fuͤr ihre Humanitaͤt schuldig ist, wird jeder Leser mit uns fuͤhlen. A. d. Ue. Die Wagen sind sehr niedrig und sehr bequem, um die Schieferplatten auf kleine Streken zu fahren: sie sind mehr Truhen als Wagen.Es befremdet uns, daß bei der in den neueren Zeiten in England so allgemein anerkannten Wohlthat hoher Raͤder Hr. Hebert hier nicht bemerkt hat, daß, wenn auch die Raͤder 6 Fuß hoch sind, die Bruͤke doch so niedrig an denselben gehaͤngt werden kann, daß man die schwersten Lasten leicht auf denselben aufzuladen und von denselben abzuladen im Stande ist. A. d. Ue.