Titel: Beschreibung des Verfahrens, wodurch man dem Baumwollengarn die Nankinfarbe ertheilt, so daß der daraus gewobene Zeug dem chinesischen Nankin vollkommen ähnlich ist.
Fundstelle: Band 42, Jahrgang 1831, Nr. LVII., S. 196
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LVII. Beschreibung des Verfahrens, wodurch man dem Baumwollengarn die Nankinfarbe ertheilt, so daß der daraus gewobene Zeug dem chinesischen Nankin vollkommen aͤhnlich ist. Aus dem Dictionnaire technologique Bd. XIV. S. 295 Beschreibung des Verfahrens, wodurch man dem Baumwollengarn die Nankinfarbe ertheilt Der Nankin ist ein von Natur gelber Baumwollenzeug, welcher zu Nankin, der alten Hauptstadt China's, fabricirt und in Canton von den Kaufleuten aufgekauft und nach Europa ausgefuͤhrt wird. Man kann ihn sehr oft seifen, ohne daß er dadurch seine Farbe verliert; das Laugen hingegen veraͤndert ihn. Wir erhalten ihn in kleinen Stuͤken, welche 8 bis 10 Ellen lang und eine Drittels-Elle breit sind: ein solches Stuͤk ist gerade fuͤr ein Beinkleid hinreichend und es scheint, daß die Chinesen bei ihrer Fabrikation dieses im Auge haben. Da der Nankin waͤhrend des Revolutionskrieges außerordentlich im Preise stieg, und sehr schwer zu erhalten war, so versuchten ihn unsere Fabrikanten nachzuahmen, was ihnen auch sehr gut gelang. Das Verfahren hierzu besteht in folgendem: 1) Man nehme 150 Kilogramme (300 Pfund) Baumwollengarn in Straͤngen; so viel koͤnnen vier Arbeiter in einem Tage faͤrben. Die Menge der anzuwendenden Substanzen, so wie die Groͤße der Geraͤthe ist bei unseren Angaben fuͤr diese Quantitaͤt von Garn berechnet, und wenn man daher groͤßere Quantitaͤten davon zu faͤrben haͤtte, so muͤßte man nach Verhaͤltniß mehr von den Materialien und groͤßere Geraͤthe anwenden. 2) Der Nankin, welchen wir aus China erhalten, ist weder sehr fein, noch sehr gleichfoͤrmig, hingegen sehr ausgestofft und weich, Eigenschaften, welche besonders bei den zu Frauenzimmer-Kleidern bestimmten Zeugen gesucht sind. Um ihn vollkommen nachzuahmen, nimmt man fuͤr die Kette einen mittelmaͤßig gezwirnten Faden von No. 30 bis 32 und fuͤr den Einschuß einen noch weniger gezwirnten Faden, zwei Nummern darunter. 3) Alaunen. Um die 150 Kilogramme (300 Pfund) Baumwolle zu alaunen, braucht man 5 Kilogramme (10 Pfund) uͤbersaͤttigte schwefelsaure Alaunerde oder in Ermangelung derselben roͤmischen Alaun. Jeder andere Alaun enthaͤlt gewoͤhnlich uͤberschuͤssige Saͤure und solcher, so wie eisenhaltiger oder durch andere fremdartige Substanzen verunreinigter Alaun muß fuͤr alle zarten Farben im Allgemeinen, besonders aber fuͤr die Nankinfarbe verworfen werden. Diese Quantitaͤt Alaun ist fuͤr zwei Baͤder bestimmt. Fuͤr das eine loͤst man ihn bloß in reinem heißen Wasser auf, so daß die Aufloͤsung Einen Grad an Beaumé's Araͤometer zeigt; das zweite Bad hingegen wird mit dem Gallirungsbade verbunden. 4) Gallirung. Das Gallirungsbad bereitet man mit ungefaͤhr 40 Kilogrammen (80 Pfund) fein geriebener Eichenrinde; man kann dieselbe Rinde zwei Mal gebrauchen, wenn man das Kochen des zweiten Bades laͤnger anhalten laͤßt. 5) Man nimmt 15 Kilogramme (30 Pfund) gebrannten Kalk, welcher moͤglich frisch, d.h. weder der Luft noch der Feuchtigkeit ausgesezt gewesen ist, saͤttigt damit ungefaͤhr fuͤnf Tonnen reines Flußwasser und bedient sich derselben zum dritten Bade. 6) Salpetersalzsaures Zinn. Man nimmt zum lezten Bade 5 bis 6 Kilogrammen (10 bis 12 Pfund) salpetersalzsaures Zinn, welches sehr sorgfaͤltig bereitet seyn muß, weil es eine wichtige Rolle spielt. 5 Kilogramme (10 Pfund) moͤglichst starke Salpetersaͤure werden zu diesem Zwek mit destillirtem Wasser oder mit filtrirtem Flußwasser auf 26° Beaumé verduͤnnt; hierauf loͤst man darin allmaͤhlich 3 Hectogrammen (20 Loth) sehr weißes salzsaures Ammoniak (Salmiat) auf, oder in Ermangelung desselben eben so viel Kochsalz. Nachdem dieses Salz aufgeloͤst ist, sezt man 150 Grammen (10 Loth) sehr reinen Salpeter (raffinirten Salpeter vom dritten Sud) zu. Nachdem die Salpetersalzsaͤure so gebildet ist, laͤßt man Korn fuͤr Korn, 800 Grammen (1 1/2, Pfund) gekoͤrntes Zinn hineinfallen. Das Zinn muß sehr rein seyn: man waͤhlt dazu Stangenzinn. Diese leztere Operation muß langsam ausgefuͤhrt werden, damit das sich entbindende Salpetergas von der Fluͤssigkeit moͤglichst zuruͤkgehalten wird. Man bewahrt diese Aufloͤsung in einem vollkommen verschlossenen Gefaͤße auf. 7) Qualitaͤt des Wassers. Nicht jedes Wasser eignet sich zum Faͤrben. Man darf kein Brunnen- oder Quellwasser anwenden, welche immer einige den Beizen nachtheilige Substanzen enthalten, sondern es ist unumgaͤnglich noͤthig eine große Quantitaͤt sehr klares Fluß- oder Regenwasser zur Disposition zu haben. 8) Kupferne Geraͤtschaften. Man braucht in dem Farbhause fuͤr die angegebene Quantitaͤt Baumwolle 1) einen runden kupfernen Kessel von anderthalb Meter (4 1/3 Fuß) Durchmesser auf 8 Decimeter (2 Fuß 5 1/2 Zoll) Tiefe in welchem man die Baumwolle aussiedet; 2) zwei vierekige Kessel von anderthalb Meter (4 1/2 Fuß) Laͤnge auf 8 Decimeter (2 Fuß 5 1/2 Zoll) Breite und 5 Decimeter (1 Fuß 6 1/3 Zoll) Tiefe; sie muͤssen verzinnt seyn, weil sie die Beizen aufnehmen sollen, durch welche das Kupfer aufgeloͤst wurde. Diese Kessel sind so angeordnet, daß man um sie herum gehen kann. 9) Hoͤlzerne Geraͤtschaften. Sie bestehen bloß aus zwei Kaͤsten aus weißem Holze, wovon einer fuͤr das Kalkbad und der andere fuͤr die Zinnaufloͤsung dient: sie haben 2,2 Meter (6 Fuß 9 Zoll 3 Lin.) Laͤnge, 0,8 Meter (2 Fuß 5 1/9 Zoll) Breite und 0,35 M. (1 Fuß) Hoͤhe. In der Mitte dieser Kaͤsten und in der Richtung ihrer Laͤnge ist eine Stange angebracht, von welcher zwei und zwanzig Stoͤke ausgehen, an denen man die Baumwollenstraͤnge, wenn sie aus dem Bade kommen, auswindet. Alle diese Geraͤthe sind aus weißem Holze angefertigt, welches man vorher ausgekocht hat. 10) Die erste und wichtigste Operation beim Nankinfaͤrben der Baumwolle ist das Auskochen. Die rohe Baumwolle enthaͤlt eine gewisse Menge Oehl, weßwegen die Beizen und Farben sie nicht gehoͤrig durchdringen koͤnnen. Man muß sie daher vor Allem von diesem befreien: zu diesem Ende kocht man sie in reinem Wasser aus. Um mit groͤßerer Bequemlichkeit und Sicherheit zu verfahren, theilt man die 150 Kilogr. (300 Pfund) Baumwolle in drei gleiche Theile und nimmt sie nach einander durch die verschiedenen Baͤder, indem man mit dem Auskochen anfaͤngt. Man bringt naͤmlich die ersten 50 Kilogrammen (100 Pfund) in den in §. 8 beschriebenen Kessel No. 1, welchen man zu drei Viertel mit Wasser anfuͤllt, ehe man das Feuer in dem Ofen anschuͤrt. Man bemerkt, daß die Baumwolle in dem Maße, als das Wasser sich erhizt, gewissermaßen zusammenschrumpft und erst nachdem das Sieden eine gewisse Zeit lang anhielt, das Wasser einsaugt und auf den Boden des Kessels niederfaͤllt. Dieß ist das Zeichen, daß sie gehoͤrig ausgekocht ist. Dessen ungeachtet laͤßt man sie noch oͤfters aufkochen; hierauf nimmt man sie aus dem Kessel, laͤßt sie an der Luft abtropfen und waͤscht sie in fließendem Wasser aus. Man windet sodann die Strange aus und bringt sie auf Stoͤken in das zweite Bad. Waͤhrend dieser Zeit wird das Wasser in dem Kessel, welches zum Auskochen des ersten Theiles der Baumwolle diente, durch neues Wasser ersezt und mit der zweiten und dritten Parthie auf dieselbe Art verfahren. Das Auskochen der drei Parthien sollte des Morgens beendigt werden, damit man alle Operationen vor Einbruch der Nacht durchmachen und die Nuance der Farbe beurtheilen kann. 11) Alaunen. Diese zweite Operation besteht darin, daß man ein Alaunbad in einem der beiden vierekigen Kessel, wovon im §. 8 No. 2 die Rede war, anmacht. Bis auf einen Decimeter angefuͤllt, enthaͤlt er ungefaͤhr 480 Liter oder Kilogramme (960 Pfund) Wasser, welches man erhizt und worin man ein Kilogramm (2 Pfd.) Alaun aufloͤst. Nachdem das Bad eine Temperatur von 50 bis 60 Grad Réaumur erlangt hat, bringt man die Baumwolle auf Stoͤken hinein, um welche man die Straͤnge oͤfters circuliren laͤßt, damit sie uͤberall gleichfoͤrmig in die Beize tauchen. Man nimmt sie dann heraus und laͤßt sie einige Minuten lang uͤber dem Kessel abtropfen, worauf man sie der Luft aussezt, in fließendem Wasser auswaͤscht und auswindet. Eben so verfaͤhrt man mit der zweiten und dritten Parthie, indem man jedes Mal das verlorene Wasser ersezt und eine Portion Alaun zusezt, um das Bad auf demselben Araͤometergrade zu erhalten. 12) Gallirung. Wir haben bei No. 4 gesehen, daß man die Lohe der Gerber zum Gallirungsbade anwendet. Nachdem man den zweiten vierekigen Kessel zu ungefaͤhr vier Fuͤnftel mit Wasser angefuͤllt hat, bringt man 20 Kilogramme (40 Pfund) Lohe hinein, welche in einem (etwas weit gewobenen) Leinwandsak enthalten sind und kocht sie zwei Stunden lang: alsdann nimmt man den Sak aus dem Kessel und bringt die Baumwolle auf dieselbe Art hinein, wie vorher in das Alaunbad, laͤßt sie aber eine Viertelstunde lang darin, waͤhrend das Bad bestaͤndig kocht. Nachdem die Baumwolle auf diese Art hinreichend von der Gallussaͤure und dem Extractivstoff der Lohe durchdrungen wurde, nimmt man sie aus dem Kessel, laͤßt sie uͤber demselben abtropfen und wirft waͤhrend dieser Zeit 800 bis 900 Grammen (1 1/2, bis 2 Pfund) Alaun in das Bad. Es entsteht auf der Stelle ein sehr reichlicher brauner Niederschlag. Nachdem der Alaun zergangen ist und der Niederschlag sich auf dem Boden abgesezt hat, bringt man die Baumwolle wie das erste Mal wieder in dieses Bad, und laͤßt sie eine Viertelstunde lang darin, damit diese doppelte Beize uͤberall durchdringt; hierauf nimmt man sie aus dem Bade, laͤßt sie abtropfen, druͤkt sie aus und luͤftet sie. Sie hat alsdann eine dunkle, etwas schmuzige gelbliche Farbe. Es ist nicht noͤthig sie in fließendem Wasser auszuwaschen: man nimmt sie sogleich in das folgende Bad, nachdem sie hinreichend der Luft ausgesezt war. Dieses erste Gallirungsbad wird ganz ausgeleert und fuͤr die zweite Parthie durch ein neues, eben so bereitetes, ersezt, die man dann auf dieselbe Art behandelt. Fuͤr die dritte Parthie aber macht man das Bad auf eine andere Art: anstatt neuer Lohe, nimmt man die beiden Sake, welche zu den beiden ersten Operationen dienten und kocht sie mit einander in dem dritten Bade; im Uebrigen verfaͤhrt man eben so, wie in den beiden ersten Faͤllen. 13) Kalkbad. Das Kalkbad bereitet man folgender Maßen: man bringt 10 Kilogramme (20 Pfund) gebrannten Kalk in einen Kuͤbel und begießt ihn nach und nach mit Wasser, bis er ganz zergangen ist; man laͤßt die Masse eine Stunde lang sich sezen und gießt die klare Fluͤssigkeit ab; dieses Kalkbad wird sodann in einen der in §. 9 beschriebenen Kaͤsten gegossen, welcher vorher zu drei Viertel mit Wasser gefuͤllt wurde. Der unaufgeloͤste Kalk wird neuerdings mit Wasser uͤbergossen, bis er ganz erschoͤpft ist, worauf man das Kalkwasser in das Bad schuͤttet und dasselbe umruͤhrt. Um die beiden anderen Parthien der Baumwolle durch das Kalkbad zu nehmen, loͤscht man fuͤr jede 2,5 Kilogr. (5 Pfund) gebrannten Kalk ab und gießt die Aufloͤsung desselben in das alte Bad. Zugleich sezt man eine hinreichende Menge frisches Wasser zu, um dasjenige zu ersezen, welches ihm beim Eintauchen der ersten oder zweiten Parthie benommen wurde. Die Baumwollenstrange werden in gleicher Quantitaͤt auf die Staͤbe oder Stoͤke, wovon wir in §. 9 sprachen, gebracht und drei Mal hinter einander schnell in das Bad getaucht; diese Operation muß man mit der groͤßten Behendigkeit vornehmen, weil die Veraͤnderung der Nuͤance sehr schnell Statt findet. Nachdem die herausgenommenen Straͤnge gut abgetropft sind, taucht man sie wieder Stab fuͤr Stab in das Bad und bewegt sie darin so lange, bis sie die Carmeliterfarbe angenommen haben. Alsdann druͤkt man sie aus, waͤscht sie in fließendem Wasser und sezt sie der Luft aus. 14) Schoͤnen (Aviviren) der Farbe. Das Schoͤnungsbad macht man in dem zweiten Kasten No. 9, welchen man wie den ersten zu drei Viertel mit Wasser anfuͤllt. Man gießt eine Portion von der Zinnaufloͤsung No. 6 hinein, und ruͤhrt die Fluͤssigkeit so lange um, bis alles Wasser milchig erscheint; alsdann taucht man die Baumwolle auf dieselbe Art und mit denselben Vorsichtsmaßregeln hinein, wie zuvor in das Kalkbad; die Wirkung ist aber von der vorhergehenden sehr verschieden. Das Kalkbad macht, wie wir sahen, die Farbe der Baumwolle schnell dunkler, waͤhrend das Zinnbad sie bald blaͤsser und dabei lebendiger macht. Man muß ein Muster von nassem Nankin vor sich haben, um die Baumwolle jeden Augenblik damit vergleichen zu koͤnnen, was natuͤrlich nur am hellen Tage geschehen kann. Uebrigens ist man bei einiger Uebung und Aufmerksamkeit vollkommen Meister der Farbe, so lange sie nicht Heller als die verlangte geworden ist. Um die zweite und dritte Parthie der Baumwolle zu schoͤnen, bedient man sich desselben Bades, dem man etwas Wasser und eine geringe Menge Zinnaufloͤsung zusezt. Das so gefaͤrbte Baumwollengarn wird in fließendem Wasser ausgewaschen, ausgedruͤkt und an der Luft getroknet; man kann es sodann wie gewoͤhnliches Garn zu Zeugen verweben lassen, worauf es den chinesischen Nankin vollkommen nachahmt.Es wird kaum noͤthig seyn zu bemerken, daß man auch unter gleichen Handgriffen gewobene Baumwollenzeuge Nankin faͤrben kann. A. d. R.