Titel: | Versuche über die Anwendung des Bronze zur Doppelung der Schiffe. |
Fundstelle: | Band 43, Jahrgang 1832, Nr. XXVII., S. 128 |
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XXVII.
Versuche uͤber die Anwendung des Bronze
zur Doppelung der Schiffe.
Aus den Annales maritimes et coloniales im
Bulletin d. Scienc.
technol. Mai 1831, S. 59.
Versuche uͤber die Anwendung des Bronze zur Doppelung der
Schiffe.
Die schnelle Zerstoͤrung, welche die zur Doppelung der Schiffe verwendeten
Kupferplatten erleiden, veranlaßten schon seit langer Zeit eine große Menge
Versuche, die theils die Verminderung der Oxydation des Kupfers, theils die Ersezung
dieses Metalles durch andere Substanzen zum Zweke hatten. Die Sproͤdigkeit,
welche das Kupfer durch die Legirung mit Zinn, woraus das Bronze entsteht, bekommt,
verhinderte bisher das Plaͤtten dieser Legirung. Hrn. Francfort gelang es zuerst, diese Schwierigkeit zu uͤberwinden; er
forderte daher den Minister der Marine auf Versuche mit seinem Verfahren anstellen
zu lassen, die auch gemacht wurden, und uͤber welche folgende Berichte
erstattet worden sind.
Erster Bericht.
Nachdem der Hr. Minister befohlen, daß der Kiel des Kutters le
Renard auf der einen Seite, nach dem Vorschlage des Hrn. Francfort, mit Bronzeplatten, auf der anderen Seite
hingegen mit gewoͤhnlichen Kupferplatten beschlagen werden soll, wurde der
Marine-Genieofficier Robert mit der
Ausfuͤhrung dieses Befehles beauftragt. Hiernach wurde nun die
Steuerbordseite auf die gewoͤhnliche Weise mit Kupfer, und die Bakbordseite
mit der Kupferlegirung bekleidet, wobei folgende Beobachtungen gemacht wurden.
Man bemerkte, daß die Platten der ersten Sendung bruͤchig waren, und beim
Biegen leicht zersprangen. Hr. Francfort schrieb diesen
Fehler den Unvollkommenheiten zu, welche Anfangs bei allen Fabrikationen Statt
finden, und wirklich waren auch die Platten der zweiten Sendung besser, als jene der
ersten.
Nachdem die Guͤte der Bronzeplatten erwiesen war, wurden dieselben, wie die
Platten an der entgegengesezten Seite, auf eine Schichte duͤnnen Filzes
gelegt, und mit gegossenen Naͤgeln von 23 Millimeter befestigt.
Diese Platten zeigten hiebei viel mehr Elasticitaͤt und Steifheit, als sie die
Kupferplatten besizen; doch erforderte die Befestigung derselben an der ganzen
Oberflaͤche des Kieles weder mehr Zeit, noch bot dieselbe groͤßere
Schwierigkeiten dar.
Nicht ganz so verhielt es sich jedoch an jenen Stellen, an denen die Form des Kieles
unregelmaͤßiger ist, wie z.B. gegen den unteren Theil der Kielfuge des
Vordersteven. Hier zersprang naͤmlich die erste Platte wegen eines Fehlers
des Arbeiters, indem derselbe die Platte biegen wollte, nachdem er sie angenagelt
hatte. Die zweite Platte gab sich nur mit großer Muͤhe, was jedoch der
Ungeschiklichkeit der Arbeiter zugeschrieben werden muß, die bisher bloß mit dem
sehr geschmeidigen Kupfer zu arbeiten gewoͤhnt waren. In der Folge wurden die
uͤbrigen Platten vorher mittelst eines hoͤlzernen Keiles geformt, der
die gehoͤrige Kruͤmmung hatte, wo sie dann mit großer Leichtigkeit
angebracht werden konnten. Die groͤßere Steifheit dieser neuen Doppelung darf
mithin, was die Anwendung derselben betrifft, als kein Hinderniß oder Nachtheil
betrachtet werden; im Gegentheile gewaͤhrt diese Steifheit in Verbindung mit
der Elasticitaͤt mehrere Vortheile, die erwaͤhnt zu werden
verdienen.
Bei den alten Platten (besonders wenn sie auf Filz gelegt werden) bildet jeder Nagel
eine kleine Vertiefung, so daß der Kiel wie ausgepolstert erscheint:: es ist
naͤmlich unmoͤglich diese Unebenheiten ganz zu vermeiden, denn so wie
man mit dem Hammer auf einen Vorsprung schlaͤgt, so entsteht dadurch eine
Vertiefung, waͤhrend der Vorsprung dafuͤr in einer Entfernung von
einigen Centimetern erscheint. Bei den neuen Platten hingegen erstrekt sich wegen
deren groͤßerer Steifheit der Druk des Nagels auf eine weit groͤßere
Entfernung, so daß die Oberflaͤche des Kieles nothwendig viel ebener und
gleichmaͤßiger erscheint. Da es nun bekannt ist, daß die Glatte der Kiele
einen großen Einfluß auf den Lauf der Schiffe hat, so muß die neue Art der Doppelung
in dieser Hinsicht von Vortheil fuͤr die Schiffe seyn.
Beruͤksichtigt man ferner die groͤßere Haͤrte und
Zaͤhigkeit der Kupferlegirung, so wird man voraussezen muͤssen, daß
sie beim Stranden oder bei irgend einem anderen Stoße mehr Widerstand leisten wird,
als das gewoͤhnliche Kupfer leistet.
Man glaubte den Absichten des Ministeriums zu entsprechen, wenn man eine Vergleichung
der beiden Arten von Doppelungen innerhalb bestimmter Zeitraͤume
moͤglich machte. Es wurden daher nicht alle Platten gewogen, sondern von
jeder Art neun ausgewaͤhlt, die gleichfoͤrmig am Kiele an den
Durchschnittspunkten dreier wagerechter und dreier senkrechter Linien angebracht
wurden.
Diese neun, mit aͤngstlicher Genauigkeit abgewogenen Platten koͤnnen
also als Repraͤsentanten des ganzen Kieles angesehen werden; man braucht nur
in bestimmten, gegebenen Zeitraͤumen zwei, vier oder sechs entsprechende
Platten einer jeden Seite abzunehmen, und sie zu vergleichen, um daraus den Grad der
Zerstoͤrung beurtheilen zu koͤnnen, die sie beide erlitten haben.
Bei der Vergleichung der Kosten der beiden Arten von Doppelung ergab sich in Hinsicht auf
Ausgabe fuͤr das rohe Material und fuͤr die Kosten des Arbeitslohnes
folgendes Resultat:
Da die alten und neuen Platten gleiche Dimensionen hatten, so war zur Doppelung auf
jeder Seite eine gleiche Zahl von Platten (164 Stuͤke) noͤthig, deren
Preis sich mit Einschluß der gegossenen Naͤgel und des Filzes auf folgende
Summen belaͤuft:
Fuͤr die mit Kupfer gedoppelte
Steuerbordseite auf
2774 Fr.
69 Cent.
Fuͤr die mit der Legirung gedoppelte
Bakbordseite auf
2883 –
91 –
–––––––––––––
Differenz
109 –
22 –
Dieser geringe Unterschied ruͤhrt eines Theiles davon her, daß der Preis des
Kilogramms der neuen Platten jenen der Kupferplatten um 10 Cent. uͤbersteigt;
anderer Seits aber auch davon, daß die Platten aus der Kupferlegirung ein etwas
groͤßeres specifisches Gewicht besizen. Was. den Arbeitslohn betrifft, so
belaͤuft sich dieser fuͤr den ganzen Kiel auf 91 Franken. Wegen der
Unregelmaͤßigkeit der Ebbe, waͤhrend welcher die Arbeiter arbeiten
konnten, ließ sich die Zeit, die fuͤr jede Seite verwendet wurde, nicht genau
bestimmen; so viel ist jedoch gewiß, daß hiebei der Unterschied noch viel
unbedeutender ist, als jener bei dem Materiale.
Zweiter Bericht.
Nachdem das Fahrzeug drei Monate dreizehn Tage im Hafen zu Cherbourg geankert, und
drei Monate zehn Tage auf der Fahrt zugebracht hatte, wurden die Platten
sorgfaͤltig abgenommen, gereinigt und von der Schichte Siebchloruͤr
befreit, mit der sie bedekt waren. Alles dieß geschah ohne große Muͤhe.
Hierauf wurden dieselben gerade so, wie vor deren Anwendung gewogen, wobei sich
zeigte, daß die kupfernen Platten auf der Steuerbordseite 1325 Grammen, die
Bronzeplatten auf der Bakbordseite hingegen nur 751 Grammen verloren hatten. Das
Verhaͤltniß dieser beiden Zahlen, welches beinahe wie 7 zu 4 ist, bezeichnet,
wie viel das Kupfer im Vergleiche mit dem Bronze verloren hat, und gibt mithin beinahe auch die Dauer des zweiten im Vergleiche mit
jener des ersten.
Wir sagen beinahe, indem noch ein anderes Element bei der
Berechnung des Verhaͤltnisses der Dauer beruͤksichtigt werden muß:
naͤmlich die Regelmaͤßigkeit der Anwendung der Platten. Die Erfahrung
hat gezeigt, daß die Platten, welche Vorspruͤnge hatten, an diesen
Vorspraͤngen weit schneller eine Zerstoͤrung erlitten, so daß sie oft
durchloͤchert und unbrauchbar geworden sind, ehe sie noch einen etwas
betraͤchtlichen Gewichtsverlust erlitten haben. Betrachtet man nun die beiden Seiten des Kieles
des Renard, so wird man gestehen muͤssen, daß die
Bronzedoppelung viel ebener und glatter ist, als die Kupferdoppelung. Dieser
Umstand, dessen wir schon fruͤher erwaͤhnten, muß daher auch in dieser
Hinsicht, abgesehen von der Fabrikation der Platten, einen merklichen Vorzug
gewaͤhren.
Dieser Unterschied ist so auffallend, daß er hoͤchst wahrscheinlich auch auf
den Lauf des Schiffes von Einfluß seyn muß.
Der Commandant des Renard, welcher diese Untersuchungen so sehr erleichterte, hat
versprochen seine Aufmerksamkeit auch auf diesen wichtigen Punkt zu richten, und die
Resultate, die sich ergeben werden, genau aufzuzeichnen.
Die kurze Dauer der Fahrt des Schiffes, und die Thaͤtigkeit desselben bei
dieser Fahrt haben das Ansezen von Muscheln so wenig beguͤnstigt, daß sich in
dieser Hinsicht kein Unheil uͤber die Vorzuͤge des einen oder des
anderen Materiales faͤllen laͤßt, wenn der Schiffs-Commandant
auch das Kupfer seines Schiffes nie haͤtte reinigen lassen. Bei der
Untersuchung des Kieles fand man hier und da an den Bleiplatten, mit denen die
Baͤnder des Steuerruders belegt waren, und an der aͤußeren
Flaͤche des Hinterstevens, die nicht gedoppelt war, einige kleine Muscheln;
im Allgemeinen waren aber sowohl das Kupfer, als die Legirung desselben frei
geblieben. Wir glauben aus allen Umstaͤnden schließen zu duͤrfen, daß
die kleinen Schuppen des Siebchloruͤres, welche sich von Zeit zu Zeit
abloͤsen, die Muscheln abstoßen, ehe sie noch eine etwas bedeutende
Groͤße erreicht haben, und daß der geringe Grad von Adhaͤrenz dieses
Salzes dem Ansezen der Muscheln gleichfalls große Hindernisse in den Weg legt.
So vortheilhaft die Resultate des ersten Versuches des Kupferbronzes des Hrn. Francfort bei der Doppelung des Kutters le Renard ausfielen, so sind sie doch noch nicht in
jeder Hinsicht genuͤgend, um zu ganz sicheren Schluͤssen zu
fuͤhren; so viel duͤrfte uͤbrigens mit Gewißheit daraus
erhellen, daß dieses Metallgemisch, welches so viele wesentliche Vortheile
fuͤr die Marine verspricht, wiederholter und vervielfaͤltigter
Versuche wuͤrdig ist.