Titel: | Ueber Destillation. Von Hrn. Ant. de Araujo Travassos. |
Fundstelle: | Band 39, Jahrgang 1831, Nr. XXXII., S. 96 |
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XXXII.
Ueber Destillation. Von Hrn. Ant. de Araujo
Travassos.
Aus den Memorias da Acad. real das sciencias de Lisboa. T. V. 2. Th. 1828. S.
1–27. Im Auszuge im Bulletin des Scienc. technol. N. 11. 1829. S.
134.
Araujo Travassos, uͤber Destillation.
„Der Handel Portugals und seiner Inseln mit dem Auslande besteht
vorzuͤglich in den Weinen, welche es ausfuͤhrt. Diese Weine werden
aber vorher durch eine gewisse Menge Brantwein verbessert;Verbessert? Man wuͤrde wohl das schlechte ungesunde Gurkenwasser,
das als sogenannter Wuͤrzburger, Wertheimer etc., von einigen,
die weder Zunge noch Gaumen zu besizen scheinen, als Wein bezahlt und
getrunken wird, verbessern, d.h., der Gesundheit weniger
schaͤdlich und einem Weine aͤhnlicher machen
koͤnnen, wenn man demselben etwas Brantwein zusezt; wenn man aber
den portugiesischen Weinen, die so reich an
Zuker sind, und die folglich, wenn ihre Gaͤhrung gehoͤrig
geleitet wuͤrde, nicht nur Alkohol genug, sondern selbst zu viel,
aus sich selbst entwikeln wuͤrden, noch Alkohol zusezt, so ist
dieß nicht nur keine Verbesserung, sondern eine wahre Verschlechterung,
man darf sagen eine Vergiftung. Unter allen Voͤlkern Europens ist
gewiß keines, das auf einer so niedrigen, so tiefen Stufe der
Unwissenheit und des physischen und moralischen Schmuzes stuͤnde,
als das portugiesische. Akerbau in allen seinen Zweigen, Kuͤnste
und Gewerbe befinden sich in diesem paradiesischen Lande in einem
Zustande, den man nirgendwo in Europa beklagenswerther finden kann. Die
gesammte Literatur dieses Landes kann man, von jedem Werke Ein Exemplar
gerechnet, mit 50 paar Ochsen fuͤglich transportiren. Wer sehen
will, was Inquisition und Moͤnche selbst uͤber ein
talentvolles Volk vermoͤgen, das einst einer
der weisesten Koͤnige, Don Juan
beherrschte; das einst uͤber alle Meere gebot; der darf nur nach
Portugal gehen. Wenn Portugal seine herrlichen Weine gehoͤrig zu
behandeln wuͤßte, so wuͤrde es jedem anderen Lande sowohl
in leichten als in schweren Weinen den Vorrang abgewinnen; nun aber
zwingt die Portugiesen ihr Moͤnchsschmuz und die Liederlichkeit,
mit welcher sie ihren Wein keltern und behandeln, demselben Brantwein
zuzusezen, damit er nicht zu Essig wird. Selbst der beruͤhmte
Madeira ist haͤufig nichts anderes als ein Mixtum compositum, eine Art kalten Weinpunsches, und kluge
Aerzte haben sich laͤngst gehuͤtet ihren Reconvalescenten
vielmehr damit zu schaden, als zu nuͤzen. A. d. Ue.
man braucht also eine
ungeheuere Menge Brantwein, und da Portugal nicht genug Brantwein erzeugt, muß
es mit bedeutendem Schaden Brantwein aus dem Auslande einfuͤhren. Es ist
also fuͤr die Portugiesen aͤußerst wichtig, das Verfahren zu
kennen, nach welchem man auf die wohlfeilste Weise den besten Brantwein erhalten
kann. In dieser Hinsicht, sagt der Verfasser, trage ich hier, im Einklange mit
den Absichten der Akademie, eine kurze historische Uebersicht der
aͤlteren und neueren Destillirapparat vor, und fuͤge den meinigen
bei, auf welchen ich ein Patent erhielt. Lezterer naͤhert sich jenem des
Eduard Adam und Isaak Berard, und mehreren anderen, die so viel Laͤrmens in
Frankreich und in Schottland gemacht haben.“
Hr. Araujo liefert nun einen Auszug aus dem Auszuge,
welchen Chaptal aus Hrn. Berard's Abhandlung im J. 1809 am Institut national
de France vorgelesen hat. Dieser Auszug bildet den ersten Theil der
Abhandlung des Hrn. Araujo, den wir hier
uͤbergehen.
Im zweiten Theile beschreibt Hr. Araujo seine Apparate,
und zwar im ersten Kapitel seinen Ofen, und seine Methode die Hize in demselben
anzuwenden. Sein Ofen besteht aus einer metallnen Roͤhre, die senkrecht, oder
unter einem Winkel von 70 bis 80° gestellt ist. Die Laͤnge dieser
Roͤhre ist der acht- oder zehnfache Durchmesser der selben, nach Art
des verschiedenen Brennmateriales und der Menge der zu destillirenden
Fluͤssigkeit. In der Naͤhe des unteren Endes befindet sich ein
concaver Rost. Die Roͤhre erweitert sich an diesem Ende um mehr Brennmaterial
aufnehmen zu koͤnnen, und endet sich in Form eines Trichters, so daß die
untere Oeffnung nur ein Drittel oder Viertel des Durchmessers der Roͤhre
betraͤgt. Diese Roͤhre umgibt eine andere und bildet mit derselben
einen Zwischenraum, der 1/8 oder 1/10 des Durchmessers der Roͤhre
haͤlt. Dieser Zwischenraum ist mit einer Fluͤssigkeit
ausgefuͤllt, welche einen hoͤheren Grad von Hize zum Sieden fordert,
als die Fluͤssigkeit, welche destillirt werden soll. Auf dem Ende der
Roͤhren ist ein Kessel angebracht, der einem anderen Kessel als Huͤlle
und als Stuͤze dient, in welchen die Fluͤssigkeit gebracht wird, die
destillirt werden soll. Der erste Kessel ist also nichts anderes als ein Wasserbad,
in welchem die Fluͤssigkeit verschieden, bald Wasser, bald Salzaufloͤsung, bald Oehl etc.
seyn kann. Der ganze aͤußere Theil dieses Apparates ist mit schlechten
Waͤrmeleitern eingehuͤllt. Nach vielen Versuchen, die der Hr.
Verfasser in einem eigenen Werke: Ensaio sobre a econemia dos
combustiviis (Versuch uͤber Ersparung des Brennmateriales)
beschrieben hat, soll dieser Ofen in Hinsicht auf Ersparung des Brennmateriales
jedem anderen bisher gebrauchten Ofen vorzuziehen seyn. Die Resultate blieben, wenn
auch die Groͤße desselben geaͤndert wurde,
verhaͤltnißmaͤßig immer dieselben, was selbst bei den vollkommensten
Apparaten dieser Art, auch bei jenen des Grafen Rumford, nicht der Fall ist. Man
erspart dabei um 40 bis 50 p. C. mehr an Brennmaterial, als an jedem anderen Ofen.
Die Ersparung haͤngt hier von dem Waͤrmestoffe ab, der durch die
Verbrennung im Ofen erzeugt wird, waͤhrend sie bei den uͤbrigen
Apparaten nur von jenem Waͤrmestoffe abhaͤngt, der in die zu
destillirende Fluͤssigkeit uͤbergeht: auf diese Weise muß dieser
Apparat natuͤrlich wohlfeiler seyn.
Im zweiten Kapitel untersucht Hr. Araujo den Bau des
Kessels und die zwekmaͤßigste Form desselben. Er gibt dem Kessel, so wie die
besten Schriftsteller es empfehlen, eine große Oberflaͤche am Boden, so daß
die Fluͤssigkeit nur eine duͤnne Schichte uͤber demselben
bildet, und laͤßt die Oeffnung fuͤr die Daͤmpfe sehr weit.
Dadurch erhielt er Resultate, die seine Erwartungen uͤberstiegen. Er hat
seinen Kessel schon im J. 1799 auf diese Weise gebaut, und hat zeither erfahren, daß
man sich seines Systemes zum Theils auch in Schottland bedient, wo man mit Kesseln,
die den seinigen aͤhnlich sind, 20 Destillationen in Einer Stunde macht. Da
er glaubte bemerkt zu haben, daß der Boden, wenn er mit Unebenheiten bedekt ist,
noch besser arbeitet, so meint er, daß es gut waͤre, wenn man kleine sich
schlaͤngelnde Roͤhren am Boden des Kessels anbraͤchte, die an
beiden Enden offen sind, und wo ein Ende zur Aufnahme der Fluͤssigkeit
diente, welche dann waͤhrend ihres Durchganges zu dem anderen Ende allen
Alkohol fahren ließe.Wie wird es aber hier mit der Reinigung gehen? A. d. Ue. Er behaͤlt sich vor, andere Formen von Destillirapparaten, und andere
neue Destillirmethoden, die er pruͤfen will, in der Folge zu beschreiben. Er
schließt dieses Kapitel mit Bemerkungen uͤber die von Chaptal behauptete Thatsache, daß, nach Adam's
Verfahren, mehr Weingeist aus dem Weine erhalten wird, was Chaptal dem hoͤheren Grade von Waͤrme zuschreibt. Er neigt
sich beinahe zu dieser Meinung hin, oder wuͤnscht wenigstens, daß
vergleichende Versuche hieruͤber angestellt wuͤrden, damit man
wuͤßte, woran man sich zu halten hat. Er stuͤzt seine Meinung auf eine
Mittheilung, die ein
Irlaͤnder, welcher Wein fuͤr England zurichtete,Die Weine, die man in England die Flasche zu Preisen trinkt, wofuͤr
man in Ungern ein ganzes Faß des edelsten reinen Weines haben hann, sind
alle verfaͤlscht, zugerichtet mit
Brantwein und Gewuͤrzen. Man kann sagen, daß der reiche
Englaͤnder nicht weiß, was Wein ist; das weiß der Pole und Russe
besser, der bloß ungrische und franzoͤsische Weine kauft, aber keine
portugiesischen. A. d. Ue. ihm als Geheimniß anvertraute. Dieser Irlaͤnder versicherte ihm, daß,
wenn man Asche und Kochsalz waͤhrend des Destillirens in die zu destillirende
Fluͤssigkeit wirft, man weit mehr und weit besser schmekenden Brantwein
erhaͤlt. Hr. de Araujo Travassos suchte sich diese
Thatsache Anfangs durch den Umstand zu erklaͤren, daß die in der Asche
enthaltene Potasche die Saͤuren im Weine saͤttigt; spaͤter aber
schien es ihm, daß dieß wohl von der erhoͤhten Temperatur der
Fluͤssigkeit herruͤhren koͤnnte. Wenn diese Ansicht die
Oberhand gewinnen sollte, so muͤßte man gestehen, daß die
Destillirgefaͤße der Alten nicht gar so widersinnig waren, als man sie
ausgab, und daß also Adam, Berard und Chaptal selbst sich denselben mit Recht wieder
naͤherten.
Der Verdichter, der den Gegenstand des dritten Kapitels bildet, hat eine große
Aehnlichkeit mit den neuesten franzoͤsischen Verdichtern. Eine Roͤhre,
die nur den vierten Theil des Durchmessers des Kessels hat, die aber 20 bis 30 Mal
laͤnger ist, wird an den oberen Theil des Kessels angesezt, der gleichfalls
mit schlechten Leitern umgeben ist. Er ist beinahe horizontal, und innenwendig durch
senkrechte Scheidewaͤnde abgetheilt, die in der Mitte und etwas uͤber
derselben offen sind, damit der Dampf in die Zwischenraͤume eindringen kann,
nicht aber die dahin geleitete Fluͤssigkeit. So wie die Fluͤssigkeit
sich erhizt, verdichtet sich der entwikelte Alkoholdampf in dem naͤchsten
Zwischenraume, und so fort. Der Ruͤkstand wird durch eine Roͤhre
abgeleitet, die mit einem Hahne versehen ist, und gelangt so in abgesonderte
Recipienten, oder in den Kessel. Eine einzige Destillation gibt in dem lezten
Zwischenraͤume hoch rectificirten Alkohol, und in den uͤbrigen
Zwischenraͤumen mehr oder minder geistige Fluͤssigkeiten nach der
verschiedenen Temperatur des Bades, das man nach Belieben reguliren kann. Dieses
Bad, in welches man den Verdichter eintaucht, kann Wasser, oder noch besser, Wein
seyn, der in der Folge zur Destillation verwendet wird. Er vergleicht diesen Apparat
mit Berard's Verdichter, und findet denselben in der
Hinsicht besser, daß, in jenem Berard's, die
Alkoholdaͤmpfe, welche in dem Kessel gebildet werden, in ein Bad
uͤbergehen, dessen Temperatur bestaͤndig auf 70 bis 80° bleibt;
(ein Umstand, welcher durchaus nicht die Abscheidung der Alkoholdaͤmpfe von
den waͤsserigen beguͤnstigt) und erst aus diesem in eine Roͤhre
gelangen, die nur die
gewoͤhnliche Schlangenroͤhre ist, in welcher sie sich gaͤnzlich
verdichten.Das Bad des Verdichters des Hrn. Araujo Travassos
ist hingegen, wie der Verdichter selbst, in Zwischenraͤume getheilt,
in welche die Zwischenraͤume des Verdichters eintauchen. A. d. O. Das Verfahren bei der ersten Destillation ist folgendes. Man bringt Wasser
oder Wein in den lezten Zwischenraum des Bades, was mittelst einer Roͤhre
geschieht, die bis auf den Boden desselben hinabreicht. Von hier aus gelangt die
Fluͤssigkeit mittelst einer aͤhnlichen Roͤhre in den zweiten
Zwischenraum, und so von einem in den anderen. Da nun die Fluͤssigkeit in
ihren unteren Schichten einen geringeren Grad der Temperatur hat, als in den oberen,
so bleibt sie in dem lezten Zwischenraume kalt, waͤhrend sie in dem ersteren,
zunaͤchst am Kessel, beinahe bis zur Siedehize erhizt wird. Wenn Wein als Bad
gebraucht wird, so werden die Daͤmpfe, die sich bilden, durch Roͤhren
in die Zwischenraͤume des Verdichters geleitet; der Rest kommt zu einer
spaͤteren Destillation in den Kessel. Wenn es Wasser ist, so dient es als
Wasserbad fuͤr den Verdichter, den es erhizt und in welchem es die
Destillation eines Theiles von Wein erzeugt, dessen Rest bei einer naͤchst
folgenden Destillation wieder in den Kessel kommt.
Das Gefaͤß, welches als Bad dient, ist oben vollkommen geschlossen, und seine
ganze Oberflaͤche ist, wie alles Uebrige an dem Apparate, mit schlechten
Waͤrmeleitern umgeben. Die Hize, welche durch das Verbrennen des
Brennmateriales entsteht, wird fast ganz von dem Kessel aufgenommen, waͤhrend
jene, die dem Verdichter durch die Daͤmpfe mitgetheilt wird, welche aus
diesem Kessel aufsteigen, und die von da in das Bad gelangt, sich fortschreitend aus
einem Zwischenraume in den anderen begibt, bis sie in den ersten gelangt, wo sie zu
einer zweiten Destillation dient.
Der Hr. Verfasser glaubt, wo er am Ende Betrachtungen uͤber die Menge
Waͤrmestoffes anstellt, welche das Wasser, nach Watt, fahren laͤßt, und den zu destillirenden Wein als Wasser
betrachtet, daß man im Winter bei der Destillation mit Wein verdichten kann, der zur
folgenden Destillation dient. Wenn er nicht wirklich zu diesen Resultaten gelangte,
indem man in der Praxis keine Gefaͤße anwenden kann, die fuͤr den
Waͤrmestoff undurchdringlich waͤren, so hat er sich denselben doch
sehr genaͤhert. Er schließt seine Abhandlung mit einer Auseinandersezung der
Vortheile, welche sein Verdichter vor jenen Berard's und
Adam's voraus hat. Der Unterschied, der durch die
Groͤße der Leitungsroͤhre der Daͤmpfe entsteht, welche aus dem
Kessel aufsteigen, koͤnnte vielleicht verschwinden, wenn es erwiesen
waͤre, daß die zwekmaͤßigste Form in einer Verminderung des
Durchmessers dieser Roͤhre besteht; und dann waͤre das
Destillirgefaͤß des Hrn. Araujo Travassos
eines derjenigen, das
sich am meisten jener Vollkommenheit naͤhert, die sich erwarten
laͤßt.