Titel: | Chemische Untersuchungen über die Runkelrübe; von Hrn. Pelouze, Repetitor an der École polytechnique in Paris. |
Fundstelle: | Band 43, Jahrgang 1832, Nr. XIII., S. 53 |
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XIII.
Chemische Untersuchungen uͤber die
Runkelruͤbe; von Hrn. Pelouze, Repetitor an der École
polytechnique in Paris.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. August 1831,
S. 409.
Pelouze, chemische Untersuchungen uͤber die
Runkelruͤbe.
Der Anbau der Runkelruͤbe hat sich im noͤrdlichen Frankreich so
verbreitet und die Producte, welche man daraus erhaͤlt, sind so wichtig und
so zahlreich, daß eine Arbeit uͤber diese Pflanze, wenn sie auch nur wenige
neue Thatsachen enthaͤlt, die Aufmerksamkeit der Chemiker und Oekonomen
erregen muß.
Bisher hat man sich vergeblich bemuͤht ein Verfahren auszumitteln, wodurch der
Zukergehalt der Runkelruͤben genau bestimmt werden kann und es war folglich
unmoͤglich den Fabrikanten Data an die Hand zu geben, nach welchen sie die
Guͤte der von ihnen angewandten Ruͤben haͤtten beurtheilen
koͤnnen. Man begreift leicht, welchen Nuzen ein Verfahren gewaͤhren
muͤßte, das den Zukergehalt dieser Ruͤben mit Genauigkeit angeben
wuͤrde. Vermittelst eines solchen koͤnnte man leicht den relativen
Werth der verschiedenen Varietaͤten von Runkelruͤben und den Einfluß,
welchen die Beschaffenheit des Bodens und des Duͤngers auf diese
schaͤzbaren Wurzeln ausuͤbt, kennen lernen. Das Verfahren, welches ich
ausmittelte um diesen Zwek zu erreichen, ist hoͤchst einfach und
außerordentlich genau; es ist fast ganz das naͤmliche, dessen sich Hr. Gay-Lussac zur Analyse der geistigen
Fluͤssigkeiten bediente. Es besieht naͤmlich darin, den Zuker der
Runkelruͤbe in Alkohol umzuaͤndern und die Staͤrke dieser
lezteren Substanz vermittelst des Centesimal-Alkohometers zu bestimmen. Meine
analytische Methode konnte jedoch nur in dem Falle ein verlaͤßliches Resultat
geben, wenn die Runkelruͤbe keinen Traubenzuker enthielt. Noch ein anderer
Umstand konnte meine Resultate wenn nicht unbrauchbar, doch weniger interessant machen; ich
meine naͤmlich den fluͤssigen oder unkrystallisirbaren Zuker, welcher
nach einigen Chemikern in dem Zukerrohr und der Runkelruͤbe enthalten seyn
soll. Dasselbe waͤre der Fall, wenn diese Wurzel wie die gelbe
RuͤbeVauquelins Abhandlung uͤber die gelbe
Ruͤbe, Ann. de Chimie et de Physique Bd.
XLIII. A. d. O. Mannazuker enthielte, welcher nach Dr. Pallas
Journal de Chimie médicale Bd. III. A. d.
O. gaͤhrungsfaͤhig ist; die folgenden Versuche beweisen aber, daß
die Runkelruͤbe nur solchen Zuker enthaͤlt, welcher mit dem Rohrzuker
identisch ist und daß der unkrystallisirbare Zuker sich in dem
Runkelruͤbensaft erst waͤhrend seiner Veraͤnderung bildet.
Eine weiße Runkelruͤbe wurde in sehr duͤnnen Schnitten bei 30°
C. mit Alkohol von 85 Procent digerirt. Man versezte die Fluͤssigkeit mit
einigen Tropfen sehr verduͤnnter Kaliaufloͤsung, um die geringe Menge
freier Saͤure in der Runkelruͤbe zu neutralisiren. Nach 36 Stunden
hatte sich der Alkohol nicht merklich gefaͤrbt. Bei sehr gelinder
Waͤrme abgedampft, hinterließ er einen weißen, sehr schwach granlichen
Ruͤkstand, welchen man im Marienbade troknete und sodann mit Alkohol von 97
Procent, der drei Mal uͤber gebrannten Kalk destillirt worden war,
behandelte. Dieser Alkohl loͤste nicht die geringste Spur irgend eines
Zukerstoffes auf. Beim Verdampfen hinterließ er in der Porcellanschale nur eine sehr
geringe Menge einer fetten, geschmaklosen Substanz. Die Runkelruͤbe
enthaͤlt folglich keinen Traubenzuker, wie man dieses haͤtte vermuthen
koͤnnen, da sie stets sauer reagirt. Ebensowenig enthaͤlt sie
Mannazuker. Diese beiden Substanzen muͤßten sich in dem Alkohol von 97
Procent aufgeloͤst haben.
Der in Alkohol unaufloͤsliche Ruͤkstand war vollkommen weiß und bestand
aus sehr kleinen Koͤrnern, die in der Sonne glaͤnzten und sich in
Wasser und verduͤnntem Alkohol vollkommen aufloͤsten. Er besaß mit
einem Worte alle Eigenschaften eines schoͤnen Zukers bis auf einen schwachen
Beigeschmak von den Salzen, die stets in geringer Menge in der Runkelruͤbe
enthalten sind.
Dieser Versuch beweist, wenn ich nicht irre, daß die Runkelruͤbe keinen
unkrystallisirbaren oder fluͤssigen Zuker enthaͤlt, indem sich dieser
sonst entweder in dem wasserfreien Alkohol oder in der in dieser Fluͤssigkeit
unaufloͤslichen Substanz haͤrte finden muͤssen. Nun ist aber
der Zukerstoff, welchen man erhaͤlt, fest und zieht keine Feuchtigkeit aus
der Luft an, waͤhrend sich der unkrystallisirbare Zuker fast
unmoͤglich gut austroknen laͤßt. Es ist mir hoͤchst
wahrscheinlich, daß der Zukerrohrsaft im unveraͤnderten Zustande ebenfalls
bloß krystallisirbaren Zuker enthaͤlt; wenigstens wissen wir nun mit
Bestimmtheit, daß der
unkrystallisirbare Zuker im Runkelruͤbensaft erst durch die Beruͤhrung
desselben mit der Luft und waͤhrend den langwierigen Operationen, welchen man
ihn unterzieht, erzeugt wird.
Um bei der Bestimmung des Zukergehaltes der Runkelruͤben einen
verlaͤßlichen Anhaltspunkt zu haben, stellte ich folgenden Versuch an,
welcher drei Mal wiederholt wurde.
Ich troknete sehr reinen und fein gepulverten Kandiszuker im Marienbade vollkommen
aus; 35 Gr. davon wurden in ungefaͤhr 450 Gr. Wasser aufgeloͤst,
welches ich mit einer hinreichenden Menge gut ausgewaschener Bierhefe versezte, um
die Verwandlung des Zukers in Alkohol zu veranlassen. Dieses Gemenge wurde in eine
Glasflasche gebracht, von welcher eine gekruͤmmte Roͤhre in Queksilber
tauchte. Die Temperatur dieser Flasche wurde fuͤnfzehn Tage lang auf 18 bis
30° C. erhalten. Da nach Verlauf dieser Zeit das Queksilber in die
Roͤhre zuruͤktrat, so betrachtete ich die Gaͤhrung als beendigt
und goß meine Fluͤssigkeit mit dem Spuͤlwasser in eine graduirte
Gloke. Ich erhielt so 500 Kubikcentimeter einer geistigen Fluͤssigkeit, wovon
ich einen Theil in dem Apparate, dessen sich Hr. Gay-Lussac zum Pruͤfen der Weine bedient, der Destillation
unterzog: 3 Volumen dieser Fluͤssigkeit lieferten mir eine geistige
Fluͤssigkeit, welche bei + 15° C. 13,5 Centesimalgrade zeigte. 13,5/3
= 4,5. 500 Kubikcentimeter der Fluͤssigkeit, welche man durch Gaͤhrung
von 35 Grammen Zuker erhaͤlt, enthalten also 22,5 Kubikcent. wasserfreien
Alkohol und folglich geben 100 Gramme Zuker 64,28 Kubikcent. davon.
Da 500 Gr. der Runkelruͤbe 64,28 Kubikcent. Alkohol gaben, oder ein halbes
Liter geistige Fluͤssigkeit, die 4,5 Centesimalgrade zeigte, so waren in
dieser Quantitaͤt der Ruͤbe offenbar 35 Gramme Zuker oder 7 Procent.
Ich bemerke, daß ich absichtlich die oben angegebenen Quantitaͤten von Zuker
und Wasser gewaͤhlt habe, weil sie sich in den Runkelruͤben ziemlich
nahe in diesem Verhaͤltnisse befinden. Um den Zukergehalt der
Runkelruͤben zu bestimmen, wandte ich immer 500 Gr. von lezteren an und das
bequemste Verfahren schien mir darin zu bestehen, daß man die Ruͤbe durch ein
kleines Reibeisen sehr fein zerreibt, den Saft durch Leinewand sehr stark auspreßt
und den Ruͤkstand durch Auswaschen und wiederholtes Auspressen
erschoͤpft. Der ausgepreßte Saft wird mit dem Waschwasser vereinigt und mit
einer hinreichenden Menge Bierhefe in eine Flasche gebracht, von welcher eine
gekruͤmmte Roͤhre in Queksilber taucht. Die Gaͤhrung schreitet
Anfangs sehr schnell vorwaͤrts und ist nach zwoͤlf bis
fuͤnfzehn Tagen beendigt, wenn die Temperatur hoch genug war, was man an der
Absorption des Queksilbers in der Roͤhre erkennt. Man mißt bei + 15°
C. das Volumen der
gegohrenen Fluͤssigkeit und um ihren Alkoholgehalt kennen zu lernen, befolgt
man Punkt fuͤr Punkt das von Hrn. Gay-Lussac zur Analyse des Weins und Branntweins angegebene
Verfahren. Vergleicht man sodann die Menge des erhaltenen Alkohols (nach dem Volumen
oder Gewicht) mit demjenigen, welchen reiner Zuker liefert, so erfaͤhrt man
auf eine sehr einfache Weise ganz genau den Zukergehalt der angewandten
Runkelruͤbe: und da diese Wurzel weder Traubenzuker noch unkrystallisirbaren
Zuker enthaͤlt, so lassen sich aus diesem analytischen Verfahren leicht die
Verbesserungen, deren die Fabrikation des inlaͤndischen Zukers noch
faͤhig ist, ermessen. Die geschiktesten Fabrikanten erhalten nicht
uͤber 5 Procent vom Gewicht ihrer Ruͤben. Durch zahlreiche Versuche
habe ich mich aber uͤberzeugt, daß sie gewoͤhnlich ungefaͤhr
zwei Mal so viel Zuker enthalten, so daß also die Chemie noch außerordentliche
Verbesserungen in unseren Fabriken hervorbringen kann; denn zwischen 5 Procent, die
man in der Praxis erhaͤlt und 10 Procent, welche die Analyse ergibt, ist
gewiß ein bedeutender Unterschied.
Ich habe nie versaͤumt die Dichtigkeit des Saftes der Runkelruͤben,
welche ich analysirte, auszumitteln, um zu erfahren, ob diese Dichtigkeit mit dem
Zukergehalt in einem constanten Verhaͤltnisse steht; dasselbe ist aber
außerordentlich wandelbar; nicht nur zwischen Ruͤben, die auf verschiedenem
Boden angebaut sind, sondern auch zwischen solchen Ruͤben, welche man neben
einander an demselben Tage sammelt. Indessen kann man mit Gewißheit sagen, daß eine
Runkelruͤbe, deren Saft eine große Dichtigkeit hat, viel Zuker
enthaͤlt. Das Umgekehrte findet niemals Statt: manche Ruͤbe, deren
Saft ein geringeres specifisches Gewicht hat, als der einer anderen, kann jedoch
mehr Zuker enthalten und man begreift, daß sich dieser Zuker alsdann leichter wird
abscheiden lassen, weil die Ruͤde verhaͤltnißmaͤßig weniger
fremdartige Substanzen enthaͤlt.
Die Ruͤben mit rosenrother Haut und weißem Fleisch enthalten unter allen
Varietaͤten am meisten Zuker. Die kleinen sind fast immer zukerreicher als
die großen; ihr groͤßerer Zukergehalt compensirt aber bei weitem nicht was
sie weniger wiegen. Diese Bemerkungen gelten fuͤr alle Varietaͤten
dieser Ruͤben.
Die Runkelruͤben, welche ein Gewicht von 12 bis 15 Pfund erreichen, enthalten
bei gleichem Gewicht am wenigsten Zuker. Ich habe deren mehrere untersucht; eine
davon, welche ungefaͤhr 8 Kilogramme wog, enthielt 6,8 Procent Zuker, d.h.
mehr als ein Pfund.
Die Zukerfabrikanten, von welchen ich Runkelruͤben erhielt, haben mich nicht
immer von der Beschaffenheit ihres Bodens und des angewandten Duͤngers
benachrichtigt. Zahlreiche Versuche aber, welche ich mit den Runkelruͤben von
Bondues, einem zwei Meilen von Lille entfernten Dorfe, anstellte, ergaben, daß ein sehr stark
geduͤngter Boden, wie z.B. einer, worauf im vorhergehenden Jahre Tabak
geerndtet wurde, sehr große Runkelruͤben liefert, die ebensoviel Zuker
enthalten wie die kleineren, welche man von einem Boden erhaͤlt, wobei der
Duͤnger mehr gespart wurde. Man nimmt im Allgemeinen an, daß die
Runkelruͤben, welche man von einem gut geduͤngten Boden
erhaͤlt, uͤber die Haͤlfte mehr als die eines benachbarten
Feldes, wo im vorhergehenden Jahre kein Tabak geerndtet wurde, wiegen. Da nun diese
Ruͤben sich nicht schwieriger verarbeiten lassen als die anderen, dabei aber
die Dichtigkeit ihres Saftes und ihre Qualitaͤt dieselbe ist, so
erhaͤlt man von ihnen noch einmal so viel Zuker und Mark als von denjenigen
anderer Felder. Der Pacht des Bodens steht hingegen bei weitem nicht in demselben
Verhaͤltnisse. Ich habe zu verschiedenen Zeiten Versuche mit diesen
Runkelruͤben und mit anderen, die in ihrer Naͤhe angebaut wurden,
angestellt; folgende Tabelle umfaßt das Resultat derselben.
Varietaͤten
von Runkelruͤben
Datum der Versuche
Grade
an BaumésAraͤometer bei + 15°
Cent.
Dichtigkeit
bei + 15° Cent.
Zuker
in 100 Theil.
Weiße Runkelruͤbe
von Bondues (Tabakfeld)
2. Sept.
5,6
1,0382
5,8
Weiße von Bondues
2. –
5,1
1,0347
6,2
Weiße von Bondues
(Tabakfeld)
6. –
5,5
1,0375
6,3
Weiße von Bondues
6. –
5,7
1,0389
7,2
Deßgl. (Tabakfeld)
9. –
5,1
1,0347
7,2
Weiße von Bondues
9. –
5,1
1,0347
7,5
Deßgl. (Tabakfeld)
15. –
5,8
1,0396
8,0
Weiße von Bondues
15. –
6,0
1,0411
8,0
Deßgl. (Tabakfeld)
22. –
6,2
1,0425
8,3
Weiße von Bondues
22. –
6,0
1,0411
8,5
Deßgl. (Tabakfeld)
28. –
6,4
1,0439
9,0
Weiße von Bondues
28. –
6,3
1,0432
9,8
Rosenrothe (Tabakfeld)
28. –
6,4
1,0439
9,8
Rosenrothe von Bondues
28. –
6,4
1,0439
9,8
–––––––
Weiße Runkelruͤbe
von Famars bei Valenciennes
13. –
5,7
1,0389
7,2
Rothe (von demselben Feld)
13. –
5,4
1,0368
6,6
Weiße mit rosenrother
Haut (von demselben Feld)
13. –
6,6
1,0453
9,2
Rosenrothe von Famars
27. Sept.
6,4
1,0439
9,8
Weiße
deßgl.
27. –
6,2
1,0425
8,5
Gelbe deßgl.
27. –
6,3
1,0446
9,0
Rothe von Famars
27. –
7,5
1,0519
9,0
–––––––
Weiße Runkelruͤbe aus
der Gegend von Duͤnkirchen
20. –
6,3
1,0432
8,2
Runkelruͤbe mit
rosenrother Haut, ebendaselbst
20. –
6,6
1,0433
9,5
Weiße aus der Fabrik des
Hrn. Crespel zu
Arras
31. –
7,0
1,0483
9,5
Mit rosenrother Haut, deßgl.
31. –
7,2
1,0
Diese Analysen machen nur einen sehr kleinen Theil von denjenigen aus, womit ich mich
beschaͤftigt habe, obgleich eine Arbeit dieser Art viel Zeit und Muͤhe
erfordert. Ich hoffe dafuͤr durch die nuͤzlichen Resultate
entschaͤdigt zu seyn, welche daraus in Bezug auf die zwekmaͤßigste
Cultur der Runkelruͤben hervorgingen und die ich demnaͤchst den
Fabrikanten mittheilen werde.
Ich habe noch viele andere Versuche angestellt, welche ich den Fabrikanten mittheilen
will, da sie sich aber nicht fuͤr die Annales de
Chimie eignen, so uͤbergehe ich sie hier und beschraͤnke mich
hauptsaͤchlich auf den chemischen Theil meiner Arbeit.
Die Runkelruͤbe, es mag was immer fuͤr eine Abart seyn, ist stets
sauer; die freie Saͤure betraͤgt aber so wenig, daß ein Liter Saft im
Durchschnitt zur Neutralisation nur 0,288 Gr. kohlensaures Kali erfordert.
100 Gramme Runkelruͤben hinterlassen, wenn man sie sehr fein zerreibt,
auspreßt und zu wiederholten Malen aussuͤßt, einen Ruͤkstand, welcher
im Marienbade ausgetroknet, nur 2,5 Gr. wiegt. In den Fabriken erhaͤlt man
aus 100 Theilen Runkelruͤben 70 Theile Saft und 30 Theile Mark, welche nach
diesem Versuche noch 27 1/2 Procent Saft zuruͤkhalten, der so zu sagen
verloren geht; denn der Werth des Ruͤkstandes wird bei einer Fabrikation von
100 Tausend Kilogr. Zuker nur zu 3000 Franken angenommen. Man verliert also jeden
Tag in den Fabriken den vierten Theil der Ruͤben, die man bearbeitet,
abgesehen von dem unkrystallisirbaren Zuker, der sich waͤhrend der
Verarbeitung bildet. Der Grund davon liegt ohne Zweifel in der Unvollkommenheit der
Maschinen, welche man zum Zerreiben und Auspressen der Ruͤben anwendet, denn
wenn man die Runkelruͤben mittelst einer kleinen Handreibe fein zerreibt und
in einem Leinentuch durch Windung stark auspreßt, so erhaͤlt man nie
uͤber 10 bis 12 Procent Ruͤkstand.
100 Gramme Runkelruͤben, welche in einer Platinschale verbrannt wurden,
hinterließen 0,40 Asche, welche aus Kieselerde, Alaunerde, Kali, Kalk, Eisenoxyd und
Manganoxyd in Verbindung mit Phosphorsaͤure, Kohlensaͤure,
Schwefelsaͤure und Salzsaͤure bestand.
100 Gramme Saft hinterließen beim Verbrennen eine Asche, welche 3 bis 6 Tausendtheile
vom Gewicht der Runkelruͤben betrug.
In allen Runkelruͤben, die ich untersuchte, fand ich Aepfelsaͤure und
Kleesaͤure, indem ich ihren Saft mit, basisch essigsaurem Blei behandelte und
den Niederschlag mit Schwefelwasserstoff zersezte.
Der Mannazuker findet sich, wie ich bereits bemerkt habe, nicht in dem
Runkelruͤbensaft; er ist ein Product seiner Veraͤnderung an der Luft.
Diese Substanz, welche man sich sehr leicht in großer Menge verschaffen kann, wird
durch Bierhefe keineswegs in Gaͤhrung versezt, wie Dr. Pallas behauptet: ich loͤste 30
Gramme Mannazuker in 200 Grammen Wasser auf, versezte die Fluͤssigkeit mit
einigen Grammen Bierhefe und brachte sie in eine Flasche, welche zwoͤlf
Stunden lang einer Temperatur von + 30° C. ausgesezt wurde. Nach Verlauf
dieser Zeit hatte sich keine Gasblase entwikelt und die destillirte
Fluͤssigkeit zeigte 0° am Alkohometer. Dieser Versuch wurde mit
Mannazuker wiederholt, den man aus der Manna der Eschen bereitet hatte.
Ich will mich nicht weiter uͤber die Analyse der Runkelruͤben
verbreiten, weil ich demjenigen, was die HH. Payen,
Dubrunfaut und andere Chemiker gefunden haben, nichts beizufuͤgen
wuͤßte. Die Substanzen, welche man immer darin findet, sind: Alaunerde, eine
stikstoffhaltige Substanz, Holzstoff, freie Gallertsaͤure und
Aepfelsaͤure und Kleesaͤure an Kali, Ammoniak und Kalk gebunden. Die
meisten anderen Substanzen kommen darin nur zufaͤllig vor, je nach der
Beschaffenheit des Bodens worauf die Runkelruͤben angebaut wurden.
Da der Kalk, welchen man zur Laͤuterung anwendet, in Zukerwasser sehr
aufloͤslich ist, so muß er sich großen Theils in dem mit diesem Oxyd
behandelten Saft wieder finden. Bei mehreren Versuchen erhielt ich einen bis anderthalb Gramme Kalk aus einem Liter
gelaͤuterten Saftes. Ich fuͤhre diese Thatsache an, weil eine zu große
Menge Kalk, wenn sie mit dem Zuker aufgeloͤst ist, denselben zersezen kann, eine Beobachtung,
die Hr. Daniell zuerst machte und Hr. Becquerel spaͤter bestaͤtigte.
Wenn eine Aufloͤsung von Zuker und Kalk der Luft ausgesezt wird, so sezt sie
nach sechs Wochen rhomboedrische Krystalle von wasserhaltigem kohlensaurem Kalk ab.
Diese Krystalle werden nach den Versuchen des Hrn. Becquerel durch Wasser zersezt.Man vergl. polytechnisches Journal Bd.
XLII. S. 45. A. d. R. Ich konnte mir davon eine geringe Menge verschaffen. Sie waren vollkommen
krystallisirt und enthielten 5 Mischungsgewichte Wasser auf ein Mischungsgewicht
kohlensauren Kalk. Ich habe mir vorgenommen eine groͤßere Menge von diesem
werkwuͤrdigen Salze zu bereiten, um alle seine Eigenschaften besser
untersuchen zu koͤnnen. Es ist moͤglich und sogar wahrscheinlich, daß
es in den Melassen der Runkelruͤbenzuker-Fabrikanten vorkommt.
Ich schließe hiemit diese Abhandlung und werde denjenigen Theil meiner Versuche,
welcher sich mehr auf das Praktische der Runkelruͤbenzuker-Fabrikation
bezieht, in einem landwirthschaftlichen Journal bekannt machen. Aus obiger Tabelle
ersieht man, daß die verschiedenen Varietaͤten von Runkelruͤben, so
wie dieselben Varietaͤten aus verschiedenen Gegenden ziemlich gleich viel
Zuker enthalten, naͤmlich zehn Procent ihres Gewichtes. Ueber diesen großen
Zukergehalt darf man sich nicht wundern. Die Herren Blanquet und Harpignies erhalten in ihrer
Fabrik zu Famars bei Valenciennes aus 100 Theilen Runkelruͤben etwas mehr als
5 Theile Zuker, 2 1/2 Melasse und 30 Mark. Dieses Mark enthaͤlt aber noch
27,5 Saft und 2,7 reinen Zuker.