Titel: | Ueber Hrn. Thom. Nutt's Bienenzucht. |
Fundstelle: | Band 42, Jahrgang 1831, Nr. LXXXIII., S. 299 |
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LXXXIII.
Ueber Hrn. Thom. Nutt's Bienenzucht.Wir gaben bereits im polyt. Journale
Bd. XXXII. S. 297 und XXXVI. S. 237 Nachricht von Hrn.
Nutts
Bienenstoͤken, und aͤußerten dort die Meinung, daß dieselben nur
eine Modifikation der in Deutschland laͤngst bekannten Magazinwirthschaft seyn
duͤrften. Dieser Aufsaz wird zeigen, daß unsere Ansicht nicht ganz irrig
war. Wir wiederholen uͤbrigens den dort ausgedruͤkten Wunsch, daß
einige reichere Guͤterbesizer Nutt'sche
Bienenstoͤke aus England kommen lassen moͤchten, um ein Mal
gewisser und deutlicher zu erfahren, wie dieselben
eingerichtet sind. Die englische Geheimnißkraͤmerei ließ bisher immer
noch keine vollkommene und genaue Beschreibung zu.a. d. Ue.
Aus dem Mechanics' Magazine. N. 414. S.
306.
Mit Abbildung auf Tab.
IV.
(Im
Auszuge.)
Nutt's Bienenzucht
Hr. Nutt hat sich endlich entschlossen seine Abhandlung
uͤber die Bienenzucht im Druke herauszugeben, und hat dazu den Weg der Subscription
erwaͤhlt. Er verlangt 500 Subscribenten, von welchen sich bereits
uͤber die Haͤlfte gemeldet haben. Hr. Nutt
gibt bei Gelegenheit dieser Ankuͤndigung im Mechan.
Magaz. eine Abbildung des Bienenhauses, welches er fuͤr die Herzogin
von Leeds zu Hornby-Castle, Yorkshire, erbaute. Wir geben von demselben, da
es im Aeußeren mehr ein Luxusgebaͤude ist, nur die Darstellung des
eigentlichen Bienenstokes. An dieser Zeichnung Fig. 4 ist nun A der sogenannte Pavillon; B
das Erhoͤhungsglas; C sind die
Communicationsbuͤchsen; D die
Abtheilungsschieber; E die Ventilatoren; F die Contributoren; G ist
der Fuͤtterer; H das Achtek; III sind die Fenster; 1, 2, 3 und 4 sind
duͤnne Schieber, durch welche alle Verbindung zwischen dem Pavillon, und den
verschiedenen Schublaͤden, Glaͤsern etc. aufgehoben werden kann.
Der Pavillon A wird zuerst mit einem Bienenschwarme
gefuͤllt. Die Schieber D und der duͤnne,
mit 1 bezeichnete Schieber unter B werden so lang
geschlossen gehalten, bis die Bienen den Behaͤlter A beinahe angefuͤllt haben. Sobald die Bienen zu schwaͤrmen
anfangen wollen, ist dieß ein Zeichen, daß es ihnen an hinlaͤnglichem Raume
gebricht; man oͤffnet daher jezt den Schieber 1, und verschafft ihnen dadurch
einen neuen Raum, in welchem sie sich ausbreiten werden. Oeffnet man ihnen zugleich
einen der Seitenschieber D, so werden die Bienen nicht
aufwaͤrts gehen, sondern, wie sich Hr. Nutt aus
mehr als 1000maligen Versuchen uͤberzeugte, jedes Mal die
Seitenbehaͤlter zur Fortsezung ihrer Arbeiten vorziehen. Die Koͤnigin
wird immer den mittleren Behaͤlter zu ihrem Aufenthalte waͤhlen,
theils weil sie das Geschaͤft der Vermehrung in Ruhe und Abgeschlossenheit
vollbringen will, theils weil derselbe waͤrmer ist, als die
Seitenbehaͤlter, die durch die Ventilatoren E
abgekuͤhlt werden, und daher weniger fuͤr das Wachsthum der jungen
Larven geeignet sind. – Auf diese Weise, sagt Hr. Nutt, wird alles Schwaͤrmen vermieden, und dem
bewundernswuͤrdigen Fleiße dieser Thiere der freieste Spielraum gestattet;
auch das abscheuliche Toͤdten der Bienen wird dadurch verbannt, und die
Bienenzucht dadurch eben so eintraͤglich als menschlich gemacht.Ein Hr. G. L. S. macht im Mechan. Magaz. N. 416
S. 341 seine Bemerkungen uͤber die vermeintlichen Vorzuͤge der
Bienenstoͤke des Hrn. Nutt, als die man
erstens die Regulirung der Temperatur des Bienenstokes, zweitens die
Verhinderung des Schwaͤrmens durch Oeffnung eines groͤßeren
Raumes, und
drittens den ungeheuren Ertrag eines einzigen Bienenstandes angibt. Ad 1) bemerkt er, daß die Regulirung der
Temperatur ganz unnuͤz ist, indem die gewoͤhnlichen
Bienenstoͤke, wenn sie troken gehalten werden, nie Krankheiten
veranlassen. Im Sommer wird, nach seiner Meinung, die Luft durch die
bestaͤndige Bewegung der Bienen und das Aus- und Einfliegen
derselben hinlaͤnglich regulirt und erneuert; und im Winter kann man
die Stoͤke durch Sakleinewand oder Heu- oder Strohwische,
welche man um dieselben windet, gegen Kaͤlte schuͤzen. Ad 2) sagt er, daß es durchaus nicht richtig
ist, daß man das Schwaͤrmen jedes Mal dadurch verhindern kann, daß
man den Bienen mehr Raum gibt, indem es eine bekannte Thatsache ist, daß
sich oft Schwaͤrme bilden, wenn auch der Bienenstok nur halb voll
ist. Das Schwaͤrmen scheint nach seiner Ansicht ganz von der
Jahreszeit abzuhaͤngen, zu welcher man den Raum erweitert; auch
glaubt er, daß es, wenn es auch moͤglich waͤre, das
Schwaͤrmen zu verhindern, doch nicht raͤthlich waͤre,
dasselbe zu thun, indem sich die Zahl der Bienen mit jedem Jahre in jeder
Colonie verdreifachen wuͤrde, was gewiß kein Bienenzuͤchter
verlangt. Was das Toͤdten der Bienen betrifft, so sagt er, daß es
sich oft Mehr darum handelt die Zahl der Stoͤke zu
beschraͤnken, als sie zu vermehren, indem ein Schwarm in fuͤnf
Jahren nach einer maͤßigen Berechnung deren 80 hervorbringt, so daß
man am Ende weder Plaz noch Nahrung fuͤr dieselben haͤtte. Er
toͤdtete daher bei seiner Bienenwirthschaft alle Stoͤke, die
uͤber 15 oder 16 Pfunde, oder unter 10 Pfund wiegen, indem erstere
wegen ihres Alters sonst schwaͤcher und weniger gesund werden, und
leztere selten den Winter uͤberleben. Ad
3) zieht er den großen Ertrag der Bienenstaͤnde des Hrn. Nutt in Zweifel. – Am Schluͤsse
sagt Hr. G. L. S., daß er mit den meisten der neu erfundenen
Bienenkoͤrbe Versuche anstellte, daß er aber an den meisten nichts
Vortheilhaftes fand. Im vergangenen Jahrs hatte er sechs vierekige
hoͤlzerne Stoͤke aus zoͤlligen, harzfreien Brettern von
14 Zollen Weite und 10 Zollen Hoͤhe. An diesen Stoͤken wird
ein Stuͤk reines Glas von 5 Zollen auf drei in den Scheitel der
Stoͤke gelegt, und, um das Licht abzuhalten, mit einem duͤnnen
Stuͤke Holz bedekt. An jedem Stoke sind zwei Flugloͤcher:
eines vorn, und eines hinten; ein jedes derselben ist 3 Zoll lang und 3/8
Zoll hoch, und kann mittelst eines hoͤlzernen Schiebers von 3/4 Zoll
Hoͤhe und 1/8 Zoll Dike geschlossen werden. An der Mitte dieses
Schiebers ist ein Stuͤk von 3 Zoll Laͤnge und 3/8 Zoll
Hoͤhe weggenommen, und durch dieses kann er mit dem Flugloche
correspondiren. Im Fruͤhjahre und Sommer laͤßt Hr. G. L. S.
den ganzen vorderen Eingang offen, wie aber der Herbst herannaht, schiebt er
allmaͤhlich den Schieber ein, um den Stok vor den Raͤubereien
der Wespen zu schuͤzen, indem die Bienen einen kleinen Eingang
leichter vertheidigen koͤnnen als einen großen. Diese Stoͤke
stellt er auf zoͤllige Bretter von 33 Zoll Laͤnge und 15 Zoll
Breite. Will er den Bienen mehr Raum geben, so stellt er den vollen Stok an
das Ende des Brettes, und vor diesen dann einen leeren mit offengelassenen
Flugloͤchern; diesen Stok nimmt er, wenn der alte gehoͤrig
entleert ist, weg. Bei diesem Verfahren hat er auch den Vortheil, daß er
leicht zwei Schwaͤrme vereinigen, oder einen schwachen Schwarm durch
einen anderen verstaͤrken kann; man braucht naͤmlich hierzu
nur Abends die beiden Schwaͤrme zusammenzubringen und 16 bis 18
Stunden lang die Flugloͤcher geschlossen zu haben; denn nach dieser
Zeit, sagt Hr. S., fand er jedes Mal, daß die Bienen sich vereinigt hatten,
und ihre Arbeiten ruhig fortsezten. Im Winter bedekt Hr. S. alle seine
Stoͤke mit einem Stuͤke Sakleinewand, uͤber welches er
noch einen beschaͤdigten Milchasch sezt. Um das Fuͤttern der
Bienen zu vermeiden, welches nach seiner Ansicht immer mit Nachtheilen
verbunden ist, toͤdtet er im September, wie gesagt, alle
Stoͤke, welche, ohne den Stok, uͤber 16 oder 18, oder unter 10
Pfunde wiegen, indem erstere Quantitaͤt zu viel und leztere zu wenig
Nahrung fuͤr den Winter andeutet.Wir gaben hier die Ansichten des Hrn. S., ohne dieselben unterstuͤzen
zu wollen, bloß als Controverse; im Gegentheile scheint uns derselbe
oͤfter von irrigen Principien geleitet zu seyn. Seine Furcht vor zu
großer Menge von Bienen ist bisher, selbst in England, noch nicht zu
fuͤrchten, und duͤrfte wohl fuͤr einzelne
Bienenzuͤchter, aber nie im Allgemeinen ein Grund zum Toͤdten
der Bienen werden. A. d. Ue.