Titel: Ueber die wahre Methode der Bereitung des Sauerteiges zu dem berühmten Debrecziner Weizenbrote.
Autor: Georg Karl Rumy
Fundstelle: Band 36, Jahrgang 1830, Nr. XCIV., S. 465
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XCIV. Ueber die wahre Methode der Bereitung des Sauerteiges zu dem beruͤhmten Debrecziner Weizenbrote.Die Redaction hat dem Mitarbeiter, welcher ihr den Artikel uͤber den Debrecziner Prof. Rumy zugesandt, und dieser hat einige Noten beigeschrieben, die der gelehrte Hr. Professor nicht unguͤtig aufnehmen wird. Wir haben im zweiten Aprilhefte unseres Polytechn. Journales S. 114. einen (uns sehr schaͤzbaren) Aufsaz eines ehemaligen Baͤkermeisters zu Wien uͤber den Debrecziner Sauerteig mitgetheilt, der unsere fruͤhere Notiz uͤber denselben im Polytechn. Journ. erstes Jaͤnnerheft S. 66. theils bestaͤtigt, theils berichtigt. Eben dieß ist der Fall mit der gegenwaͤrtigen Mittheilung des gelehrten Hrn. Professors. Wir glauben, daß man dem Brote, so viel auch der edle unsterbliche Parmentier fuͤr die Verbesserung desselben that, noch nicht jene Aufmerksamkeit schenkte, die es, als erster und vorzuͤglichster Nahrungsartikel aller europaͤischen Voͤlkerstaͤmme (mit Ausnahme der im hoͤchsten Norden wohnenden) in so mannigfaltiger Ruͤksicht verdient. Wir scheinen alle vergessen zu haben, daß Lingnet schon vor 60 Jahren erwiesen hat, daß Tausende und Tausende jaͤhrlich bloß durch den Genuß von schlechtem Brote (saurem naͤmlich, nicht gehoͤrig gegohrenem, nicht gehoͤrig gebakenem, schimmeligem, selbst wenn es aus dem besten Mehle ist) vor der Zeit dahin sterben Brot ist, nach Luft und Wasser, das erste und Wichtigste Lebensbeduͤrfniß. Die Herren Schreiber, die mit der Aufsicht auf das Brot beschaͤftigt sind, bedenken nicht, daß der Buͤrger und Bauer eben so nothwendig ein gesundes, nahrhaftes Brot haben muß, wenn er leben, d.h. arbeiten und dafuͤr Steuern bezahlen soll, als sie ihre muͤrben Brezchen und Wekchen zum Fruͤhstuͤke, ihre Mundsemmeln zum Mittags- und Abendtische haben muͤssen, wenn sie leben, d.h. muͤssig gehen und nichts arbeiten sollen. Ihre Aufsicht beschraͤnkt sich hoͤchstens auf den unseligen Brotsaz: sie bestimmen, zum Nachtheile des Publikums und des Baͤkers zugleich, die Quantitaͤt, nicht aber die Qualitaͤt. Das Militaͤr ist beinahe der einzige Stand eines jeden Landes, in welchem (weil beinahe allein in diesem Stande strenge und puͤnktliche Ordnung ist, und Maͤnner, keine Federnfuchser, die Aufsicht in demselben fuͤhren) fuͤr gutes und gesundes Brot gesorgt wird Selbst in diesem ehrenwerthen Stande koͤnnte das Brot noch besser und gesuͤnder und wohlfeiler seyn, wenn nicht die Schreiberzunft, unter welcher leider auch die Volksbildungsanstalten, die Unterrichtsanstalten stehen, die physischen und mathematischen Wissenschaften absichtlich unterdruͤkte, damit ihr Geld zur Maͤstung der Lehrer der Leute ihrer Kaste uͤbrig bleibt.A. d. R. Eingesendet von Dr. Georg Karl Rumy, Rumy, uͤber Bereitung des Debrecziner Sauerteiges. Professor der ungarischen Rechte und Custos der Primatial-Bibliothek zu Gran in Ungarn, ehemals Professor der Oekonomie, Guͤterverwaltungslehre, Technologie, Chemie, Physiologie und oͤkonomisch-technologischen Naturgeschichte in dem landwirthschaftlichen Institute Georgikon zu Keßthely in Ungarn. An den Herausgeber des polytechnischen Journales. Ew. Wohlgeboren wuͤnschen in Ihrem, auch in meinem Vaterlande nach Verdienst geschaͤzten, wahrhaft gemeinnuͤzigen polytechnischem Journal, Januar 1830. S. 66., bei Gelegenheit der Mittheilung uͤber die Bereitung des ganz eigenthuͤmlichen Ferments zu dem beruͤhmten Debrecziner Weizenbrote aus dem Industriel belge, dem Journal des connaissances usuelles und dem Bulletin des sciences technologiques (Ihre Mittheilung wurde auch in ungarische Zeitschriften, namentlich in die Ofner gemeinnuͤzigen Blaͤtter, in die Ofner Handlungszeitung fuͤr Ungarn Nr. 15. und in die Pesther Biene Nr. 13., und zwar mit Angabe der Quelle, aufgenommen), „daß irgend ein achtbarer Buͤrger des ungarischen Athen (fuͤr welches Debreczin mit Recht gilt, denn es sind und waren an dem dortigen LyceumRichtiger Collegium, denn die Reformirten in Ungarn und Siebenbuͤrgen nennen ihre Hochschulen, die fuͤglich mit Akademien und Universitaͤten verglichen werden koͤnnen, da in ihnen Philosophie, die mathematischen, physikalischen, historischen, philologischen, theologischen Wissenschaften, die Politik und die vaterlaͤndischen Rechte docirt werden, nach dem Beispiel der Englaͤnder, Collegien.R–y. immer ausgezeichnete Gelehrte) eine bessere und die wahre Methode angeben moͤchte, nach welcher der Sauerteig zu dem koͤstlichen Debrecziner Brote bereitet wird,“ und fuͤgen sehr schmeichelhaftOhne alle Schmeichelei, mein Hr. Professor. Der Mitarbeiter, der den Artikel uͤber Debrecziner Sauerteig in das Jaͤnnerheft einschikte, ist ein Bayer, ein Alt-Bayer, ein grober Boar, und folglich zu jeder Schmeichelei von Mutterleib aus unfaͤhig. Wenn der Bayer etwas lobt, so geht sein Lob von Herzen aus, weil er in diesem das als gut fuͤhlt, was er lobt: und wenn er etwas tadelt, so spricht er aus freier Brust und scheuet Niemanden. Da man nun dieß in der feinen Welt grob seyn nennt, und da es, vorzuͤglich in der feinen Welt, vieles zu tadeln gibt, so hat der Bayer sich das Epithetum des Groben so allgemein erworben, wie die feinen Griechen das des Falschen: von den goldenen Zeiten der lezteren an bis auf den heutigen Tag ist graeca fides die Aufschrift des griechischen Wappenschildes geblieben, und selbst die edleren unter den alten Griechen, die Zeitgenossen des Aristoteles, sangen laut von ihren lieben Landsleuten: „ἀει ψεῦδες, κακοδαιμονες, γαζἐρες ἀργαι.“ Ein Bayer wird nie schmeicheln, aus dem natuͤrlichen Grunde, weil er es nicht kann, und wahrscheinlich ist es diese Ungeschiklichkeit, die den Bayer auch bei dem Ungar etwas gelten laͤßt, obschon er ein foto, Nimeth ist. Wenigstens lernten wir mehrere edle Magyaren kennen, die den geraden Bayer lieber in ihrer Nahe haben, als den kriechenden, schleichenden Razen. Der Ungar kann auch nicht kriechen, so wie der Bayer es nicht kann.A d. M. (aber zugleich mit vollem Rechte) fuͤr mein Vaterland und meine Landsleute hinzu: „die europaͤische Industrie koͤnnte noch manches aus der ungarischen lernen, die man, so wie das edle ungarische Volk selbst, in Europa noch zu wenig kennt, und nicht nach voller Wuͤrde zu schaͤzen weiß.“ (Leider!)Leider machen sich die sonst so sprachlustigen Deutschen, die ganz kosmopolitisch das Gute, Gemeinnuͤzige, Schoͤne und bewahrte Neue von jeder Nation, bei der sie es finden, dankbar annehmen und sich aneignen, mit der magyarischen Sprache (und doch ist diese sonor, wie die spanische, stark und energisch, wie die deutsche und englische, feierlich, imponirend und majestaͤtisch, wie die lateinische, anmuthig und leicht, wie die griechische und franzoͤsische, suͤß im Gesang, wie die italienische) und Literatur nicht vertraut, und doch wuͤrden sie nicht nur in der lyrischen, epischen und dramatischen Poesie der Magyaren zur Uebertragung in's Deutsche so viel werthvolle Ausbeute finden, als in der spanischen,Alle Achtung vor der Literatur der Spanier im Osten von Europa (wir meinen naͤmlich hier die Magyar Ember. die so viele, viele Aehnlichkeit mit den Spaniern besizen, und die, wie diese, Jahrhunderte lang mit und unter den Orientalen lebten); indessen wird uns der Hr. Professor erlauben, daß die spanische Literatur der ungarischen weit voraus steht nicht bloß in Anciennitaͤt, sondern auch im Umfange und in der Masse, wenn wir ihm auch gern zugeben, daß, in Hinsicht auf Gehalt, viele, sehr viel, Werke ungarischer Gelehrten und Dichter mit den besten Werken der spanischen Literatur auf der Goldwage der Kritik gewogen gleich schwer wie, gen. Das heutige Europa kennt das alte Spanien, seine Literatur, seinen Einfluß auf die heutige Bildung aller Laͤnder Europens zu wenig; es hat vergessen, daß Deutschland sammt den Niederlanden und Italien einst spanische Provinzen waren; es hat vergessen, daß Spanien, welches die Araber so weise und so gluͤklich Jahrhunderte lang beherrschten, deren Kalifen alle Schaͤze des klassischen Alterthumes, der Griechen wie der Lateiner, in ihren Bibliotheken, freilich nur in arabischen Uebersezungen, sammeln ließen,*) im Lichtglanze aller Wissenschaften und Kuͤnste strahlte, waͤhrend ganz Europa noch in gothischer und roͤmischer Finsterniß begraben lag; daß die Fuͤrsten, die Koͤnige und Kaiser, die Paͤpste selbst, ihre Leibaͤrzte (meistens arabische Juden) aus Spanien kommen ließen, da alle ihre Moͤnchskloͤster sammt der Scola Salernitana ihnen nur Leute lieferten, die wohl fuͤr das Heil ihrer Seele, aber nicht fuͤr das ihres Koͤrpers zu sorgen wußten; daß eben diese Fuͤrsten etc. ihre Baumeister, ihre Geometer, ihre Astronomen, ihre Juweliere und Goldarbeiter, ihre Waffenschmiede, Faͤrber, Gerber etc. aus Spanien von den Mauren kommen ließen; daß, als die armen, hochgebildeten Saracenen und Mauren nach und nach der ungeheueren Masse der brutalen Menge, die, raubbegierig, uͤber sie herfiel, weichen mußten,Mauria capta ferum victorem cepit et artes* ) Intulit agresti Europae;daß, ferner, Italien, aus welchem so viele glauben, daß das Licht der Welt ausgegangen sey, weil es die ersten Universitaͤten hatte, seinen literarischen Impuls durch die spanischen Paͤpste, Cardinaͤle, Juris Consulti etc. erhielt (man sehe wie dankbar die heutigen Gelehrten Italiens in der Biblioteca italiana bei jeder Gelegenheit auf Spanien, als die Wiege ihrer Cultur, uns Undankbare hinweisen, denen Alles, was wir vergessen haben oder noch nicht kennen, spanisch vorkommt); daß kein Fach des menschlichen Wissens, vor der sogenannten Restauration der Wissenschaften, in der Literargeschichte vorkommt, in welcher nicht der Name eines spanischen Mauren oder Christen oben an stuͤnde; daß Spanien, bis zur Einfuͤhrung der Jesuiten, auch als ganz christliches Spanien, noch immer Koryphaͤen in jedem Fache des menschlichen Wissens hatte, und selbst in den schoͤnen Kuͤnsten (die spanische Schule in der Malerei); daß die heutige Taktik in allen ihren Zweigen spanischen Ursprunges ist, und Spuren der Regierung Karls V. sich noch heute zu Tage in den Werkstaͤtten der Schuster so gut, als auf der Lehrkanzeln der Universitaͤten in Valsalva und der hochnothpeinlichen Halsgerichtsordnung, und selbst in der Etiquette aller Hoͤfe finden: denn das Wort Etiquèta selbst ist spanischen Ursprunges, (und es ist uͤberhaupt in der ganzen Welt wirklich mehr spanisch, als auch demjenigen spanisch vorkommt, der nicht uͤberall spanische Schloͤsser siebt); daß der alte, selbst den Roͤmern furchtbare, große, erhabene spanische Geist selbst noch unter den ausgearteten Nachkommen Karls in den Fesseln der Jesuiten, fortstrebte unaufhaltbar zu Allem Schoͤnen und Großen; daß, selbst nachdem die Bourbons den legitimen Thronerben Spaniens zugleich mit der alten spanischen Sitte und mit dem alten spanischen Geiste- auf eine gute Art, wie es in der bourbonischen Sprache heißt- aus der Welt zu schaffen wußten, in den neuesten Zeiten noch Spanier uͤbrig blieben, die, fuͤr ihr Vaterland, dem großen Manne gegen uͤber im Kampfe zu sterben, und was noch mehr ist, dem kleinsten Manne der Halbinsel gegenuͤber, auf jenem Eylande, das sie retten halfen, vor Hunger zu verschmachten wissen. Matthias Corvinus hatte allerdings einige Jahrzehende fruͤher als Karl V. Europa mit dem Glanze seiner unsterblichen Groͤße erleuchtet, und die undankbare Nachwelt hat zu fruͤhe vergessen, wie viel sie ihm an ihrer heutigen Bildung schuldet: allein, das Schiksal, das das Leben eines leuchtenden Johanniswuͤrmchens mit derselben Gleichguͤltigkeit zu beherrschen scheint, mit welcher es uͤber die Leuchtsterne der Menschheit waltet, ließ den Stern des Hunyader nicht so lang in der Nacht der Nachwelt leuchten, als jenen Karls. Geschichte, Erdbeschreibung, Statistik ist in der spanischen Literatur mehr bearbeitet, als man glaubt; selbst Naturgeschichte, Physik, Oekonomie, Technologie und besonders angewandte Mathematik in allen Theilen: der Hr. Professor beliebe nur die Ocios espagnoles. die die armen exitirten Spanier zu London herausgeben, und die jeder Menschenfreund sich halten sollte, um das Elend dieser ungluͤklichen hochverdienten Maͤnner lindern zu helfen, nachzusehen, und er wird sich von der Wahrheit unserer Bemerkungen uͤberzeugen. Spanien wuͤrde durch Sennor Don Lagasca eine Flora erhalten haben, wie kein anderes Land eine aufzuweisen haͤtte; er schmachtet jezt zu London mit hundert anderen eben so geistreichen Maͤnnern, wie er selbst ist.Allerdings hat Hr. Prof. Rumy sehr Recht, wenn er den Deutschen, ungeachtet ihrer „Sprachlustigkeit,“ die er billig anerkennt, vorwirft, das; sie die ungarische Sprache und Literatur zu sehr vernachlaͤssigen; sie wuͤrde ihnen viele Belehrung und hohen Genuß verschaffen. Der junge Mann, der orientalische Sprachen erlernen will, wuͤrde in Erlernung der ungarischen eine Vorschule, eine wahre Propaͤdeutik zu denselben finden; denn das Schema der Magyaren-Sprache ist beinahe ganz orientalisch. Er haͤtte ferner den Vortheil, daß er sich mir einem hoͤchst edlen Volke, das jeder Ehrenmann hochachten, jeder gute Mensch lieben muß wegen der Vortrefflichkeit seines Charakters, muͤndlich unterhalten koͤnnte, wenn sein Schiksal ihm das Gluͤk zugedacht hat unter dasselbe zu kommen. Allein, so sprachlustig wir Deutsche auch sind, und so sprechlustig noch weit mehrere unter uns sind, so vernachlaͤssigen wir doch auf eine straͤfliche Weise die Erlernung der Sprachen unserer naͤchsten Nachbarn, und berauben uns muthwillig der nicht zu berechnenden Vortheile, die wir davon haben wuͤrden, wenn wir mit unseren lieben guten Nachbarn sprechen koͤnnten. Wir entwuͤrdigen uns selbst. Wenn der Ungar aus einem guten Hause nach Wien in ein gutes Haus kommt, so sprich: er so gut deutsch, wie der Wiener, so gut wie dieser, franzoͤsisch, italiaͤnisch, englisch, und, mit Erlaubniß der sehr ehrenwerthen Wiener, er spricht alle diese Sprachen noch besser, reiner, wie sie. Seine vieltoͤnige Sprache hat seine Zunge gebrochen, und er articulirt alle Doppellauter und Mitlauter der Auslaͤnder mit einer Reinheit und Praͤcision, die dem Londoner und Pariser Bewunderung abnoͤthigt. Nirgendwo in der Welt, selbst nicht zu Meißen und Dresden, wird die deutsche Sprache so rein und schoͤn gesprochen, als dort, wo man es am wenigsten vermuthen sollte, dicht an der tuͤrkischen Grenze, in Siebenbuͤrgen: der Siebenbuͤrger, der immer auch ungarisch und walachisch spricht, hat seine Zunge brechen gelernt, und articulirt jeden Buchstaben genau. Wir wollen nun fragen: wer ist der Gebildeter: der Ungar und Siebenbuͤrger. der alle die Sprachen spricht, welche der Wiener spricht, und der sie sogar noch besser spricht, der noch uͤberdieß sein schoͤnes Ungarisch als Muttersprache spricht, und vielleicht auch noch slavisch, und durch diese leztere Sprache auch alle Werke der Polen und Russen benuͤzen kann; oder der Wiener, der sein Wiener-Deutsch, sein Wiener-Franzoͤsisch etc. spricht, und seinen lieben Nachbar, der nur 7 Stunden weit von ihm wohnt, nicht versteht? Der gebildete Ungar liest Alles, was alle Deutsche von der Zeit an, als sie Deutsch schreiben lernten, bis jezt geschrieben haben; warum soll fuͤr seinen deutschen Nachbar der Schaz der Kenntnisse, den die ungarische Nation sich seit den Jahrhunderten, in welchen sie mit so vieler Ehre bestand, erworben hat, warum sollen die Ideen der geistreichen Maͤnner, die Bilder der Genies dieser Nation fuͤr ihn unzugaͤngig und verloren seyn? Es waͤre sehr zu wuͤnschen, daß die Erziehung der Deutschen (wenigstens in Oesterreich) der Erziehung der Ungarn gleich gestellt wuͤrde, und daß, so wie der Ungar Deutsch lernt, so der Deutsche Ungarisch lernte. Wert groͤßer vielleicht, als in literarischer Hinsicht, waͤre der Nuzen fuͤr das buͤrgerliche Leben. Der deutsche Geschaͤftsmann, der Geschaͤfte in Ungarn hat, wird dieselben mit weit groͤßerem Vortheile betreiben, wenn er ungarisch kann, als wenn er sich eines Dragomanen, eines Dolmetschers bedienen muß, und Ungarn hat Schaͤze auf der einen und Beduͤrfnisse auf der anderen Seite genug, die es der Muͤhe werth machen, in diesem Lande Geschaͤfte zu treiben. Kaiser Joseph, unsterblichen Andenkens, befahl, daß, da bei den oͤsterreichischen Regimentern so viele Boͤhmen und Polen sind, die kein Deutsch verstehen, jeder Cadett im Cadettenhause, als der Pflanzschule kuͤnftiger Officiere, boͤhmisch lernen sollte, damit er mit seinem Manne sprechen koͤnne. Dieß war, so viel wir wissen, der Rath seines treuen Freundes, des vortrefflichen Boͤhmen, Grafens Kinsky. Wuͤrde der Kaiser laͤnger gelebt, und die bloß durch den Clerus gegen ihn aufgereizten Ungarn endlich besaͤnftigt haben, er wuͤrde seine Cadetten sicher auch haben ungarisch lernen lassen, so wie er mit der Idee umging, daß alle seine Beamten boͤhmisch, polnisch und ungarisch lernen sollten. Er hatte sich fruͤhe uͤberzeugt, daß es mit dem Germanisiren der Slaven und Magyaren ewig nicht gelingen wird; die Deutschen, die unter diese Voͤlker kommen, vergessen ehe ihr Deutsch, als daß jene von ihnen Deutsch lernen, und die Kinder der Deutschen verlernen oͤfters schon in der ersten Generation in Polen, Boͤhmen und Ungarn ihre deutsche Muttersprache, wenn die Kindsmaͤgde Polinnen, Boͤhminnen oder Ungarinnen sind. Wenn in den unteren Schulen mehr auf lebende Sprachen, als auf Griechisch und Latein Ruͤksicht genommen wuͤrde, das nur fuͤr Gelehrte nothwendig ist, so wuͤrde nicht bloß mehr Lebendigkeit in das Leben gebracht werden; sondern die Voͤlker wuͤrden sich auch gegenseitig mehr achten und lieben lernen. So, wie es gegenwaͤrtig ist, stehen sie sich wie Stumme einander gegenuͤber, und verstaͤndigen sich leider nur zu oft durch Stoͤße. Sieht es doch sogar jezt das unmoͤgliche Ministerium in Frankreich mitten in der Nacht der Congregation ein, daß es sich mit seinen Nachbarn verstaͤndigen muͤsse, und befiehlt, daß auf allen Gymnasien in Frankreich Deutsch und Englisch gelehrt werde!*) Jeder Literator weiß, daß wir manches Buch und manches Bruchstuͤk eines Buches der griechischen und roͤmischen classischen Literatur nur aus Uebersezungen arabischer Handschriften in spanischen Bibliotheken kennen gelernt haben; jeder Literator weiß, daß Tausende und Tausende arabischer Handschriften in den Bibliotheken der Staͤdte, Universitaͤten und Kloͤster Spaniens vergraben liegen, und mit jeder Stunde mehr und mehr von Motten und Moder zerfressen werden (wie viel enthaͤlt nicht das Escurial allein von diesen Schaͤzen!); jeder Mensch, der sich um die Fortschritte des menschlichen Geistes kuͤmmert, weiß, daß Hundert-Tausende arabischer Manuscripte in Spanien bei und nach Vertreibung der Araber (Saracenen, Mauren) verbrannt wurden, und das; man heute zu Tage noch, wie zur Zeit der Einfuͤhrung der Inquisition, in Spanien alles ehe erhaͤlt, als Zutritt zu diesen „Werken des Teufels und der Hoͤlle!“ (obras del xefe de los Demonios y dei infierno.)A. d. M.*) Diese Artes waren allerdings nicht die beaux arts et belles lettres, die schoͤnen Kuͤnste, auf welche der Araber, wie der Ungar, nicht den hoͤchsten Werth legt: denn dem Araber, wie dem Ungar, ist nichts schoͤn, was nicht wahr ist (rien n'est beau que le vrai, le vrai seul est aimable); es waren aber die nuͤzlichen Kuͤnste und Wissenschaften die Landwirthschaft in allen ihren Zweigen; die Mathematik, reine und angewandte, in ihren feinsten Zeraͤstlungen; Physik, Chemie, und die auf alle diese sich gruͤndende Technologie.A. d. M. sondern auch vorzuͤglich im Fache der Geschichte, Erdbeschreibung, Statistik Ungarns und dessen Nebenlaͤnder, in der Naturgeschichte, Physik, Oekonomie, Technologie, angewandten Mathematik (besonders Mechanik, Architectur, Hydraulik und Hydrotechnik), Medicin, Philologie, Jurisprudenz und Staatswissenschaften, ja selbst in der Theorie der schoͤnen Kuͤnste, in der Philosophie und Theologie viel Neues lernen koͤnnen (in jedem Fall mehr als aus der spanischen und portugiesischen Literatur in diesen Faͤchern). Mehr Gerechtigkeit lassen der magyarischen Sprache und Literatur jezt die Englaͤnder wiederfahren, wie man aus dem neuen trefflichen Werk von John Bowring in London Poetry of the Magyars, preceded by a sketch of the language and literature of Hungary and Transylvania. By John Bowring. London 1830 (es ist dem kais. oͤsterreichischen Gesandten am großbritannischen Hofe, dem Fuͤrsten Paul Eszterházy gewidmet, und unter den vielen angesehenen Praͤnumeranten in England findet man auch die Namen der englischen beruͤhmten Dichter Thomas Moore und Walter Scott) ersehen kann. Auch die Franzosen benuzen bereits die magyarischen Zeitschriften fuͤr ihre Journale, was die Deutschen noch nicht thun. Der erwaͤhnte Englaͤnder John Bowring wurde auf den Werth der magyarischen Literatur durch die Uebersezung einiger magyarischen lyrischen Gedichte, die ihm vor einigen Jahren in die Haͤnde fielen, aufmerksam, und beschloß die magyarische Sprache zu lernen und sich mit der magyarischen Dichtkunst vertraut zu machen. Er wandte sich an einen gelehrten Freund in Wien (den kais. Bibliotheks-Custos Kopitar), ihm Jemanden anzurathen, durch den er die literarischen Huͤlfsmittel erhalten koͤnnte. Dieser verwies ihn an mich. Ich verschaffte ihm nun vor drei Jahren magyarische Grammatiken, Woͤrterbuͤcher, die Werke der vorzuͤglichsten magyarischen Dichter u.s.w., und die Frucht seines Studiums der magyarischen Sprache und Literatur ist jenes Werk.R–y. – Ich hoffte bisher, daß einer der Buͤrger dieses „ungarischen Athens“ Erlauben Sie, daß ich en passant, sine ira et studio, bemerke, daß das Praͤdicat „ungarisches Athen“ fuͤr die gute Stadt Debreczin nicht recht paßt. Abgesehen davon, daß die in einer beinahe wasserlosen Ebene liegende offene Stadt Debreczin mit dem alten und heutigen Athen, das eine auf einer Anhoͤhe liegende Burg (die Akropolis) und einen beruͤhmten Hafen hat, an und fuͤr sich nicht verglichen werden kann, so kann Debreczin selbst wegen seines bluͤhenden reformirten Collegiums, das allerdings seit jeher gruͤndliche Gelehrte und Schriftsteller unter seinen Professoren zahlte, nicht fuͤglich das ungarische Athen genannt werden, weil unter den Einwohnern von Debreczin die Geistescultur und der aͤsthetische Kunstgeschmak nicht so allgemein verbreitet ist, wie unter den alten Athenern. Aus demselben Grunde koͤnnte manDer Mitarbeiter, der Debreczin das „ungarische Athen“ nannte, wußte sehr wohl, daß Debreczin auf einer ungeheueren Puszta liegt, kein Wasser hat, und keine Akropolis besizt, sondern ein großer offener Ort ist. Er nannte Debreczin nur in der Hinsicht das „ungarische Athen,“ weil daselbst die Wissenschaften seit Errichtung des dortigen reformirten Collegiums mit einem Eifer und einer Thaͤtigkeit betrieben wurden, wie es an anderen Lehranstalten Ungarns nicht immer der Fall war, und weil er (obgleich Auslaͤnder) sehr wohl weiß, daß viele der ausgezeichnetesten Gelehrten Ungarn's fruͤherer und neuerer Zeiten aus dieser achtbaren Lehranstalt hervortraten; wenigstens ausgezeichnetere, als aus der ehemaligen Jesuiten-Universitaͤt zu Tyrnau, wo der unsterbliche Wintert beinahe lebendig verbrannt worden waͤre, wenn Joseph ihn nicht gerettet und sammt dem besseren Theile dieser beklagenswerthen Universitaͤt nach Pesth versezt haͤtte. Goͤttingen und Jena, troz ihrer beruͤhmten Universitaͤten, nicht ein „deutsches Athen“ nennen, weil auch in diesen Staͤdten die geistige Bildung und der aͤsthetische Geschmak nicht unter der gesammten Bevoͤlkerung hinlaͤnglich verbreitet ist (ich spreche aus Erfahrung, in der Voraussezung, daß seit 1803 in der Philisterwelt dieser zwei Universitaͤtsstaͤdte keim große Veraͤnderung in's Bessere vor sich ging –), wohl aber hat man das schoͤne, ehrende Praͤdicat „deutsches Athen“ mit mehr Recht der saͤchsischen Stadt Weimar Alle Verehrung vor Weimar, das, so lang der sel. Großherzog mit seiner Unsterblichen daselbst lebte, der Lichtpunkt am deutschen Himmel gewesen ist; indessen kann ich dem gelehrten Herrn Professor nicht zugeben, daß Weimar das „deutsche Athen“ ist; nicht allenfalls um dadurch zu trozen, daß er mir in mein ungarisches Athen Bresche schoß; sondern weil das „deutsche Athen“ ganz anderswo gelegen ist, wie ich alsogleich so gelehrt als moͤglich, graece et latine so gut ich es kann, beweisen werde. Der „beruͤhmte Hafen Athen's,“ von welchem der Herr Professor oben sprach, half mir zur Entdekung der wahren Lage des „deutschen Athens.“ Wie hieß dieser Hafen? MOYNYXIA, auch MYNYXIA;*) also Muͤnchen: Muͤnchen ergo. das selbst der bayersche Bauer besser griechisch ausspricht, indem er sagt Muͤnichen, als die Gelehrten die Muͤnchen schreiben, Muͤnichen ist das „deutsche Athen,“ denn es heißt, wie sie hier etymologisch griechisch, und gleich unten ex poëtis, latinè erwiesen sehen werden, genau so, wie der Hafen des alten Athen. Bei uns an der Isar in Bayern sind die Arces Munychiae i.e. Athenae ipsae; nur bei uns werden Sie die rura munychia wieder finden. Fliegen Sie herauf zu uns mit Mercur's Fluͤgeln, wie der Caducifer in Ovid's Metamorphosen,Munychiosque volans agros, gratamque MinervaeDespectabis humum, cultique arbusta, Lycaei,Grajugenos pueros lepidos et dulce loquentes.A. d. M.*) Sie sehen daher, wie omnes Grammatici et Geographi longe halucinantur et toto coelo aberrant, wenn sie Muͤnichen (Mynychia) in lateinischer Sprache Monachium nennen, und sich einbilden, es kaͤme von dem altdeutschen Worte Muͤnch (d. j. Moͤnch) her, als ob es von Moͤnchen in die Welt gesezt worden waͤre; eine Moͤnchsstadt waͤre u. dergl. Nein, nein! Muͤnichen ist Athen; ist sogar der wichtigste Theil von Athen; der Hafen von Athen, und in diesen muͤssen alle Griechen nach und nach einlaufen.A. d. M. gegeben, ungeachtet sie keine Universitaͤt hat, weil in ihr Cultur und Geschmak mehr allgemein verbreitet ist, und in ihrer Mitte seit laͤngerer Zeit viele Dichter, Kuͤnstler und Schriftsteller lebten und Weimars Regenten gleich dem atheniensischen Pisistratus die Musen vaͤterlich schuͤzen und foͤrdern. Mit mehr Recht koͤnnte man Pesth Pesth ist nicht das Athen Ungarn's, sondern Ungarn's Korinth, Ungariae caput atque decus wie die Alten von Korinth in Bezug auf Griechenland sagten.A. d. M.das ungarische Athen nennen, da es nicht nur eine Universitaͤt besizt, sondern daselbst auch im Mittelstande Cultur und Geschmak, wie auch atheniensische Lebenslust, Unterhaltungssucht und Geselligkeit mehr verbreitet sind als zu Debreczin. Ich will jedoch auch diese Vergleichung nicht strenge urgiren, denn omne simile claudicat.R–y., namentlich ein Professor des dasigen reformirten Collegiums (vor allen der Professor der Mathematik und Physik, Paul Sárvári, oder der Professor der Naturgeschichte, Chemie und Technologie, Franz Kerekes, oder der Professor der Statistik, Politik und Philosophie, Daniel Ertsei, saͤmmtlich gruͤndliche Gelehrte und von mir geschaͤzte Freunde), Ihrem Wunsch und Ihrer Aufforderung entsprechen wuͤrde, zumal da Ihre Aufforderung in drei ungarischen Zeitschriften abgedrukt wurde, wenn auch vielleicht das polytechnische Journal nicht in Debreczin gelesen werden sollte: da jedoch bisher aus Debreczin keine Antwort weder im polytechnischen Journale, noch in einer ungarischen Zeitschrift erfolgte, so habe ich mich entschlossen, Ihren gerechten Wunsch zu erfuͤllen, und glaube dazu berufen zu seyn, indem ich zwar kein Buͤrger des „ungarischen Athen's“ bin, wohl aber vor 30 Jahren, in dem Schuljahre 1799/1800 in dem beruͤhmten und bluͤhenden Debrecziner Athenaͤum, dem dasigen reformirten Collegium, ehe ich mich auf die Goͤttinger Universitaͤt verfuͤgte, die griechische, roͤmische, hebraͤische, franzoͤsische und magyarische Philologie und Literatur studierte,Mit Vergnuͤgen und Dank erinnere ich mich noch stets an die geistreiche Interpretation der griechischen und roͤmischen Classiker vom Professor Budoi (jezt Superintendent), an die gruͤndliche und freimuͤthige Exegese vom Professor Kotsi (jezt Prof. der Theologie am reform. Collegium zu Pápa), an den geschmakvollen Unterricht in der franzoͤsischen Sprache in außerordentlichen Stunden vom Professor Sárvári (noch am Leben), und an die wissenschaftlichen Vorlesungen in der kraftvollen magyarischen Nationalsprache.R–y. uͤber neun Monate taͤglich Debrecziner Weizenbrot aß, auch mich an Ort und Stelle um die Art der Bereitung des Debrecziner Ferments zu dem schoͤnen großen Weizenbrote erkundigte, aus welcher meines Wissens die Debrecziner Hausfrauen und Baͤkerinnen (denn das große schoͤne Debrecziner Weizenbrot wird nur von weiblichen Haͤnden, nicht von Baͤkern gebaken) kein Geheimniß machen.Auch die redseligen Debrecziner Brotverkaͤuferinnen (Kofák genannt) koͤnnten sich nicht enthalten, darum befragt, das Geheimniß, wenn es eines waͤre, zu verrathen.R–y. Die mir bekannt gewordene wahre Methode, das Debrecziner Ferment zu bereiten, die in manchen, zum Theil wesentlichen Stuͤken von der in den franzoͤsischen Journalen und in dem polytechnischen Journal angegebenen Methode abweicht, ist folgende. Man nimmt 1/4 Preßburger MezenDer Preßburger Mezen (Kila) ist = 75 Preßburger Halben Regenwasser, die Halbe Regenwasser = 1 1/2 Pfund und 100 Gran Wiener Gewicht, = 46 Kubikzoll, mithin der ganze Preßburger Mezen = 2 Kubikfuß Wiener Maß, mithin ungefaͤhr einem Wiener Mezen gleich. Zwar bestimmte das ungarische Reichstagsgesez vom Jahre 1807 im 22sten Artikel, daß der Preßburger Mezen nicht mehr als 64 ungarische Halben fassen soll, und so wuͤrde der neue, gesezlich eingefuͤhrte Mezen um 11 Halben Wasser kleiner, als er fruͤher war: allein sehr bald kehrte man im gemeinen Leben wieder zu dem vorigen Preßburger Mezen von 75 Halben zuruͤk. Der Pesther Mezen enthaͤlt 96 Halben. – Der Wiener Eimer enthaͤlt (nach dem 7ten Paragraph der k. k. Instruction uͤber Maße und Gewichte) 41 Maß (82 Halben) destillirten Wassers von 16° des Reaumurschen Thermometers, welche 13 551 279 Richtpfenningstheilen der Wiener Mark an Wasserschwere gleichen. Die Wiener Matz ist = 350 519 Richtpfenningstheilen. Die ungarische Halbe (ieze) ist im 2 1/4 + 1/8 oͤsterr. Seitel circa (weil das Achtel nicht voll wird). Eine Halbe destillirten Wassers ist = 194 688 Richtpfenningstheilen.R–y. Weizenkleien (buzakorpa) und vermischt sie wohl mit einer Pinte (einem Maaß, oder zwei ungarischen Halben, ieze) Hopfen (Komló).Nach der Angabe im polytechnischen Journal laͤßt man zwei starke Handvoll Hopfen in vier Pinten Wasser kochen und gießt die Abkochung uͤber so viel Weizenkleie, als von derselben vollkommen befeuchtet werden kann. Die Abkochung des Hopfens ist aber nicht nothwendig.R–y. Dann loͤst man eine kleine Quantitaͤt gewoͤhnlichen Sauerteig (Kovász)Nach jener Angabe nimmt man 4 Pfund Sauerteig, was zu viel ist. warmem Wasser auf, gießt diese Aufloͤsung uͤber die mit dem Hopfen gemischten Weizenkleien und knetet diese Masse so, wie der Brotteig geknetet wird. Die geknetete Masse laͤßt man an einem temperirten Orte zwei Stunden langNach jener Angabe 24 Stunden lang, was uͤberfluͤssig ist. stehen, waͤhrend welcher Zeit sie in Waͤhrung uͤbergeht. Dann bildet man aus dieser fermentirten Masse Kugeln oder Kloͤse (gombócz), welche man in frischen Kleien umherwaͤlzt, damit sie nicht an einander haͤngen,Dieser wesentliche Umstand wird in jener Angabe nicht angefuͤhrt. und legt sie dann uͤber ein Sieb oder uͤber eine ausgespannte Leinwand,Nicht auf ein Brett, wie in jener Angabe gesagt wird, denn auf einem Brette wuͤrde das Troknen schwieriger seyn. um sie im Sommer in der warmen Luft im Freien, im Winter in der Nahe des warmen Ofens zu troknen.Jene Angabe erwaͤhnt nicht des Troknens am warmen Ofen im Winter. Wenn die Ferment-Kugeln oder Kloͤse von außen genug getroknet sind, so zerbricht man sie in 4 bis 6 Fragmente, damit sie auch inwendig ganz austroknen.Dieses wichtigen Umstandes geschieht in jener Angabe keine Erwaͤhnung. Nachdem sie vollkommen getroknet sind, legt man sie in SaͤkchenDieser wird in jener Angabe nicht erwaͤhnt. und haͤngt diese an einem trokenen Orte auf, wo man sie ein ganzes Jahr langNicht bloß ein halbes Jahr lang, wie in jener Angabe gesagt wird.R–y. zum Gebrauch aufbewahren kann. Die Anwendung dieses Sauerteiges zu den großen Debrecziner Brotlaiben von 1 1/2 Kubikfuß und daruͤber ist in den franzoͤsischen Journalen und im polytechnischen Journal richtig und umstaͤndlich genug angegeben: nur haͤtte bemerkt werden sollen, daß man zu Debreczin die Bakoͤfen nicht mit Holz (woran Debreczin bekanntlich Mangel leidet), sondern mit Stroh, Rohr oder getroknetem Rindermist (nach orientalischer Weise) heizt, wodurch ohne Zweifel sicherer der noͤthige gleichfoͤrmige Waͤrmegrad erreicht wird, als wenn man mit Holz heizen wuͤrde. Uebrigens wird in Ungarn nicht bloß zu Debreczin mit einem solchen Ferment so schoͤnes großes Weizenbrot gebaken, sondern auch zu Mischkolcz, Rimaszombat, Komorn, Raab, und zu Scharnowitz (Zsarnova, Žarnovicza)Das magyarische zs und slawische Ž wird so sanft wie das franzoͤsische j in jardin, jour u.s.w. ausgesprochen. – Aus Zsarnova fuͤhrt man vorzuͤglich nach Schemnitz und Kremnitz viel Weizenbrot. in dem Barscher Comitat.Auch das Weizenbrot zu Kecskemét und Eperjes steht in gutem Ruf. Ich zweifle nicht, daß man auch in Deutschland und Frankreich mit Ferment nach Debrecziner Art und durch gleiche Anwendung desselben beim Baken, eben so schoͤnes und schmakhaftes Weizenbrot baten konnte, wenn man (dieß ist conditio sine qua non) eben so guten Weizen, wie der ungarische (besonders der Banaler) ist, dazu nehmen wuͤrde, welchen man ja, im Nothfall, leicht aus Ungarn beziehen koͤnnte. Das weiche Wasser zu Debreczin scheint keinen besondern Einfluß auf die gute Qualitaͤt des Weizenbrotes zu haben, da es auch an andern Orten, da wo hartes Wasser ist, eben so gut geraͤth. Die unzuͤnftigen Baͤkerinnen zu Debreczin, Mischkolcz u.s.w. verdienen aber nicht bloß wegen der Schmakhaftigkeit ihres schoͤnen Brotes belobt zu werden, sondern auch deßwegen, weil sie ihre großen Brotlaibe von 1 1/2 Kubikfuß und daruͤber durchaus gehoͤrig und vollkommen auszuhaken verstehen, was den zuͤnftigen Baͤkern so oft bei kleinen Brotlaiben mißlingt.Wenn der magyarische Bauer Weizenbrot, Gulyás-Fleisch mit tuͤrkischem Pfeffer (paprika, Capsicum annuum Linn.), Zwiebeln und Kuͤmmel bereitet, Spek und einen Trunk Wein hat, nothduͤrftig bekleidet ist, und von seinem Gutsherrn und dessen Beamten human behandelt wird, wie es die ungarischen Geseze und das Urbarium (Bauernrecht) fordern, ist er mit feinem Loos vollkommen zufrieden. Gran, am 22. Mai 1830.