Titel: Anzeige einer neuerfundenen Bauart von Eisenbahnen, Wagen und fortschaffenden Maschinen, durch welche der Transport von Waaren aller Art, so wie von Reisenden und Brief-Felleisen mit der größten Schnelligkeit, und dabei leichter, bequemer und wohlfeiler als durch die bis jezt bekannten Vorrichtungen bewirkt werden kann. Von Joseph Ritter von Baader, königl. bayerischer Oberst-Bergrath.
Autor: Honorar-Prof. Dr. Joseph Baader [GND]
Fundstelle: Band 41, Jahrgang 1831, Nr. I., S. 1
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I. Anzeige einer neuerfundenen Bauart von Eisenbahnen, Wagen und fortschaffenden Maschinen, durch welche der Transport von Waaren aller Art, so wie von Reisenden und Brief-Felleisen mit der groͤßten Schnelligkeit, und dabei leichter, bequemer und wohlfeiler als durch die bis jezt bekannten Vorrichtungen bewirkt werden kann. Von Joseph Ritter von Baader, koͤnigl. bayerischer Oberst-Bergrath. Baader, Anzeige uͤber neuerfundenen Bauart von Eisenbahnen etc. Die glaͤnzenden Erfolge der neuesten Eisenbahn zwischen Liverpool und Manchester haben die allgemeine Aufmerksamkeit erregt und den Unternehmungsgeist zu aͤhnlichen großen Unternehmungen in England, Frankreich und in den Nordamerikanischen Freistaaten von Neuem erwekt. Die Idee, beladene Wagen auf Eisenbahnen durch Dampfmaschinen fortzuziehen, ist zwar nicht neu, und die ersten Dampfwagen (locomotive Engines) sind in England schon vor zwanzig Jahren gebaut und versucht worden; allein die meisten dieser fruͤheren Versuche mißlangen, oder gaben kein befriedigendes Resultat, da diese Maschinen so plump und schwer waren, daß der groͤßte Theil ihrer Bewegungskraft auf die Fortwaͤlzung ihrer eigenen Last, welche mit dem erforderlichen Vorrath von Wasser und Brennmaterial 200 bis 260 Centner betrug, verwendet werden mußte, folglich fuͤr die eigentlich beabsichtigte nuzbare Wirkung nur Wenig uͤbrig blieb, und da die eisernen Geleiseschienen und ihre Unterlagen, um so ungeheuere Lasten ohne Beschaͤdigung zu ertragen, so stark gemacht werden mußten, daß die Kosten der ganzen Anlage bedeutend vermehrt wurden. Dabei war auch der Gang dieser Maschinen noch viel zu langsam, indem sie auf ganz horizontalen Bahnen nicht mehr als 5 bis 5 1/2 englische Meilen (ungefaͤhr zwei bayerische Stundenlaͤngen) in einer Stunde zuruͤkzulegen vermochten. Der vorzuͤglichste Zwek, den Transport wohlfeiler und schneller zu machen, als es durch Pferde moͤglich ist, ward daher durch diese Dampfwagen nicht erreicht, und so ist es denn kein Wunder, daß im Ganzen die Vorliebe fuͤr die Eisenbahnen in jenem Lande damals wieder etwas erkaltete, und die meisten jener Gesellschaften, welche sich in den Jahren 1824–1825 zur Ausfuͤhrung eines allgemeinen Systemes von Eisenbahnen durch das ganze Koͤnigreich gebildet hatten, sich wieder aufloͤsten. Unterdessen ließ eine der bedeutendsten von jenen Actien-Gesellschaften, welche den kuͤhnen Entschluß gefaßt hatte, eine Eisenbahn mit Dampffuhrwerk zwischen Liverpool und Manchester neben dem eintraͤglichsten aller Kanaͤle in England, dem beruͤhmten Kanale des Herzogs von Bridgewater, fuͤr den Transport aller Waaren und Producte, so wie der Reisenden, herzustellen, weder durch das Mißlingen jener ersten Versuche, noch durch die Umtriebe der Kanal-Gesellschaft, welche Himmel und Erde zu bewegen suchten, um bei dem Parlamente die Bewilligung zur Ausfuͤhrung jener Eisenbahn zu hintertreiben, von der Verfolgung ihres großen Planes sich abschreken. Die Directoren dieser Gesellschaft sezten einen Preis von 500 Pfund Sterling auf die Erfindung und Herstellung verbesserter Dampfwagen, welche mit einer leichtern und wirksameren Construction die groͤßte Schnelligkeit der Bewegung verbaͤnden, und sie erreichten hiedurch ihren Zwek auf eine Art, welche ihre eigenen Erwartungen uͤbertraf, indem schon im Monat September des vergangenen Jahres auf einer damals schon fertigen Streke ihrer Eisenbahn ein interessantes Wettrennen von fuͤnf verschiedenen um den ausgesezten Preis concurrirenden Maschinen Statt fand, von welchen die unvollkommenste noch mehr leistete, als die Bedingungen der Aufgabe gefordert hatten. Die groͤßte Schnelligkeit, welche man mit den verbesserten Maschinen zu erreichen gehofft hatte, war 12 englische Meilen (gegen 5 1/2 Stundenlaͤngen) in einer Stunde. Die besten derselben, der Novelty und der Rocket, liefen indessen bei dieser Probe mit einer mehr als doppelten Geschwindigkeit, indem sie eine große Anzahl von Personen auf angehaͤngten Reisewagen mit einer Schnelligkeit von 30 englischen (6 1/2 deutschen) Meilen in der Stunde fortzogen; was dem Laufe eines guten Rennpferdes gleich kommt. Jezt gehen bereits mehr als zwanzig dieser Dampfwagen auf der vollendeten Eisenbahn zwischen Liverpool und Manchester taͤglich mehrere Male hin und her, und dieser Weg, welcher 35 englische Meilen (uͤber 15 Stundenlaͤngen) mißt, wird mit Guͤtern und Reisenden jedes Mal in 1 3/4, hoͤchstens 2 Stunden zuruͤkgelegt, waͤhrend die gluͤklichste Schifffahrt auf dem Kanale von Bridgewater und dem Mersey-Flusse 36 Stunden Zeit erfordert. So wurde unlaͤngst die ganze Ladung eines zu Liverpool aus Amerika angekommenen Schiffes hundert Minuten, nachdem sie an der Kuͤste ans Land gebracht war, durch die Dampfwagen vor den Magazinen in Manchester abgeladen. Die Anzahl der Reisenden nimmt auf dieser Eisenbahn bei der außerordentlichen Schnelligkeit, Bequemlichkeit und Wohlfeile des Transports taͤglich zu. Vierzehn trefflich eingerichtete Eilwagen, welche auf der im besten Stande unterhaltenen Chaussée taͤglich ein Paar Male denselben Weg machten, sind schon in den ersten Monaten nach Eroͤffnung der Eisenbahn eingegangen, weil sie mit dieser die Concurrenz nicht bestehen konnten. Man hat berechnet, daß durch die Abschaffung der Pferde, welche zum Dienste dieser Postwagen unterhalten werden mußten, eine zu große Flaͤche Landes fuͤr den Anbau von Getreide gewonnen worden ist, als zur Nahrung von 252 Familien hinreicht. Nach einer aͤhnlichen Berechnung wuͤrden durch 10,000 solcher Dampfwagen, wenn diese auf Eisenbahnen uͤberall eingefuͤhrt waͤren, alle Postwagen in ganz England entbehrlich gemacht, und das durch die Beseitigung der fuͤr diese Wagen noͤthigen Pferde gewonnene Land koͤnnte die Nahrung von 14 Millionen Menschen liefern; die Bevoͤlkerung von Großbritannien wuͤrde also mehr als verdoppelt, und der Handel und die Nation gewaͤnnen jaͤhrlich uͤber hundert Millionen Pfund Sterling. Wirklich scheint jezt jener riesenhafte Plan, nach welchem man mittelst eines nach allen Richtungen auszubreitenden Nezes von Eisenbahnen die Hauptstaͤdte London und Edinburgh mit den vornehmsten Seehaͤfen und Fabrikplaͤzen, und diese selbst unter einander verbinden will, mit neuem Eifer wieder verfolgt zu werden. Eine große Anzahl neuer Gesellschaften (Railway-Companies) hat sich seit Kurzem zu diesem Zweke gebildet, und es liegen in diesem Augenblike nicht weniger als 27 verschiedene Plane und Gesuche um Bewilligung zur Anlage von so vielen neuen Eisenbahnen vor dem Parlaments. Nach einem dieser Plane soll die reiche Fabrikstadt Birmingham allein der Mittelpunkt von fuͤnf Eisenbahnen werden, wovon eine nach London, eine nach Hull, eine nach Liverpool, eine nach Wolverhampton, und eine nach Bristol in den moͤglich kuͤrzesten Richtungen zu fuͤhren sind. Durch eine andere neue Eisenbahn soll eine gerade Verbindungslinie von Liverpool uͤber Leeds bis Hull hergestellt werden, auf welcher Guͤter und Reisende von den Seehaͤfen des Mersey bis zu jenen an der Humber, d.i. von der westlichen bis zur oͤstlichen Kuͤste Englands oder von der irischen See bis zum deutschen Meere in sechs Stunden gelangen koͤnnen. Eine aͤhnliche Verbindung dieser beiden Meere soll in Schottland mittelst einer neben dem seit 40 Jahren bestehenden schiffbaren Kanale von Forth und Clyde zwischen den Staͤdten Edinburg und Glasgow zu bauender Eisenbahn hergestellt werden. Alle diese neuen Eisenbahnen sollen nach dem Vorbilde von Liverpool und Manchester zwei oder drei Paare von Geleisen erhalten, wovon eine Haͤlfte fuͤr das schnellste und leichteste Fuhrwerk, und die andere fuͤr die schweren Transporte bestimmt ist.Im suͤdlichen Frankreich sind zwei Eisenbahnen von bedeutender Laͤnge, zwischen Lyon und St. Etienne, und bei Roanne ihrer Vollendung nahe. Eine dritte wird im Departement de Saône et Loire bei Epinac und Autun ausgefuͤhrt, und zur Anlage einer Eisenbahn von Paris bis nach Orleans uͤber Tours auf einer Streke von 66 Lieues, dann einer anderen von Paris bis Pontoise werden bereits alle Anstalten getroffen. In den Nordamerikanischen Freistaaten betraͤgt die Laͤnge aller theils schon fertigen, theils im Baue stehenden und ihrer Vollendung nahen Eisenbahn schon uͤber 1200 Meilen. Ueberhaupt wird durch diese gluͤkliche Verbindung der maͤchtigsten aller Bewegungskraͤfte mit dem leichtesten aller Transportwege (der Dampfmaschine mit den Eisenbahnen) eine neue und hoͤchst wichtige Epoche fuͤr die inneren Communicationen aller civilisirten Laͤnder begruͤndet, deren wohlthaͤtige Folgen fuͤr den Handel, den Gewerbfleiß, den Akerbau, den oͤffentlichen Wohlstand aller Nationen noch gar nicht zu berechnen sind. Seit dem gelungenen großen Versuche von Liverpool und Manchester ist es Niemanden mehr erlaubt, die Vorzuͤge der Eisenbahnen vor den schiffbaren Kanaͤlen zu bestreiten, und ein Ingenieur, welcher noch jezt die Anlage eines Kanales als das vortheilhafteste Mittel zur Erleichterung einer inneren Communication in England vorschlagen wollte, wuͤrde sich laͤcherlich machen. Der seit mehr als einem halben Jahrhunderte bestehende Kanal des Herzogs von Bridgewater, auf welchem sich noch vor einem Jahre mehr als 24,000 Centner von Guͤtern und Waaren aller Art taͤglich zwischen Liverpool und Manchester bewegten, faͤngt an seit der Eroͤffnung der neuen Eisenbahn verlassen zu werden; das Eigenthum aller anderen Kanaͤle verliert zusehends immer mehr an Werth, und die meisten derselben haben ihre Schleußengebuͤhren schon bedeutend herabgesezt. Die Actien eines der eintraͤglichsten Kanaͤle in England, des Worcester- und Birmingham-Kanales, welche noch im Monat Julius des vergangenen Jahres auf 105 Pfund Sterling standen, waren im Monate November, sechs Wochen nach Eroͤffnung der Liverpool- und Manchester-Eisenbahn, bereits auf 80 Pfund gewichen, waͤhrend in derselben Zeit die Actien dieser Eisenbahn schon auf das Doppelte ihres urspruͤnglichen Werthes gestiegen waren. So groß indessen der Gewinn ist, welchen diese neueste Eisenbahn ihren Unternehmern abwirft, und so wenig sich an einem aͤhnlichen Gelingen aller anderen seither vorgeschlagenen Unternehmungen gleicher Art in einem Lande und in Gegenden zweifeln laͤßt, wo der innere Verkehr nach allen Richtungen, mit dem See- und großen Welthandel in unmittelbare Verbindung gesezt, die hoͤchste Stufe von Thaͤtigkeit und Lebendigkeit erreicht hat oder zu erreichen vermag, so Seitenchronologie im Druckexemplar im Bereich 5–12 durcheinander. Abfolge wurde hier korrigiert.wenig koͤnnen doch solche großartige Anlagen in der Art, wie man sie dort ausfuͤhrt, als Muster zur Nachahmung fuͤr andere Laͤnder und Gegenden aufgestellt werden, welche in ihren oͤrtlichen und commerciellen Verhaͤltnissen weniger beguͤnstigt sind. Zwar laͤßt sich nicht laͤugnen, daß die neuen Dampfwagen auf der Liverpool- und Manchester-Eisenbahn ungleich besser und vortheilhafter als jene aͤlteren schwerfaͤlligen und langsamen Maschinen construirt sind, mit denen man ehemals den Transport von Steinkohlen auf Eisenbahnen betrieben hatte, und daß man dort mittelst dieser verbesserten Dampfwagen eine bis an's Unglaubliche und Wunderbare glaͤnzende Schnelligkeit des Transportes erreicht hat. Allein hierin besteht auch der groͤßte oder vielmehr der einzige Vorzug dieser neuen Anlage, an welcher außer den genannten Maschinen fast keine anderen wesentlichen Verbesserungen angebracht worden sind; und nur dieser außerordentlichen Schnelligkeit und dem hiedurch gewonnenen ungeheueren Zudrange von Reisenden, von welchen allein der Erloͤs an Weggeld woͤchentlich 1000 Pfund Sterling betraͤgt, hat die Gesellschaft den glaͤnzenden Erfolg ihrer Unternehmung zu verdanken. Durch eine solche Einnahme werden freilich alle Kosten gedekt, und ein solcher Gewinn mag den bei der Anlage dieses praͤchtigen Werkes bis zum Luxus getriebenen Aufwand von 820,000 Pfund Sterling verguͤten, und in diesem besonderen Falle einiger Maßen rechtfertigen. Aber in jedem anderen Lande, wo keine so ungewoͤhnlichen Einnahmen zu erwarten sind, wuͤrde eine Nachahmung dieses englischen Systemes von Eisenbahnen den gaͤnzlichen Ruin ihrer Unternehmer zur unvermeidlichen Folge haben; und Niemand wird wohl in Abrede stellen, daß selbst in solchen Gegenden, welche in Hinsicht auf die Lebhaftigkeit des Handels und inneren Verkehrs aͤhnliche Vortheile darbieten, es sehr erwuͤnscht seyn wuͤrde, dieselben Resultate mit einem geringeren Kostenaufwands erhalten zu koͤnnen. Im Ganzen genommen scheint es daher, daß, ungeachtet aller der sinnreichen und zum Theile gelungenen Bemuͤhungen der englischen Mechaniker, die Eisenbahnen zu verbessern und allgemein anwendbar zu machen, diese kuͤnstlichen Straßen und ihre fortschaffenden Maschinen noch weit von jenem Grade von Vollkommenheit entfernt sind, dessen sie nach ihrem Principe faͤhig seyn muͤssen, und daß diese wichtigste aller technischen Erfindungen sich eigentlich noch in ihrer Kindheit befindet.Dieß gestehen selbst die ausgezeichnetsten englischen Ingenieure, wie z.B. Hr. Stephenson, der erste Ingenieur der Eisenbahngesellschaft von Liverpool und Manchester, welcher die Ausfuͤhrung des ganzen Werkes dirigirt, und den von den Directoren der Gesellschaft ausgeschriebenen Preis fuͤr den besten Dampfwagen erhalten hat, dessen Sachkenntniß und Unbefangenheit daher bei dieser Gelegenheit um so weniger in Zweifel gezogen werden kann, druͤkt sich am Schlusse eines im vergangenen Jahre zu Liverpool von ihm uͤber diesen Gegenstand erschienenen Werkes folgender Maßen aus: Locomotive Engines, as well as Railways, may be said to be yet in their infancy and but partially understood.“ d.h. Die fortschaffenden Maschinen (Dampfwagen), so wie die Eisenbahnen, sind wie man sagen kann, noch in ihrer Kindheit, und man versteht sie nur zum Theile.“ S. Observations on the comparative merits of locomotive and fixed Engines as applied to Railways, etc. by Robert Stephenson and Joseph Locke, civil Engineers. Liverpool; printed by Wales and Baines, p. 82. Ich glaube daher behaupten zu duͤrfen, daß alle Versuche, die Eisenbahnen als ein allgemeines Communications-Mittel im Innern aller Laͤnder und ans sehr bedeutende Entfernungen einzufuͤhren, uͤberall, besonders aber auf unserem Continent und in Deutschland, so lange scheitern werden, als man es nicht dahin gebracht haben wird, diese Bahnen mit einem maͤßigen Aufwande aller Orten mit derselben Leichtigkeit wie die gewoͤhnlichen Chausséen herzustellen, und das Fahren auf denselben in jeder Richtung eben so bequem wie auf diesen zu machen. Um diesen Zwek zu erreichen, muͤßten aber die bis jezt schon erhaltenen Vortheile in Hinsicht der Schnelligkeit und Leichtigkeit des Fuhrwerkes beibehalten, und alle Maͤngel und Unbequemlichkeiten entfernt werden, welchen die Eisenbahnen und ihre Wagen in ihrem dermaligen Zustande noch unterworfen sind. Der erste und vorzuͤglichste dieser Maͤngel besteht darin, daß die Wagen, deren Raͤder auf den eisernen Schienen eingeschlossen (en coulisse) laufen, diese Geleise nicht verlassen, folglich weder den ihnen auf derselben Bahn entgegen kommenden Wagen ausweichen, noch solche, von denen sie eingeholt werden, und welche schneller fortlaufen, an sich vorbei lassen koͤnnen. Die Vorrichtungen, deren man sich bisher bedient hat, um diese große Unbequemlichkeit zu heben: die Drehscheiben (turning-plates) und die Ausweichungs-Plaͤze oder Stuͤke von Seitenbahnen (Siding-places or Tum-outs) sind nur aͤußerst unvollkommene Huͤlfsmittel. Diese Vorrichtungen koͤnnen nur in ziemlich bedeutenden Abstaͤnden von einander angebracht werden, und sind fuͤr die zwischen diesen Punkten zusammentreffenden Fuhren, besonders bei neblichter Witterung oder zur Nachtzeit, ohne allen Nuzen. Die Anwendung und Bedienung derselben ist beschwerlich und zeitraubend; und obgleich diese Apparate, in Ermangelung besserer Mittel, ihrem Zweke fuͤr das langsamste Fuhrwerk einiger Maßen entsprechen moͤgen, so sind sie doch fuͤr schnelle Transporte ganz unbrauchbar, wegen der außerordentlichen Langsamkeit ihres Gebrauches, und wegen der Gefahr, welchen die Wagenzuͤge durch Anstoßen ausgesezt waͤren, da das Bewegungsmoment von so betraͤchtlichen Massen, welche auf so glatten Flaͤchen fortrollen, nicht so ploͤzlich getilgt, folglich ihr Lauf nicht so geschwind und leicht gehemmt werden kann, als der Gang eines einzelnen Wagens auf einer gewoͤhnlichen rauhen Landstraße. Durch die Vorrichtung zweier abgesonderter Bahnen neben einander wird zwar diese Unbequemlichkeit in Bezug auf die in entgegengesezter Richtung gehenden Wagenzuͤge gehoben; allein fuͤr die in derselben Richtung sich bewegenden Fuhren bleibt derselbe Uebelstand. Denn, wenn diese nicht in bestimmten gleichen Zeitraͤumen ihre Reise antreten, und sich nicht mit derselben gleichfoͤrmigen Geschwindigkeit bewegen, so werden die ersten Zuͤge von den nachfolgenden bald eingeholt seyn, und wenn wegen eines vorgefallenen Bruches an einem einzigen Wagen, oder wegen einer Zerruͤttung am Maschinenwerke, wegen Abgang von Wasser oder von Brennmaterial, oder wegen irgend eines andern Zufalls ein Wagenzug still zu halten genoͤthigt wird, so ist der Weg fuͤr alle nachkommenden Zuͤge versperrt. Zweitens. Da sowohl die Dampfwagen als die angehaͤngten Last- und Reisewagen, nach ihrer gegenwaͤrtigen Bauart, nur geradeaus gehen koͤnnen, und bei einer geringen, kaum sichtbaren, Abweichung der Bahn von der geraden Linie ein fuͤr die Raͤder und Schienen gleich verderbliches und den Widerstand außerordentlich vermehrendes Reiben und Zwaͤngen entsteht, so ist man genoͤthigt, die Linie einer anzulegenden Eisenbahn so gerade als nur immer moͤglich auszusteken. Da nun auf einer Streke von betraͤchtlicher Laͤnge gewoͤhnlich viele Gegenstaͤnde vorkommen, welche in die zu waͤhlende Richtungslinie fallen, und deren Wegraͤumung unmoͤglich, oder mit zu großen Kosten und Schwierigkeiten verknuͤpft waͤre, wie z.B. Staͤdte und Doͤrfer, durch welche keine eisernen Geleise fortgefuͤhrt werden koͤnnen, Landhaͤuser, Fabrikgebaͤude, isolirte Anhoͤhen, Seen oder große Teiche u. dergl., so hat man kein anderes Mittel, um diesen Hindernissen auszuweichen, als dieselben durch die sanftesten Kruͤmmungen in Bogensegmenten von den laͤngsten Halbmessern zu umgehen; und damit die Wagen auf diesen Kruͤmmungen ohne merklichen Zwang fortgebracht werden koͤnnen, muß man diese noch obendrein sehr kurz bauen, d.h. die beiden Achsen so nahe an einander anbringen, als es moͤglich ist, ohne daß die Vorder- und Hinter-Raͤder sich beruͤhren; wodurch indessen diese Wagen eine sehr unfoͤrmliche und fuͤr den Transport verschiedener Gegenstaͤnde ungeschikte und unbequeme Gestalt erhalten. Bei der Anlage der neuen Eisenbahn zwischen Liverpool und Manchester, wo man den Dampfwagen und den Diligencen eine etwas groͤßere Laͤnge zu geben noͤthig fand, ist in dieser Hinsicht als eine auf Erfahrung gegruͤndete Regel angenommen worden, daß die staͤrkste Abweichung der eisernen Schienen von der geraden Linie an keiner Stelle 4 Zoll auf 66 Fuß Laͤnge uͤberschreiten durfte, folglich das Segment eines Kreises darstellen mußte, dessen Peripherie funfzehn englische Meilen betragen wuͤrde, oder dessen Halbmesser beinahe 13,000 Fuß lang waͤre.S. An account of the Liverpool and Manchester Railway etc. by Henry Booth, Treasurer to the Company. Liverpool 1820. p. 61. Nun ist offenbar, daß durch solche ungeheuere Umwege nicht nur die Laͤnge einer zwischen zweien gegebenen Punkten herzustellenden Eisenbahn, folglich auch die Kosten ihrer Anlage und Unterhaltung, sondern in demselben Maße zugleich die Zeit und die Kosten des Transportes vermehrt werden. Drittens koͤnnen diese Wagen, nach ihrer gegenwaͤrtigen Bauart, nur auf ihren eisernen Geleisen laufen, aber uͤber gewoͤhnliche chaussirte oder gepflasterte Straßen nicht fortgebracht werden. Da sie demnach die Geleiseschienen an solchen Stellen, wo diese aufhoͤren oder unterbrochen werden muͤssen (was auf sehr langen Streken oͤfter unvermeidlich werden kann), nicht verlassen koͤnnen, so ist man genoͤthigt, die Wagen an solchen Stellen zuruͤkzulassen, und ihre Ladungen auf gewoͤhnlichen Wagen uͤber dergleichen Zwischenraͤume oder bis an den eigentlichen Endepunkt ihrer Bestimmung fortzuschaffen. Dieses wiederholte Abladen und Aufladen verursacht indessen nicht nur einen großen Zeitverlust, sondern auch außerordentliche Kosten, der Gefahren von Beschaͤdigung an kostbaren und leicht zerbrechlichen Waaren dabei nicht zu gedenken. Und wenn man auch, um diese Unbequemlichkeiten zu vermeiden, eine Eisenbahn in ununterbrochener Linie mit den groͤßten Umwegen so vorrichtet, daß alle jene Stellen vermieden werden, so sind doch noch nicht alle Beduͤrfnisse des Transportes befriedigt: denn da jene Wagen, welche von einer Stadt mit Guͤtern und Waaren ankommen, welche fuͤr ein Magazin oder fuͤr ein anderes Gebaͤude im Innern derselben bestimmt sind, so muͤssen diese Waaren vor den Thoren der Stadt auf gewoͤhnliche Karren geladen, und so an den Ort ihrer Bestimmung gefuͤhrt werden; und eben so muͤssen diejenigen Gegenstaͤnde, welche von einer Fabrik, einem Magazine oder Kaufmanns-Gewoͤlbe im Inneren der Stadt auf die Eisenbahn gebracht werden sollen, auf gewoͤhnlichen Wegen bis an dieselbe geschafft werden. Bei Versendungen von einer Stadt zur anderen wird man also zuerst laden, gleich darauf abladen und wieder aufladen, und am Ende der Reise noch ein Mal abladen, aufladen und wieder abladen, folglich alle Waaren, welche auf gewoͤhnlichen Straßen und Wagen nur ein Mal auf- und ein Mal abgeladen werden duͤrfen, sechs Mal umladen muͤssen – eine Plakerei, welche um so laͤstiger und verdrießlicher wird, je kuͤrzer die zu uͤberfahrenden Raͤume sind. Viertens. Was ins Besondere die neuen Dampfwagen oder fortschaffenden Maschinen (locomotive Engines) betrifft, deren man sich auf der Eisenbahn zwischen Liverpool und Manchester gegenwaͤrtig bedient, um sowohl schwer beladene Frachtwagen, als leichte, mit Reisenden gefuͤllte, Fuhrwerke fortzuziehen, so unterliegen auch diese noch vielen großen Maͤngeln und Unvollkommenheiten. Es ist erwiesen, daß diese Maschinen drei bis vier Mal so viel Brennmaterial zu ihrem Betriebe verbrauchen, als feststehende Dampfmaschinen (Stationary or fixed Engines) von derselben Kraft und Wirkung; und daß sie haͤufige Reparationen erfordern, folglich ihre Unterhaltung sehr kostbar ist.Zufolge eines an die Directoren der Eisenbahngesellschaft von erfahrenen Ingenieuren im Jahre 1830 erstatteten Berichtes. von welchem das sehr gediegene Repertory of patent inventions and other discoveries and improvements in arts, manufactures and agriculture, im Novemberhefte 1830, S. 299 f. einen Auszug liefert, belaufen sich die jaͤhrlichen Reparations- und Unterhaltungskosten einer solchen locomotive Engine von zehn Pferdekraͤften, mit Einrechnung des fuͤnften Theils einer zur Aushuͤlfe noͤthigen Reservemaschine (Spare Engine) jaͤhrlich auf 107 Pfund Sterling und 8 Schillinge, dann der Aufwand an Steinkohlen, an Loͤhnungen, Schmiere und dergl. auf 204 Pfund und 4 Pence; folglich kommen die saͤmmtlichen Kosten eines solchen taͤglich im Gang erhaltenen Dampfwagens auf 311 Pfund 8 1/3 Schillinge zu stehen, was in unserm Gelde gegen 3500 fl. betraͤgt. Das Gewicht dieser verbesserten Dampfwagen ist noch aͤußerst betraͤchtlich. Der leichteste derselben wiegt mit seinem noͤthigen Vorrathe von Kohlen und Wasser 80 Centner, so daß jedes Rad einen Druk von 20 Centner auf die eisernen Schienen ausuͤbt, welche daher sehr stark gebaut werden muͤssen, um von solchen Lasten nicht beschaͤdigt oder erdruͤkt zu werden. Die meisten uͤbrigen dieser Maschinen, welche man fuͤr die besten und wirksamsten haͤlt, haben (mit Kohlen und Wasser) ein Gewicht von 130 bis 140 Centner. Der von Hrn. Stephenson gelieferte Dampfwagen, Northumbrian, wiegt, ohne Wasser und Kohlen, 123 Centner, und zieht kaum etwas mehr als das Doppelte seines Gewichtes auf angehaͤngten Wagen. Ueber die kostbare Unterhaltung und den ungeheueren Aufwand an Kohlen einiger andern neueren Maschinen dieser Art haben bereits mehrere Stimmen in englischen Journalen sich erhoben. (Man sehe hieruͤber im Dingler'schen Polytechnischen Journal, ersten Januarheft, XXXIX. Bd. S. 1–3. und ersten Aprilheft, XL. Bd. S. 44–48.) Die groͤßte Unvollkommenheit dieser Maschinen besteht aber in der Beschraͤnktheit ihrer Bewegungskraft, vermoͤge welcher sie nur auf ganz horizontalen Bahnen mit Leichtigkeit und Schnelligkeit laufen, allein uͤber kleine Anhoͤhen, deren Steigen mehr als 1 Fuß auf 96 betraͤgt, nicht mehr fortkommen koͤnnen. Da man nun aͤußerst selten Gegenden antrifft, welche in einer weiten Ausdehnung von Natur so flach und eben sind, so ist man bei der Anlage einer Eisenbahn genoͤthigt, vor allen Dingen das genaueste Niveau fuͤr dieselbe ihrer ganzen Laͤnge nach durch Kunst herzustellen. Jede kleine Erhoͤhung auf ihrer Richtungslinie muß daher abgegraben, alle Vertiefungen und Niederungen muͤssen aufgefuͤllt werden; uͤber breite Thaͤler muͤssen Daͤmme oder Bruͤken von bedeutender Laͤnge und Hoͤhe erbaut werden; betraͤchtliche Anhoͤhen muͤssen durch die tiefsten und weitesten Einschnitte, oder durch unterirdische Stollen durchfahren werden. Daß aber alle diese Erd- und Mauerarbeiten einen ungeheueren Aufwand erfordern muͤssen, welcher in manchen Faͤllen die Kosten der eigentlichen Eisenbahn weit uͤbertreffen kann, ist leicht zu begreifen. So wurden z.B. bei der Anlage der neuen Eisenbahn zwischen Liverpool und Manchester, wo das Land im Ganzen flach und nur mit unbedeutenden Erhoͤhungen durchschnitten ist, auf einer Laͤnge von 32 englischen (sieben deutschen) Meilen, 59 steinerne Bruͤken von verschiedener Laͤnge und Hoͤhe, und mehrere eben so bedeutend hohe und lange Daͤmme erbaut, einige Anhoͤhen durch tiefe Einschnitte und Aushoͤhlungen, zum Theil im festesten Gesteine, durchschnitten, und zwei Stollen gegraben und ausgemauert, wovon einer unter der Stadt Liverpool durchgeht und 6750 Fuß (uͤber eine halbe Stunde) lang ist. Diese vorbereitenden, bloß zur Herstellung eines moͤglichst horizontalen Straßendammes noͤthigen Arbeiten haben zusammen, ohne den Ankauf des hiezu noͤthigen Landes und ohne die an verschiedene Eigenthuͤmer bezahlten Entschaͤdigungen, 312, 124 Pfund Sterling gekostet, waͤhrend die Herstellung der doppelt gelegten und mit der groͤßten Soliditaͤt ausgefuͤhrten Eisenbahn und ihrer steinernen Unterlagen nur 99,002 Pfund kostete.S. An account of the Liverpool and Manchester Railway etc. by Henry Booth, Treasurer to the Company. Liverpool 1830 Appendix. Dieser ungeheuere Aufwand, welchen der Bau von Eisenbahnen mit Dampfwagen nach dem gegenwaͤrtigen englischen Systeme in Anspruch nimmt, ist indessen nicht das Einzige, was man gegen dieses System einwenden kann. Es ist mit demselben noch ein anderer großer Uebelstand verbunden, wodurch in manchen Faͤllen die Anlage einer Eisenbahn, wie vortheilhaft selbe auch fuͤr ihre Unternehmer und fuͤr das Publicum im Allgemeinen zu werden versprechen mag, ungemein erschwert oder ganz unmoͤglich gemacht werden kann; ich meine die Verunstaltung einer schoͤnen, cultivirten und bevoͤlkerten Gegend durch hohe und lange Aufdaͤmmungen und durch breite und tiefe Einschnitte, die hiedurch verursachte Erschwerung der gegenseitigen Communicationen von einer Seite der Bahn zur anderen in transversaler Richtung, und die Zerstoͤrung oder Werthverminderung von kostbarem Privateigenthum. Aus diesen Gruͤnden hat sich bereits gegen die Ausfuͤhrung der vorgeschlagenen Eisenbahn zwischen London und Birmingham ein sehr maͤchtiger Verein der ansehnlichsten und reichsten Landeigenthuͤmer und Hausbesizer an der hiezu bestimmten Linie gebildet, welcher seinen Entschluß, die Bewilligung des Parlamentes zur Herstellung dieser Bahn nach allen Kraͤften zu opponiren, vorlaͤufig schon in oͤffentlichen Blaͤttern angezeigt hat;Das englische Blatt, The Times, N. 14., 453., vom 3ten Februar 1831, enthaͤlt eine oͤffentliche Erklaͤrung von 71 Guͤter-, Haͤuser- und Grund-Besizern unterzeichnet, an deren Spize die Grafen Clarenton, Essex und Harroby stehen, welche sich dazu vereint haben, der Ausfuͤhrung der vorgeschlagenen Eisenbahn zwischen London und Birmingham mit ihrem ganzen Einflusse und mit allen in ihrer Macht stehenden gesezlichen Mitteln sich zu widersezen. Es heißt in dieser Erklaͤrung unter anderm: that the system of railroads, as a general mean of communication, has not been tried and approved by sufficient experience; d.h. daß das (gegenwaͤrtige) System von Eisenbahnen noch nicht hinlaͤnglich gepruͤft und durch Erfahrung bestaͤtigt sey. – Auch wird darin behauptet, „daß diese Unternehmung nicht weniger als vier Millionen Pfund Sterling, und wahrscheinlich noch mehr kosten wuͤrde.“ In der That ist dieses auch zu erwarten, wenn die Bahn, nach dem Antrage, mit sechs Reihen von Geleisen, d.i. sechsfach gebaut werden sollte. und es ist sehr wahrscheinlich, daß durch diese Opposition die Ausfuͤhrung dieses großartigen Planes vereitelt werden, oder daß die Eisenbahngesellschaft ungeheuere Summen zu bezahlen genoͤthigt seyn wird, um die benachtheiligten Landeigenthuͤmer zu entschaͤdigen, oder ihre Gruͤnde und Besizungen um jeden Preis an sich zu bringen. Durch einen neunjaͤhrigen Aufenthalt in England und Schottland, und durch ununterbrochen mit jenem Lande erhaltene Verbindungen mit der Construction, der Wirkung, den Vortheilen und Maͤngeln der Eisenbahnen und der dazu gehoͤrigen Fuhrwerke und Maschinen, sowohl nach ihrer aͤltern Bauart, als nach den neuesten Erfindungen und Verbesserungen, genau bekannt, habe ich seit 23 Jahren die moͤglichste Vervollkommnung dieser wichtigsten aller technischen Erfindungen zum vorzuͤglichsten Zweke meines Nachdenkens gemacht, und nach zehnerlei verschiedenen Entwuͤrfen, die ich nach einander ausgedacht, gepruͤft und als unbefriedigend wieder verworfen habe, ist es mir endlich gelungen, einen ganz neuen und originellen Plan zu erfinden, durch dessen Ausfuͤhrung alle hier angedeuteten Maͤngel und Unbequemlichkeiten vollkommen entfernt, und der Transport auf Eisenbahnen zu einem Grade von Leichtigkeit, Bequemlichkeit und Wohlfeile gebracht werden kann, welchen zu erreichen bisher vergeblich gesucht worden ist, und ich selbst noch vor ein Paar Jahren fuͤr unmoͤglich gehalten hatte. Die wesentlichsten Eigenschaften und Vorzuͤge dieses neuen Planes sind folgende: 1) Die eisernen Schienen sind so gestaltet, befestigt und mit einander verbunden, daß die Wagen mit der groͤßten Leichtigkeit und ohne alle merkliche Seitenreibung daruͤber fortrollen. Durch diese Verbesserung und durch eine vortheilhafter Anordnung der Wagen mit ihren Raͤdern und Achsen wird der Widerstand des Fuhrwerkes dergestalt verwinden, daß die Kraft eines guten Pferdes hinreicht, es fortzuziehen; was bei einer Ladung von 350 Centnern im starken Schritte auf horizontaler Bahn ungefaͤhr das Doppelte von der Wirkung ist, welche man auf den besten englischen Eisenbahnen gewoͤhnlich erhaͤlt. 2) Vermoͤge eines besondern Mechanismus koͤnnen die Wagen (denen man uͤbrigens jede beliebige, fuͤr den Transport verschiedener Gegenstaͤnde schiklichste Laͤnge und Form geben kann) so wie die fortschaffenden Maschinen jeder Kruͤmmung einer Eisenbahn folgen, und mit der groͤßten Leichtigkeit auf Bogensegmenten von dem kuͤrzesten Radius, z.B. von 36–40 Fuß, sich bewegen. Hiedurch wird man in Stand gesezt, bei der Ausstekung der Richtungslinie einer solchen Eisenbahn alle natuͤrlichen Vortheile eines guͤnstigen Terrains zu benuzen, und allen Gegenstaͤnden, welche nicht entfernt werden koͤnnen, durch sehr kurze Umwege auszuweichen, ohne daß man noͤthig hat, Anhoͤhen und Huͤgel zu durchstechen. Thaler auszufuͤllen, oder durch hohe Daͤmme oder Bruͤken zu uͤberfahren, oder Stollen durch Berge zu graben, um eine geradlinige Richtung zu erhalten; und so koͤnnen alle jene Hindernisse leicht vermieden werden, welche nach dem gewoͤhnlichen Systeme nur mit dem ungeheuersten Aufwande aus dem Wege geraͤumt, oder durch die laͤngsten Kruͤmmungen umgangen werden koͤnnen. 3) Meine Wagen sind so gebaut, daß selbe ohne die geringste daran vorzunehmende Veraͤnderung, und ohne alle Schwierigkeit oder Aufenthalt, die Eisenbahn an solchen Stellen, wo diese aufhoͤrt oder unterbrochen werden muß, verlassen, und, wie jedes andere Fuhrwerk, auf einer gewoͤhnlichen Landstraße oder uͤber Steinpflaster fortgebracht werden koͤnnen, so daß alle Gegenstaͤnde von dem Orte, wo sie geholt werden, bis an die Stelle, wo selbe abzusezen sind, auf denselben Wagen gepakt bleiben, ohne daß man auf der laͤngsten Fahrt und bei den haͤufigsten Unterbrechungen der Eisenbahn nur ein einziges Mal umladen darf. 4) Alle diese Wagen, so wie meine neuerfundenen Fortschaffungsmaschinen koͤnnen, mittelst einer sehr einfachen Vorrichtung, jeden Augenblik und an jeder beliebigen oder erforderlichen Stelle aus den Geleisen der Eisenbahn zur Seite auf die daneben befindliche gewoͤhnliche Straße, wenn die Bahn einfach, oder auf das Seitenchronologie im Druckexemplar im Bereich 5–12 durcheinander. Abfolge wurde hier korrigiert.andere Geleisenpaar, wenn die Bahn doppelt gelegt ist, gebracht, und eben so leicht und schnell wieder auf ihren ersten Weg zuruͤkgefuͤhrt werden. Hiedurch wird die hoͤchst wichtige, und bis jezt fuͤr unmoͤglich gehaltene, Aufgabe geloͤst, daß die auf einer und derselben Eisenbahn sich begegnenden oder einholenden Wagenzuͤge, ohne besondere Ausweichungsplaͤze, Drehscheiben oder andere kaͤufliche Apparate, uͤberall und fast eben so leicht und geschwind wie auf den besten gewoͤhnlichen Landstraßen sich ausweichen oder an einander vorbei fahren koͤnnen. Diese neue Erfindung bringt daher den Vortheil, daß man fuͤr einen etwas lebhaften Verkehr, welcher nach dem gewoͤhnlichen Systeme die Anlage einer doppelten Eisenbahn erfordern wuͤrde, mit einer einfachen Reihe von Geleisen auslangen, und daß fuͤr den allerstaͤrksten Verkehr, wo man nach dem in England angenommenen Systeme vier oder sechs parallele Geleisereihen vorrichten muͤßte, eine doppelte Bahn hinreichen wird, um die schnellsten und leichten Wagen neben den schweren und langsameren Fuhrwerken so bequem und ungehindert wie auf den breitesten Chausséen fortzubringen. 5) Meine neuen Fortschaffungsmaschinen sind von allen jenen Maͤngeln und Unbequemlichkeiten frei, welchen die besten englischen Maschinen dieser Art noch unterworfen sind, und sie unterscheiden sich von den lezteren durch folgende Eigenschaften: Ihre Construction ist einfacher und solider, daher dauerhafter und Reparationen weniger unterworfen als jene der englischen Dampfwagen; und da sie auch um Vieles leichter sind,Das Gewicht dieser Wagen betraͤgt kaum die Haͤlfte von jenem der leichtesten englischen Dampfwagen; die eisernen Bahnschienen und ihre Unterlagen duͤrfen also nicht so stark gebaut werden wie in England, und es wird also auch von dieser Seite an den Kosten der ganzen Anlage sehr viel erspart. und zu ihrem Betriebe weniger Brennmaterial erfordern, so koͤnnen sie groͤßere Lasten fortziehen als die gewoͤhnlichen Maschinen von derselben Bewegungskraft, und die Kosten des Transportes werden in demselben Verhaͤltnisse geringer ausfallen. Die Schnelligkeit dieser Maschinen kann, unter gleichen Umstaͤnden, jener der gewoͤhnlichen neuesten Dampfwagen gleich gebracht werden, von den sie noch den wesentlichen Vorzug haben, daß sie unter Weges nicht so viele Zeit verlieren duͤrfen, um einen neuen Vorrath von Wasser und von Brennmaterial einzunehmen. Uebrigens findet hierbei nicht die geringste Gefahr von Explosionen Statt, und diese fortschaffenden Maschinen, so wie die uͤbrigen Wagen, sind so gebaut, daß sie nie uͤber die eisernen Geleise hinaus geworfen werden koͤnnen, was auf den englischen Eisenbahnen sehr leicht moͤglich, und auch schon oͤfter geschehen ist. Der wichtigste Vortheil dieser neu erfundenen Maschinen besteht aber in einem besonderen Mechanismus, mittelst dessen die auf denselben befindlichen Waͤrter es in ihrer Macht haben, das Kraftmoment nach der Verschiedenheit des zu uͤberwindenden Widerstandes zu reguliren und zu vermehren, z.B. von einer Kraft von 4 bis zur Kraft von 24 Pferden. Hierdurch werden diese Maschinen in Stand gesezt, mit bedeutenden Ladungen uͤber die steilsten Anhoͤhen, von 1/20 bis zu 1/12 Steigung, ohne Beihuͤlfe von feststehenden Dampfmaschinen, mit derselben Geschwindigkeit sich hinauf zu arbeiten, mit welcher die besten Dampfwagen auf der Liverpool- und Manchester-Eisenbahn ihre Ladungen uͤber Anhoͤhen ziehen, deren Steigung nur 1/96 betraͤgt. Eben so koͤnnen diese Maschinen mit den angehaͤngten beladenen Wagen uͤber die steilsten Anhoͤhen mit der vollkommensten Sicherheit ohne Sperrung oder Hemmung der Raͤder und ohne irgend eine Vorrichtung von Seilen und Gegengewichten hinab gleiten. Dabei wird aber die Wirkung der Schwere selbst auf eine nuͤzliche Weise dazu verwendet, einen neuen Zuwachs von bewegender Kraft zu gewinnen, durch welchen sodann diese Maschinen, ohne neuen oder groͤßeren Aufwand von Brennmaterial, ihren Weg auf der Ebene noch sehr weit fortsezen koͤnnen, oder welcher noͤthigenfalls zuruͤkbehalten werden kann, um das Hinansteigen uͤber die naͤchst kommende Anhoͤhe zu erleichtern. Nur bei außerordentlich steilen Anhoͤhen wird man die beladenen Wagen durch feststehende Maschinen hinaufziehen muͤssen. Auf diese Art kann eine Eisenbahn uͤber ein unebenes, mit wellenfoͤrmigen Erhoͤhungen und Vertiefungen, und mit bedeutenden Huͤgeln durchschnittenes Terrain angelegt werden; und wenn auf einer laugen Streke diese Erhoͤhungen und Vertiefungen an Zahl und Gefaͤlle nur ungefaͤhr gleich sind, so wird das Steigen und Fallen sich gegen einander dergestalt ausgleichen und compensiren, daß die Wagen zu ihrem Zuge von einem Ende der Bahn zum anderen nicht viel mehr Zeit, und im Ganzen keinen groͤßeren Aufwand von Bewegungskraͤften beduͤrfen, als wenn selbe auf einer unterbrochen horizontalen Bahn fortliefen. So werden also alle, oder doch die meisten von jenen kostbaren Erd- und Mauerarbeiten erspart, welche bei der gewoͤhnlichen Ballart unvermeidlich sind, und folglich wird die Herstellung einer solchen Eisenbahn in den meisten Faͤllen weniger als die Haͤlfte der Summen kosten, welche fuͤr die Anlage einer nach englischer Art ausgefuͤhrten Eisenbahn erfordert werden. Die Zurichtung des Straßendammes fuͤr eine solche Eisenbahn wird nicht mehr Schwierigkeiten und Kostenaufwand verursachen, als die Bildung des Dammes einer gewoͤhnlichen guten Chaussée; und, wo eine solche von hinlaͤnglicher Breite und in der gehoͤrigen Richtung vorhanden ist, kann auf dieser selbst eine einfache oder doppelte Eisenbahn an einer Seite oder an beiden Seiten angebracht, folglich der Aufwand der Formirung eines eigenen Straßendammes gaͤnzlich erspart werden. Ich glaube mir schmeicheln zu duͤrfen, durch diese Erfindung oder vielmehr durch diese Reihe von zusammenhaͤngenden neuen Erfindungen, welche von Allem, was bis jezt in diesem Fache geleistet, versucht und bekannt worden ist, so wie von den in meinem 1822 dahier erschienenen Neuen System der fortschaffenden Mechanik angegebenen und im koͤnigl. Lustgarten zu Nymphenburg im Jahre 1826 zum Theile ausgefuͤhrten Vorrichtungen wesentlich verschieden sind, und welche ich bis jezt noch Niemanden mitgetheilt habe) die Loͤsung einer der wichtigsten, aber auch schwersten Aufgaben in der Bewegungskunst: die moͤglichste Vervollkommnung und Erleichterung alles inneren Verkehres, um einen großen Schritt vorgeruͤkt zu haben; und ich zweifle nicht, daß die Eisenbahnen, deren zwekmaͤßige und vortheilhafte Anwendung, nach ihrer gegenwaͤrtigen Bauart, nur auf die reichsten Laͤnder und auf den bluͤhendsten Handelsverkehr beschraͤnkt zu seyn scheint, in diesem ihrem verbesserten Zustande als das beste innere Communicationsmittel in allen civilisirten und cultivirten Laͤndern, durch alle Gegenden und auf jede Entfernung, uͤberall, wo man sich gegenwaͤrtig gewoͤhnlicher Landstraßen zu demselben Zweke bedient, mit den auffallendsten Vortheilen eingefuͤhrt werden koͤnnen. Ich bin von der Richtigkeit meines Planes und von der Wirklichkeit aller hier angegebenen Vortheile desselben so vollkommen uͤberzeugt, daß ich keinen Anstand nehme, mit meiner Ehre und (wohlerworbenen) Reputation, und mit meinem ganzen Vermoͤgen dafuͤr zu buͤrgen. Ich glaube nicht befuͤrchten zu duͤrfen, mit der großen Zahl von Projectanten vermengt zu werden, welche, indem sie sich selbst taͤuschen. Andere betruͤgen. Ich fuͤhle aber auch, daß ich nicht erwarten kann, dieselbe Ueberzeugung Anderen einzufloͤßen, welche meine Erfindungen noch nicht kennen, und von welchen ich es zum Theil sehr begreiflich finde, daß sie die Wirklichkeit einiger von mir hier angekuͤndigten Leistungen bezweifeln, welche ich selbst vor vier Jahren noch fuͤr unmoͤglich hielt. Ich glaube sogar, daß selbst die genauesten und vollstaͤndigsten Zeichnungen und Beschreibungen noch nicht hinreichen wuͤrden, diesen Unglauben zu besiegen, und alle, Kenner sowohl als Laien ganz zu uͤberzeugen, und daß der wahre Werth solcher neuen Erfindungen nur durch entscheidende, in einem hinlaͤnglich großen Maßstabe angestellte Versuche auf eine allgemein befriedigende Weise dargethan werden kann. Einer solchen Pruͤfung bin ich bereit mich zu unterwerfen, sobald ich die Versicherung habe, nicht nur fuͤr die damit verbundenen bedeutenden Auslagen entschaͤdigt, sondern auch fuͤr die Mittheilung meiner Erfindungen (welche im strengsten Sinne mein Eigenthum sind, es aber um so lange ausschließend bleiben, als ich sie nicht bekannt mache) nach hergestelltem Beweise ihrer Brauchbarkeit auf eine anstaͤndige und der hohen Wichtigkeit des Gegenstandes angemessene Art belohnt zu werden. Regierungen, Gesellschaften und Privatpersonen, welche fuͤr Unternehmungen dieser Art sich interessiren, oder von diesen meinen Erfindungen Gebrauch zu machen wuͤnschen, werden daher gebeten, sich unmittelbar an mich zu wenden, um die billigsten Bedingungen festzusezen, unter welchen ich erboͤtig bin, Sie in Stand zu sezen, Eisenbahnen, Wagen und fortschaffende Maschinen nach meinem Plane vollstaͤndig und ohne alle Schwierigkeit herzustellen. Muͤnchen, den 1. Junius 1831. Zusaz der Herausgeber des Polytechnischen Journals. Wir haben die hohe Wichtigkeit der Eisenbahnen schon laͤngst erkannt, und in unserem Polytechn. Journale seit dessen Entstehen alle hierauf sich beziehenden Nachrichten, Verbesserungen und neuen Erfindungen unseren Lesern so schnell und vollstaͤndig als moͤglich mitgetheilt. Wir sind fest uͤberzeugt, daß es gegenwaͤrtig im Gebiete der technischen Mechanik keinen wichtigeren Gegenstand gibt, als die moͤglichste Vervollkommnung dieser wahren und eigentlichsten Kunststraßen, und daß jeder Schritt, mit welchem diesem großen Ziele naͤher geruͤkt wird, von unschaͤzbarem Werthe ist. Wir halten uns daher verpflichtet, die vorstehende Anzeige des Hrn. O. B. Ritters von Baader der allgemeinen Aufmerksamkeit auf das Nachdruͤklichste zu empfehlen, da wir ihn bei seinen gruͤndlichen wissenschaftlichen und praktischen Kenntnissen, bei seinem, durch mehrere sinnreiche und gluͤklich ausgefuͤhrte Werke, erprobten Erfindungsgeiste, und bei seiner genauen Bekanntschaft mit dem englischen Maschinenwesen allerdings fuͤr den Mann halten, von welchem eine befriedigende Loͤsung einer so schweren Aufgabe zu erwarten ist. Wir gestehen zwar, daß uns selbst einige der von ihm hier angekuͤndigten Verbesserungen und neuen Erfindungen an das Unbegreifliche und Unglaubliche zu graͤnzen scheinen, und wir wuͤrden Anstand nehmen, eine aͤhnliche Ankuͤndigung von manchem anderen Techniker dem Publicum vorzulegen; allein wir sind uͤberzeugt, daß Hr. v. B. nicht mehr verspricht, als was er zu leisten sich im Stande fuͤhlt, und daß er sich nicht erbieten wuͤrde die Wirklichkeit und Vortheile seiner Erfindungen durch eine oͤffentliche Probe zu beweisen, wenn er seiner Sache nicht ganz gewiß waͤre. Wir wuͤnschen nur, daß er auf eine oder die andere Art bald in Stand gesezt werden moͤge, diesen Beweis zu fuͤhren, und daß so die Fruͤchte seines vielseitigen Nachdenkens und Bemuͤhens, welche außerdem vielleicht mit ihm zu Grabe gehen duͤrften, fuͤr das Vaterland und fuͤr die Welt gewonnen werden. Wir sind zwar der Meinung, daß Regierungen uͤberhaupt mit großen Unternehmungen dieser Art sich nicht befassen, sondern dieselben wie in England, Frankreich und Nordamerika Privatgesellschaften uͤberlassen sollten, in deren Haͤnden dieselben immer weit besser gedeihen. Wir glauben jedoch, daß in einem Lande wo dergleichen Vorrichtungen noch ganz unbekannt sind, es der Regierung und den Staͤnden des Reiches allerdings zustaͤnde, zur Einfuͤhrung derselben den ersten Impuls zu geben, und Erfindungen, welche so vielen Nuzen versprechen, zuerst in's Leben zu rufen. Eine Auslage von zwanzigtausend Gulden auf einen Versuch, dessen Resultate im wahrscheinlichen Falle seines Gelingens fuͤr das Land und fuͤr die Regierung selbst eben so viele Millionen werth seyn koͤnnen, scheint uns allerdings dem Staatszweke gemaͤß, ja von demselben geboten, und auf jeden Fall dringender zu seyn, als die Verwendung von Hundert Tausenden auf Pracht- und Luxusgebaͤude, welche keinen reellen Nuzen gewaͤhren, und hoͤchstens nur einen aͤsthetischen, oft noch bestrittenen Werth haben koͤnnen. – Man hat seit fuͤnf Jahren auf die Vorarbeiten zum Baue eines schiffbaren Kanales zwischen der Donau und dem Main, und von Muͤnchen bis an die Donau schon sehr bedeutende Summen ausgegeben, welche gegenwaͤrtig rein verloren sind, da seit den neuesten Fortschritten im Baue der Eisenbahnen und ihrer fortschaffenden Maschinen von der Ausfuͤhrung eines solchen Projectes nicht mehr die Rede seyn kann, wenn wir uns nicht vor der ganzen Welt laͤcherlich und mit dem Kanalbau in Bayern zu einer Zeit den Anfang machen wollen, da man diese kuͤnstlichen Wasserstraßen in England, wo diese schon lange bestehen, und auf die vortheilhafteste Art betrieben wurden, aufzugeben und zu verlassen anfaͤngt. Warum soll jezt nicht ein gleicher Aufwand fuͤr die ersten Vorarbeiten zur Herstellung jener wuͤnschenswerthen Verbindungen durch Eisenbahnen gebilligt werden, nachdem es allgemein anerkannt ist, daß alle staatswirthschaftlichen Zweke, welche man durch Kanaͤle nur mit den ungeheuersten finanziellen Opfern zu erreichen hoffen darf, durch verbesserte Eisenbahnen nicht nur ohne alle solche Opfer, sondern mit einem bedeutenden Gewinn fuͤr die Unternehmer, und dabei ungleich besser, vollkommener und schneller zu erhalten sind? Man wende nicht ein, durch den vor fuͤnf Jahren zu Nymphenburg angestellten Versuch sey dieser Forderung bereits Genuͤge geschehen, und der Beweis geliefert worden, daß die Baader'schen Erfindungen nicht allen Erwartungen entsprachen, und daß Eisenbahnen uͤberhaupt zu jenen Zweken wenigst taugen als Kanaͤle. Die gegenwaͤrtige Frage ist durch jenen Versuch durchaus nicht entschieden; denn abgesehen davon, daß der uͤber die dortigen Vorrichtungen an die Regierung erstattete Bericht, in geradem Widerspruche mit dem Urtheile anderer Sachverstaͤndigen, das offenbarste Gepraͤge persoͤnlicher Befangenheit an sich trug, muͤssen wir bemerken, daß jezt nicht mehr von den dortigen zur Probe dargestellten, noch von den damals in England eingefuͤhrten Eisenbahnen, sondern von einem ganz neuen und verschiedenen Systeme, von neuen in England und von Ritter v. Baader erst, seither gemachten Verbesserungen und Erfindungen, und hauptsaͤchlich von Anwendung der Dampfkraft statt der Zugpferde die Rede ist, an welche man damals noch nicht gedacht hatte, und wodurch die Vorzuͤge der Eisenbahnen in Hinsicht auf Leichtigkeit, Bequemlichkeit, Schnelligkeit und Wohlfeilheit des Transportes nicht nur von allen Arten von Waaren und Producten, sondern auch von Reisenden und Briefposten, eine ungleich hoͤhere Stufe erreicht haben. Wir zweifeln auch nicht im Geringsten, daß wenn alle diese Vorzuͤge durch einen vollstaͤndigen, in hinlaͤnglich großem Maßstabe ausgefuͤhrten Versuch auf eine sinnliche, Jedermann einleuchtende Weise dargestellt, und der mit der Ausfuͤhrung und dem Betriebe solcher Kunststraßen zu erhaltende Gewinn erwiesen seyn werden, es auch in Bayern nicht an Kapitalisten fehlen wird, welche sich zu Actiengesellschaften nach dem Beispiele von England, Frankreich und Nordamerika vereinigen werden, um solche Eisenbahnen auf eigene Rechnung auszufuͤhren. Der Geist der großartigen und nuͤzlichen Unternehmungen, der Geist unserer Fugger und Welser wird wieder erwachen; Millionen von Thalern, welche jezt groͤßten Theils nur zu dem unedlen gefaͤhrlichen und fuͤr das Allgemeine stets verderblichem Papierspiele mißbraucht werden, oder todt in den Kassen ihrer Besizer liegen, werden, zu solchen gemeinnuͤzigen Anlagen verwendet, durch hundertfaͤltige Zinsen uͤber das ganze Land wohlthaͤtig sich verbreiten, unsere Kraͤmer werden Kaufleute werden, und unsere Kapitalisten werden, indem sie sich selbst noch mehr bereichern, den Akerbau, den Gewerbfleiß, den Handel, den eigentlichen Nationalreichthum befoͤrdern. Auch unsere Grundbesizer werden dabei gewinnen. – Guͤter, welche mit dem groͤßten Ueberflusse von Naturerzeugnissen gesegnet, gegenwaͤrtig fast Nichts eintragen, weil eine zu große Entfernung von bedeutenden Staͤdten oder schiffbaren Fluͤssen ihren Absaz erschwert oder unmoͤglich macht, werden in ihrem Ertraͤgnisse und Werthe zwanzigfach steigen. – Bei einem zufaͤlligen Mißlingen der Ernten in einigen Provinzen wird dem Beduͤrfnisse derselben aus entfernten Gegenden, welche von dem Hagelschlage, von Ueberschwemmungen oder anderen ungluͤklichen Naturereignissen nicht gelitten haben, leicht abgeholfen werden, und so wird nirgends und zu keiner Zeit eine allgemeine Noth oder empfindliche Theurung entstehen koͤnnen. – Der Briefwechsel, die Mittheilung von Nachrichten und die Versendung von Zeitungen und Schriften aller Art wuͤrden eine fast telegraphische Schnelligkeit erhalten, und die Anzahl der Reisenden (in Geschaͤften und zum Vergnuͤgen) wuͤrbe auf eine unglaubliche Art sich vermehren. – Waͤre z.B. eine solche Eisenbahn auf der kuͤrzesten und vortheilhaftesten Linie zwischen Muͤnchen und Augsburg hergestellt, und gingen auf dieser taͤglich drei Eilwagen nach Ritter von Baader's Plan gebaut, zu bestimmten Stunden von beiden Staͤdten ab, so daß sie den ganzen Weg jedes Mal in weniger als drei Stunden zuruͤklegten, so waͤren diese Wagen auch jedes Mal besezt und die koͤnigliche Postadministration koͤnnte bei bedeutend verminderten Frachtpreisen vier Mal mehr als bei den gegenwaͤrtigen, zwar an sich trefflichen, aber zu wenig ausgedehnten und zu kostspieligen Diligencen und Postwagen gewinnen. Wenn dann erst vollends eine solche Eisenbahnlinie bis an die noͤrdliche Graͤnze unseres Koͤnigreichs und von da bis nach Hamburg oder Bremen fortgesezt wuͤrde (wozu die aufgeklaͤrten Regierungen und Kapitalisten Sachsens, Preußens, Hannovers und Hamburgs, als zu einer fuͤr alle gleich vortheilhaften Unternehmung gewiß gern die Haͤnde bieten wuͤrden), so waͤren wir der Nordsee um 80 Meilen naͤher geruͤkt, und Muͤnchen, Augsburg und Nuͤrnberg koͤnnten an dem großen Welthandel so nahen Antheil nehmen, als ob selbe nur zwoͤlf Stunden von jenen Seehaͤven entfernt laͤgen. Die Vortheile, welche die Verwirklichung dieses großen Planes unserem Vaterlande bringen wuͤrde, liegen außer den Graͤnzen aller Berechnung, vielleicht außer den Graͤnzen unserer kuͤhnsten Hoffnungen. Der Bau der ersten vollkommenen Eisenbahn in Bayern waͤre eine Unseres Koͤnigs Ludwig gewiß wuͤrdigere Unternehmung als die Herstellung des lezten schiffbaren Kanals in Deutschland; und die Gruͤndung einer Bayerisch-Hanseatischen Eisenbahn wuͤrde seine Regierung gerade so gut als hundert architektonische Prachtwerke und Monumente verherrlichen. – Wir haben uͤber diesen wichtigen Gegenstand uns bei jeder Veranlassung schon so oft und so bestimmt ausgesprochen, daß wir, um uns nicht zu wiederholen, unsere Leser auf das fruͤher hieruͤber Gesagte, besonders aber auf die Bemerkungen hinweisen muͤssen, welche unter den Miszellen im XXX. Bd. des polytechn. Journals, Heft 2. S. 156–160, mit besonderer Beziehung auf Bayern, enthalten sind, und wir schließen mit dem aufrichtig patriotischen Wunsche, daß diese unsere Aeußerungen nicht ewig eine Stimme des Rufenden aus der Wuͤste bleiben moͤchten. –