Titel: | Dick's hängende Patent-Eisenbahn. |
Fundstelle: | Band 38, Jahrgang 1830, Nr. I., S. 2 |
Download: | XML |
I.
Dick's haͤngende
Patent-Eisenbahn.
Aus dem Register of Arts. Julius. 1830. S.
47.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.Wir haben von dieser Eisenbahn bereits Beschreibung und Abbildung geliefert, und
tragen die hier gegebene ausfuͤhrlichere Beschreibung und Abbildung nach,
weil der Gegenstand von der hoͤchsten Wichtigkeit ist, und wir um so mehr
bei demselben betheiligt sind, als wir nun bald seit einem Jahre selbst damit
beschaͤftigt sind. Daß unsere Augsburger Haͤngebahn besser seyn
wird, als diese, so wie das tragbare Augsburger Haus besser ausgefallen ist, als
alle fruͤheren Versuche aͤhnlicher Art, glauben wir, zugleich mit
der Prioritaͤt der Erfindung fuͤr unseren Correspondenten,
verbuͤrgen zu duͤrfen.A. d. R.
Dick's haͤngende Patent-Eisenbahn.
Ich habe die Modelle von Dick's haͤngender
Patent-Eisenbahn gesehen, welche in Charing Cross aufgestellt sind, und habe
eine zu hohe Meinung von den Verdiensten derselben, als daß ich unterlassen
koͤnnte eine etwas ausfuͤhrlichere Beschreibung derselben zu geben,
als sie uns bereits davon mitgetheilt haben.
Diese Eisenbahn kann in jeder Gegend, sie mag eben oder bergig und noch so sehr von
Fluͤssen, Baͤchen, Suͤmpfen etc. durchschnitten seyn, errichtet
werden.
Nachdem die Richtungslinie abgestekt ist, werden steinerne Pfeiler, aus Baksteinen,
in gewissen Entfernungen, z.B. 150 Fuß weit von einander, aufgefuͤhrt, und
zwischen diesen kommen, von einem zu dem anderen, 4 bis 5 Stuͤzen aus
Gußeisen sowohl um die Bahn zu verstaͤrken, als auch um dieselbe vor allen
Seitenschwingungen zu schuͤzen.Dieß ist bei der Augsburger Bahn nicht in diesem Maße nothwendig.A. d. R.
Nachdem ferner die Pfeiler errichtet sind, wird oben auf denselben ein Gestell
befestigt, auf welchem die Schienen der Bahn eingelegt werden. Dieses Gestell kann
aus Gußeisen oder aus geschlagenem Eisen bestehen, und ist oben oder unten, je
nachdem die Zuglinie auf- oder abwaͤrts laͤuft, mit senkrechten
gefurchten Reibungsrollen versehen. In diesen Reibungsrollen laͤuft die
Zugleine.Alles dieß ist bei unserer Bahn uͤberfluͤssig.A. d. R.
Die Schienen sollen aus dem besten Stabeisen seyn, dessen man sich bei Kettenseilen
bedient, so dik, als es die erforderliche Staͤrke derselben fordert, und
zugleich so lang als moͤglich. Sie koͤnnen aneinander geschraubt,
geschweißt oder auf irgend eine Weise zusammengefuͤgt werden, so daß Alles
von Pfeiler zu Pfeiler, oder von Stuͤze zu Stuͤze, je nachdem es die Sicherheit
erfordert, eine ununterbrochene Schienenlaͤnge bildet. Damit aber die
Schienen durch die Schrauben oder die uͤbrigen Zusammenfuͤgungen nicht
geschwaͤcht werden, kann an der inneren Seite der Bahn ein Streifen Eisen
angeheftet werden, wodurch diese eine Verstaͤrkung erhaͤlt. Jede Reihe
von Schienen wird auf dieselbe Weise verfertigt, und auf den Gestellen mit Stiften,
Bolzen, Schrauben oder auf irgend eine Weise befestigt: die Loͤcher werden
gefuͤttert, so daß das Eisen nichts von seiner Staͤrke verliert, und
die Koͤpfe der Naͤgel und Schrauben sind eingesenkt, und so
vorgerichtet, daß die ganze obere Oberflaͤche der Schiene vollkommen glatt
ist, und den Raͤdern des Wagens nicht den mindesten Widerstand darbietet.
Zwischen jedem Gestelle sind noch drei oder vier Querbaͤnder oder
Boͤke aus Gußeisen, um alle Seitenschwingung gaͤnzlich zu
vermeiden.Die hoͤchste Glaͤtte der Bahn, die man sich denken kann, und
die vollkommenste Festigkeit wird an unserer Bahn auf eine weit einfachere
und wohlfeilere Weise erhalten.A. d. R.
Die Wagen werden auf der Eisenbahn mittelst feststehender Dampfmaschinen an dem Seile
gezogen, welches an denselben angebracht ist: wenn, wie hier in der Figur, die Bahn
eine Doppelbahn ist, so wird das Seil zum Laufbande; wenn die Bahn aber bloß einfach
ist, so wechselt die Maschine in ihrem Zuge bald hin, bald her.An unserer Bahn ist keine solche Maschine nothwendig.A. d. R.
Erklaͤrung der Figuren.
Fig. 4. stellt
einen Seitenaufriß eines Theiles einer doppelten Haͤngeeisenbahn vor, die an
ihren beiden Enden von einem gemauerten Pfeiler, dd, gestuͤzt ist. In gleichen Entfernungen von einander sind vier
eiserne Stuͤzen, eeee, zwischen diesen
Pfeilern, dd, angebracht. a ist die obere oder die Tragschiene; b die untere oder die Sicherheitsschiene, welche beide durch Stuͤzbaͤnder unter
einander verbunden sind; leztere sieht man in Fig. 5, 6, 7. deutlicherDie Sicherheitsschienen sind hier sehr unsicher und kostspielig vorgerichtet:
an unserer Bahn sind sie wohlfeiler und sicherer.A. d. R. an f, f.
Fig. 5. zeigt
den Aufriß eines Gestelles von vorne, ccc, wie es
fuͤr eine doppelte Haͤngeeisenbahn hergerichtet ist. In einer
derselben laͤuft so eben ein Wagen, g. Dieselben
Buchstaben bezeichnen dieselben Gegenstaͤnde: ff sind also die Stuͤzbaͤnder zwischen den beiden Schienen,
a und b, im
Durchschnitte dargestellt.
Fig. 6. ist
ein Seitenaufriß eines Wagens auf einem Stuͤke der Eisenbahn. hhh sind die Laufraͤder, iii die Gegenreibungsrollen, welche dem
Abschnellen des Wagens von der Bahn vorbeugen. Fig. 5., wo der Wagen von der Endseite
dargestellt ist, macht die Form und den Bau derselben deutlich.
Fig. 7. zeigt
ein Stuͤzband im Perspective und im groͤßeren Maßstabe.
Die Auslage einer solchen Bahn fuͤr die engl. Meile (1/2 deutsche Poststunde)
ist auf 1395 Pfd., 10 Shill. 6 Pence (16646 fl. 18 kr.) berechnet.Unsere Bahn wird in dieser Laͤnge kaum die Haͤlfte kosten.A. d. R. Die Vortheile einer solchen Bahn sind nach Hrn. Dick:
1) Ersparung an Raum, und folglich auch an der Zeit, was in commercieller wie in
politischer Hinsicht von der hoͤchsten Wichtigkeit ist. Die
Haͤngeeisenbahn laͤuft in schnurgerader Richtung von einem Orte zu dem
anderen ohne Ruͤksicht auf sie Gestalt des Bodens bergan und bergab
uͤber Fluͤsse und Suͤmpfe etc. Man darf nur die Hoͤhe
der Pfeiler darnach reguliren. Man erspart auf diese Weise Raum in den
Abstaͤnden, Raum am Boden; man erspart die Kruͤmmungen der Bahn, die,
außerdem, daß sie bei der ersten Anlage kostbar sind, durch die Seitenreibung der
Wagen auch leichter in Unordnung gerathen, als an den geraden Streiken.
2) Ersparung alles Aufschuͤttens und Abgrabens, aller Bruͤken,
Durchschlage und der ganzen Breite des Grundes, auf welchem die Bahn angelegt
wurde.
3) Der groͤßte Vortheil unter allen ist aber der Zeitgewinn, die
Schnelligkeit, mit welcher ohne alle Gefahr Personen und Guͤter von einem
Orte zu dem anderen gefoͤrdert werden koͤnnen, ohne daß irgend eine
Art von landwirthschaftlicher oder anderer Beschaͤftigung, die unter
derselben zu geschehen hat, dadurch litte. Es ist hier die vollste Sicherheit; denn
die Wagen sind so in ihrer Bann eingesperrt, daß sie durchaus nicht entweichen
koͤnnen, wenn sie auch noch so schnell rollen. Ich uͤbertreibe nicht,
sagt Hr. Dick, wenn ich behaupte, daß man mit leichten
Wagen 60 engl. Meilen, sage sechzig englische Meilen „(15
deutsche)“ in Einer Stunde auf dieser Bahn fahren kann, Aufenthalt
mit eingerechnet, und dieß mit der groͤßten Bequemlichkeit und
Sicherheit.So schnell geht es nun auf unserer Bahn allerdings nicht: mit Dampfmaschinen,
als Zugmaschinen, koͤnnte man aber auch auf unserer Hahn diese
Geschwindigkeit erhalten.A. d. R.
Das Register verspricht in seinem naͤchsten Hefte
eine Fortsetzung; wir wollen einstweilen Statt dieser folgende Bemerkungen eines
Hrn. Hezron aus dem Mech. Mag.
N. 360. S. 299. mittheilen:
„Ich habe Hrn. Dick's Modell gesehen, auf
welches Sie in N. 358. aufmerksam machten, und
stimme ganz mit Ihnen uͤberein, daß es alle Aufmerksamkeit verdient. Es
muß jedoch von allen Seiten genau untersucht werden, indem sich von demselben
erwarten laͤßt, daß es im Großen ausgefuͤhrt vom hoͤchsten
Belange wird. Ich will einstweilen nur dieß bemerken, daß im Modelle nur ein
Theil der Bahn nach dem wahren Haͤngeprincip ausgefuͤhrt ist; die
uͤbrigen Theile sind nach dem Principe des gespannten Seiles
eingerichtet. Dieß ist indessen nur im Modelle so, denn im Großen wuͤrde
die Bahn von Pfeilern und Stuͤzen getragen werden. Was mir am meisten
gefiel, waren Hrn. Dick's Wagen oder vielmehr Omnibus. Ich sehe nicht ein, warum es
unmoͤglich seyn sollte, Omnibus oder Wagen
mit mehreren Personen auf parallel gespannten Seilen laufen zu lassen, wie in
Hrn. Dick's Modell; zumal, da man mehrere kleine
Wagen anwenden kann, wo es sich um Foͤrderung groͤßerer Lasten
handelt. Ich halte es nicht fuͤr unwahrscheinlich, daß wir bald in den
Hauptstraßen unserer Stadt Wagen uͤber unseren Koͤpfen auf einer
Seite werden hin und auf der anderen her stiegen sehen; oder daß wir unter
Eisenbahnen, die auf Pfeilern und Tragstuͤzen ruhen, weggehen werden. Unmoͤglich ist dieß durchaus nicht. Es handelt
sich bloß darum, daß es geschikt ausgefuͤhrt wird, und daß sich Leute
finden, die Verstand genug besizen Geld zu einer so nuͤzlichen
Unternehmung vorzuschießen. Es werden dann alle Streitigkeiten und
Ungelegenheiten mit den Lohnkutschern ein Ende haben. Jeder kann, wie er kommt,
vom ersten Stoke der Haͤngebahn-Anstalt aus in sein
Waͤgelchen sizen, und in demselben so lustig fortrollen, wie die Buben
zur Marktzeit im Ringelspiele. Daß man mich hier nicht etwa mißversteht, und
glaubt, ich wollte die Sache laͤcherlich machen; ich freue mich des
Dinges von ganzem Herzen, und zwar desto mehr, als hier die vollkommenste
Sicherheit Statt hat. Es ist hier derselbe Grundsaz, den ich so sehr bei allen
Wagen ausgefuͤhrt zu sehen wuͤnschte, und zu welchem selbst das
Gesez auffordert, das diejenigen Wagen beguͤnstigt, an welchen die Last
unten aufgehaͤngt ist. Es ist unglaublich, wie sehr man bisher diesen
Grundsaz bei Wagen vernachlaͤssigt hat, selbst wo persoͤnliche
Sicherheit dadurch gefaͤhrdet ist.Unsere Leser werden sich erinnern, daß wir in unseren Blaͤttern
oft und vielmals auf Beruͤksichtigung dieses Grundsazes gedrungen
haben.A. d. R. Es ist desto unglaublicher, als es jedem einleuchten muß, daß dort, wo
die Last unter dem Mittelpunkte der Schwere des Wagens aufgehaͤngt ist,
kein Schwanken desselben von einer Seite zur anderen Statt haben kann,
waͤhrend dieses desto staͤrker sich aͤußern muß, je
hoͤher die Last uͤber dem Mittelpunkte der Schwere des Wagens zu
liegen kommt. Man laͤßt Hrn. Dick nichts
anders als Gerechtigkeit widerfahren, wenn man seinen Plan jenem des Hrn. Palmer weit vorzieht. Bei Hrn. Dick
wird die Last von zwei parallelen Schienen oder Schnuͤren getragen, von
welchen sie herabhaͤngt. Hier hat keil, Schwanken nach den Seiten Statt,
oder hoͤchstens nur so viel, als dem Fahrenden angenehm seyn kann. Dieß
ist nicht der Fall bei Hrn. Palmer's Plan: wenn auf
Palmer's Bahn, wo die Last gleichsam in
Koͤrben getragen wird, so schnell gefahren wuͤrde, wie auf jener
des Hrn. Dick, und ein Korb kaͤme in
Beruͤhrung, so wuͤrde hoͤchst wahrscheinlich der ganze
Karren umgeworfen werden. Wenn sich hingegen irgend Jemand Hrn. Dick's Wagen naͤhern wuͤrde, und
denselben aufhalten wollte, wuͤrde die Person im Wagen hoͤchstens
eine Art elektrischen Stoßes bekommen, der Gegner aber sicher in die Straße
geschlaͤudert werden. Durch ein Seil oder eine Kette, welche von
Stuͤze zu Stuͤze liefe, und auf Armen derselben ruhte,
koͤnnte jedoch allen aͤhnlichen Unfaͤllen abgeholfen
werden.“