Titel: | Ueber Dampfmaschinen mit oszillirenden Cylindern. Von Hrn. Rudler, mechanischer Ingenieur. |
Fundstelle: | Band 41, Jahrgang 1831, Nr. XVII., S. 81 |
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XVII.
Ueber Dampfmaschinen mit oszillirenden Cylindern.
Von Hrn. Rudler,
mechanischer Ingenieur.
Aus den Annales de l'Industrie française et
étrangére: Tome VI N. 3. von 1830.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Rudler, uͤber Dampfmaschinen mit oszillirenden
Cylindern.
Die Dampfmaschinen mit oszillirenden, oder sich schwingenden Cylindern, welche in
Frankreich erst seit drei oder vier Jahren eingefuͤhrt sind, nehmen die
Aufmerksamkeit der industriellen Classen, und besonders der Mechaniker, welche sich
mit dem Baue der Dampfmaschinen beschaͤftigen, in einem hinlaͤnglichen
Grade in Anspruch, um die Bekanntmachung ihres Baues durch Zeichnungen und
Beschreibung und der Resultate der an einer derselben vorgenommenen Versuche
wuͤnschenswerth zu machen.
Diese Maschinen sind in Frankreich zuerst durch zwei geschikte Mechaniker, die Herren
Manby zu Charenton und Hallette zu Arras verfertigt, aber von denselben bald wieder aufgegeben
worden, vermuthlich weil sie mit den erhaltenen Resultaten nicht zufrieden
waren.
Seit dieser Zeit haben die Herren Bruͤder Cavé eine Anstalt errichtet, in welcher sie viele dergleichen
Maschinen, sowohl fuͤr Fabriken- und Muͤhlenwerke, als
fuͤr Dampfbothe verfertigen; aber kein anderer Mechaniker hat sich bisher
damit beschaͤftigt.Das polyt. Journ. hat in seinem ersten Juliushefte von 1828, S. 12–15,
die erste Beschreibung und Abbildung einer solchen Maschine von den HHrn.
Cavé aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhausen
geliefert. Auch der Mechanikus Egells in Berlin
hat. eine Maschine mit oszillirendem Cylinder gebaut, und sich darauf in
Preußen ein Patent geben lassen. Die Abbildung dieser Maschine befindet sich
im ersten Theile der Abhandlungen der Koͤnigl. Preuß. technischen
Deputation fuͤr Gewerbe. A. d. R.
Wir wollen zuerst die beigefuͤgten Zeichnungen erklaͤren, und dann die
verschiedenen Resultate berichten, welche man mit dieser Maschine erhalten hat.
Beschreibung der Kupfertafeln.
Fig. 1. ist
eine Ansicht der Maschine von Vorne;
Fig. 2. ein
Vertikaldurchschnitt durch die Achse der Maschine;
Fig. 3.
Grundriß oder Ansicht von Oben.
Dieselben Buchstaben bezeichnen dieselben Theile in den drei Figuren.
Die Maschine mit oszillirendem Cylinder steht auf zwei massiven Mauern A, A, auf welchen eine große Grundplatte von Gußeisen
B liegt, in welcher vier Saͤulen, C, C, befestigt sind, welche eine gemeinschaftliche
Deke, D, oben mit einander verbindet. In den Mauern sind
vier große Stangen befestigt, deren jede durch eine Saͤule geht, und welche
so die Grundplatte, die Saͤulen und die Dekefest zusammen halten.
Auf der Grundplatte sind auch zwei aufrecht stehende Leisten E, befestigt mit den Anwellen oder Lagern, welche die Zapfen des
Dampfcylinders F, aufnehmen. Auf der Deke und in
paralleler Richtung mit den Leisten E, ist das eine
Zapfenlager der Kurbelachse G befestigt.
An der Warze der Kurbel ist die Anwellbuͤchse der Kolbenstange des
Dampfcylinders und eine kleine messingene Friktionsrolle I befestigt, welche zwischen zweien auf dem Cylinder befestigten
Geleisestangen sich umdrehen und auf und nieder bewegen kann.
An der Achse der Kurbel befindet sich ein kleines Kammrad mit Zaͤhnen, die
unter einem Winkel von 45° stehen, und dieses Kammrad greift in ein anderes
von gleicher Gestalt und Groͤße ein, welches an der kleinen vertikalen Achse
M befestigt ist. In der Linie der Achse der Zapfen
des Cylinders, wo diese mit der Achse M zusammentrifft,
befindet sich ein sogenanntes Universalgelenk,Die Zeichnung dieses Gelenkes ist auf der II. Tafel Fig. 6, 7, 8. durch welches die umdrehende Bewegung der Achse M einer anderen kleinen Achse N mitgetheilt
wird, an welchem unten ein horizontales Stirnrad befestigt ist, das in ein anderes
von gleichem Durchmesser eingreift, wodurch die Achse der Steurungshahnen ihre
Bewegung erhaͤlt.
Der Dampf kommt durch das Rohr O, in die hohle Achse des
Cylinders, und communicirt von da durch zwei kupferne Roͤhren und Q mit den oberen und unteren Steurungshahnen.
In der gegenwaͤrtigen Stellung der Maschine befindet sich der Kolben am
hoͤchsten Standpunkte seines Laufes; der Dampf dringt durch die Oeffnung S in den oberen Theil des Cylinders, und treibt den
Kolben nieder, indeß der im unteren Theile des Cylinders und unter dem Kolben
befindliche Dampf durch die correspondirende Oeffnung des unteren Steurungshahnen in
die zweite hohle Achse des Cylinders und durch diese in die aͤußere Luft
entweicht.Die Erfahrung hat bewiesen, daß alle Hahnensteurungen bei Dampfmaschinen
Nichts taugen, weil die Wirbel durch die Hize oft so ausgedehnt werden, daß
sie aͤußerst schwer sich drehen lassen, oder ganz in ihrem
Gehaͤuse steken bleiben. A. d. Ue.
Der niedergehende Kolben zieht durch seine Stange die Kurbel nach, welche, indem sie sich
umdreht, den Cylinder noͤthigt, sich aus seiner vertikalen Stellung in eine
schiefe zu drehen, bis der Zapfen oder die Warze der Kurbel mit ihrer Achse in
horizontaler, auf die Kolbenstange senkrechter, Stellung sich befindet, wo sodann
der Cylinder wieder in seine erste Richtung zuruͤkkehrt, und die Kurbelwarze
ihre tiefste Stellung erreicht. Waͤhrend nun auf diese Art die Hauptachse der
Kurbel eine halbe Umdrehung vollendet hat, haben auch die beiden kleinen Achsen M und N eine halbe Umdrehung
gemacht, und diese den beiden Steurungshahnen mitgetheilt: in dieser Lage
communicirt der schraͤge Canal des unteren Hahnen mit dem Cylinder und dem
Rohre Q, und der schraͤge Canal des oberen Hahnen
mit der Atmosphaͤre durch die hohle Achse des Cylinders. Hierauf tritt der
Dampf vom Kessel in den unteren Theil des Cylinders und treibt den Kolben
aufwaͤrts, und der ober demselben befindliche entweicht nach Außen. Man sieht
demnach, daß die ruͤkkehrende oder Wechselbewegung des Kolbens im Cylinder in
eine bestaͤndige Radbewegung an der Kurbel sich verwandelt.
An der Achse des Schwungrades ist eine excentrische Scheibe angebracht, welche
mittelst eines Zaumes und einer kurzen Stange den Hebel T, und die Speisepumpe fuͤr den Dampfkessel in Gang sezt, welche
auf der II. Tafel (Fig. 4 und 5.) im Durchschnitt und
Grundrisse nach einem groͤßeren Maßstabe dargestellt ist; der Hahn Y dient dazu, die Wassermenge zu reguliren, welche durch
die Roͤhre Z in den Kessel gedruͤkt werden
soll. Die Heizer an den Dampfkesseln sind im Allgemeinen mit dieser Construction von
Speisepumpen zufrieden, da sie bequemer zu behandeln und wirksamer als die
gewoͤhnlichen, bei Maschinen mit hohem Druke angebrachten Speisepumpen sind.
Die Figuren 6,
7 und 8., Taf. II.,
stellen das allgemeine Gelenke vor.
Diese Maschine ist zuerst von der industriellen Gesellschaft von Muͤlhausen
untersucht worden.
Hr. Rudler liefert hier den ganzen Bericht des mechanischen
Ausschusses dieser Societaͤt, welcher keineswegs guͤnstig
fuͤr diese Maschine ausfiel, und von welchem wir im polyt. Journ.,
Juliusheft 1828 die Uebersezung im Auszuͤge gegeben haben; und er
faͤhrt dann fort:
Die Herren Cavé haben seit dieser Zeit keine
Versuche anstellen lassen, aus welchen Resultate hervorgegangen waͤren, die
sich von jenen der Gesellschaft unterschieden. Man hat zwar behauptet, jene Versuche
waͤren nicht mit aller moͤglichen Genauigkeit angestellt worden, und
die Maschine, mit welcher man selbe vornahm, haͤtte sich in einem schlechten Zustande
befunden. Dem sey indessen wie ihm wolle, aber ich kann hier diejenigen Versuche als
vollkommen genau und gewissenhaft anfuͤhren, die Hr. Salleron, Lohe- und Farbehoͤlzerfabrikant uͤber eine
Maschine anstellen ließ, welche die Herren Cavé
ihm als eine Maschine von 16 Pferdekraͤften verkauft hatten. Diese Versuche
sind von einem geschikten mechanischen Ingenieur zu Paris auf folgende Art
vorgenommen worden:
Man brachte an der Achse des Schwungrades einen dynanometrischen Zaum (dem bekannten
Kraftmesser durch Reibung von der Erfindung des Hrn. Prony) an, dessen beide Hebel in entgegengesezter Richtung sich das
Gleichgewicht hielten. An dem aͤußersten Ende des einen dieser Hebel war eine
Platte angehaͤngt, auf welche man Gewichte legen konnte. Die Entfernung des
Anhaͤngpunktes von der vertikalen, die Achse des Schwungrades
durchschneidenden Flaͤche war ein wenig veraͤnderlich wegen des
Spielraumes, welches man der Bewegung des Zaumes geben mußte; die mittlere
Entfernung war Mètres 55 Centimètres.
Man brachte an der Maschine einen Dezimalzaͤhler an, welcher jeden Augenblik
die Zahl der Umdrehungen des Schwungrades genau angab.
Der Kessel wurde mit einem Manometer mit zusammengedruͤkter Luft versehen, in
dessen Roͤhre eine gefaͤrbte Fluͤssigkeit die Stelle des
Queksilbers vertrat. Da diese besondere Anordnung einige Zweifel erregte
uͤber die Genauigkeit dieses Instrumentes, so glaubte man demselben ein
anderes mit Queksilber beifuͤgen zu muͤssen, dessen Skale in
Zehnteltheile von Atmosphaͤren eingetheilt war.
Da man die Probe mit verschiedenen Geschwindigkeiten der Maschine machen wollte, so
stellte man ein Pendel auf, dessen Laͤnge nach verschiedenen, vorher
berechneten, Werthen veraͤndert werden konnte, um in einer Minute eine
bestimmte Anzahl von Schwingungen zu machen, nach welchen die Geschwindigkeit der
Maschine regulirt werden konnte.
Nachdem Alles auf diese Art angeordnet war, ließ man das Feuer, welches schon seit
einiger Zeit brannte, erneuern, und ohne die Menge der schon verbrauchten Kohlen in
Anschlag zu bringen, sezte man zwei Maße von Steinkohlen, jedes von einem halben
Hectoliter, welche zusammen 80 Kilogrammen wogen, in Bereitschaft, um solche
spaͤter dem Heizer abzuliefern, und nun gab man dem Zaume eine solche
Spannung, daß seine Bewegung gleichfoͤrmig wurde.
Um 11 Uhr 45 Minuten, als der Heizer Kohlen noͤthig hatte, um das Feuer zu
unterhalten, gab man ihm die beiden erwaͤhnten Maße, mit deren Verbrauch er
sogleich begann, und zugleich sezte man den Geschwindigkeitszaͤhler, welcher auf 0 stand, mit
der Maschine in Verbindung. Ein Arbeiter, versehen mit einem Schluͤssel zum
Umdrehen der Schrauben des Zaumes, regulirte den Druk desselben, so daß die mit
Gewichten beschwerte angehaͤngte Platte zwischen den zwei Graͤnzen,
welche der Bewegung des Zaumes gesezt waren, so gut als moͤglich erhalten
wurden, ohne auf die Geschwindigkeit des Schwungrades Ruͤksicht zu
nehmen.
Ein anderer Arbeiter regulirte diese Geschwindigkeit, so genau als moͤglich,
mittelst des Hahnes an der Speisepumpe und des Pendels, deren wir oben
erwaͤhnt haben; diese Geschwindigkeit ward aber auf das Genaueste dadurch
bemessen, daß man jedes Hundert von Umdrehungen sorgfaͤltig beobachtete, wie
in nachstehender Tabelle zu sehen ist.
Diese Tabelle zeigt 1) die Stunden, Minuten und Sekunden jeder Beobachtung; 2) die
Anzahl der Umdrehungen des Schwungrades, von 11 Uhr 45 Minuten angefangen; 3) die
Spannung oder Elastizitaͤt des Dampfes nach Zehnteln einer
Atmosphaͤre; 4) die dem Heizer abgegebenen Maße von Kohlen.
Textabbildung Bd. 41, S. 85
Zaͤhler. Anzahl der
Umdrehungen des Schwungrades; Stunden, Minuten und Sekunden; Manomètres;
mit gefaͤrbter Fluͤssigkeit; mit Quersilber; Gewichte, mit welchen
die Platte beschwert ist; Beobachtungen; Man faͤngt an, die beiden ersten
Maße von Kohlen zu verwenden; man regulirt den Gang der Maschine auf 20
Umdrehungen in jeder Minute; Man gibt ein drittes Maß von Kohlen, und regulirt
die Geschwindigkeit auf 22 Umdrehungen
Textabbildung Bd. 41, S. 86
Zaͤhler. Anzahl der
Umdrehungen des Schwungrades; Stunden, Minuten und Sekunden; Manomètres;
mit gefaͤrbter Fluͤssigkeit; mit Quersilber; Gewichte, mit welchen
die Platte beschwert ist; Beobachtungen; Um 1 Uhr. 33 Minuten gibt man das
vierte Maß von Kohlen; Man gibt das fuͤnfte Maß von Kohlen, und regulirt
die Geschwindigkeit auf 18 Umdrehungen; Man gibt das sechste Maß; Man gibt das
siebente Maß; Man regulirt den Gang auf 16 Umdrehungen; Man gibt das achte Maß;
Man gibt das neunte Maß und regulirt den Gang auf 20 Umdrehungen. Um 4 Uhr 7
Minuten wird die Maschine wieder in Gang gesezt; man gibt das zehnte Maß; Das
alle Kohlen verbraucht sind, wird der Versuch beschlossen.
Man ersieht aus dieser Tabelle, daß der Versuch von 11 Uhr 45 Minuten bis 5 Uhr 5
Minuten gedauert hat, was 5 Stunden und 20 Minuten macht, wovon man jedoch
ungefaͤhr 7 Minuten abziehen muß, waͤhrend welcher die Maschine still
stand, und keine Kohlen in den Ofen gebracht wurden, obwohl die Spannung des Dampfes beinahe um eine
Atmosphaͤre gestiegen war. Die wahre Zeit des Versuches war daher 5 Stunden
und 12 Minuten. Der gesammte Verbrauch von Kohlen war dabei 400 Kilogramms, was auf
jede Stunde 77 Kilogr. betraͤgt.
Um den dynamischen Effekt, welcher waͤhrend dieses Versuches hervorgebracht
wurde, genau zu bestimmen, muß man die Zeit desselben in so viele Theile abtheilen,
als die Ladung des Zaumes veraͤndert ward. Zu diesem Behufe entwarf man eine
zweite Tabelle, in welcher man das Mittel der Anzahl von Kilogrammen, welche im
Durchschnitte in jeder Sekunde auf die Hoͤhe von 1 Mètre gehoben
wurden, in jeder der fuͤnf Abtheilungen berechnete.
Textabbildung Bd. 41, S. 87
Ordnung der Abtheilungen; Dauer in
Minuten; Anzahl der Umdrehungen des Schwungrades; im Ganzen; in der Minute;
Gewichte, welche vom Zaume gezogen wurden; Fingirte Geschwindigkeit der Bewegung
in Metres und Sekunden; Anzahl der gehobenen Kilogramme aus 1 Metre
Hoͤhe; in 1 Minute; in 1 Sekunde
Nach dieser Tabelle findet man, wenn die Kraft eines Pferdes zu 273 Dynamen in einer
Stunde angenommen wird, durch Berechnung, daß die Maschine nur die Wirkung von 14,9
Pferden bei einem Verbrauche von 77 Kilogr. von Steinkohlen in der Stunde
hervorbringen kann.
Hr. Cavé hatte sich vertragsmaͤßig
anheischig gemacht, daß seine Maschine nicht mehr als 14 Maße von Steinkohlen in 12
Stunden verbrauchen sollte, was 14 × 40 = 560 Kilogr. in 12 Stunden, oder
46,66 Kilogr. in einer Stunde fuͤr den Effekt von 16 Pferden
waͤre.Die Maschine haͤtte naͤmlich, wenn sie die Wirkung von 16
Pferden hervorgebracht haͤtte, im Verhaͤltnisse von 14,9 zu
16, statt 77 Kilogr., 88 Kilogr. in jeder Stunde zu ihrem Betriebe
noͤthig gehabt, folglich beinahe das Doppelte von Cavé's Angabe. A. d. Ue. Wenn man diese Zahlen mit den erhaltenen Resultaten vergleicht, so ist man
genoͤthigt zu erkennen, daß die in Frage stehende Maschine weit hinter den
gewoͤhnlichen Maschinen dieser Art zuruͤk steht.
Der groͤßte Fehler dieser Maschine besteht indessen in der
Ungleichfoͤrmigkeit ihrer Bewegung, wovon sich Jeder uͤberzeugt, der sie arbeiten sieht.
Derselbe Fehler findet zwar bei allen Dampfmaschinen mit Kurbeln und Kurbelstangen
Statt, aber in keinem so merklichen Grade wie bei der Maschine des Hrn. Cavé; dieser Unterschied ruͤhrt von dem
geringen Abstande zwischen dem Schwingungspunkte des Cylinders und der Kurbelachse,
und von der Laͤnge der Kurbel her. In der That, wenn man sich den Kolben in
seinem hoͤchsten Stande vorstellt, und die Bewegung der Kurbel beobachtet, so
findet man, daß, waͤhrend der Kolben bis zur Mitte seines Laufes
koͤmmt, die Kurbel einen merklich groͤßeren Bogen als von 90 Grad,
beim Herabsteigen bis zum tiefsten Punkte hingegen einen um so Vieles kleineren
Bogen beschreibt. Da nun beide Bogen mit gleich großen Raͤumen
uͤbereinstimmen, welche der Kolben durchlaͤuft, so wird die große
Unregelmaͤßigkeit der Bewegung begreiflich, welche in gewissen Faͤllen
auf die von der Maschine zu leistende Arbeit sehr nachtheilig einwirken muß.
Diesen Uebelstand hat Hr. Cavé auch vollkommen
eingesehen, und darum versieht er alle seine Maschinen mit ungeheueren
Schwungraͤdern um ihre Bewegung einiger Maßen gleichfoͤrmiger zu
machen.
Ein anderer Fehler dieser Anordnung der Dampfmaschinen, welcher die nuzbare Wirkung
derselben merklich vermindern muß, liegt in der engen Oeffnung, durch welche der
Dampf aus dem Cylinder in die aͤußere Luft entweichen muß.
Die Maschine, von welcher ich hier die Beschreibung gegeben habe, ist fuͤr
eine Maschine von 10 Pferdekraͤften verkauft worden; sie verbrannte 10 bis 11
Maße von Kohlen in zwoͤlfstuͤndiger Arbeit.
Bemerkungen des Uebersezers.
Bei einer oberflaͤchlichen Vergleichung dieser oszillirenden Maschine mit den
gewoͤhnlichen Dampfmaschinen, durch welche eine Radbewegung hervorgebracht
wird, scheint jene in Hinsicht auf Einfachheit der Construction allerdings einen
großen Vorzug vor der lezteren zu behaupten, indem hier nicht nur der Balancier,
sondern auch die Kurbelstange und alle Vorrichtungen von zusammengesezten Hebeln und
Gelenken wegfallen, die bei der gewoͤhnlichen Anordnung noͤthig sind,
um durch die geradlinichte und ruͤkkehrende Bewegung der Kolbenstange, der
Kurbel eine ununterbrochene Kreisbewegung mitzutheilen. Allein bei einer
naͤheren Betrachtung zeigt dieser Vorzug sich ganz illusorisch. Der
Widerstand, welchen ein großer Balancier oder Wagbalken durch die Traͤgheit
seiner Masse verursacht, ist gewiß nicht groͤßer als derjenige, welcher durch
das Hin- und Herschwingen des schweren Cylinders entsteht; und die Reibung an
den Achsen des Balanciers und an den Gelenken eines Watt'schen Parallelogramms ist
unstreitig weit geringer, als die an den Zapfen des oszillirenden Cylinders, denen man, weil sie hohl
sind, und um die Oeffnungen fuͤr den Durchgang des Dampfes nicht zu sehr zu
verengen, einen um Vieles groͤßeren Durchmesser geben muß. Auch wird durch
die Abnuzung an diesen hohlen Zapfen, welche nicht anders als sehr bedeutend seyn
kann, die Maschine haͤufigeren Reparaturen unterworfen, und daher von
geringerer Dauer seyn, als eine gewoͤhnliche Maschine mit feststehendem
Cylinder. Einfachheit ist allerdings eine sehr gute Eigenschaft bei allen
Maschinenwerken, und in der Regel sind die einfacheren Maschinen den mehr
zusammengesezten, unter uͤbrigens gleichen
Umstaͤnden, vorzuziehen, weil bei diesen gemeiniglich mehr Reibung
und eine schnellere Abnuͤzung als bei jenen Statt findet. Allein auch diese
Regel hat ihre Ausnahmen, und es gibt haͤufige Faͤlle, wo das
Gegentheil eintritt. Ueberhaupt ist die Complication bei Maschinen nur in so fern
nachtheilig, als hiedurch die Reibungen und Abnuͤzungen vermehrt werden, und
das Ganze zerbrechlicher wird. Eine Vorrichtung aber, die aus mehreren Theilen
zusammengesezt ist, welche wenig auszustehen haben, ist in der That dauerhafter, und
im wahren Sinne einfacher, als ein nur aus zwei oder drei Stuͤken bestehender
Mechanismus, wenn bei diesem ein außerordentlicher Druk, folglich eine sehr starke
und schnelle Abnuzung Statt findet. Ein verstaͤndiger Mechaniker sieht sich
daher oft genoͤthigt, durch Vertheilung einer betraͤchtlichen Last auf
mehrere Punkte, also durch Complizirung der Theile den Druk und die Reibungen zu
vermindern, und so seine Maschine wirksamer und dauerhafter zu machen. –
Uebrigens ist die Idee von oszillirelchen Dampfcylindern keineswegs neu. Denn schon
im J. 1815 gerieth der verstorbene Director v. Reichenbach, in Verbindung mit dem eben so geschikten als sinnreichen
Mechanikus Liebherr in Muͤnchen auf den Gedanken,
einen um seine Mitte oszillirenden Cylinder bei einer von ihm erfundenen und mit
oͤffentlich angekuͤndeter Postdampfkutsche anzuwenden, auf welcher er
in 50 Stunden von Muͤnchen nach Wien fahren wollte. –