Titel: Auszug aus dem Berichte einer Commission, welche durch vergleichende Versuche ausmitteln sollte, welchen Einfluß die verschiedenen Arten Salzes auf das Einsalzen der trokenen Stokfische haben.
Fundstelle: Band 37, Jahrgang 1830, Nr. LVII., S. 205
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LVII. Auszug aus dem Berichte einer Commission, welche durch vergleichende Versuche ausmitteln sollte, welchen Einfluß die verschiedenen Arten Salzes auf das Einsalzen der trokenen Stokfische haben. Ueber die Eigenschaften der verschiedenen Salzarten. Wir liefern hier einen Auszug aus einer langen Abhandlung in den Annales de l'Industrie, Mars , 1830. S. 218., welche den Bericht einer Commission zur Untersuchung des Einflusses verschiedener Arten Salzes auf das Einsalzen der trokenen Stokfische enthaͤlt. Wir haben zwar keine Stokfische, wohl aber Fleisch einzusalzen, und sind bei der Auswahl des hierzu angewendeten Salzes gewoͤhnlich zu sorglos. Wir glauben Salz ist Salz, was jedoch nicht immer der Fall ist, wie man aus diesem Auszuge sehen wird, der uͤberdieß noch einige interessante statistische Notizen enthaͤlt. Die franzoͤsichen Fischer hatten bisher immer den Glauben, daß man nur das portugiesische Salz von Saint-Ubes und Figueras zum Einsalzen der Stokfische brauchen koͤnne. Es handelte sich nun darum, zu versuchen, ob man nicht auch franzoͤsisches Salz hierzu anwenden koͤnnte, dessen sich die N. Amerikaner schon seit laͤngerer Zeit zu demselben Zweke mit Vortheil bedienten, um so mehr, als unter der Firma, Sel de St.-Ubes, Sel de Figueras, Salze im Handel vorkommen, die die heterogensten Dinge von der Welt sind, auf deren Bestandtheile man sich nie mit Sicherheit verlassen kann. Man ließ also auf officiellem Wege echtes Salz aus Saint-Ubes und aus Figueras kommen. Hr. Berthier analysirte diese Salze und auch zwei franzoͤsische vom mittellaͤndischen Meere und vom Ocean, Salz von Bouc und von Croisic. Das Salz von St. Ubes enthaͤlt in der ersten Sendung: Textabbildung Bd. 37, S. 205 I. II. III.; Qualitaͤt; Schwefelsaure Bittererde; Schwefelsauren Kalk; Kochsalzsaure; Sand und Thon; Hygrometrisches Wasser; Soda in der zweiten Sendung: Textabbildung Bd. 37, S. 206 I. II. III.; Qualitaͤt; Schwefelsaure Bittererde; Schwefelsauren Kalk; Kochsalzsaure Bittererde; Sand und Thon; Hygrometrisches Wasser; Soda     Das Salz von Figueras Bouc Croisic enthaͤlt: Schwefelsaure Bittererde 0,03536 0,01300 0,01580 Schwefelsauren Kalk 0,00333 0,00911 0,01650 Kochsalzsaure Bittererde 0,00700 0,00230 0,00500 Sand und Thon 0,00095 0,00100 0,00800 Hygrometrisches Wasser 0,04200 0,02350 0,07500 Kochsalzsaure Soda 0,91136 0,95109 0,87970 ––––––– ––––––– ––––––– 1,00000 1,00000 1,00000. Da die Englaͤnder dem Salze von Croisic vorwarfen, daß es thonhaͤltig ist, so reinigte man, um zu sehen welchen Einfluß der Thon hat, eine Partie dieses Salzes von allem Thone, und sezte der anderen noch mehr Thon zu, und da das Salz von St. Ubes, I. Qualitaͤt weniger schwefelsaure Bittererde enthielt, so sezte man einer Partie desselben schwefelsaure Bittererde zu. Man sandte nach New-Foundland (terre neuve) 1 Partie Salz von St. Ubes I. Qualitaͤt; 1   – dtto  – dtto dtto mit beigemengter schwefelsaurer Bittererde; 1   – dtto  – II. dtto 1   – dtto  – III. dtto 1   – dtto  – Bouc; 1   – dtto  – Croisic; 1   – dtto  – dtto von Sand und Thon gereinigt; 1   – dtto  – dtto mit noch mehr Sand und Thon. Die ersten Versuche in New-Foundland im Kleinen angestellt fielen, aus was immer fuͤr einem Grunde, schlecht aus. Man wiederholte die Versuche im Großen, und ließ die Fischer arbeiten. Man machte 16 Stoͤße Fische, jeden von 250 Kilogr. (5 Ztr.). Acht derselben wurden jeder mit gleichviel Salz (44 Kilogr. ungefaͤhr 83 Pfd.) behandelt: nur bei dem gemischten Salze I. Qualitaͤt von St. Ubes waren bloß 33 Kilogr. Kochsalz und 11 Kilogr. schwefelsaure Bittererde. Die acht uͤbrigen Stoͤße ließ man die Fischer nach ihrem Gutduͤnken mit beliebigen Quantitaͤten dieser Salze, jedoch jeden Stoß mit einer anderen Art-Salzes, behandeln. Der Versuch fing am 16. Julius an; am 19. August wurden die Fische bereits eingepakt und am 5. December ausgepakt. Sie kamen gut an. Die Fische, welche die Fischer nach ihrem Gutbefinden gesalzen hatten, waren besser, als jene, wo man bei allen Haufen gleich viel Salz nahm, was sehr natuͤrlich ist. Folgende Tabelle liefert eine Uebersicht der erhaltenen Resultate. In den acht Kisten, wo die Menge des Salzes dem Gutbefinden der Fischer uͤberlassen war. Textabbildung Bd. 37, S. 207 Art des Salzes; Kiste; Menge des Salzes; Kilogr.; Grad der Guͤte in Hunderttheil; nach der Schaͤzung der Commission; Beobachtung nach einjaͤhriger Aufbewahrung im Magazine; bei der Ankunst; nach Einem J.; St. Ubes; I. Qualitaͤt; Gut erhalten; Croisic, mit noch ein Mal so viel Sand und Thon; Sehr gut erhalt.; I. Qualitaͤt, mit beigemengter schwefelsaurer Bittererde; Kochsalz In den acht Kisten wo die Fische alle mit gleicher Menge Salzes gesalzen wurden (44 Kilogr. Salz auf 450 Kilogr. Fisch). Textabbildung Bd. 37, S. 207 St. Ubes; I., Qualitaͤt; Schlecht erhalten, feucht; Mittelmaͤßig erhalten; die Farbe hat sich geaͤndert; Croisic, mit noch ein Mal so viel Sand und Thon; Schien bei der Ankunft verbrannt; ordinaͤres; I. Qualitaͤt, mit beigemengter schwefelsaurer Bittererde; Das Magazin war kuͤhl und gut, so wie die Faͤsser, in welchen die Fische aufbewahrt waren. Am besten zeigte sich das gemein Salz von Croisic, und das Salz von St. Ubes I. Qualitaͤt gemengt mit schwefelsaurer Bittererde oder Bittersalz.Da das Bittersalz, in so kleinem Verhaͤltnisse dem Kochsalze zugesezt, bei den leicht faulenden Fischen so treffliche Dienste leistet, sollte es nicht auch mit Vortheil bei dem Einpoͤkeln des Fleisches verwendet werden koͤnnen, zumal, da es in vielen Gegenden weit wohlfeiler ist, als Salpeter? Die Hamburger koͤnnen Versuche anstellen und entscheiden. A. d. Ue. Das Vorurtheil fuͤr das portugiesische und gegen das franzoͤsische Salz erscheint also in seiner Grundlosigkeit und die Amerikaner sind gerechtfertigt, wenn sie das Marseiller Salz (Sel de Bouc) vorziehen. Die Amerikaner fischen aber auch nicht mit der Grundleine (ligne de fond), wodurch die Fische verderben, indem sie laͤnger todt im Wasser bleiben. Vielleicht verstehen sie auch das Einsalzen besser. Die Mitglieder der Commission, die diese Resultate lieferte, waren die HHrn. P. Berthier, Gay-Lussac, Baron Thénard, Haudry de Soucy, Lecudennec, Marec, Vincens. In einer Note wird den Englaͤndern gesagt, daß ihre Stokfischfaͤnger in New-Foundland die Fischerei nicht viel besser treiben, als sie selbst an ihrer eigenen Kuͤste; daß ihre ganze Fischerei, vom Wallsischfange bis zur Haͤringsfischerei, sich bloß durch die Praͤmien erhaͤlt, und da auch diese Praͤmien hinausgeworfenes Geld sind, wird die englische Regierung dieselben vom 5. August 1830 an einziehen. Der englische Fischfang auf New-Foundland hat vom J. 1815 bis 1826 einschließlich um 5/12 abgenommen. In ersterem Jahre liefen 126,000 Tonnen (tonneaux) Fische aus New-Foundland, und 122,000 wieder aus, und in lezterem nur mehr 72,000 ein und 62,000 aus.Und doch macht Wellington und Huskisson seinen lieben Landsleuten weiß, ihre Schifffahrt sey in Aufnahme. A. d. Ue. Die Einfuhr der Fischergeraͤthe in New-Foundland betrug in den ersteren sechs Jahren 104,025 Livres, in den sechs lezteren nur 76,118 Livres. Die Praͤmien vom J. 1821 bis 25 stehen so: 1821 erhielten die Praͤmie 50,235 Ztr., davon wurden ausgefuͤhrt 19,578 1822   – 54,573  –   –   – 19,398 1823   – 53,590  –   –   – 23,098 1824   – 52,135  –   –   – 14,087 1825   – 66,315  –   –   –   7,281 Unter diesen 7281 Ztrn. gingen 5662 nach Irland. Bekanntlich ist der Stokfischfang auf New-Foundland ausschließlich in den Haͤnden der Englaͤnder, Franzosen und Amerikaner. Die Englaͤnder, als Besizer der Insel, sind die einzigen, welche daselbst bleibende Niederlassungen besizen. Die Franzosen duͤrfen nur an der noͤrdlichen Kuͤste von Cap St. Jean, 50° N. B., bis zur Straße Belle-Isle und an der Westkuͤste bis Cap Raye, 45° ⁵⁰', N. B., fischen und Huͤtten aufschlagen, um ihre Fische an der Kuͤste zu troknen. Sie haben auch noch die Inseln St. Pierre und Miguelon. Die Amerikaner koͤnnen, gemeinschaftlich mit den Englaͤndern, an der suͤdlichen Kuͤste fischen, und daselbst troknen, duͤrfen jedoch keine bleibende Staͤtte auf der Insel errichten. Indessen halten sie durch ihre Thaͤtigkeit und bei ihrer nahen Nachbarschaft mit dem Mutterlande Concurrenz mit den Englaͤndern, und uͤbertreffen die Franzosen. Jedes dieser drei Voͤlker versieht seinen Staat mit seinem Bedarfe an Stokfischen, da die Einfuhr fremder Stokfische in jedem dieser Laͤnder verboten ist. Die Amerikaner versorgen indessen die franzoͤsischen Colonien in den Antillen, Martinique und Guadeloupe, mit Stokfischen, weil sie dieselben besser zuzubereiten wissen, so daß sie dem heißen Klima zu widerstehen vermoͤgen. Sie wuͤrden den Englaͤndern und den Franzosen in ihrem eigenen Lande die Concurrenz abgewinnen, wenn die Einfuhr erlaubt waͤre. Ihre Regierung ermuntert sie durch Praͤmien von 3 1/2 – 4 Dollars fuͤr die Tonne. Ueberdieß erhaͤlt der Amerikaner: noch 20 Cents (1 Franc 5 Centim.) Entschaͤdigung fuͤr jedes Faͤßchen gesalzenen Stokfisches, wenn er beweisen kann, daß er fremdes Salz dazu brauchte und verzollte. Amerika braucht fuͤr sich jaͤhrlich 55,000 Tonnen Stokfisch, und beschaͤftigt bei dem Fange derselben 8000 Matrosen. Es fuͤhrt 260,000, im Werthe von 3,500,000 Franken, aus. Die Amerikaner haben keine sogenannten gruͤnen Stokfische (morve verte); sie fahren die Stokfische, die sie auf der großen Bank fangen, nach der ersten Salzung am Borde, nach Hause, und troknen sie daselbst auf Huͤrden. Die Schiffe fuͤr die Bankfischerei halten 70 bis 90 Tonnen und 8 bis 10 Mann. Sie kommen Anfangs Maͤrz und arbeiten bis October, waͤhrend welcher Zeit sie 2 bis 3 Mal mit ihrem Fange heimfahren. Sie haben Kabel von 160–180 Klafter Laͤnge, und muͤssen ihre Segel immer eingezogen halten, weil sie im freien Meere vor Anker liegen. Sie muͤssen ihren Koͤder (die palourdes) theuer bezahlen, und Tag und Nacht arbeiten. Sie fischen aus einer Tiefe von 45 bis 55 Klafter. Dem gefangenen Fische wird der Kopf abgehauen, er wird ausgeweidet, gesalzen und kommt in den Kielraum; er ist also der Gefahr des Verderbens ausgesezt. Wenn die Ladung groß genug geworden ist, wird heimgefahren, und die Fische werden daselbst neuerdings gesalzen und getroknet. Allein, ehe dieß geschehen kann, ist ein guter Theil derselben weich geworden, schlecht geworden, und muß als sogenannter Jamaica-Stokfisch (poisson de la Jamaïque)Dieß ist die Kost der armen Neger im Tropen-Klima von Amerika! A. d. Ue. ausgeschieden werden. Ueberdieß ist der Fang auf der großen Bank gefaͤhrlich und fordert große Capitalien. Zum Fange an den Kuͤsten verwenden die Amerikaner Schiffe von 40 bis 120 Tonnen. Sie laufen im Mai aus, und sind am 1. Junius am Orte ihrer Bestimmung: zu dieser Zeit ist der Caplan auch schon da, ein kleiner Fisch, der ihnen als Koͤder dient. Jedes Schiff waͤhlt sich seinen Plaz laͤngs der baie des chaleurs, des Meerbusens de St. Laurent, der Straße Belle-Isle, der Kuͤste von Labrador, bis hinauf zur Insel Cumberland am Eingange der Hudson's-Bay. Das Schiff wird abgetakelt und die Mannschaft lagert in Huͤtten am Ufer. 4 bis 5 Bothe von jedem Schiffe, mit zwei Fischern bemannt, fahren ein paar Meilen von der Kuͤste hinaus, und bringen die Fische an's Ufer, die sie gefangen haben. Leztere werden hier auf der Stelle ausgeweidet, gesalzen, und nachdem sie einige Zeit uͤber in Salz gelegen sind, auf Buͤhnen und Stellen getroknet. Die getrokneten Fische werden zu Schiffe gebracht, und, wenn dieses seine volle Ladung hat, wird nach Hause, oder nach Europa, oder nach den Antillen gefahren. Dieser Kuͤsten-Stokfisch der Amerikaner ist sehr gut, etwas kleiner, und laͤßt sich eben daher desto besser salzen und zurichten, und vertraͤgt folglich die Hize besser, obschon er weniger zart ist, als der englische und franzoͤsische. Der Amerikaner pakt seinen Stokfisch in Faͤsser, nicht in Kisten, wodurch er kraͤftiger gegen das Verderben geschuͤzt wird. Sie bedienen sich bei beiden Arten von Fischereien nur der Leine, und nehmen zum Salzen das Salz der îles turques, de May und von St. Ubes, das immer als sehr gut zum Einsalzen angesehen wurde. Das Verfahren der Englaͤnder ist jenem der Amerikaner so ziemlich aͤhnlich, wie man aus Mortimer's Commercial-Dictionary Artikel Fischeries und New-Foundland sehen kann.Die beste Nachricht uͤber den englischen Stokfischfang ist der lehrreiche Aufsaz: On the natural History and economical uses of the Cod, Capelin, Cuttlefish and Seal, as the occur on the banks of Newfoundland and the coast of that island and Labrador. Communicated in a letter to Prof. Jameson by W. E. Cormack. Edinb. Philos. Journal. 1826. AprilJuly. p. 32. Diesen wichtigen Aufsaz haͤtte die Commission kennen sollen. A. d. Ue. Der franzoͤsische Stokfisch ist weniger gesalzen, weniger hart, schmekt aber besser („insofern solch ashaft Ding“ gut schmeken kann, Ue.), laͤßt sich aber, zumal in warmen Laͤndern, nicht gut aufbewahren. Wir muͤßten also, sagen die Commissaͤre, unsere Stokfische laͤnger im Salze halten, ehe wir sie troknen, und in Faͤsser paken. Die Amerikaner bedienen sich der Huͤrden nur in ihrer Heimath: an den Kuͤsten schuͤzen sie den Stokfisch so viel moͤglich gegen Regen und zu große Sonnenhize. Je feiner, weißer und reiner das Salz, desto besser salzt es. Die Amerikaner wenden daher auch alle Sorgfalt auf das Salz. Die Sorten Salzes, deren sie sich bedienen, sind: Salz von St. Ubes zu 3,75 bis 3,87 1/2 Dollars das Faß zu 480 amerik. Pfd. auf dem Markte zu Boston.   – Liverpool 3,00 3,12 1/2   –   – Cadiz 3,50 3,62 1/2   –   – Lisboa 3,50 3,62   –   – île de Max 3,87 1/2 Selten!   – îles turques. Am meisten schaͤzen sie das Marseiller Salz und zahlen das Faß um 1 bis 1 1/2 Thaler theurer. Das Salz von Ivica ist jenem von Cadiz gleich. Das amerikanische Salz gilt fuͤr sehr mittelmaͤßig; es soll den Fisch bitter machen, wie das Salz von den Inseln Rhé und Oleron. Das Salz von Liverpool taugt zum Einpoͤkeln, so wie die uͤbrigen oben angefuͤhrten Salze, die desto besser sind, je grobkoͤrniger sie sind; zu Hause aber nehmen die Amerikaner fein gestoßenes Salz. In den Magazinen zu Boston laͤßt man die Luft frei uͤber die Fische streichen, der nach den Antillen gefuͤhrte Stokfisch wird in die Faͤsser mit Maschinen eingepreßt. Alle diese Sorgfalt kannten die Franzosen bisher nicht.