Titel: | Ueber die metallurgische Behandlung des Bleiglanzes; von Hrn. P. Berthier. |
Fundstelle: | Band 42, Jahrgang 1831, Nr. CX., S. 405 |
Download: | XML |
CX.
Ueber die metallurgische Behandlung des
Bleiglanzes; von Hrn. P. Berthier.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. Julius 1831,
S. 281.
Berthier, uͤber die metallurgische Behandl. des
Bleiglanzes
(Beschluß von Bd. XLII. S.
385.)
Theorie des Bleihuͤttenprocesses.
Nachdem wir nun diese Thatsachen auseinandergesezt haben, kann man leicht die
chemische Wirkung bestimmen, welche jede einzelne von den den Bleiglanz
gewoͤhnlich begleitenden Gangarten, naͤmlich der Quarz, der
schwefelsaure Baryt, der Eisenkies und die Blende bei der metallurgischen Behandlung
desselben ausuͤben. Wir wollen sie nach der Reihe betrachten.
Quarz. – Wenn das Roͤsten bei sehr
niedriger Temperatur vorgenommen wird, ist der Quarz wirkungslos und tritt mit den
sich bildenden Oxyden nicht in Verbindung; wenn aber, wie dieses fast immer der Fall
ist, die Hize gegen das Ende der Operation so sehr gesteigert wird, daß die
geroͤstete Masse erweicht oder gar in teigartigen Fluß kommt, so entstehen
Silicate und der Quarz wird ganz aufgeloͤst. Das Bestreben dieses
Koͤrpers, sich mit den Basen und besonders mit den starken Basen zu
verbinden, macht, daß er das schwefelsaure Blei, welches ein unvermeidliches Product
der Roͤstung ist (3) (4) (20) (26) (27), ganz oder theilweise zersezt und
sogar auch den schwefelsauren Baryt, wenn nur eine geringe Menge schwefelsaures Blei
mehr vorhanden ist (2). Die Kieselerde wirkt also bei dem Roͤsten und dem
Flammofenproceß als Entschwefelungsmittel und zwar um so staͤrker, weil die
von ihr in Freiheit gesezte Schwefelsaͤure nicht fuͤr sich bestehen
kann und sich in dem Augenblike, wo sie aus ihrer Verbindung mit den Basen
ausgetrieben wird, in schwefliche Saͤure und Sauerstoffgas zersezt und ist
ein sehr kraͤftiges Oxydationsmittel fuͤr die Schwefelmetalle, welche
bei dem Roͤsten unangegriffen blieben. Die Kieselerde zersezt die
schwefelsauren Salze um so leichter, je hoͤher die Temperatur ist und im
Gegentheil desto weniger, je mehr starke Basen in ungebundenem Zustande vorhanden
sind.
Waͤhrend des Roͤstens bleibt der schwefelsaure Baryt
unberuͤhrt; er findet sich aber nicht mehr in dem weißen Abzug (2), der einem heftigen Feuer ausgesezt und woraus der
groͤßte Theil des Bleies abgeschieden wurde. Das schwefelsaure Blei ist im
Verhaͤltniß zum Bleioxyd in dem geroͤsteten und im Flammofen stark
erhizten Erz zu Villefort (3) (4) und zu Pontgibaud (26) (27) in geringerer Menge
vorhanden als in dem in Haufen geroͤsteten Schliech zu Holzappel (20). Die
Kieselerde treibt, wenn sie nicht in Ueberschuß vorhanden ist, aus dem
schwefelsauren Blei nur einen gewissen Theil seiner Saͤure aus und verwandelt
es bloß in ein mehr oder weniger basisches Salz, welches mit dem gebildeten
basischen Bleisilicat sogar zu einer gleichfoͤrmigen Masse zusammenschmelzen
kann; in dem schwefelsauren Salz bleibt uͤbrigens desto weniger Saͤure
zuruͤk, je hoͤher die Temperatur ist, welcher die Masse ausgesezt
wird.
Wenn ein Erz reich ist, kann man leicht, und auf eine eben so einfache als
vortheilhafte Weise das schwefelsaure Blei zersezen, welches sich stets beim
Roͤsten bildet; man laͤßt naͤmlich Bleiglanz bei einer
augenbliklich verstaͤrkten Hize auf dieses Salz wirken, wie dieses zu
Conflans geschieht; ist hingegen dem Erz eine große Menge schwefelhaltiger Gangart
beigemengt, so kann man das schwefelsaure Salz nicht leicht zersezen, denn wenn man
das Feuer, um die Einwirkung zu beguͤnstigen, zu fruͤh
verstaͤrkt, so schmelzt oder bakt die Masse zu einem aus Sulfuriden und
Oxydsulfuriden mit eingebetteten Bleikoͤrnern bestehenden Gemeng zusammen,
welches wegen seines Aggregatzustandes nur mehr aͤußerst langsam
geroͤstet werden kann; verstaͤrkt man im Gegentheil das Feuer zu
spaͤt, so kann es sich treffen, daß die Schwefelmetalle nicht mehr in
hinreichender Menge vorhanden sind, um das schwefelsaure Salz zu zersezen. Dazu
kommt noch, daß die Oxyde, welche sich beim Roͤsten bilden, sich mit den
Sulfuriden einerseits und andererseits mit den schwefelsauren Salzen zu verbinden
streben und dadurch die gegenseitige Einwirkung dieser Substanzen verhindern. Man
koͤnnte nach diesem Verfahren den Zwek also nur dadurch erreichen, daß man
die Hize allmaͤhlich verstaͤrkt und den guͤnstigen Zeitpunkt
ergreift, um die Masse bis zum Erweichen zu erhizen; man erreicht ihn aber mit
groͤßerer Sicherheit dadurch, daß man bei maͤßiger Hize so
vollstaͤndig als moͤglich roͤstet und sodann die Hize
verstaͤrkt, nachdem man die Masse mit kleinen Kohlen gemengt hat: wenn man
dieses Brennmaterial nur in geringer Menge anwendet, so zersezt es die
Schwefelsaͤure und verwandelt sie in schweflichsaures und kohlensaures Gas,
ohne die Oxyde zu reduciren und ohne Sulfuride zu erzeugen: sezt man der Masse mehr
Kohle zu, als noͤthig ist, um die Schwefelsaͤure zu zersezen, ohne
jedoch einen zu großen
Ueberschuß hineinzubringen, so wird ein Theil der Oxyde reducirt, es bilden sich
aber keine Sulfuride. Hr. Fournet hat dieses Verfahren
versucht, aber hauptsaͤchlich in der Absicht, sich des Zinks zu entledigen;
lezteres gelang ihm nicht vollkommen. Man sieht auch wohl ein, daß man zu diesem
Ende sehr stark erhizen und eine betraͤchtliche Menge Kohle anwenden
muͤßte; hingegen hat er dadurch das schwefelsaure Blei vollkommen
weggeschafft (28). Wuͤrde man das Erz roͤsten ohne es zu erweichen,
und sodann mit gepulvertem Sand oder bloß sehr quarzreichem Schliech an Statt der
Kohle vermengen, so koͤnnte man das schwefelsaure Blei dadurch ebenfalls wenn
nicht ganz, doch groͤßten Theils zersezen. Da uͤbrigens die Gegenwart
des Quarzes noͤthig ist, um die Masse, welche aus dem Flammofen kommt, im
Krummofen zu schmelzen, so koͤnnte es vielleicht vortheilhaft seyn, ihn als
Entschwefelungsmittel bei solchen Erzen, welche stark mit Bergart gemengt sind,
anzuwenden.
Die Kieselerde ist der electronegative Bestandtheil aller Krummofenschlaken; sie ist
es, die alle Basen (Eisen, Zink, Kalk, Baryt u.s.w.), womit das Bleioxyd gemengt
seyn kann, aufloͤst und dadurch dieses leztere, welches reducirbarer als die
uͤbrigen ist, in Stand sezt sich in Metall zu verwandeln. Da sie aber auch
eine große Verwandtschaft zu dem Bleioxyd hat, so muß man gewisse Bedingungen
erfuͤllen, damit die Schlaken kein Blei zuruͤkhalten und lezteres sich
allein reducirt. Diese Bedingungen beziehen sich hauptsaͤchlich auf den
Hizgrad der Oefen und den Saͤttigungszustand der Silicate; jedenfalls
muͤssen die Schlaken so fluͤssig seyn, daß sie leicht ablaufen und das
Metall darin nicht in Koͤrnern zerstreut bleibt. Wenn man die Hize
moͤglichst wenig steigert, so erspart man nicht nur an Brennmaterial, sondern
hat außerdem den Vortheil, daß man weniger Blei durch Verfluͤchtigung
verliert, ein Verlust der zum Theil unvermeidlich ist und sehr groß seyn kann, wenn
das Roͤsten nachlaͤssig ausgefuͤhrt wurde oder die Gangart sehr
zinkhaltig ist. Wo es also angeht, muß man bei niedriger Temperatur operiren, dann
wird aber das Bleioxyd bei Gegenwart von Schlaken weniger reducirbar, als wenn man
stark erhizt. Um diesem Uebelstande zu begegnen, muß man die Schmelzpost so
zusammensezen, daß sie eine große Menge basischer Substanzen enthaͤlt, welche
die Wirkung der Kieselerde auf das Bleioxyd neutralisiren koͤnnen. Diese
basischen Substanzen muͤssen sehr schmelzbar seyn. Unter denjenigen, welche
dem Metallurgen zu Gebot stehen, sind die kraͤftigsten der Baryt und das
Eisenoxyd. Es gibt jedoch einen Saͤttigungspunkt, welchen man nicht ohne
großen Nachtheil uͤberschreiten kann, denn wenn die Schlaken zu basisch sind,
werden sie was man heiß zu nennen pflegt, sie haben
naͤmlich dann eine große Neigung die kieselhaltigen Substanzen aufzuloͤsen, greifen die
Seitenwaͤnde der Oefen an und zerstoͤren sie sehr schnell. Man sieht
aus den Analysen (16) (23) (32) und (34), daß die guten Schlaken nur 0,20 bis 0,25
Kieselerde enthalten. Betraͤgt sie mehr als 0,30, so halten die Schlaken mehr
oder weniger Blei zuruͤk (5) (13) (42) (45). Wenn die Umstaͤnde nicht
erlauben sie basischer zu machen, so kann man das Blei bloß dadurch aus ihnen
ausbringen, daß man sie in hohen Oefen bei sehr starker Hize schmelzt.
Leichtfluͤssige Schlaken koͤnnen mit einer betraͤchtlichen Menge
unschmelzbarer Substanzen mechanisch gemengt seyn, ohne an Fluͤssigkeit zu
verlieren (32) (34).
Schwefelsaurer Baryt. Bei der Weißgluͤhhize wird
der schwefelsaure Baryt durch Eisen, Zink und alle Metalle, welche oxydirbarer sind
als das Kupfer, so wie durch die Sulfuride dieser Metalle zersezt, wobei sich
Oxydsulfuride bilden, d.h. Verbindungen, welche Baryt, Schwefelbarium, Oxyd und
Sulfurid des zersezenden Metalles enthalten. Bei der Operation des Roͤstens,
so wie sie im Großen ausgefuͤhrt wird, findet aber diese Reaction nicht
Statt, denn man findet allen schwefelsauren Baryt in der geroͤsteten Masse
(26) (27). Wenn man die Erze nach der zu Conflans uͤblichen Methode
behandelt, wuͤrde der schwefelsaure Baryt durch die Sulfuride wahrscheinlich
am Ende der Arbeit zersezt werden, in dem Zeitpunkt naͤmlich, wo man das
Feuer verstaͤrkt, um die lezten Schlaken (den sogenannten weißen Abzug)
abzudoͤrren, vorausgesezt, daß keine Kieselerde in dem Gemenge vorhanden
waͤre; da sich aber der Quarz, welchen die Schlieche immer enthalten, in den
Ruͤkstaͤnden anhaͤuft, und die thonhaltigen Materialien, woraus
die Oefen erbaut sind, sehr schnell abgenuͤzt werden, so trifft es sich, daß
der weiße Abzug fast eben so viel Kieselerde enthaͤlt, als die
Krummofenschlaken () (8) und durch diese wird alsdann der schwefelsaure Baryt
zersezt; derselbe wirkt alsdann oxydirend und durch die Schwefelsaͤure,
welche er verlaͤßt, entschwefelnd. Jedenfalls bleibt kein schwefelsaurer
Baryt in dem weißen Abzug (2).
Der Baryt ist eine sehr starke Basis und ein kraͤftiges Flußmittel; in den
Krummoͤfen macht er die Schlafen fluͤssig und bewirkt, daß sich das
Blei aus ihnen abscheidet, indem er das Oxyd desselben in Freiheit sezt und seine
Reduction durch die Kohle beguͤnstigt (32) (34). Unter diesem doppelten
Gesichtspunkte ist die Gegenwart des schwefelsauren Baryts also sehr
nuͤzlich; ungluͤklicher Weise erzeugt dieses Salz aber bei Gegenwart
von Kohle und Metalloxyden eine gewisse Menge von Sulfuriden und vermehrt folglich
den Stein. Da es aber
wenig Schwefel und viel Baryt enthaͤlt, so ist es dessen ungeachtet eher
nuͤzlich als schaͤdlich, wenn es nicht in Ueberschuß vorhanden ist,
und die Resultate, welche man zu Pontgibaud erhaͤlt, beweisen, daß wenn das
Roͤsten sorgfaͤltig vorgenommen wird, ein mit Baryt
uͤberladenes Erz nur sehr wenig Stein im Krummofen geben kann.
Eisenkies. – Der Eisenkies roͤstet sich
sehr leicht und faͤngt bei einer ziemlich niedrigen Temperatur schon an zu
brennen; da er viel Schwefel enthaͤlt, so entwikelt sich daraus schnell viel
Hize und die Verbrennung pflanzt sich fort und unterhaͤlt sich von selbst, so
bald sie in Thaͤtigkeit gesezt ist. Wenn man das Roͤsten langsam und
bei moͤglichst niedriger Hize vornimmt, so bildet sich viel schwefelsaures
Eisen; beschleunigt man hingegen die Operation und erhizt gegen das Ende etwas
stark, so erhaͤlt man fast reines Eisenoxyd, weil sich das Sulfurid und das
schwefelsaure Salz gegenseitig zersezen und lezteres außerdem durch die bloße Hize
zersezt werden kann. Wenn der Eisenkies mit Bleiglanz gemengt ist, so
verhaͤlt er sich bei dem Roͤsten gerade so, wie wenn er rein
waͤre; aber bei seiner Gegenwart bildet sich eine groͤßere Menge
schwefelsaures Blei, weil er Schwefelsaͤure erzeugt und wahrscheinlich auch
die Einwirkung der Kieselerde auf das Bleisalz schwaͤcht (26) (27). Das
Eisenoxyd, welches er erzeugt und das durch die Sulfuride u.s.w., womit es in
Beruͤhrung ist, auf der niedrigsten Oxydationsstufe erhalten wird, ist ganz
und gar nicht schaͤdlich. Vermoͤge seiner starken Verwandtschaften und
weil es sehr schmelzbar ist, bemaͤchtigt es sich der Kieselerde, womit es
sehr fluͤssige Schlaken bildet und wenn man die Operation gehoͤrig
leitet, so kann man durch die bloße Behandlung im Flammofen alles Blei aus einem
viel Eisenkies oder Eisenoxyd enthaltenden Erz gewinnen. Ein Beispiel davon lieferte
der Huͤttenproceß zu Poulaouen (10) (11).
Wenn das Erz gut geroͤstet, also der Eisenkies in Oxyd umgeaͤndert ist,
so spielt er im Krummofen dieselbe Rolle wie im Flammofen; er wirkt als Flußmittel
und erleichtert die Reduction des Bleioxydes, welche er fast vollstaͤndig
machen kann (17) (23) (32) (34). Ein Ueberschuß von Eisenoxyd hat jedoch, wie
bereits bemerkt wurde, den Nachtheil, daß er die Schlaken zu heiß macht und außerdem zur Erzeugung von Woͤlfen oder Massen reducirten Eisens, die sich in den Eken des
Ofens anhaͤufen und sie endlich verstopfen, Veranlassung gibt. Wenn das Erz
nur unvollkommen geroͤstet ist, bildet sich ein Stein, in welchem aller
Schwefel enthalten ist. Ist wenig Eisen zugegen, so ist dieser Stein ein Bleistein
und muß neuerdings auf aͤhnliche Weise wie der Bleiglanz behandelt werden;
ist aber das Eisen
in großer Menge vorhanden, so theilt es sich zwischen der Kieselerde und dem
Schwefel; der Stein ist alsdann blei- und eisenhaltig (14) (15); und bei
hinreichend starker Hize kann man sogar einen Stein erhalten, der so arm ist, daß er
keine fernere Bearbeitung lohnt. In allen Faͤllen geht das Kupfer, wenn
solches in dem Erz vorkommt, ganz in den Stein uͤber (16) (14) (15) (21)
(22).
Wenn der Eisenkies, welcher das Erz begleitet, arsenikhaltig ist, wie zu Pontgibaud,
so sublimirt sich ein Theil Arsenik bei den verschiedenen Operationen, welchen man
diese Erze unterwirft; bei dem Roͤsten aber bilden sich immer arseniksaure
Salze, bisweilen in sehr betraͤchtlicher Menge, welche in den weißen Abzug uͤbergehen koͤnnen, aber im
Krummofen sich in Arsenikmetalle verwandeln. Wenn der Arsenik nur in geringer Menge
vorhanden ist und sich kein Stein bildet, so vereinigt er sich mit dem Blei (30);
ist er aber in sehr großer Menge zugegen, so theilt er sich zwischen dem Blei und
dem Eisen wie bei der Behandlung des Abstrichs zu Pontgibaud (44). Eine sehr geringe
Menge Arsenik schadet der Guͤte des Bleies schon sehr und macht es hart; man
kann ihn aber durch das Treiben auf dem Treibheerd, wodurch er in den Abstrich
uͤbergeht (36) (37), eben so leicht wie das Antimon fortschaffen. Man
koͤnnte das arsenikhaltige Blei auch noch auf eine andere Weise reinigen,
welche jener vielleicht noch vorzuziehen waͤre, weil man dabei weniger Abfall
haͤtte und nicht so viel Hartblei entstaͤnde, welches schwer zu
verkaufen ist. Dieses Verfahren wuͤrde in der Anwendung des metallischen
Eisens bestehen, welches das Arsenikblei eben so leicht zersezt, wie das
Schwefelblei, ohne daß es, wenn man es in Ueberschuß anwendet, mit dem Blei eine
Verbindung eingeht. Nach dieser Behandlung muͤßte man aber auch noch zum
Feinbrennen seine Zuflucht nehmen, weil das Eisen dem Blei das Antimon nicht
entzieht, oder wenigstens nur zum Theil, indem es eine dreifache Verbindung erzeugt,
woraus man kein reines Blei absondern kann.
Blende. – Die Blende verhaͤlt sich beim
Roͤsten ungefaͤhr so wie der Eisenkies, aber das sich dabei bildende
Zinkoxyd spielt nicht ganz dieselbe Rolle wie das Eisenoxyd. Beide Oxyde sind zwar
sehr leicht reducirbar und die Metalle, welche sie enthalten, haben eine große
Verwandtschaft zum Schwefel; aber die Verwandtschaften des Zinkoxyds sind viel
schwaͤcher als die des Eisenoxyds und außerdem ist es ganz und gar kein
Flußmittel; dazu kommt noch, daß das Zink sehr fluͤchtig, das Eisen aber ganz
feuerbestaͤndig ist. Dieß erklaͤrt die betraͤchtlichen
Verschiedenheiten in der Wirkung der Blende und des Eisenkieses. Da die Zinksilicate
unschmelzbar sind und die Schmelzbarkeit der Verbindungen, in welche sie eingehen,
sehr vermindern, so
haͤlt der weiße Abzug, welchen man bei Behandlung
sehr blendehaltiger Erze im Flammofen erhaͤlt, viel mehr Blei zuruͤk,
als derjenige von eisenkieshaltigen Erzen (8) (18) (2). Dessen ungeachtet beweisen
die Resultate, welche man bei der Niederschlagsarbeit zu Poulaouen erhaͤlt,
daß wenn naͤchst dem Zinkoxyd eine hinreichende Menge Eisenoxyd vorhanden
ist, die Schlaken im Flammofen in gehoͤrigen Fluß gebracht werden
koͤnnen, so daß sie keine beachtenswerthe Menge Blei zuruͤkhalten; die
Hize muß aber dann stark seyn und sich ein Stein bilden koͤnnen, wozu
erfordert wird, daß die Entschwefelung nicht vollstaͤndig ist, das Eisen auf
der niedrigsten Oxydationsstufe bleibt etc. (11). Dieß stimmt auch mit der directen
Erfahrung uͤberein, nach welcher die Zinksilicate, obgleich an und
fuͤr sich unschmelzbar, sehr schmelzbare Verbindungen bilden koͤnnen,
und zwar nicht nur mit den an und fuͤr sich leicht schmelzbaren Silicaten,
wie den Eisenoxydulsilicaten, sondern sogar mit anderen Silicaten, welche in der
groͤßten Hize des Probirofens nicht vollkommen in Fluß kommen, wohin die
Kalk-, Bittererde- und Alaunerdesilicate gehoͤren.
Bei Behandlung der blendehaltigen Erze im Krummofen verfluͤchtigt sich immer
viel Zink; zum Theil geht es aber, und zwar oft in betraͤchtlicher Menge, in
den Stein oder in die Schlaken uͤber. In keinem Falle haͤlt das Blei
auch nur die geringste Spur davon zuruͤk. Wenn das Erz vollkommen
geroͤstet ist, oder wenn es zwar noch etwas Schwefel aber viel Eisen
enthaͤlt, so kann man durch Schmelzen desselben in etwas hohen Oefen bei
starker Hize alles Zink daraus verfluͤchtigen und der Schwefel verbindet sich
alsdann mit Blei und Eisen. Dieses Verfahren wird auch auf einigen Huͤtten
angewandt, z.B. auf dem Unterharz, wo man das Zink durch eine besondere Vorrichtung
(den sogenannten Zinkstuhl) sammelt; sie hat aber mehrere Uebelstaͤnde und
besonders denjenigen, daß sie einen betraͤchtlichen Abfall an Blei
verursacht, wovon das Zink um so mehr mit sich fort reißt, je hoͤher die
Temperatur ist. In jeder Hinsicht ist es vortheilhaft, die blendhaltigen Erze bei
moͤglichst schwacher Hize zu schmelzen und sie nur kurze Zeit im Ofen
verweilen zu lassen. In diesem Falle wird viel weniger Zink verfluͤchtigt;
dieses Metall geht groͤßten Theils in den Stein und in die Schlaken
uͤber und bisweilen sogar ganz und gar in jeden oder diese. Zu Ems vertheilt
es sich in beide (14) (15) (16) (17); es concentrirt sich aber hauptsaͤchlich
in dem Stein, theils weil es im Zustande eines Sulfurids in den Ofen gebracht wird,
indem man das Erz ohne vorlaͤufiges Roͤsten verschmelzt, theils weil
das Eisen nicht in großem Ueberschuß angewandt wird, und hauptsaͤchlich weil
die Oefen keine große Hize geben. Zu Pontgibaud bleibt das Zink, welches sich nicht
verfluͤchtigt, ganz mit Schwefel verbunden (32) (34) und bildet einen wahren
Zinkstein, der aber nicht schmelzbar ist, daher in Theilchen, die man mit bloßem
Auge kaum unterscheiden kann, in den Schlafen zerstreut bleibt, ohne, was
beachtenswerth ist, die Fluͤssigkeit dieser lezteren zu
beeintraͤchtigen, wenigstens so lange das Sulfurid sich nicht in sehr
betraͤchtlicher Menge anhaͤuft, wie in den sogenannten Woͤlfen
(bonets). Dieses Resultat und der gute Erfolg,
welchen Hr. Fournet bei dem von ihm zu Pontgibaud
eingefuͤhrten Huͤttenproceß erhielt, ruͤhren daher, daß er das
gut geroͤstete Erz bei einer sehr niedrigen Temperatur schmelzt und seine
Schlaken mit Nasen uͤbersaͤttigt sind (32) (34). Der vorhandene Baryt
wirkt gewiß hier sehr guͤnstig und tragt viel zur Absonderung des Bleies von
der Kieselerde und zum Fluß der Masse bei. Die Verwandtschaft des Eisens zum
Schwefel wird durch die gleichzeitige Verwandtschaft des Zinks zu derselben Substanz
und des Eisenoxyduls zur Kieselerde uͤberwunden. Ohne Zweifel wuͤrde
sich Eisenstein bilden, wenn man unter diesen Umstaͤnden die Temperatur des
Ofens erhoͤhen wuͤrde, und zwar ohne daß die Fluͤssigkeit der
Schlaken vermindert wuͤrde; dann wuͤrde aber nicht nur mehr
Brennmaterial verbraucht, sondern auch alles Zink verfluͤchtigt werden und
eine betraͤchtliche Menge Blei verloren gehen.
Zu Holzappel findet das Gegentheil von demjenigen Statt, was wir zu Pontgibaud
beobachteten; der Stein enthaͤlt fast kein Zink (21) (22), die Schlaken
hingegen sehr viel (23). Es waͤre nicht moͤglich gewesen dieses
Resultat a priori vorauszusehen; es scheint von der
Gegenwart des Kupfers abzuhaͤngen, dessen Oxyd sehr reducirbar ist und das
eine große Verwandtschaft zum Schwefel hat, ferner davon, daß die Hize der Oefen,
wie zu Pontgibaud, nicht stark ist, weßwegen die Zink- und Eisenoxyde durch
die ungeschwaͤchte Verwandtschaft der Kieselerde zuruͤkgehalten
werden, gerade so wie dieses zu Pontgibaud durch den vorhandenen Baryt geschieht.
Die Zusammensezung der Schlaken (23) zeigt, daß die Eisen- und Mangansilicate
eine sehr betraͤchtliche Menge Zinksilicat schmelzen koͤnnen.
Die metallurgischen Thatsachen, welche die blendehaltigen Bleierze darbieten,
beweisen, daß das Schwefelzink in den Oefen verschiedene Erscheinungen hervorbringt,
die durch sehr unbedeutende Ursachen abgeaͤndert werden; daß man aber durch
einige Versuche immer dahin gelangen kann, ohne große Schwierigkeiten fast alles in
diesen Erzen enthaltene Blei auszuscheiden.