Titel: Ueber das Durchbohren und Schneiden von Glas, Töpferwaaren etc. Von J. Marsh.
Fundstelle: Band 42, Jahrgang 1831, Nr. XIX., S. 40
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XIX. Ueber das Durchbohren und Schneiden von Glas, Toͤpferwaaren etc. Von J. Marsh.Wir sahen zwar das Verfahren des Hrn. Marsh schon in mehreren deutschen Glashuͤtten und auch von vielen Glasermeistern seit langer Zeit mit gutem Erfolge angewendet, allein fuͤr Laien in der Kunst das Glas zu behandeln duͤrfte dasselbe großen Theils neu seyn, so daß wir keinen Anstand nehmen, es hier mitzutheilen. A. d. Ue. Aus dem Register of Arts. Julius 1851, S. 125. Marsh, uͤber das Bohren und Schneiden von Glas Obschon verschiedene Methoden Glas etc. zu durchbohren, bekannt sind, so finde ich doch, daß folgendes, sehr leichtes Verfahren, dessen ich mich mit dem besten Erfolge bediene, nicht so allgemein gekannt ist, als es bekannt zu seyn verdient. Ich fuͤhle mich um so mehr zur Bekanntmachung desselben veranlaßt, als oft verschiedene Umstaͤnde zusammentreffen, unter denen es Leuten, die von groͤßeren Staͤdten entfernt leben, sehr erwuͤnscht seyn moͤchte. So duͤrfte mein Verfahren z.B. Chemikern, die an Orten leben, in welchen sie nicht alsogleich ihre verschiedenen chemischen Apparate bekommen koͤnnen, oft sehr nuͤzlich werden; ich hatte oft Gelegenheit mich zu uͤberzeugen, daß man sich mit Huͤlfe desselben auch aus zerbrochenen und unnuͤz gewordenen, haͤuslichen Geraͤthen sehr brauchbare chemische Apparate verfertigen konnte. Mein Zwek ist hier nicht, eine ausfuͤhrliche Beschreibung der verschiedenen Vorrichtungen zu geben, die man sich, wenn man das Verfahren ein Mal kennt, zur Ausuͤbung desselben verfertigen wird, und von denen ich bei einer anderen Gelegenheit ein Mal eine Reihe beschreiben werde; sondern ich will mich darauf beschraͤnken, die Methode anzugeben, nach welcher man mit Sicherheit und Schnelligkeit seinen Zwek erreichen wird. Die einzigen Werkzeuge, welche hierzu noͤthig sind, sind einige abgenuͤzte, dreikantige Handfeilen, welche, da sie meistens aus Gußstahl verfertigt sind, wenn sie geschlissen werden, eine sehr feine Spize behalten, die hier von groͤßter Wichtigkeit ist. Um denselben jedoch den gehoͤrigen Grad von Harte zu geben, muß man ihre Enden ungefaͤhr einen Zoll weit zum Rothgluͤhen erhizen, und sie dann in kaltes Wasser tauchen. Dadurch werden sie sehr hart und bruͤchig, so daß einige Sorgfalt beim Schleifen derselben noͤthig ist, wenn sie eine gehoͤrige Spize erhalten sollen. Am besten gelingt dieß auf einem gewoͤhnlichen Schleifsteine; meistens bringe ich sie aber am Ende noch auf einen feinen Oehlstein, damit die Spize sehr fein wird. – Ein walzenfoͤrmiges Stuͤk Holz von irgend einer Holzart, welches beilaͤufig 2 Zoll lang, an dem einen Ende halbrund, und nach seiner Achse auf beilaͤufig 1/10 Zoll im Durchmesser ausgehoͤhlt ist, und welches entweder an einer Schraubbank oder an einem Tische befestigt wird, bildet die einzige Stuͤze, welche erforderlich ist. Sezen wir nun z.B., man brauche ein Glas zum Bedeken der Vorderseite eines Radbarometers, in welches zuweilen eine Oeffnung fuͤr die Schraube des Nonius gebohrt werden muß; so waͤhle man sich ein geeignetes Stuͤk Glas, und mache an der Stelle, an welcher es durchbohrt werden soll, mit Tinte einen Punkt. Dann halte man das Glas mit der linken Hand horizontal auf und unmittelbar uͤber die Aushoͤhlung des oben beschriebenen Holzes, und mit der rechten Hand fasse man mit dem Zeigefinger und Daumen, gerade so wie man eine Schreibfeder haͤlt, fest eine dreiekige, auf die angegebene Weise gehaͤrtete, und fein zugespizte Feile. Nun stoße man die Stahlspize, ohne zu große Gewalt anzuwenden, wiederholt gegen den bezeichneten Punkt, der durchbohrt werden soll; in kurzer Zeit ist auf diese Weise die aͤußere Oberflaͤche des Glases entfernt, und durch Fortsezung dieses Verfahrens wird ein kegelfoͤrmiges Stuͤk der unteren Flaͤche des Glases durch die Aushoͤhlung des Holzes getrieben. Die auf diese Weise in dem Glase hervorgebrachte Oeffnung ist nie groͤßer als ein Steknadelkopf, allein man kann sie so groß machen als man will, wenn man sie uͤber die Aushoͤhlung der hoͤlzernen Stuͤze haͤlt, und mit einer feinen spizigen Feile rund um ihre Seiten ausfeilt. So kann man, wenn man ein Mal ein wenig Uebung hat, in wenigen Minuten alle Arten von Glas, vom duͤnnsten Kronenglase bis zur diksten Glasplatte, ohne alle Gefahr durchbohren; ich machte oft vier solche Oeffnungen in einem Raume von einem Quadratzolle, ohne daß ich etwas zu befuͤrchten hatte. Sollen Glaskugeln, oder der obere Theil von Weinflaschen durchbohrt werden, so ist die hoͤlzerne Stuͤze ganz unnoͤthig, indem schon die Form des Gefaͤßes dem Glase die hinreichende Staͤrke gibt. Weinglaͤser oder Sturzbecher kann man gleichfalls auf dieselbe Weise durchbohren; jedoch wende ich bei diesen meistens ein anderes Verfahren an. Man braucht dieselben naͤmlich, da sie aus weicherem Glase verfertigt werden, nur nach Art des Bohrens, in der Hand auf der scharfen Spize der Feile ruͤkwaͤrts und vorwaͤrts zu bewegen, wobei man mit etwas Schmirgel und Oehl zu Huͤlfe kommen kann. Man kann zwar alle anderen Arten von Glas auch auf diese Weise durchbohren, allein es geht nicht so schnell, als nach obiger Methode. Alle Arten von Porzellan und Toͤpferwaaren koͤnnen auf irgend eine der angegebenen Verfahrungsarten mit Sicherheit durchbohrt werden, wodurch es einem erfindungsreichen Kopfe gelingen wird, manchen Gegenstand noch gut zu verwenden, der sonst unbrauchbar geworden waͤre. Ich muß hier auch noch einer leichten Methode erwaͤhnen, nach welcher ich mit gutem Erfolge die Boden von Phiolen von den uͤbrigen Theilen etc. trenne. Ich bringe eine geringe Menge Sand oder Schmirgel in jenen Theil des Gefaͤßes, welcher unter einem Winkel aufwaͤrts gestuͤlpt ist, und befeuchte ihn mit einigen Tropfen Wasser; dann druͤke ich den befeuchteten Sand etc. mittelst eines Holzes, welches eine scharfe Spize hat, an das Glas, und drehe die Flasche oͤfter sachte um, wodurch nach und nach alle Theile des untersten Endes der Phiole mit dem Holze und dem Sande in Beruͤhrung kommen; auf diese Weise wird die Oberflaͤche schnell zerkrazt, und unmittelbar darauf bricht sie rund um den Grund der Flasche, so daß der Boden derselben wegfaͤllt. Dieß gelingt zwar nicht bei allen Arten von Flaschen, allein bei den meisten hat es guten Erfolg.