Titel: | Ueber die öffentlichen Arbeiten, welche in Schweden durch die Armee vollendet werden. Von Theodor Olivier. |
Fundstelle: | Band 36, Jahrgang 1830, Nr. XXXV., S. 178 |
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XXXV.
Ueber die oͤffentlichen Arbeiten, welche
in Schweden durch die Armee vollendet werden. Von Theodor Olivier.
Aus den Annales de l'Industrie. T. V. N. 1. S.
41.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Olivier, uͤber die oͤffentlichen Arbeiten, welche in
Schweden durch die Armee vollendet werden.
Man hat schon so oft in den neueren Zeiten davon gesprochen, die Armeen auch im
Frieden fuͤr den Staat, der sie unterhalten muß, wahrhaft nuͤzlich zu
machen, und zu Arbeiten zu verwenden, die das Wohl des Staates gruͤnden und
foͤrdern. Man hat an die Legionen der alten Roma
erinnert, die in den eroberten Provinzen waͤhrend der Muße des Friedens zur
Anlegung von Straßen, Wasserleitungen etc., uͤberhaupt zu Allem verwendet
wurden, wodurch der Besiz eines Landes gesichert und eintraͤglich gemacht
werden kann. Diese altroͤmische Sitte hat sich nur noch bei den guten alten
Schweden erhalten, deren kleiner Haufe im 30 jaͤhrigen Kriege durch dreißig
verhaͤngnißvolle Jahre im Kampfe gegen das neue Rom und ganz Europa erwies:
„quid virtus et quid sapientia
possit.“
Die franzoͤsische Armee hat Straßen uͤber den Simplon, in Preußen und
in Sachsen, Haͤfen an den Ufern des Meeres, Festungen, Canaͤle etc.
angelegt und zum Theile vollendet: „jam seges est,
ubi Troja fuit.“
Sollten unsere Soldaten nicht auch in ihrem Vaterlande dasselbe waͤhrend des
Friedens vermoͤgen, was sie im Auslande mitten im Kriege geleistet haben?
Sollte es nicht eine angenehme, eine lohnende Idee fuͤr Kinder und Enkel
seyn, wenn sie mit Stolz auf die Werke hinweisen koͤnnen, die ihre
Vaͤter und Großvaͤter mit ihren Armen erbauen halfen? Der Soldat kann
im Frieden eben so ruhmvoll nuͤzlich werden fuͤr sein Vaterland, wie
im Kriege; aber nur dann, wann er, wie im Kriege, das leistet, was nur eine Armee,
eine Masse wohlgeordneter Arme, zu leisten vermag.
––––––––––
Die schwedische Armee besteht aus zwei ganz verschiedenen Classen von Soldaten: die
einen bleiben lebenslang Soldaten, und bilden die sogenannte Indelta; die anderen sind nur fuͤr eine Zeit uͤber
eingereiht, und bilden das, was man Varvat nennt.
Zu lezterem gehoͤren die zwei Garderegimenter zu Fuß, das
Cavallerie-Garderegiment, die drei Regimenter Artillerie und das Husarenregiment
Kronprinz.Ausfallend ist es uns, daß man in Schweden gerade bei der Artillerie eine
Ausnahme macht, da doch dieser Zweig der Kriegskunst und des Kriegsdienstes
derjenige ist, in welchem der Mann nie auslernt, und wozu man die
geschiktesten und geuͤbtesten Leute braucht.A. d. Ue.
Die sogenannte Indelta haͤlt ungefaͤhr
30,000 Mann Infanterie, und diese ist es, die ihre Leute zu oͤffentlichen
Arbeiten hergibt.
Jedes Jahr werden die Regimenter bestimmt, die ihre Leute hierzu abgeben
muͤssen. Jedes Regiment gibt beinahe eine gleiche Allzahl ab und stellt
abwechselnd sein Contingent.
Die Soldaten marschiren mit ihren Gewehren, den Knappsak auf dem Ruͤken in
leichter Ruͤstung auf ihren Posten.
So lang sie an der Arbeit sind, werden sie Sonntags Nachmittags in den
Maͤrschen und militaͤrischen Evolutionen geuͤbt.
Die Zahl der Officiere, die den Soldaten beigegeben ist, wann sie auf die Arbeit
ziehen, betraͤgt gewoͤhnlich die Haͤlfte der Anzahl derselben
im Dienste. Sie ist indessen nach Umstaͤnden verschieden und wird durch
besondere Befehle beim Ausruͤken der Truppenabtheilung bestimmt.
In Allem, was die militaͤrische Disciplin betrifft, steht der Soldat unter
seinem Officiere; dieser fuͤhrt sie zur Arbeit und von derselben
zuruͤk. Waͤhrend der Arbeit haͤlt der Officier uͤber
seine Leute Aufsicht, und sieht ob sie folgsam und fleißig ihre Arbeit verrichten:
er sorgt auch zugleich dafuͤr, daß die Ingenieurs den Soldaten nicht zu viel
Arbeit auflegen, so daß ihre Kraͤfte erschoͤpft wuͤrden und
ihre Gesundheit dabei leiden koͤnnte.
Uebrigens stehen, waͤhrend der Arbeit selbst, die Soldaten ausschließlich
unter den Befehlen der Ingenieurs, und werden von diesen allein befehligt.
Die Stunden zur Arbeit und zur Ruhe werden durch Trommel und Trompete
verkuͤndet.
Diese Einrichtung bei der schwedischen Armee ist nicht neu: sie ist, wie die Indelta selbst, das Werk eines weisen Koͤnigs, der
sein Land vaͤterlich verwaltete; sie ist das Werk Karls des XI.Sie ist noch aͤlter, als Karl XI.; sie ist die zeitgemaͤße
Copie der Einrichtung der alten roͤmischen Legionen, die Oesterreich
schon seit beinahe einem Jahrhundert an der tuͤrkischen
Graͤnze mit seinen sogenannten Graͤnzregimentern befolgte, die
auch Rußland im Anfange dieses Jahrhunderts in seinen suͤdlichen
Provinzen einfuͤhrte, und wohin noch jeder Staat kommen wird, der
eine stehende Armee zu halten gezwungen ist. Diese Einrichtung, so alt als
die militaͤrische Welt, ist die zwekmaͤßigste, die wohlfeilste
fuͤr jeden Staat, der noch unbebaute Gruͤnde besizt. Wie
koͤnnte das arme Schweden bei einer Bevoͤlkerung von kaum 2
1/2 Millionen, eine Armee von 60,000 Mann unterhalten, wenn sich diese nicht
zur groͤßeren Haͤlfte mit dem Fleiße ihrer Arme
naͤhrte, und den Boden selbst bebaute. Daß der Akerbau
den Soldaten nicht schlechter macht, hat wohl keine Armee tapferer bewiesen,
als die schwedische. Vor einer Handvoll Schweden, die vom Pfluge herkamen,
hat ganz Europa, und am Ende des vorigen Jahrhunderts selbst Katharina in
ihrem Pallaste gezittert.A. d. Ue.
In jeder Provinz Schweden's hat ein Regiment Indelta, oder
haben zwei derselben, ihr bestaͤndig bleibendes Standquartier.
Jeder Soldat hat seine eigene Huͤtte und sein Grundstuͤk (torp), das fuͤr seine Beduͤrfnisse
hinreicht. Die Kleidung und Ruͤstung erhaͤlt er von der Regierung.
Jede Compagnie, Officiere und Soldaten, cantonirt um irgend ein Dorf. Sonntags wird
exercirt und manoeuvrirt.
Alle Jahre ruͤkt das Regiment zu einem Manoeuvre aus, und steht drei Wochen
lang im Lager. Zuweilen ruͤken zwei und mehr Regimenter zusammen, und
fuͤhren groͤßere Manoeuvres aus.
So lang der Soldat unter dem Zelte lebt, erhaͤlt er seine Lebensmittel von der
Regierung.
Ebenso erhaͤlt der Soldat, so lang er an der Arbeit ist, seine Lebensmittel
vom Staate aus, als ob er im Felde stuͤnde.
Man gibt jedoch, in lezterem Falle, dem Soldaten meistens seine Rationen in Geld,
indem es hier selten moͤglich ist vorlaͤufig die noͤthigen
Magazine aufzustellen.
Der Koͤnig bestimmt hier, nach den Ortsverhaͤltnissen, an welchen
gearbeitet werden muß, den taͤglichen Sold fuͤr den Soldaten.
Dieser Sold ist verschieden, und regulirt sich nach den stehenden Preisen aller Dinge
an dem Orte, wo der Soldat arbeiten muß.
Waͤhrend der lezten 5 Jahre, 1818 bis 1822 incl.,
stand der Sold fuͤr einen Soldaten zwischen 8 Schilling Bo. und 12 Schilling;
zu Vanas stieg er sogar auf 20 Schilling Res., was
beinahe 14 Schilling Bo. betraͤgt.48 Schilling Banco = 1 Riksdaler Banco. 3 Riksdalers Riksgulds = 2 Riksdalers
Banco. In den lezten 6 Jahren gab der Curs 21–24 Schilling Banco auf
Einen Franken (27 1/2 kr.).A. d. O.
Jeder Soldat muß fuͤr diese Loͤhnung (Beting) von 8–12 Schilling Bo. eine gewisse Arbeit leisten, so daß
die Regierung mit der Arbeit und der Mann mit seinem Solde zufrieden seyn kann.
Jeder Soldat kann, nachdem er die verlangte Arbeit vollbracht hat, auf neue Rechnung,
wenn er will, noch eine andere Arbeit uͤbernehmen, uͤber deren Lohn er
sich mit dem Ingenieur abfindet. Dieser Lohn (oͤfverbeting) wird dann noch eine besondere Zubuße fuͤr den
Mann.
Die Infanterie der Indelta lieferte
im J.
1818 –19
–20 –21 –22
31702860381733263346
Mann zur Arbeit
In jedem Jahre wurde also der neunte Theil der schwedischen Indelta zu nuͤzlichen, zu Nationalarbeiten verwendet.
Diese Arbeiten waren waͤhrend dieser 5 Jahre:
1) Erbauung und Ausbesserung der Festungen.
2) Ausgrabung von Canaͤlen und Erbauung der Schleußen. Die Canaͤle sind
der Gotha-, der Sodertelje-, der Hjelmar- und der
Waddo-Canal.
3) Schiffbarmachung der Fluͤsse Norlands.
4) Straßenbau zur Verbindung Norwegens mit Schweden.
5) Austroknung der Moraͤste Dagmajen in
Ostgothland. Man schaͤzt die Zahl der Tagwerke in den 7 Jahren von
1816–1822 auf 3,510,314. Man hat bemerkt, daß die Sterblichkeit in der Armee
nie geringer und der Gesundheitszustand bei derselben nie bluͤhender war, als
waͤhrend dieser Arbeiten.Da die Oerter, wo gearbeitet werden muß, nicht viele Unterhaltungen
darbieten, so bekommen die Herren Officiere, die dahin commandirt werden,
bei der Eintoͤnigkeit dieses Militaͤrdienstlebens fast immer
lange Weile; diese lange Weile zwingt sie, sich an die zur Leitung der
Arbeiten aufgestellten Ingenieurs etwas naͤher anzuschließen; sie
begleiten dieselben bei ihren Arbeiten, lernen diese kennen, helfen ihnen
nach und nach dabei, und lernen so, aus langer Weile, Nivelliren, Planiren,
lernen wie man eine Schleuße baut, eine eiserne Bruͤke, lernen wie
man Maschinen benuͤzt u. dergl., und wenn sie in der Folge in die
Garnison zuruͤkkommen oder austreten, wissen sie Arbeiten anzugeben
und zu leiten.Eine solche praktische Erziehung, die man so zu sagen wie gefunden
erhaͤlt, hat Maͤnner unter den Officieren gebildet, die, wenn
sie endlich ihre Pension erhielten, der ganzen Gegend nuͤzlich
geworden sind, in welcher sie sich niederließen, die durch ihre Kenntnisse
eben so wohlhabend wurden, als sie bei ihrer Pension arm geblieben
waͤren, die endlich nicht, wie so viele pensionirte Officiere, die
nichts Besseres gelernt haben und kein Vermoͤgen besizen, sich zum
Schreiberhandwerke in irgend einer Kanzellei herabwuͤrdigen
muͤssen, um in ihren alten Tagen sich und ihre Kinder zu
naͤhren. A. d. O. Der Hr. Verf. haͤtte hier wohl auch der
Vortheile erwaͤhnen koͤnnen, die fuͤr den gemeinen Mann
selbst bei anderen Armeen, wo er nicht lebenslaͤnglich dient,
entstehen, wenn er unter der Aufsicht der Ingenieurs arbeiten lernt. Er wird
dann, wann er zu seiner Scholle zuruͤkkehrt, sein Feld, seinen Garten
besser bestellen, er wird manche Ausbesserung an seinem Hause selbst
vornehmen koͤnnen, ohne einen Maurer zu brauchen. Moͤgen die
Feinde und Verlaͤumder des Militaͤrstandes, deren es heute zu
Tage so viele gibt, dem Militaͤrdienste noch so viel Unheil
zuschreiben, so bleibt es doch gewiß, daß man schon bei dem ersten Eintritte
in ein Bauernhaus sogleich wahrnimmt, ob der Bauer, der es bewohnt, beim
Militaͤr gedient hat, oder nicht. Es ist in der Regel alles netter
und ordentlicher bei dem Bauern, der nur 6 Jahre lang bei einem Regimente
Ordnung und Reinlichkeit lernte, als bei einem anderen, der nie aus der
Huͤtte seines Vaters kam. Wenn, was nicht selten der Fall ist, die
Baͤuerinn nicht eine Suppe kochen kann, so kann er es, und weiß seine
Familie gesuͤnder und oft wohlfeiler zu naͤhren, als seine
theuere Haͤlfte. Die Bauern gestehen es einstimmig, daß diejenigen
unter ihnen, die Soldaten waren, die Herren sink, d.h., daß sie alles nett
und ordentlich haben; sie gestehen es, daß diejenigen unter ihnen, die bei
der Cavallerie dienten, mit den Pferden besser umzugehen wissen, als sie;
nur eine Bemerkung Hoͤrt man oͤfters im Munde alter
Hausvaͤter auf dem Lande wiederholen, die zuweilen gegruͤndet
seyn mag, naͤmlich diese: daß die Burschen, die beim Militaͤr
gedient haben, nicht gern arbeiten. Wenn diese Bemerkung allgemein richtig
waͤre, was sie nicht ist, so kaͤme dich bloß davon her, daß
der Soldat waͤhrend des Dienstes nicht genug beschaͤftigt ist,
und nicht Gelegenheit hat zu arbeiten. Wuͤrde der Soldat zu
zwekmaͤßigen Arbeiten neben seinem Dienste verwendet, lernte er,
nebst Reinlichkeit und Ordnung, auch Arbeiten; so haͤtte er Alles
gelernt, was er in der Folge braucht. Wer Arbeiten gelernt hat, hat Alles
gelernt: labor improbus omnia vincit. Das
hoͤchste Ungluͤk im Lande fuͤr den Bauerstand und
fuͤr das Militaͤr ist das Beurlauben: daraus entstehen jene
Zwitterwesen, die weder Soldaten noch Bauern sind, weder gut exerciren und
manoeuvriren, noch gern mehr pfluͤgen. Man sehe nur mit offenen
Augen, wie bluͤhend, wie strozend vor Gesundheit der Soldat von
seinem Regimente in Urlaub geht, und wie elend er aussieht, wenn er aus
demselben wieder beim Regimente einruͤkt: der zwanzigste kommt mit
Kraͤze, und nicht selten mehr als der vierzigste angestekt
zuruͤk, und muß in's Spital Statt in die Kaserne und zum Dienste.A. d. Ue.
Einige Details uͤber den Festungsbau der Festung Vanas
vom J. 1823.
Der Reichstag bewilligte Anfangs nur 50,000 Rs. Vo. des Jahres zur Erbauung dieser
Festung; zeither hat er 100,000 bewilligt.
Nach dem Ueberschlage wird diese Festung Eine Million kosten, und erst in 10 Jahren
fertig seyn. Die Arbeiten wurden im J. 1819 angefangen.
Das erste Jahr wurde mit Nivelliren des Terrains, dem Plane, der Errichtung der
Werkstaͤtten, Scheunen, Wohnungen fuͤr die Officiere und Gemeinen etc.
hingebracht, und mit diesen Vorarbeiten und dem Ankaufe der Gruͤnde gingen
die 50,000 Rs. Bo. darauf.
Man kann hier nur 4–5 Monate lang im Jahre arbeiten: Junius, Julius, August
und September. Zuweilen ist es moͤglich im Mai zu beginnen.
Die Stunden zur Arbeit sind auf folgende Weise vertheilt:
von
5
Uhr
Morgens
bis
8
Uhr
Arbeit.
8
–
–
–
9
–
Ruhe.
9
–
–
–
12
–
Arbeit.
12
–
–
–
1 1/2
–
Ruhe.
1 1/2
–
–
–
4 1/2
–
Arbeit.
4 1/2
–
–
–
5
–
Ruhe.
5
–
–
–
8
Uhr
Arbeit.
Der Soldat arbeitet also 12 Stunden des Tages, und ruͤkt 3 Mal des Tages,
jedes Mal auf 3 Stunden zur Arbeit an.
Die Arbeiten werden von einem Oberstlieutenant, 1 Hauptmanne, 4 Lieutenants und von 5
Unterofficieren des Geniewesens geleitet.
260 Soldaten und 200 zur Festungsarbeit Verurtheilte werden zum Baue an dieser
Festung verwendet. Man hat auch einige Arbeiter aus dem sogenannten Civil, und
diese sind vorzuͤglich mit dem Kalkbrennen beauftragt. Sie erhalten
fuͤr den Brand 14 Rs. Bo.
Die Soldaten, welche im J. 1823 an der Festung arbeiteten, waren von den zwei
Regimentern Skaraborg und Nerjke.
Diejenigen, welche als Maurer arbeiteten, hatten außer ihrem Solde, 20 Sch. Rs. des
Tages, und konnten sich, wenn sie geschikt waren, noch 8–10 Sch. uͤber
obige Beting hinaufarbeiten.
Zehn derselben aus dem Regiments Nerjke, die geschikte Maurer waren, machten einen
Contrakt, fuͤr 32 Sch. Bo. des Tages, mit Einschlusse ihres Soldes als
Maurermeister zu dienen, und die Arbeit zu leiten.
Zum Graben der Erde, Aufladen derselben etc., sind die Arbeiter in Gewerke (Schaklag) von 6 Koͤpfen getheilt, von welchen
Einer der Vormann (Schakman) ist, ohne uͤbrigens
weniger arbeiten zu duͤrfen, oder mehr Lohn zu bekommen. Diese Arbeit
geschieht bloß durch Soldaten, die 20 Sch. Bo. des Tages erhalten, und zuweilen sich
noch, wenn sie fleißig sind, 3 Sch. Rs. daruͤber verdienen
koͤnnen.
Die Ingenieurs berechneten, daß man als billigen Arbeitslohn fuͤr das
Ausgraben einer KubiktoiseWahrscheinlich einer schwedischen Kubikklafter.A. d. Ue. Erde, fuͤr das Aufladen derselben auf Wagen oder in Schubkarren, ohne
daß dieselbe weiter gefahren wird, 33 Sch. Rs. bezahlen muͤsse. Wenn nun ein
Gewerk von 6 Koͤpfen 32 Kubikklafter ausgraͤbt, so muß es 1056 Sch.
Rs. erhalten. Hierzu braucht es aber 8 4/5 Tagwerke, wenn man den Sold nur zu 20
Sch. Rs. des Tages fuͤr jeden Mann rechnet: der Sold des schwedischen
Soldaten betraͤgt naͤmlich 20 Sch. Rs.
Die 32 Kubikklafter muͤssen also von der Brigade in 8 4/5 Tagen ausgegraben
seyn. Wenn sie vor der Zeit damit fertig wird, so bekommt sie eine Zubuße, wo nicht,
so muß sie ohne Ersaz die Arbeit vollenden.
Unter diesen 6 Graͤbern muß einer den Wagen bis an den Ort seiner Bestimmung
begleiten, um ihn daselbst abzuleeren: dieser Dienst geschieht abwechselnd, und
dient dem Arbeiter zugleich als Erholung.
Das Verfahren der Erde auf dem Wagen wird mit 22 Sch. die Kubikklafter bezahlt, die
Entfernung mag was immer fuͤr eine seyn. Mit Schubkarren zahlt man
fuͤr die Kubikklafter 32 Sch. Bo. fuͤr eine Entfernung von 80 bis 100
Ellen.
Wenn die Entfernung uͤber 130 Ellen betraͤgt, kommt der Wagen
wohlfeiler.
Jeder Wagen faßt 1/8 Kubikklafter: der Wagen muß also 8 Mal fahren, um eine Kubikklafter an
den Ort ihrer Bestimmung zu bringen.
Im J. 1823 waren 30 Pferde zum Dienste der Wagen und eben so viele Fuhrknechte
beordert. Jeder Fuhrknecht vom Fuhrwesen erhielt außer seinem taͤglichen
Solde pr. 20 Sch. Rs. noch eine Zubuße von 6 Sch. Rs.
des Tages.
Das Futter der Pferde kam auf 1 Rs. Bo. taͤglich fuͤr jedes Pferd.
Die Gefangenen dienen als Handlanger und kommen nach der Arbeit in ihre Schuppe, vor
welcher des Nachts ein Militaͤrposten aufgestellt wird. An jeder der beiden
MoͤrtelmuͤhlenSie sind im IV. B. d. Annales de l'Industrie N. 3
und 4 beschrieben.A. d. O. arbeiten 6 Gefangene. Zwei derselben sind die Vormaͤnner, zu welchen
man diejenigen nimmt, die sich am besten betragen und am geschiktesten sind. Sie
erhalten taͤglich 12 Schill. Bo. Loͤhnung. Die uͤbrigen
erhalten 10 Schill. Bo., und wenn sie fleißig sind, noch eine Zubuße von 1 Schill.
Rs.
Die Gefangenen arbeiten beim Planiren und Abgleichen der Brustwehren unter Aufsicht
der Soldaten. Fuͤr diese Arbeit erhalten sie 10 Sch. Bo. des Tages, ohne alle
Zubuße.
Bekleidung der Brustwehren der Festung Vanas, um sie gegen
fruͤhen Verfall zu schuͤzen.
Die Festung Vanas liegt auf einer Erdzunge, die sich in
den See Wetern hinein erstrekt. Der Boden ist
aͤußerst sandig und es herrschen daselbst bestaͤndig aͤußerst
heftige Winde, so daß die Brustwehren sehr bald zerstoͤrt und folglich die
Waͤlle schlecht geschuͤzt seyn wuͤrden, wenn man nicht auf eine
Bekleidung derselben gedacht haͤtte, die aus einer Mischung von 7 Theilen
Pflanzenerde, 7 Theilen Duͤnger und 1 Theile gepuͤlverten Kalk
besteht, die man uͤberall Einen Fuß dik auftraͤgt.
Auf diese Bekleidung oder Erddeke baut man Gras sehr dicht an, und maͤht es
recht oft ab, um die Wurzeln zu vermehren und den Rasen so dicht zu machen, als
moͤglich, damit er den Sand gehoͤrig schuͤzt.
Diese Bekleidung wurde nicht sogleich aufgetragen. Man schlug sie erst auf Haufen,
die man der Luft zwei Jahre lang ausgesezt hat, und die dann erst umgekehrt und auf
die Brustwehre aufgetragen wurde.
Beschreibung der Wagen, die man in Schweden zum Verfahren der
Erde bei dem Planiren braucht.
Man hat zum Verfahren der Erde zweierlei Wagen vorgerichtet die einen werden von
ruͤkwaͤrts, die anderen von der Seite abgeleert.
Bei großen Planirungen sind diese beiden verschiedenen Arten von Wagen durchaus
nothwendig.
Die Erde wird auf den Ort ihrer Bestimmung mittelst sogenannter Apparelle (rampes) aus Holz geschafft, die unter Winkeln von 1/24
bis 1/32° geneigt und oben mit Geleisen belegt sind, so daß man eine Eisenbahn erhaͤlt.
Diese Apparelle dienen nur fuͤr einige Zeit, und werden nach der bequemsten
Richtung zur schnellen Vollendung der Arbeit angelegt. So fuͤhrte man sie zu
Vanas laͤngs der zu errichtenden Brustwehre
hin, und legte sie so an, daß sie mit ihrem Fuße an den Ort anstießen, wo die Erde
ausgegraben wurde.
Die Wagen bestehen aus zwei verschiedenen Theilen: aus der Truhe, die bei beiden
Arten von Wagen dieselbe ist, und aus dem Gestelle, das an beiden Wagen etwas von
einander abweicht.
Die Truhe hat die Form einer abgestuzten vierseitigen Pyramide, deren kleinere Basis
den Boden bildet. Sie haͤlt 1/8 Kubikklafter. Die Truhe, die von hinten
geleert wird, ist etwas breiter und weniger hoch, als an den Wagen, die von der
Seite geleert wird, faßt aber eben so viel.
Die Truhe dreht sich auf Zapfen, und kann sich unter einem Winkel von 45°
neigen: der bequemste zum vollkommenen Ausleeren, weil beim Auffuͤllen die
schwere Erde sich unter einer Neigung von 2/3, die mittlere unter einer Neigung von
1/1 die schwaͤchere unter einer Neigung von 1/2 sich haͤlt, wenn sie
aufgeschuͤttet werden.
Die Zapfen sind so gestellt, daß die Senkrechte, die durch den Mittelpunkt der
Schwere der Ladung gehl, wenigstens durch die Aufhaͤngepunkte der Truhe, und,
wo moͤglich vorne laͤuft, so daß der Mann, der die Truhe
stuͤrzen muß, nur eine geringe Kraftanstrengung noͤthig hat, um den
Wagen abzuladen.
Jeder Wagen wird von einem Pferde gezogen, welches ein Fuhrknecht besorgt, und von
einem Arbeiter begleitet, der den Wagen am Orte seiner Bestimmung ableeren muß.
Nachdem der Wagen abgeladen ist, spannt man das Pferd aus. Die Neigung der Apparelle
erlaubt den Wagen mit der Hand wieder bis an den Fuß derselben
zuruͤkzufuͤhren: nun wird das Pferd wieder angespannt, um den Wagen an
den Fuͤllungsplaz zuruͤkzufuͤhren.
Erklaͤrung der Figuren.
Wagen, der von ruͤkwaͤrts ausgeleert
wird.
Fig. 1. Taf.
IV. zeigt ihn von der Seite im Aufrisse.
Fig. 2. stellt
ihn im Aufrisse von ruͤkwaͤrts am Fallbrette dar.
Wagen, der von der Seite abgeleert wird.
Fig. 3. stellt
denselben im Aufrisse von ruͤkwaͤrts dar.
Fig. 4. ist
ein Seitenaufriß desselben.
Fig. 5 und
6. stellt
im Militaͤrperspective die Zapfen dar, um welche die Truhe sich dreht.
Die vier Raͤder sind gleich, aus Gußeisen, und halten 2 Fuß 2 Zoll im
Durchmesser. Das Geleise an jedem Wagen ist 4 Fuß 4 Zoll.
Die Truhe ist an den Wagen der ersten Art 1 Fuß 7 Zoll hoch; unten 4 Fuß 5 Zoll auf 3
Fuß 9 Zoll, oben 5 Fuß auf 4 Fuß 4 Zoll im Gevierte.
Au den Truhen der Wagen zweiter Art (es ist ein englisches Modell) ist dieselbe 1 Fuß
11 Zoll hoch; der Boden ist ein Vierek.
Jede Achse aus gehaͤmmertem Eisen wird von 2 Bolzen aa ' festgehalten, die durch dieselbe laufen, und
sie an einer hoͤlzernen Wand der Achse E, und in
der Naͤhe der Zapfen mittelst Buͤgel bb ' befestigen.
Das Gestell eines jeden Wagens fuͤhrt zwei Haken, NN
, wovon der eine zum Hinziehen des gefuͤllten
Wagens auf die Stelle, wo er ausgeleert werden muß, der andere zum
Zuruͤkfahren desselben dient.
Die beiden hoͤlzernen Waͤnde der Achse E
sind in einer schiefen Flaͤche cc' von
wenigstens 45° abgeschnitten. Auf diese schiefe Flaͤche sezt sich die
Truhe waͤhrend des Abladens, nachdem sie um ihre Zapfen, d, gedreht wurde.
An der Seite des Fallbrettes, f, welches man wegnehmen
kann, um der Ladung das Herausfallen zu gestatten, verlaͤngert sich der Boden
der Truhe bei H, wie Fig. 1 und 3. zeigen, damit die Erde
dort, wo sie ausgeleert werden muß, daruͤber herabgleiten kann, ohne auf die
Raͤder des Wagens und die Eisenbahn zu fallen.
Da zu Vanas der Boden hoͤchst sandig ist, hat man
an den Wagen, welche auf der Seite ausgeleert werden, bei M,
Fig. 3 und
4., ein
kleines Dach angebracht, um die Raͤder gegen den Sandregen zu
schuͤzen, welcher waͤhrend des Fahrens aus der Truhe
herabfaͤllt, und die Naben der Raͤder und die Zapfen der Achsen
schnell verdarb.
Das Fallbrett f wird oben mittelst zweier Schnallen oder
Schluͤssel und unten mittelst zweier Haken, K,
die am Boden der Truhe befestigt und nach vorne gekruͤmmt sind, fest
gehalten, damit man dasselbe nach dem Abladen wieder leichter an seine Stelle
bringen kann.
Um zu verhindern, daß die Truhe nicht waͤhrend des Fahrens umschlaͤgt
und sich ausleert, haͤlt man dieselbe mittelst einer kleinen bei
V angebrachten Vorrichtung auf dem Gestelle des Wagens
an der gegenuͤberstehenden Seite des Fallbrettes fest.
Die eisernen Stangen, P, welche senkrecht an den Seiten
des Fallbrettes angebracht sind, befestigen die Truhe noch mehr, und beugen dem
Auseinanderweichen der verschiedenen Theile derselben vor, die durch die
Stoͤße und Schlaͤge bei dem Abladen los werden koͤnnten.
Bei den Wagen, welche von ruͤkwaͤrts abgeladen werden, ist die Hintere
Achse von der vorderen 2 Fuß 7 Zoll weit entfernt; bei jenen, welche von der Seite
ausgeleert werden, 3 Fuß 7 Zoll.
Bei beiden Arten von Wagen faͤllt der Mittelpunkt der Schwere der Ladung
einige Zoll nach auswaͤrts, gegen das Fallbrett hin, von der Senkrechten weg,
die durch die Umdrehungsachse der Truhe laͤuft.
Beschreibung des Karrens zum Ziehen der Steine etc.
Fig. 8. zeigt
diesen Karren im Aufrisse von ruͤkwaͤrts.
Fig. 10. ist
derselbe im Grundrisse.
Die vier Raͤder sind aus Gußeisen, jedes aus Einem Stuͤke, von 18 1/3
Zoll im Durchmesser. Das Geleise ist dasselbe, wie an den Wagen: 4 Fuß 4 Zoll, damit
auch der Karren auf der Eisenbahn laufen kann.
Die Achsen sind aus gehaͤmmertem Eisen und von derselben Groͤße, wie an
den Wagen; jede ist an dem hoͤlzernen Achsbaume auf dieselbe Art befestigt,
naͤmlich: mittelst zweier Bolzen, nn', die durch
denselben laufen, und mittelst zweier Buͤgel, mm', die die Zapfen der Achse bei ihrem Anfange umfassen.
An jedem Achsbaume befindet sich ein Ring, P, der zum
Vorwaͤrtsziehen und zum Zuruͤkziehen des Karrens auf der Eisenbahn
dient.
Die Buͤhne des Wagens besteht aus 10 Balken, wovon jeder 7 1/2 Zoll breit, 5
Fuß 1 1/2, Zoll lang, und 4 Zoll dik ist.
Sie sind auf den beiden Laͤngebalken RR' des
Karrens mittelst vier Naͤgel befestigt.
Dieser Karren dient zum Fahren der Steine, des Moͤrtels etc., und wenn die
Raͤder niedriger sind, als an den Wagen, beinahe um 8 Zoll, so geschah dieß
um den Arbeitern das Aufladen zu erleichtern.
Fig. 11.
zeigt einen Durchschnitt nach XX', und stellt die
Weise dar, wie die eiserne Achse von dem Buͤgel m
umfaßt wird, und in das Holz eingelassen ist.
Fig. 12.
zeigt einen Durchschnitt nach YY' und stellt die
Weise dar, wie die eiserne Achse mit dem Achsbaume mittelst des Bolzens, n, der durch denselben laͤuft, verbunden ist,
zugleich mit der Art, wie der Ring P in dem
hoͤlzernen Achsbaume befestigt ist.
Naͤchstens werde ich die tragbaren Eisenbahnen beschreiben. Die Zeichnungen
der Wagen und Karren habe ich, wie sie hier sind, im Jahre 1823, als ich den
Festungsbau zu Vanas bereiste, entworfen.