Titel: | Bericht des Hrn. Amédée-Durand über die Doke oder Drehespindel, welche Hr. Willms, Dreher zu Paris, rue de Charenton N. 32 anwendet, um gebogene Stüke auf Spizen zu drehen, und welche sich auch zum Drehen großer metallener Gegenstände benuzen läßt. |
Fundstelle: | Band 42, Jahrgang 1831, Nr. CVI., S. 396 |
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CVI.
Bericht des Hrn. Amédée-Durand uͤber die Doke oder Drehespindel,
welche Hr. Willms, Dreher zu Paris, rue de Charenton N. 32 anwendet, um gebogene Stuͤke auf Spizen zu
drehen, und welche sich auch zum Drehen großer metallener Gegenstaͤnde benuzen
laͤßt.
Aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement. August 1831, S. 397.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Bericht des Hrn. Amédée-Durand uͤber
Willms Doke oder Drehespindel
Die Mode hat es gegenwaͤrtig mit sich gebracht, daß man an den Stuͤhlen
der Zimmer gebogene Querstuͤke anbringt, welche die Form einer Guirlande
haben, und die aus Kugeln bestehen, welche von der Mitte gegen die Enden hin immer
kleiner und kleiner werden. Vorzuͤglich gibt man dem oberen Querstuͤke
der Lehne der Stuͤhle diese Form, wo dann dessen Kruͤmmung in eine
horizontale Ebene zu liegen kommt.
Zur Verfertigung dieser Stuͤke, an welchen bei jeder Kugel, aus welchen sie
bestehen, der Mittelpunkt veraͤndert werden muß, bedient man sich nun der
Drehebank mit Spizen. Das Eigene dieser Arbeit mußte jedoch nothwendig die Dreher
veranlassen, auf Mittel zu sinnen, welche dieselbe schnell, leicht und sicher machen
wuͤrde. Das aͤlteste, und am allgemeinsten gebraͤuchliche
Verfahren ist folgendes: man bringt auf jedes Ende des zu drehenden Stuͤkes
ein rechtwinkeliges Stuͤk Holz, welches mit einem Schluͤssel oder mit
einer Drukschraube befestigt wird, und laͤßt dann auf jedem dieser
Stuͤke den Mittelpunkt aͤndern, wie dieß geschieht, wenn man ein
gerades Stuͤk zurichtet.
Dieses Verfahren war jedoch weit entfernt, den beiden wesentlichen Punkten der
Aufgabe: Genauigkeit und Schnelligkeit, zu entsprechen. Wenn man naͤmlich den
Mittelpunkt auf die gewoͤhnliche Weise durch Schlaͤge versezt, welche
man auf das zu drehende Stuͤk macht um zu bewirken, daß die Spize einen neuen
Eindruk in dem Holze hervorbringt, so ist man nicht ganz sicher, um wie viel man
denselben veraͤndert. Ueberdieß geschieht es, wenn diese Versezung sehr
gering ist, sehr oft, daß die Spize wieder auf ihren ersten Plaz zuruͤkkommt,
und daß nicht mehr Holz genug bleibt, um dieselben in dem neuen Mittelpunkte zu
erhalten. Dieser Mittelpunkt muß auch oft mit großer Genauigkeit bestimmt werden,
indem man sehr haͤufig mit kostbaren Hoͤlzern und mit Stuͤken
arbeitet, die kaum groß genug sind, um den gewuͤnschten Gegenstand zu geben.
Hieraus erhellt, daß das bisherige Verfahren ein zeitraubendes Herumtappen ist,
welches nur ungewisse Resultate hervorzubringen vermag.
Die Drehebank des Hrn. Willms hilft nun allen diesen
Uebelstaͤnden ab, und um zu diesem Resultate zu gelangen, war weiter nichts
noͤthig, als an jedem Ende des zu drehenden Stuͤkes nur einen einzigen
Mittelpunkt anzunehmen, und das kleine Stuͤk Holz, welches dasselbe
traͤgt, je nachdem es die Arbeit erfordert, beweglich zu machen.
Die Versezung geschieht mittelst Schrauben, die gerade so wirken wie die Schrauben an
den Drehedoken, deren man sich zum Drehen aus freier Hand bedient. Die
Vorzuͤge und Vortheile dieses Verfahrens sind: daß man die Mittelpunkte nach
allen Richtungen, und auf die bestimmteste Weise um aͤußerst kleine Maße
veraͤndern, und uͤberdieß auch unveraͤnderlich befestigen kann.
Man erhaͤlt ferner diese guͤnstigen Resultate mit eben so großer
Schnelligkeit, als Leichtigkeit; auch macht dieses Verfahren die Schlaͤge,
welche man nach der aͤlteren Methode auf das Stuͤk, dessen Mittelpunkt
man aͤndern wollte, ausuͤben mußte, durchaus unnoͤthig. Dieser
lezte Umstand verdient, so gleichguͤltig er im ersten Augenblike auch zu seyn
scheint, doch viele
Beruͤksichtigung, weil sehr viel dadurch gewonnen wird, wenn man alle
heftigen und rohen Bewegungen aus den Verrichtungen der Arbeiter verbannt, und sie
durch Verfahrungsarten ersezt, bei welchen die Beurtheilungskraft in Anwendung
kommt.
Die verschiedenen Gegenstaͤnde, welche Hr. Willms
mit seiner Drehedoke erhaͤlt, zeigen eine außerordentliche Abwechselung und
Neuheit in den Formen, die gewiß in der Fabrikation der Moͤbel eine sehr
nuͤzliche Anwendung finden duͤrften.
Die Idee dieser Drehedoke mit beweglichem Mittelpunkte koͤnnte ferner eine
sehr wichtige Anwendung erhalten, wenn es sich darum handelt, sehr schwere,
metallene Stuͤke, wie z.B. Wellen oder Achsen zu drehen, die wegen ihrer
Schwere, und wegen der Nothwendigkeit, sie jedes Mal, so oft man die Mittelpunkte
veraͤndert, aus den Spizen der Drehebank wegzunehmen, sehr schwer zu
centriren sind. Nur durch wiederholtes und zeitraubendes Herumtappen gelangt man
hiebei gewoͤhnlich zur Auffindung des Mittelpunktes, um welchen ein
Stuͤk gedreht werden soll, so daß die Vortheile eines beweglichen, die
noͤthige Festigkeit darbietenden, Mittelpunktes, mittelst welchem man den
gehoͤrigen Mittelpunkt fuͤr ein Stuͤk suchen koͤnnte,
ohne daß man es von der Drehebank zu entfernen, und ohne daß man eine
groͤßere Kraft anzuwenden braucht, von selbst in die Augen springen.
Die Drehedoke des Hrn. Willms bietet noch einen anderen
Vortheil dar, den wir hier kurz auseinandersezen wollen. Wenn das Centriren eines
Stuͤkes auch noch so sorgfaͤltig geschehen ist, so entdekt man, wenn
es aus dem Groben gearbeitet wird, doch oft die Nothwendigkeit kleine
Veraͤnderungen anzubringen um jene Fehler zu erreichen, die so klein sind,
daß sie der Aufmerksamkeit des Drehers entschluͤpften, und welche man
gewoͤhnlich Feuerfleken (taches de feu) nennt.
Entdekt man nun solche Nachtheile, so wurde es eben wegen der geringen
Ortsveraͤnderung, welche die Ausbesserung erfordert, bisher unmoͤglich
denselben abzuhelfen. Denn wenn man bedenkt, daß ein schweres Stuͤk nur dann
waͤhrend der Arbeit mit Festigkeit von den Spizen einer Drehebank getragen
werden kann, wenn diese lezteren sich in Hoͤhlen befinden, deren Durchmesser
wenigstens einen Centimeter betraͤgt, so wird man einsehen, daß man diese
Hoͤhle nicht um einen Raum versezen kann, der oft nur einen Bruchtheil eines
Millimeters betraͤgt, ohne diese Hoͤhle oval zu machen, und ohne daher
zu gestatten, daß die Spize nicht leicht wieder ihre vorige Stellung einnimmt. Um
uns kurz zu fassen, wollen wir bloß noch des Hindernisses erwaͤhnen, welches
das mit dem Bohrer gebohrte, und gewoͤhnlich am Grunde der Hoͤhle
befindliche Loch darbietet. In diesem Fall schaffen alle die gewoͤhnlichen
Verfahrungsweisen keine Abhuͤlfe, waͤhrend die Drehedoke mit beweglichem
Mittelpunkte Mittel an die Hand gibt, mit welchen man in jedem Augenblike mit der
groͤßten Leichtigkeit jeden Grad von Correction anbringen kann.
Bei diesen vielen und großen Vortheilen besizt die Drehedoke des Hrn. Willms nothwendig auch einige Nachtheile oder
Unbequemlichkeiten. Diese sind nun: daß die Doken, indem sie die Enden der
Stuͤke einnehmen muͤssen, dadurch nothwendig verhindern, daß auch
diese Theile der Wirkung des Apparates ausgesezt werden, und daß die Arbeit
desselben sich bis in die Naͤhe der Mittelpunkte erstreken koͤnne, wie
dieß oft bei dem alten Verfahren Statt findet.
Hr. Willms stellte bereits im J. 1828 seine Drehebank der
Gesellschaft vor; das Comité schlaͤgt vor, dieselbe wegen ihrer großen
Vortheile zur allgemeinen Kenntniß zu bringen.
Erklaͤrung der Figuren.
Fig. 1.
Ansicht eines Theiles der Drehebank von Vorne, an welcher man das gekruͤmmte
Stuͤk, welches gedreht werden soll, zwischen den Drehedoken festgehalten
sieht.
Fig. 2. Eine
Drehedoke im Durchschnitte in geneigter Stellung: das Stuͤk ist an dieser
vollendet.
Fig. 3.
Ansicht der linken Drehedoke von Vorne.
Fig. 4 und
5. Ansicht
der rechten Drehedoke im Profile und von Hinten.
Dieselben Buchstaben beziehen sich auch auf gleiche Gegenstaͤnde.
AA, die Hohldoken oder Dokenstoͤke der
Drehebank.
BB, die Spizenschrauben.
CC, die Drehedoken.
D, ein an der Drehedoke angebrachtes Stuͤk Holz,
welches den Mittelpunkt traͤgt. Der Schwanz dieses Stuͤkes hat einen
Falz, vermoͤge dessen dasselbe laͤngs der Drehedoke auf und nieder
steigen kann.
E, ein Stuͤk Holz, welches in die Drehebank
eingesezt ist, und gearbeitet werden soll.
F, die Buͤchse der Drehedoke, in welcher das Ende
des zu drehenden Stuͤkes festgehalten wird.
aa, die Seitendrukschrauben, um das
hoͤlzerne Stuͤk D in die Drehedoke zu
druͤken.
bb, die unteren Drukschrauben, welche das zu
drehende Stuͤk an seiner Stelle erhalten.
cc, die hinteren Schrauben, um das
hoͤlzerne Stuͤk D, nachdem man ihm die
gehoͤrige Stellung gegeben, auf der Drehedoke festzuhalten.
dd, die Drukschrauben am Scheitel der Drehedoke,
die dazu dienen, um das Lager e, von welchem das zu
drehende Stuͤk gehalten wird, zu naͤhern oder zu schließen.
ff, zwei, in der Buͤchse F angebrachte, Schrauben, durch welche das Ende des
gekruͤmmten Stuͤkes Holz festgehalten wird.