Titel: | Ueber Verbesserung beim Gusse der Bleiblätter; von HHrn Voisin und Sohn. Bericht des Hrn. Payen. |
Fundstelle: | Band 36, Jahrgang 1830, Nr. XLI., S. 219 |
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XLI.
Ueber Verbesserung beim Gusse der
Bleiblaͤtter; von HHrn Voisin und Sohn. Bericht des Hrn. Payen.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement. Mai 1829. S. 170. im Bulletin d. Scienc. technol. N. 11.
S. 248.
(Im
Auszuge.)
Voisin, uͤber Verbesserung beim Gusse der
Bleiblaͤtter.
Der Bericht-Erstatter beginnt mit der aͤlteren Geschichte der
Verfertigung der Bleiblaͤtter, und beschreibt dann das Verfahren der HHrn.
Voisin.
Das Blei wird in Kesseln aus Gußeisen mit SteinkohlenHHrn. Voisin haben mit Vortheil Steinkohlen Statt
Holz und Holzkohlen genommen, wodurch eine bedeutende Ersparung bei den
Fabrikationskosten entsteht.A. d. O. geschmolzen; die Kessel fassen 1800 bis 2,500 Kilogramm Blei.
Diese Kessel befinden sich in der Naͤhe der hoͤchsten Theile der Model,
wovon zweierlei Arten hier gebraucht werden.
Ein Model bildet eine Art Tisches mit erhabenem Rande von 9 Meter 18 Centimeter
Laͤnge und 2 Meter 30 Centimeter Breite: außerhalb. Der Rand, oder die
Leisten, die denselben bilden, haben 36 Centimeter Hoͤhe, und 8 Centimeter
Dike: sie sind aus Eichenholz. Der Boden dieses Tisches, der aus Holz ist, liegt 14
Centimeter tiefer als der obere Rand dieser Leisten (bandes.)
In der Mitte der Laͤnge derselben sind zwei Stuͤzen aus Holz befestigt,
die in einem Bogen ausgeschnitten sind; diese Ausschnitte ruhen auf einem auf dem
Boden wohlbefestigten und zugerundeten Stuͤke Holzes, das als Achse dient.
Diese Vorrichtung ist nothwendig, um dem Tische den nach den verschiedenen
verlangten Diken der Bleiblatter nothwendigen verschiedenen Abhang zu geben. Dieser
Tisch ist mit einer Lage feuchten Sandes bedekt, die ungefaͤhr 4 Centimeter
Dike hat, und mittelst eiserner Rechen gleichfoͤrmig uͤber demselben
vertheilt wird. Hierauf nimmt man ein Brett, dessen Laͤnge die Breite des
Tisches um 28 Centimeter uͤbertrifft. Dieses Brett, das man die Kruͤke
(rable) nennt, ist 15 Centimeter breit, und an
seinen Enden so eingeschnitten, daß die 38 Centimeter, um welche es vorsteht, zwei
Griffe bilden, deren jeder 19 Centimeter haͤlt, und die zur Handhabung
desselben dienen. Die Theile der Griffe, die auf den Leisten ruhen, sind mit Eisen
beschlagen, und der Tisch reicht nur bis zur Hoͤhe, die der Sand haben muß,
in den Model.
Zwei Maͤnner nehmen nun die Kruͤke, und gleichen mittelst derselben den
Sand aus. Nachdem dieß geschehen ist, nimmt man ein anderes Brett von derselben
Form, das aber etwas tiefer hinabreicht, und das man den Klopfer (batteur) nennt. Mit diesem
Instrumente, das an seinem unteren Theile Einen Centimeter dik ist, klopft man nun
den Sand, indem man von dem hoͤchsten Theile anfaͤngt, und bei jedem
Schlage um die Haͤlfte der Dike des Klopfers nach abwaͤrts
fortschreitet, wobei man Acht gibt, daß die Griffe jedes Mal die Raͤnder
beruͤhren, damit der Sand regelmaͤßig geklopft wird. Hierauf schafft
man den uͤberfluͤssigen Sand bei Seite, welchen man mittelst der
Kruͤke wegbringen kann, indem man ihn mehrmals von oben nach abwaͤrts
herabfuͤhrt. Man ebnet den Sand hierauf noch weiter mit einer eisernen nicht
polirten Platte (platine), die 26 Centimeter lang und 21
breit ist. Endlich fuͤhrt man noch eine kupferne Platte uͤber
denselben, wodurch der Sand noch mehr vereinigt wird, und zulezt eine polirte
eiserne Platte, welche das Zurichten des Tisches endlich vollendet.
Nachdem der Tisch auf diese Weise vorgerichtet wurde, ist das Sandbett gleichweit von
dem oberen Theile der Leisten entfernt, welche vollkommen zugerichtet und gleich
hoch oder in derselben Ebene seyn muͤssen; denn sonst wuͤrde das Blei
alles auf eine Seite fließen.
Wann das Metall auf den gehoͤrigen Grad der Temperatur gebracht ist,
schoͤpfen zwei Maͤnner, jeder mit einem eisernen Loͤffel, das
Blei aus dem Kessel in eine Art Pfanne aus Eisenblech in Form eines großen Rumpfes,
der so breit ist, als der Model, und in einem eisernen Gestelle stekt, dessen
Vordertheil am Rande des Tisches auf Zapfen ruht. Die andere Wand haͤngt an einer Kette,
an deren Ende eine Leine befestigt ist, die sich auf einer Trommel aufrollt, welche
durch zwei an der Achse derselben befestigte Hebel in Umtrieb gesezt wird.
Wenn diese Pfanne mit Metall gefuͤllt ist, nimmt man von der
Oberflaͤche desselben mit einem eisernen Spatel das Oxyd weg, welches sich
auf derselben gebildet hat: zwei Maͤnner fassen die Hebel, zwei andere die
Pfanne, und gießen so das Blei aus, welches schnell nach abwaͤrts fließt, und
den Model der ganzen Breite nach bedekt; in demselben Augenblike nehmen die vier
Maͤnner, die die Pfanne ausgeleert haben, eine Art Kruͤke, die man den
Streicher (Suiveur)
nennt, welcher an jedem Ende mit einem Griffe in Form eines T versehen ist, dessen Doppelarm auf den Leisten gleitet. Der Raum, der
unter dem unteren Rande des Streichers bleibt, bestimmt die Dike, welche das
Bleiblatt bekommen soll. Der Streicher fuͤhrt zugleich das
uͤberfluͤssige Blei vor sich her in die Hoͤhlungen (die
sogenannten rejets). Dieses
uͤberschuͤssige Blei ist beinahe eben so schwer, als dasjenige,
welches das Bleiblatt bildet.Zu mehreren Arbeiten duͤrfen die Beken oder Kessel gar nicht
geloͤthet werden. Reinheit des Bleies ist in diesem Falle von hoher
Wichtigkeit, indem das Metall der Einwirkung der Saͤure besser
widersteht. In dieser Hinsicht ist es oft gut, die moͤglich
groͤßte Breite zu haben, und um diese zu erhalten, laͤßt man
zuweilen die Art Sahlleisten oder Schmuzbaͤnder daran stehen.A. d. O.
Kaum ist diese Arbeit geschehen, als das Blatt bereits fest genug geworden ist um
abgenommen werden zu koͤnnen: es ist bereits um 2 Centimeter in der Breite
und um 5 in der Laͤnge eingegangen, und geht waͤhrend der
uͤbrigen Abkuͤhlung noch immer mehr ein.
Man nimmt nun zu jeder Seite einen Streif von 8 Centimeter Breite, und am Kopfe einen
von 30 Centimeter weg, so daß das Bleiblatt nun gar keinen Fehler mehr hat, und in
den Handel gebracht werden kann. Wann das erste Blatt abgenommen ist, richtet man
den Model zum Gusse eines zweiten vor, so daß man des Tages 6 Blaͤtter von
wenigstens zwei Millimeter Dike gießen kann.
Die andere Art Models zum Gusse der Blaͤtter von zwei Millimeter Dike und
darunter ist der Steinmodel (moule
en pierre).
Der Stein, der das Sandbett ersezt, ist sehr muͤrbe; aber von
gleichfoͤrmigem Korne. Seine Dike betraͤgt ungefaͤhr 22
Centimeter, seine Laͤnge 7 Meter 22 Centimeter, und seine Breite 1 Meter 87
Centimeter. An seinen Raͤndern sind hoͤlzerne Leisten von 10
Centimetern im Gevierte.
Die Bleiblaͤtter werden auf demselben auf folgende Weise gegossen. Das Blei
wird auf dieselbe Weise, wie bei dem Sandbette geschmolzen; Statt daß man es aber in eine
Pfanne gießt, wird es in einem hoͤlzernen Rahmen aufgenommen, der auf der
hoͤchsten Stelle des Steines steht, und nach und nach bis zu dem anderen Ende
herabgelassen wird. In der Entfernung von 1 Meter laͤuft der Streicher,
dessen unterer Rand so weit von dem Steine absteht, als die Dike des Bleiblattes es
fordert. Der uͤbrige Theil der Arbeit geschieht auf dieselbe Weise, wie bei
dem Gusse auf das Sandbett.
Der Stein hat vor dem Sandbette den Vortheil, daß er immer zur Aufnahme des neuen
Metalles bereit ist, so daß man drei Mal so viel Blaͤtter, als auf dem Sande
gießen kann, aber nur von Einer Linie (2,25 Millimeter) Dike und darunter bis auf
eine halbe Linie (1,22 Millimeter). Die Geschwindigkeit, mit welcher hier gearbeitet
werden kann, ist die Hauptursache, warum der Preis fuͤr duͤnne und
fuͤr dike Blaͤtter gleich ist: ein Resultat, welches man bei
Strekwerken nicht erlangt haͤtte, weil auf denselben duͤnne
Blaͤtter oͤfter durch die Walzen, muͤssen, als dike, wenn nicht
die Concurrenz mit gegossenen Bleiblaͤttern (plomb coulé) den regelmaͤßigen Preis bei
allen Diken hergestellt haͤtte.
Die HHrn. Voisin verfertigen einen Kitt zur
Zusammenfuͤgung der verschiedenen Steine, aus welchen ihr Model besteht, so
daß dieser aus Einem Stuͤke zu bestehen scheint, und dieselben Resultate
gibt.
Alle Bleiblaͤtter, welche wir in den Magazinen gesehen haben, waren vollkommen
eben und von gleicher Dike. Ein Theil derselben wurde in. unserer Gegenwart
gegossen, und die meisten sind vollkommen gelungen. Nur einige erhielten Blasen oder
andere Maͤngel, die aber von geringer Bedeutung waren, weil man den
uͤbrigen gesunden Theil zu verschiedenen anderen Zweken brauchen konnte. Die
HHrn. Voisin sind der Meinung, daß die
Veraͤnderungen in der Atmosphaͤre auf diese Zufaͤlligkeiten
Einfluß haben. Vielleicht ist diese Meinung gegruͤndet; vielleicht
koͤnnten auch ihre Verfahrungsweisen noch verbessert werden; so ließen sich
z.B. einige mechanische Vorrichtungen zu diesem Ende mit allem Nuzen anbringen. Der
gute Geist, von welchem die Unternehmer beseelt sind, wird sie ohne Zweifel alles
ergreifen lassen, was dienlich und auch nur ausfuͤhrbar ist. Wir glauben
uͤbrigens, daß es nicht ohne Nuzen seyn wuͤrde, wenn die Société einen Concurs veranlaßte, um
dieser Fabrikation alle Vervollkommnung zu gewaͤhren, deren sie noch
faͤhig seyn kann.
Wir haben bemerkt, daß die auf Stein gegossenen Blaͤtter graulich weiß waren,
waͤhrend jene auf dem feuchten Sande schwaͤrzlich sind.
Dieß gab zu der Sage Veranlassung, daß das auf Stein gegossene Blei nicht rein war.
Diese Sage ist aber durchaus ungegruͤndet, indem man in unserer Gegenwart aus
demselben Bleie auf Sand und auf Stein goß, und die erwaͤhnten Nuͤancen
erhielt: die Feuchtigkeit allein ist die Ursache dieser Verschiedenheit. Die
Bleiarbeiten der HHrn. Voisin scheinen uns
uͤberhaupt, in jeder Hinsicht, den Namen verbesserter (perfectionnés) Bleiarbeiten zu verdienen, welche diese Herren ihnen
beilegten. Ein Beweis, daß ihre Fabrik die Gunst des Publikums genießt, ist der
Umstand, daß sie jaͤhrlich 800,000 Kilogramm (16,000 Ztr.) Blei verbraucht
und als Bleiblaͤtter in den Handel bringt. Von der Dehnbarkeit dieser
Bleiblaͤtter kann man sich uͤberzeugen, wenn man sie unter die
Strekwalzen bringt.
Die HHrn. Voisin haben uns eine Menge Briefe vorgelegt,
welche die Guͤte ihrer Waaren und den Vorzug, den ihre Correspondenten
denselben vor allen uͤbrigen im Handel vorkommenden aͤhnlichen Waaren
geben, beurkunden. Einer von uns, der sich derselben gleichfalls bei Erzeugung der
Schwefelsaͤure im Großen und zu anderen chemischen Arbeiten bedient, hat
diese Thatsachen zu wuͤrdigen gewußt.
Er hat sich durch Analyse uͤberzeugt, daß die gegossenen Bleiblaͤtter
der HHrn. Voisin so reines Blei sind, als das beste
spanische nur immer seyn kann. Englisches Blei kommt sowohl zu gegossenen, als zu
gewalzten Bleiblaͤttern zu theuer.Wenn aus diesen Bleiblaͤttern Roͤhren verfertigt werden sollen,
so, scheint uns das englische Verfahren, Bleiroͤhren ohne
Loͤthung zu verfertigen, zwekmaͤßiger. Die Fabrik der HHrn.
Voisin mag uͤbrigens auch noch so
schoͤne Waaren liefern, so bedauern wir die Arbeiter in derselben die
ihre Gesundheit und auch ihr Leben in ihr hinopfern. Das Streken in den
Walzen, obschon es nicht so gefaͤhrlich fuͤr die Gesundheit
ist, hat noch immer Gefaͤhrlichkeiten genug, die uns den Wunsch nicht
unterdruͤken lassen, daß die bei denselben, so wie uͤberall,
notwendige Concurrenz nicht auf Kosten von Gesundheit und Leben erhalten
werden moͤchte. Wir koͤnnen nicht umhin unsere Leser auf die
dringende Notwendigkeit aufmerksam zu machen, das Blei uͤberall, wo
es nur immer moͤglich ist, zu beseitigen. Moͤchte man nie
vergessen, was ein Mann sagte, der es mit den Menschen besser meinte, als
diese, mit ihm: „das Blei ist im Frieden weit
gefaͤhrlicher, als im Kriege; es toͤdtet im Frieden noch
weit mehr Menschen, als im Kriege.“
A. d. Ue.