Titel: | Ueber einen neuen Registerpyrometer zum Messen der Ausdehnung fester Körper und zur Bestimmung der höheren Temperaturgrade an der gewöhnlichen Thermometerscala. Von I. Friedrich Daniell, Esq. F. R. S. |
Fundstelle: | Band 43, Jahrgang 1832, Nr. XLIV., S. 189 |
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XLIV.
Ueber einen neuen Registerpyrometer zum Messen
der Ausdehnung fester Koͤrper und zur Bestimmung der hoͤheren
Temperaturgrade an der gewoͤhnlichen Thermometerscala. Von I. Friedrich Daniell, Esq.
F. R. S.
Aus dem Philosophical Transactions fuͤr 1830
II. Theil, im Philosophical Magazine and Annals of Philosophy, Septbr. 1831, S. 19.
Octbr. S. 268 und Novbr. S. 350.
Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
Daniell's Registerpyrometer zum Messen der Ausdehnung fester
Koͤrper.
Im Jahre 1821 machte ich im Journal der Royal Institution
Bd. XI. S. 309 einen neuen Pyrometer und die Resultate einiger mit demselben
angestellten Versuche bekannt, durch welche ich die hoͤchst irrigen Angaben
zu berichtigen suchte, die bis zu jener Zeit uͤber jene Temperaturgrade
herrschten, welche den Siedepunkt des Queksilbers uͤbersteigen. Dieses
Instrument gab genaue Bestimmungen, die unwidersprechlich mit der Scala des
Queksilberthermometers in Zusammenhang standen; allein es war nur in
sorgfaͤltigen Haͤnden zu wissenschaftlichen Untersuchungen anwendbar,
und konnte uͤberdieß nur bei eigens eingerichteten Experimentiroͤfen
gebraucht werden, wodurch dessen Anwendung nothwendig sehr beschraͤnkt werden
mußte. Ein Pyrometer, der sich allgemein eben so gut fuͤr hoͤhere
Temperaturen anwenden laͤßt, wie der gewoͤhnliche Thermometer
fuͤr niedere gebraͤuchlich ist, blieb daher immer noch ein großes
Beduͤrfniß; und ganz besonders zeigte sich der Mangel eines Instrumentes,
welches nicht bloß zu feineren Untersuchungen geeignet waͤre, sondern auch
den Toͤpfern, Gießern, Emaillirern und anderen Gewerbsleuten denselben Nuzen
bei ihren Arbeiten gewaͤhren koͤnnte, welche die Brauer,
Branntweinbrenner, Zukerraffinirer und Chemiker taͤglich aus der Anwendung
des Thermometers ziehen.
Ich habe die Ehre der Gesellschaft eine Erfindung vorzulegen, die allen diesen
Anforderungen entsprechen wird, und welche nicht nur so einfach ist, daß sie den
Haͤnden gewoͤhnlicher Arbeiter und bei jeder Art von Feuerung
anvertraut werden kann, sondern von der ich auch durch das Resultat meiner Versuche
zu erweisen suchen werde, daß sie einen hinlaͤnglichen Grad von Genauigkeit
besizt, um unsere Kenntnisse uͤber die Ausdehnung der Metalle, auf welche
schon so viele unserer groͤßten Gelehrten Zeit und Muͤhe verwendeten,
bedeutend zu erweitern.
Ich wußte, als ich den oben angefuͤhrten Aufsaz schrieb, nicht, daß sich
bereits Guyton Morveau mit diesem Gegenstande
beschaͤftigt hatte, und daß derselbe die Ausdehnung der Platinna als Maßstab
fuͤr hoͤhere Temperaturen, und vorzuͤglich zur Verbindung der
Angaben des Wedgwood'schen Pyrometers mit der
Queksilberscala, und zur Bestaͤtigung der Richtigkeit dieses lezteren
Instrumentes vorschlug. Ich habe seither seine muͤhsamen und
sorgfaͤltigen Arbeiten in den Annales de Chimie
(T. XLVI. S. 276) und in den Mémoires de l'Institute (T. IX u.
XII.), welche in unserem Lande nur wenig bekannt geworden zu seyn scheinen, genau
studirt, und will daher, ehe ich auf meine Arbeit selbst uͤbergehe, vorher
noch einige Augenblike bei den Leistungen dieses vortrefflichen Mannes
verweilen.
Hrn. Guyton Morveau's Pyrometer bestand aus einem kleinen
Platinnastabe, oder einer solchen Platte von 45 Millimeter Laͤnge, 5
Millimeter Breite und 2 Millimeter Dike, die in eine Aushoͤhlung eines
Stuͤkes stark gebrannten Porzellanes gebracht wurde. Ein Ende dieses Stabes
ruhte auf dem soliden Ende, welches die Aushoͤhlung schloß, und das andere
Ende druͤkte auf den kurzen Arm eines gekruͤmmten Hebels, dessen
laͤngerer Arm sich in eine Spize endigte, und sich an einem Zapfen
uͤber den graduirten Bogen eines Kreises bewegte. Durch diese Bewegung wurde
jede Verlaͤngerung des Armes, die in Folge der Erhoͤhung der
Temperatur Statt fand, angezeigt. Der kurze Arm des Hebels war 2,5 Millim., der
laͤngere 50 Millim. lang; lezterer trug einen Nonius, mit welchem man 1/10
Grad messen konnte. Alles dieß bestand aus Platinna. Eine Platte aus gleichem
Metalle druͤkte nach Art einer Feder auf das Ende des Zeigers, damit derselbe
bei dem Herausnehmen aus dem Feuer nicht verruͤkt werden konnte. Die
Beschreibung dieses Instrumentes war in der ersten Abhandlung, die im Jahre 1803
erschien, durch keine Zeichnung erlaͤutert, und die Notiz in den Annales de Chimie schloß mit der Anzeige, daß der
Erfinder zu jener Zeit erst eine Reihe von Versuchen begonnen habe, durch welche der
Gang dieser Vorrichtung, ihr Verhaͤltniß zu dem Wedgwood'schen Pyrometer, und
der Grad von Vertrauen, welchen man diesem lezteren schenken koͤnne, bestimmt
werden soll. – Die zweite Abhandlung erschien erst im Jahre 1808, und in
dieser bemerkt Hr. Guyton, „daß von vielen
Seiten der Wunsch ausgedruͤkt worden sey, daß er die Verbesserungen, die
er an seinem Instrumente seit seiner Erfindung angebracht habe, bekannt machen
moͤchte, und daß er sich daher entschloß eine neue Beschreibung desselben
zu geben, und sie durch Zeichnungen anschaulich zu machen, um jeden Arbeiter in
den Stand zu sezen, darnach ein aͤhnliches zu verfertigen.“ Er
hielt es fuͤr geeignet hierbei vorher die Arbeiten anderer in diesem Felde
der Wissenschaft anzufuͤhren, und gewisse Irrthuͤmer zu beseitigen,
welche bis zu jener Zeit uͤber das gebraͤuchlichste, d.h. das
Wedgwood'sche Pyrometer herrschten, welches leztere sich nach seiner Ansicht einst
sehr bequem und folglich sehr nuͤzlich zeigen wuͤrde, wenn ein Mal der Grad der
Genauigkeit, dessen es faͤhig ist, genauer bestimmt worden ist.
Die dritte und lezte Abhandlung erschien erst im Jahre 1811, und in dieser ist von
keiner weiteren Beschreibung des Platinna-Pyrometers etwas zu finden, sondern
eine muͤhsame Vergleichung der Angaben des Platinna-Pyrometers mit
jenen des Queksilberthermometers, und mit jenen des Wedgwood'schen Pyrometers, und
endlich auch eine Vergleichung der, durch diese Instrumente bestimmten, Grade mit
den vorher bekannten Graden der Ausdehnung des Siedens und Schmelzens verschiedener
Substanzen, und zwar in einer Reihe von Temperaturgraden, in welcher die
hoͤchsten Grade des thermometrischen und die niedrigsten Grade der
Wedgwood'schen Scala begriffen waͤren.
Alle Bemuͤhungen des Hrn. Guyton waren in dieser
Abhandlung dahin gerichtet, die Grade zu schaͤzen, welche durch Wedgwoods Thonstuͤke bestimmt worden waren; allein
sehr merkwuͤrdig ist es, daß er die Vergleichung des
Platinna-Pyrometers durch wirkliche Versuche nicht weiter als bis zum
Schmelzpunkte des Spießglanzes trieb, und nach dieser Basis die Correction des
Schmelzpunktes des Eisens berechnete, indem er eine, bis
zu den hoͤchsten Temperaturgraden gleichmaͤßig fortschreitende,
Progression annahm. Die auf Versuche begruͤndete Vergleichung wurde offenbar
bei hoͤheren Temperaturen durch einige Schwierigkeit in der
Ausfuͤhrung verhindert, und diese Schwierigkeit duͤrfte folgende seyn.
Die Platinna wird naͤmlich in der Rothgluͤhhize sehr weich und
geschmeidig, so daß der Hebel, gegen welchen die pyrometrische Stange druͤkt,
bei seinen schwachen Dimensionen leicht gebogen und dadurch der ganze Versuch
vergebens wird. Aus eigener Erfahrung kann ich hierbei noch bemerken, daß die
Federplatte aus Platinna und der Mittelstift sehr geneigt sind, bei großer Hize ihre
Textur zu veraͤndern, so daß dadurch die Bewegung des Hebels verhindert, und
derselbe endlich an den Zeiger angeschweift wird: ein sehr geringer Druk wird
naͤmlich bei einer hohen Temperatur schon diese Wirkung hervorbringen.
Der Schluß der lezten Abhandlung zeigt deutlich, daß Hr. Guyton selbst daran zweifelte, daß der Platinna-Pyrometer eine
allgemeine Anwendung erhalten wuͤrde; er sagt naͤmlich:
„diese Berichtigungen werden ohne Zweifel, sowohl bei den Arbeiten der
Chemiker, als bei jenen der Kuͤnstler, die Nuͤzlichkeit des
Thonpyrometers erhoͤhen; wenn auch der Platinna-Pyrometer, welcher
genauer, aber weniger gebraͤuchlich ist, bloß zur Versicherung des Ganges
des ersteren, und zu wichtigeren Untersuchungen aufbehalten werden
sollte.“
Obschon nun Hr. Guyton offenbar die Ungenauigkeit der
Wedgwood'schen Methode hoͤhere Temperaturgrade zu messen, erwies, so blieb er
doch noch weit von jenem Punkte entfernt, auf den er so ernstlich und muͤhsam
hinarbeitete, d.h. von der Regelmaͤßigkeit des Zusammenziehens der
Thonstuͤke, oder von der Aufstellung einer Schaͤzung der Grade in dem
ganzen Maßstabe, die genauer und richtiger waͤre, als jene, die er so
vollkommen umstieß. Die vergleichsweisen Versuche, die er mit dem
Platinna-Pyrometer uͤber die Siedepunkte des Queksilbers, des
Leinoͤhles und den Schmelzpunkt des Spießglanzes anstellte, veranlaßten ihn
das Aequivalent eines jeden Grades von 130° F. auf 62°5 zu reduciren.
Dadurch wurde der Nullpunkt des Thon-Pyrometers von 1077° auf
517° zuruͤkgesezt; allein Hr. Guyton
scheint uͤbersehen zu haben, daß fuͤr diesen Nullpunkt eine, am Tage
sichtbare, Rothgluͤhhize erklaͤrt wurde, uͤber welche kein
Mißverstaͤndniß herrschen kann, und welche offenbar nicht unter dem
Siedepunkte des Oehles, dem Schmelzpunkte des Bleies oder dem Siedepunkte des
Queksilbers stehen kann. Dessen ungeachtet findet man in Hrn. Guyton's Tabelle alle diese Hizgrade uͤber dem Nullpunkte. Guyton sezte den Schmelzpunkt des Silbers auch auf den
22sten statt auf den 28sten Grad der Wedgwood'schen Scala, was nach seiner eigenen
Angabe eine Verbesserung war, die zuerst Sir James Hall
im neunten Bande von Nicholson's Journal in Anregung
brachte. Da er nun den Werth eines jeden Grades zu 62°5 F. annahm, so
bestimmte er diesen Punkt auf 1892° F., welche Bestimmung so ziemlich mit
meinem, in der oben erwaͤhnten Abhandlung angefuͤhrten, Versuche
uͤbereinstimmt. Hieraus sezte er in der Voraussezung einer
gleichmaͤßigen Progression, die Berechnung bis zum Schmelzpunkt des Eisens
fort, wornach der 130ste Grad W. mit 8696° F. correspondiren sollte. Diese
Angabe ist zwar bloß die Haͤlfte der 17977°, welche Wedgwood
dafuͤr angab, allein sie ist doch sehr weit von dem Resultate meiner Versuche
entfernt, welches 3479° gibt.
Dessen ungeachtet ist es sonderbar, daß Hrn. Guyton's
Abhandlung selbst einen Beweis enthaͤlt, daß seine Bestimmung irrig ist, die
meinige hingegen der Wahrheit sehr nahe kommt. Derselbe weist naͤmlich, als
Huͤlfsmittel zur Berichtigung der Angaben der Instrumente, die zum Messen
hoher Temperaturgrade bestimmt sind, auf den Calorimeter, welcher durch die
Bestimmung der Hize, die ein gluͤhender Koͤrper bekannten
Quantitaͤten Eis oder Wasser mittheilt, die noͤthigen Daten zur
weiteren Berechnung darbietet. Er fuͤhrt hiernach die genauen Versuche von
Clement und Desormes an,
die folgende Punkte auf diese Weise bestimmten.
Durch die Menge desgeschmolzenen Eises.
Durch die dem
Wasser mitgetheilte Hize.
Fahrenh.
Fahrenh.
Temperatur des
geschmolzenen geschmeidigen
Eisens
3988°
3902°
Roheisen auf dem Punkte zu schmelzen
3164
–
Rothgluͤhendes Eisen
2732
–
Weißgluͤhendes dtto
3282
–
Eisen, welches am Tage eben zu
gluͤhen aufhoͤrte
–
1272
Geschmolzenes Kupfer
–
2294
Ich bestimmte nach meinen Versuchen den Schmelzpunkt des Roheisens auf 3479°,
jenen des Kupfers auf 2548°, und jenen des rothgluͤhenden auf
1000°, was obigen Resultaten so ziemlich nahe kommt, obschon mir dieselben zu
der Zeit, als ich meine Versuche anstellte, gaͤnzlich unbekannt waren. Hr.
Guyton bemerkte uͤber diese Resultate:
„Man braucht nur einen Blik auf die Resultate zu werfen, um neue,
einhellige Beweise von der Nothwendigkeit zu erhalten, daß die Werthe, welche
Wedgwood den Graden seines Pyrometers beilegte, reducirt werden
muͤssen.“ Allein ich scheue mich nicht zu behaupten, daß diese
Reductionen hier zu weit getrieben sind, wie dieß erhellt, wenn man sie mit jenen
zusammenhaͤlt, zu denen ich durch die, in dieser Abhandlung
angefuͤhrten, Versuche geleitet wurde. Ich bin weit entfernt, Zweifel in die
Genauigkeit der Beobachtungen, deren Mittheilung ich obigen beiden gewandten
Chemikern verdanke, zu sezen; man wird im Gegentheile leicht einsehen, daß der
Unterschied der Resultate groͤßten Theils von der Verschiedenheit der
Verfahrungsweisen herruͤhrt, so daß ihre Schaͤzungen der Grade des
Wedgwood'schen Pyrometers am Ende, und wenn man das Mittel der Abweichung nimmt, die
sich mit so zarten Operationen vertraͤgt, doch ehe zur Bestaͤtigung
als zur Widerlegung des von mir aufgestellten Verbesserungssystemes dienen.
Es verdient bemerkt zu werden, daß das Resultat besser mit der ganzen Reihe der
Phaͤnomene uͤbereingestimmt haben wuͤrde, wenn die Grade des
Wedgwood'schen Pyrometers nach dieser Bestimmung des Schmelzpunktes des Eisens
geschaͤzt worden waͤren. Sie wuͤrden dann beilaͤufig auf
20° F., statt auf 130° F., wie der Erfinder annahm, oder auf
62°5, wie sie Guyton reducirte, geschaͤzt
worden seyn; und nimmt man hiernach Wedgwood's Originalbestimmung des Schmelzpunktes
des Silbers auf 28° seiner Scala, und den Nullpunkt auf 1077° an, so
wuͤrde dieser Schmelzpunkt beilaͤufig auf 1650° kommen.
Erhoͤht man den Nullpunkt ein wenig (und es ist sehr wahrscheinlich, daß die
Temperatur einer am Tage vollkommen sichtbaren Rothgluͤhhize ehe uͤber
als unter 1077° betraͤgt), so erhaͤlt man etwas, was der Wahrheit sehr nahe
kommt. Diese großen Abweichungen und der Mißbrauch, der seit langer Zeit sowohl mit
Wedgwood's als Guyton's Pyrometer getrieben wurde, werden hinlaͤnglich
beweisen, wie nothwendig eine weitere Untersuchung dieses wichtigen und
interessanten Gegenstandes war.
Der Pyrometer, den ich der Gesellschaft hier vorlege, besteht aus zwei Theilen, die
ich mit den Namen Register und Scala belegen will. Ersteres besteht aus einem
soliden Stabe von graphithaltigem Toͤpfergute von 8 Zoll Laͤnge, 7/10
Zoll Breite und eben so viel Dike, welchen man aus einem gewoͤhnlichen
Graphittiegel schneiden kann. In diesen Stab ist eine Furche von 3/10 Zoll im
Durchmesser und 7 1/2, Zoll Tiefe gebohrt; an seinem oberen Ende und an der einen
Seite des Stabes ist ungefaͤhr in der Laͤnge von 6/10 Zoll die
Substanz desselben zur Tiefe des halben Durchmessers der ausgebohrten Rinne
weggeschnitten. Wird nun eine 6 1/2 Zoll lange Stange irgend eines Metalles in diese
Aushoͤhlung gesenkt, so stemmt sich dieselbe gegen deren solides Ende. Auf
die Spize dieser Stange wird ein 1 1/2 Zoll langes, walzenfoͤrmiges
Stuͤk Porzellan gebracht, welches ich den Zeiger nennen will. Dieses
Stuͤk wird, da es in den offenen Raum und uͤber denselben hinaus
reicht, durch einen Ring oder durch ein Band aus Platinna an seiner Stelle erhalten,
und dieses Band, welches um den Graphitstab und das Porzellanstuͤk geht, kann
dadurch mit jeder erforderlichen Kraft auf lezteres druͤken, daß man einen
kleinen Keil aus Porzellan zwischen den Stab und das Band, an der Seite des ersteren
treibt. Es ist offenbar, daß, wenn eine solche Vorrichtung einer hoͤheren
Temperatur ausgesezt wird, der Metallstab den Zeiger um so viel uͤber den
Graphitstab treiben wird, als er sich in der Hize mehr ausdehnt, und daß der Zeiger
nach dem Erkalten an der hoͤchsten Stelle der Ausdehnung bleiben wird. Ich
muß bemerken, daß die genaue Angabe des Betrages der Ausdehnung nicht im Geringsten
durch die bleibende Zusammenziehung beeintraͤchtigt wird, die der Graphitstab
allenfalls bei hoͤheren Hizgraden erleidet; denn jede solche Zusammenziehung
wird waͤhrend der groͤßten Ausdehnung des Metalles geschehen, und der
Zeiger wird daher doch noch den Punkt seiner hoͤchsten Ausdehnung
uͤber diese zusammengezogene Basis anzeigen.
Die Aufgabe liegt nun in der genauen Messung der Entfernung, um welche der Zeiger von
seiner urspruͤnglichen Stellung an vorwaͤrts getrieben wurde. Obschon
diese Entfernung in jedem Falle nur gering seyn kann, so ist dieß doch kein Grund,
aus welchem dieselbe nicht mit derselben Genauigkeit bestimmt werden koͤnnte,
welche man heut zu Tage sowohl bei astronomischen als geodaͤtischen
Operationen bei aͤhnlichen Quantitaͤten gewohnt ist. Ich habe die
Scala zu diesem Behufe
aus zwei messingenen Maßstaͤben verfertigt, welche an ihren Raͤndern
unter einem rechten Winkel genau zusammengefuͤgt sind, unter rechten Winkeln
auf zwei Seiten des Graphitstabes passen, und beilaͤufig halb so lang wie
dieser sind. An dem einen Ende dieses doppelten Maßstabes ragt eine kleine,
messingene Platte unter einem rechten Winkel hervor, welche Platte, wenn die beiden
Seiten des ersteren auf die beiden Seiten des Registers zu liegen kommen, auf die
Schulter herab gelangt, die durch die, an seinem oberen Ende ausgeschnittene,
Einkerbung gebildet wird. Auf diese Weise ist mithin das Ganze durch drei
Beruͤhrungsflaͤchen an dem Graphitstabe fest angebracht.
An der aͤußeren Seite dieses Gestelles ist ein anderer messingener Maßstab
fest angeschraubt, welcher uͤber denselben hinausragt, und etwas gebogen ist,
so daß sein Ende der Aushoͤhlung in dem Graphitstabe gegenuͤber zu
liegen kommt, wenn er auf diesen gebracht wird. Dieser Maßstab traͤgt einen
beweglichen Arm, der genau 5 1/2 Zoll lang ist, und sich an seinem befestigten Ende
um einen Mittelpunkt dreht, waͤhrend er an dem anderen Ende einen Kreisbogen
traͤgt, der in Grade und Drittelgrade getheilt ist, und dessen Radius genau 5
Zoll mißt. An dem Mittelpunkte dieses Kreises um den Arm, und folglich in einer
Entfernung von einem halben Zolle von dem Mittelpunkte der Bewegung, dreht sich ein
anderer leichterer Arm, der genau dem Radius des Kreisbogens gleich ist, und an dem
einen Ende einen Nonius traͤgt, welcher sich auf der Flaͤche des
Bogens bewegt, und die erstere Gradabtheilung in Minuten theilt. Das andere Ende
durchkreuzt den Mittelpunkt, und endigt sich genau in der Entfernung von 1/10 des
Radius oder in der Entfernung zwischen den beiden Mittelpunkten der Bewegung in eine
stumpfe staͤhlerne Spize, die unter einem rechten Winkel nach
Einwaͤrts gebogen ist. Die Grade sind mit der groͤßten Genauigkeit
durch Hrn. Troughton's Theilungsmaschine abgetheilt.
Dieser Theil des Apparates kann als ein Reductionszirkel (a
pair of proportional compasses) betrachtet werden, der an dem Ende des
messingenen Maßstabes und Gestelles befestigt ist, und dessen laͤngerer
Schenkel, der den Bogen und den Nonius traͤgt, sich zu dem kuͤrzeren
wie 10 zu 1 verhaͤlt. Und da dieser leztere als die Sehne eines kleinen
Kreises zu betrachten ist, so wird er von ersterem in gleichem Verhaͤltnisse
vergroͤßert, und an der Scala gemessen. In den groͤßeren Arm ist eine
kleine Stahlfeder eingelassen, welche auf den kleineren Arm druͤkt, so daß
dadurch der Nonius auf den Anfang der Graduirung gerichtet, und wenn er
zuruͤkgedruͤkt worden, wieder in seine urspruͤngliche Stellung
gebracht wird.
Die beigefuͤgten Zeichnungen, welche saͤmmtliche Theile um ein Drittheil kleiner, als
in natuͤrlichem Zustande zeigen, werden obige Beschreibung deutlicher machen.
Fig. 21
zeigt die Scala. AA ist der messingene
Hauptmaßstab, an dessen unterer Seite das Gestell aaaaaa' mittelst der Schrauben bb
angebracht ist, und der an seinem gekruͤmmten Ende c den Arm B traͤgt, welcher sich um den
Mittelpunkt d bewegt, und sich in den Kreisbogen ee endigt. CC
ist der leichtere Arm, der sich um den Mittelpunkt k auf
dem Arme B bewegt, und an dem einen Ende den Nonius g, an dem anderen die staͤhlerne Spize h traͤgt. Die Entfernung dieser lezteren von dem
Mittelpunkte f betraͤgt genau einen halben Zoll
oder 1/10 von dem Radius fg, und ist der
Entfernung der beiden Mittelpunkte fd von einander
gleich, i ist eine kleine Linse, welche
zuruͤkgelegt dargestellt ist, die aber durch die Mittelpunkte k und l senkrecht
uͤber den Nonius gehoben werden kann, um dadurch das Lesen desselben zu
erleichtern. mm ist die Stahlfeder, die in einer,
in den Arm B geschnittenen Oeffnung befestigt ist, auf
einen kleinen Stift n in dem Arme C druͤkt, und den Radius auf den Anfang des Bogens
zuruͤkzieht.
Fig. 22 zeigt
das Register. DDDD ist der Graphitstab mit seiner
Aushoͤhlung oo; bei pp ist derselbe bis zur Haͤlfte der Tiefe
der Aushoͤhlung weggeschnitten. qq ist der
porzellanene Zeiger, welcher auf die Spize des Metallstabes gebracht, und durch den
Druk des Platinnabandes r, das durch die Kraft des
kleinen porzellanenen Keiles s wirkt, in seiner Lage
erhalten wird.
Soll nun eine Beobachtung gemacht werden, so wird die Metallstange in die
Aushoͤhlung des Registers gebracht, der Zeiger auf dieselbe
niedergedruͤkt, und mittelst des Platinnabandes und des Porzellankeiles in
dieser Stellung fest gemacht. Dann bringt man die Scala an, indem man die
messingenen Maßstaͤbe an die Seiten des Graphitstabes anpaßt, und sie dadurch
befestigt, daß man das Querstuͤk (a') auf die
Schulter druͤkt. Waͤhrend man nun das Ganze mit der linken Hand
haͤlt, muß der bewegliche Arm so gestellt werden, daß die staͤhlerne
Spize (h) des einen Schenkels des Zirkels, auf den Rand
des porzellanenen Zeigers zu liegen kommt, gegen den sie durch die Feder mit einiger
Gewalt gedruͤkt wird. Dann bewegt man den Arm sachte mit der rechten Hand
vorwaͤrts, wodurch die Spize laͤngs des Endes des Zeigers gleiten
wird, bis sie in eine kleine Aushoͤhlung (t)
faͤllt, die zu deren Aufnahme angebracht ist, und genau mit der Achse des
Metallstabes in dem Register und mit dem Mittelpunkte der Bewegung des Zirkels an
dem messingenen Maßstabe zusammenfaͤllt. Die Minute des Grades, welche der
Nonius nun an dem Bogen anzeigt, muß bemerkt werden; ebendieß muß auch geschehen,
nachdem das Register einer erhoͤhten Temperatur ausgesezt und wieder abgekuͤhlt
worden. Die Zahl der Grade oder Minuten, welche der Nonius dann anzeigt, wird, durch
eine einfache Berechnung aus der bekannten Laͤnge der Radii und des Winkels,
die Laͤnge der Sehne, die zwischen der urspruͤnglichen Stellung der
Zirkelschenkel und dem Punkte, bis zu welchem sie sich bewegt haben, enthalten ist,
oder jene Entfernung angeben, um welche der Zeiger vorwaͤrts getrieben wurde.
– Dieses Verfahren scheint zwar in der Beschreibung sehr zusammengesezt,
allein in der Praxis ist dasselbe sehr einfach, so daß es bei einiger Uebung kaum
mehr als einige Minuten Zeit erfordert. Da die Scala dieses Pyrometers ganz von
jenem Theile abgesondert ist, welcher dem Feuer ausgesezt ist, so faͤllt
dadurch eine der erheblichsten Einwendungen weg, die bisher immer gegen andere
Erfindungen dieser Art wegen der Ungewißheit des Hizgrades und der Ausdehnung, deren
sie faͤhig sind, gemacht wurden. Wegen der Einfachheit jenes Theiles, der
einzig und allein einer groͤßeren Hize ausgesezt wird, ist meine Vorrichtung
auch wenigen Zerstoͤrungen ausgesezt, und erfolgt ja ein Unfall, so sind die
Materialien, die zur Ausbesserung noͤthig sind, so wohlfeil, daß die Ausgabe
hoͤchst unbedeutend wird.
Die Berechnung der absoluten Ausdehnung des Stabes, welche von der Scala angegeben
wird, kann auf folgende Weise geschehen: – So wie sich der Radius zu dem
doppelten Sinus des halben abgelesenen Bogens, den man in einer Tabelle der
natuͤrlichst, Sinus findet, verhalten wird, so wird sich der Radius B zu der Sehne desselben Bozens verhalten; und dieser
getheilt durch 10, (da der Radius von B zehn Mal so lang
als der Radius fh ist), wird die verlangte
Laͤnge geben. Sezen wir, daß der von der Scala abgelesene Bogen 4°
betraͤgt, so wird
Radius
Sinus von 2 Zoll
1,0000000 :
0,348995 × 2 = 5 : 0,348955 ÷ 0 10 =
0,0348995.
Arbeitet man dieses Verhaͤltniß aus, so wird man bemerken, daß die
Multiplication mit 2 und mit 5, indem sie beide bestaͤndig sind, zugleich mit
der Theilung durch 1,0 ausgelassen werden kann; und laͤßt man endlich auch
die Theilung durch 10 aus, so loͤst sich das Ganze in ein Aufsuchen des Sinus
des halben Bogens, der von der Scala abgelesen wird, in einer Tabelle der
natuͤrlichen Sinus auf, wobei man denselben als eine Decimale eines Zolles zu
lesen hat.
Ueberdieß stehen die Sehnen kleiner Bogen so genau im Verhaͤltnisse zu ihren
Bogen, daß sie, da die Zahl der Grade, die auf der Scala gemessen wird, nie 10
uͤbersteigt, ohne merklichen Irrthum als die Zeichen gleicher Zunahmen der
Ausdehnung betrachtet werden koͤnnen. Folgende kurze Tabelle des Werthes eines Grades und der
Minuten eines Grades moͤchte in der Praxis einigen Nuzen
gewaͤhren.
0
1
Zoll.
1
0
=
0,00872
0
30
=
0,00436
0
20
=
0,00290
0
15
=
0,00218
0
10
=
0,00145
0
5
=
0,00072
0
2
=
0,00029
0
1
=
0,00014
Die Sehne von 10 Graden, die man aus dieser Tabelle durch Multiplication von 0,00872
mit 10 erhaͤlt, wird also 0,872 betragen, waͤhrend dieselbe genauer
0,0871 ausmacht; da aber dieser Unterschied nur 1/10000 Zoll betraͤgt, so
duͤrfte derselbe wohl in den meisten Faͤllen libergangen werden.
Ich will nun versuchen den Grad von Vertrauen, den dieser neue Pyrometer verdient,
dadurch zu zeigen, daß ich die Resultate seiner Angaben mit den Resultaten der
besten Versuche uͤber die Ausdehnung der Metalle vergleiche. Die Versuche der
HH. Dulong und Petit
Annales de Chimie et de Physique. VII. S.
113. sind hierzu sehr geeignet. Diese gewandten Physiker gaben in ihrer
beruͤhmten Preisschrift uͤber die Messung der Temperaturen und
uͤber die Geseze, nach welchen sich die Waͤrme mittheilt, nach
Versuchen die Ausdehnung an, welche Platinna- und Eisenstangen in
verschiedenen Zwischenraͤumen zwischen dem Gefrierpunkte des Wassers und dem
Siedepunkte des Queksilbers erleiden. – Gegen die Art und Weise, auf welche
diese Herren experimentirten, laͤßt sich keine Einwendung machen; allein zu
bedauern ist es, daß sie ihre Endresultate wegen eines Irrthumes in der Berechnung,
den Hr. Crichton
Annals of Philosophy, New Series VII. S.
241. auffand, nicht corrigirten, um so mehr da dieser Fehler nicht so unbedeutend
ist, als daß er nicht einigen Einfluß auf die Theorie, die sie auf diese Resultate
gruͤndeten, haben muͤßte. Dieser Irrthum, welcher den Betrag der
Ausdehnung in Volumen betrifft, beschraͤnkt sich jedoch bei der
linienfoͤrmigen Ausdehnung, welche der Gegenstand gegenwaͤrtiger
Untersuchung ist, auf den dritten Theil, und kann daher hier unberuͤksichtigt
bleiben.
Folgende Tabelle uͤber die Ausdehnung des Eisens und der Platinna ist aus dem
Werke dieser Herren entnommen.
Temperatur, die von der Ausdehnung
der Luft hergeleitet
ist.
Mittlere
absoluteAusdehnung des
Eisens fuͤr 180
Grade.
Mittlere
absoluteAusdehnung der
Platinna fuͤr
180 Grade.
Von
32° bis 212°
1/28200
1/37700
Von 392° bis
572°
1/22700
1/36300
Hieraus folgern wir die linienfoͤrmige Ausdehnung der Platinna fuͤr
180° F. von 32° bis 212° mit 0,00088420, und fuͤr
180° von 392° bis 572° mit 0,00091827; und jene des Eisens, von
32° bis 212° mit 0,00118203, von 392° bis 572° mit
0,00146842, woraus sich fuͤr beide im Vergleiche mir einem Luftthermometer
eine zunehmende Ausdehnung ergibt.
Die Metallstaͤbe, welche ich bei den folgenden Versuchen anwendete, waren
saͤmmtlich 6,5 Zoll lang.
Erster Versuch. Ein vierekiger Platinnastab von 1/10 Zoll
Dike wurde sorgfaͤltig in das Graphitregister gebracht, welches in den
Apparat gesezt wurde, den man in Fig. 23 im Kleinen
dargestellt sieht. An diesem Apparate ist a eine eiserne
Roͤhre von 2 Zoll im Durchmesser, welche am Boden geschlossen ist. b ist eine, an dem oberen Ende geschlossene,
Graphitroͤhre, die in die Muͤndung der vorigen eingerieben ist. c ist eine kleinere Graphitroͤhre, welche von der
Seite des oberen Endes der Roͤhre b
auslaͤuft, und gleichfalls durch Einreiben an ihrer Stelle erhalten wird. Das
Ganze gleicht einer Art von Destillirkolben, der leicht zusammengesezt werden kann,
und in welchem sich das Queksilber leicht auf einem gewoͤhnlichen Feuer zum
Sieden bringen laͤßt, ohne daß die Daͤmpfe verloren gehen oder den
Experimentirer vergifte Das Register wurde nun mit einem Drahte an seiner Stelle
befestigt, so daß dasselbe, wenn Queksilber in den eisernen Behaͤlter
gegossen wurde, nicht schwimmen konnte. Bei diesem Versuche stieg das Queksilber
etwas uͤber die halbe Laͤnge des Registers. Hierauf wurde der ganze
Apparat uͤber ein Feuer gestellt; in 10 Minuten sing das Queksilber zu sieden
an, in 10 weiteren Minuten ging dasselbe durch Destillation frei uͤber, und
in den naͤchsten 10 Minuten wurde der Apparat abgenommen, das Register
entfernt, und dem Abkuͤhlen uͤberlassen. Der Bogen, der auf der Scala
gemessen wurde, betrug in diesem Augenblike 1°17'.
Dieser Versuch wurde wiederholt, nur wurde dieß Mal der Kopf des Destillirkolbens
abgenommen, und dem Queksilber gestattet, eine Viertelstunde lang frei in dem
eisernen Gefaͤße zu sieden. Der gemessene Bogen betrug 1°23'.
Nun ließ ich das Register auf dem Queksilber schwimmen, so daß dasselbe, wenn der Kopf des
Kolbens aufgesezt war, und das Queksilber zum Sieden kam, nicht unter das Metall
untergetaucht, sondern bloß von dessen Dampf umgeben war; dabei las ich
1°16'. Eine Wiederholung des Versuches gab 1°23'.
Bei einer anderen Wiederholung des Versuches dehnte ich die Zeit von dem ersten
Beginn des Siedens des Queksilbers auf 20 Minuten aus; dabei las ich auf der Scala
1°20'.
Hierauf reducirte ich die Zeit wieder auf 10 Minuten, und erhielt durch die Messung
1°23'.
Bei den verschiedenen Wiederholungen dieses Versuches destillirte das Queksilber frei
uͤber, und die Temperatur dabei war so, daß jeder Theil der
Graphitroͤhren, in welchen der Dampf circulirte, ein Stuͤk dagegen
gehaltenes Schreibpapier eben versengte, aber nicht schwaͤrzte.
Folgende Tabelle gibt einen Ueberblik uͤber diese Resultate, und zeigt
zugleich die Ausdehnung, welche jede Lesung angab, so wie das mittlere Resultat.
1°17'
= 0,01119
1 23
= 0,01206
1 16
= 0,01105
1 23
= 0,01206
1 20
= 0,01163
1 20
= 0,01206 – im mittl. Durchschn. 1°20' =
0,01163.
Die Temperatur der Atmosphaͤre betrug waͤhrend dieser Beobachtungen
beilaͤufig 64° F.
Zweiter Versuch. Ein Stab geschmeidiges Eisen von der
Groͤße des oben erwaͤhnten Platinnastabes wurde statt dieses lezteren
in das Register gebracht, und der Versuch fuͤnf Mal wiederholt: zwei Mal,
wobei das Register unter das Queksilber untertauchte, und drei Mal, wobei es bloß
dem Dampfe ausgesezt war. Die Zeit, waͤhrend welcher das Eisen dem Versuche
ausgesezt war, wechselte von 10 bis 20 Minuten von dem ersten Momente an, in welchem
das Metall zu sieden begann. Die verschiedenen Resultate, die auf der Scala zu lesen
waren, und die Ausdehnungen ersieht man aus folgender Tabelle:
2°13'
= 0,01933
2 33
= 0,02224
2 10
= 0,01890
2 20
= 0,02079
2 20
= 0,02036 – im mittl. Durchschn. 2°20' =
0,02036.
Die groͤßte Abweichung von dem Mittel betrug daher bei dem Versuche mit der
Platinna bloß 6/10000 Zoll, und bei dem Versuche mit dem Eisen bloß 13/10000
Zoll.
Ich will nun diese Resultate mit obigen Bestimmungen der HH. Dulong und Petit vergleichen.
Ausdehnung der Platinna.
Laͤnge des Stabes.
Von 32° bis
212° = 0,00088420 × 6,5
= 0,005747300
Von 392° bis 572° =
0,00091827 × 6,5
= 0,005968755
––––––––––––
0,011716055
Von 212° bis 392° = dem
Mittel des Obigen
= 0,005858027
––––––––––––
Totalausdehnung von 32° bis
572
= 0,017574082
Dazu rechne
man fuͤr die Ausdehnung von 572°bis 660°, die
Temperatur des siedenden Queksilbers,nach dem hoͤchsten
Verhaͤltnisse berechnet:
180°
: 0,005968735 = 88° : 0,002918058
= 0,002918058
––––––––––––
0,020492140
Nun ziehe man die Ausdehnung fuͤr
32° ab, indem der Versuch mit dem
Pyrometer bei 64° gemacht wurde
= 0,001021742
Nach dem niedrigsten Verhaͤltnisse
berechnet:
180°
: 0,005747300 = 32° : 0,501021742
Wirkliche Ausdehnung des Stabes nach Dulong
und Petit
= 0,019470398
––––––––––––
Wenn man von der, auf diese Weise
erhaltenen, Ausdehnung
0,01947
die scheinbare Ausdehnung abzieht, die man
durch den Pyrometer erhielt
0,01163
––––––––––––
so wird der
Rest
0,00784
die Ausdehnung des Graphites seyn.
Ausdehnung des Eisens.
Laͤnge des Stabs.
Von 32° bis
212° = 0,00118203 × 6,5
= 0,007683195
Von 392° bis 572° =
0,00146842 × 6,5
= 0,009544730
–––––––––––––
0,017227925
Von 212° bis 392° = dem
Mittel des Obigen
= 0,008613962
–––––––––––––
Totalausdehnung von 32° bis
572°
= 0,025841887
Dazu rechne
man fuͤr die Ausdehnung von572° bis 660°, die
Temperatur des siedendenQueksilbers, nach dem hoͤchsten
Verhaͤltnisseberechnet:
180°
: 0,009544730 = 88° : 0,004666311
= 0,004666311
–––––––––––––
= 0,030508198
Davon ziehe
man die Ausdehnung fuͤr 32° ab,da der Versuch mit dem
Pyrometer bei 64° begann
= 0,001365901
–––––––––––––
Nach dem niedrigsten Verhaͤltnisse
berechnet:
180°
: 0,007683195 = 32° : 0,001365901
Wirkliche Ausdehnung des Stabes nach Dulong
und Petit
= 0,029142297
–––––––––––––
Von der wirklichen Ausdehnung
= 0,02914
ziehe man die scheinbare, durch den
Pyrometer erhaltene, Ausdehnung
ab
= 0,02036
–––––––––
so gibt der
Rest
0,00878
wieder die Ausdehnung des Graphites, so wie
man dieselbe durch diese Reihe von
Versuchen erhielt.
Ausdehnung von 6,5 Zoll Graphit.
Von 64°
bis 660°
bei dem Platinnastabe
= 0,00784
bei dem Eisenstabe
= 0,00878
–––––––––
Mittlerer Durchschnitt
0,00831
wobei jede Angabe von dem Mittel um weniger
als 5/10000 Zoll abweicht.
Dieses nahe Zusammentreffen in den Resultaten bei zwei Metallen, deren Ausdehnungen
so sehr von einander abweichen, ist sehr befriedigend; die große Zartheit des
Instrumentes wird jedoch noch weit besser aus folgendem Versuche uͤber die
Ausdehnung von 9 verschiedenen Metallen bei einer Temperatur von 62° (der
Temperatur der Luft zur Zeit der Beobachtung), bis zu 212° hervorgehen.
Dritter Versuch. Staͤbe aus folgenden Metallen
wurden nach einander in das Register gebracht, und in siedendes Wasser
untergetaucht, welches allmaͤhlich zum Sieden gebracht, und 10 Minuten lang
siedend erhalten wurde. Was die Scala hierbei zeigte und die angemessenen
Ausdehnungen zeigt folgende Tabelle:
Platinna
0°19' = 0,00276 von 60° bis
212°
Eisen (geschmeidiges)
0 35 =
0,00508 –
–
Kupfer
0 47 =
0,00683 –
–
Zinn (Feinzinn)
0 56 =
0,00814 –
–
Zink
1 40 =
0,01454 –
–
Blei
1 25 =
0,01223 –
–
Messing
0 55 =
0,00799 –
–
Gold (Fein)
0 36 =
0,00552 –
–
Silber (Fein)
0 56 =
0,00814 –
–
In folgender Tabelle habe ich die absolute Ausdehnung derselben Metalle von
32° bis 212° nach den besten Auctoritaͤten gegeben, und zur
Vergleichung durch Berechnung ihre Ausdehnung von 62° bis 212°
hinzugefuͤgt, indem ich erstere nach dem Verhaͤltnisse von 180 : 150
reducirte.
Laͤnge des Stabes. Von 32° bis
212°.
Platinna
0,00088420 × 6,5 =
0,005747300 nach Dulong und Petit.
Eisen
0,00118203 × 6,5 =
0,007683195 nach Dulong und Petit.
Kupfer
0,00171821 × 6,5 =
0,011168365 nach Dulong und Petit.
Zinn
0,00217298 × 6,5 =
0,014124370 nach Lavoisier und Lapl.
Zink
0,00294200 × 6,5 =
0,019123000 nach Smeaton.
Blei
0,00284836 × 6,5 =
0,018514340 nach Lavoisier und Lapl.
Messing
0,00193000 × 6,5 =
0,012545000 nach Smeaton.
Gold
0,00146606 × 6,5 =
0,009529390 nach Lavoisier und Lapl.
Silber
0,00190974 × 6,5 =
0,012413310 nach Lavoisier und Lapl.
Von 62° bis 212°
Platinna
= 0,004789416 nach Dulong und Petit.
Eisen
= 0,006402662 nach Dulong und Petit.
Kupfer
= 0,009360970 nach Dulong und Petit.
Zinn
= 0,017770308 nach Lavoisier und Lapl.
Zink
= 0,015935833 nach Smeaton.
Blei
= 0,015428616 nach Lavoisier und Lapl.
Messing
= 0,010454166 nach Smeaton.
Gold
= 0,007941158 nach Lavoisier und Lapl.
Silber
= 0,010344424 nach Lavoisier und Lapl.
Wenn man nun von dem Betrage dieser absoluten Ausdehnungen die scheinbaren
Ausdehnungen in dem Graphitregister abzieht, so erhaͤlt man die Ausdehnung
dieses lezteren bei 62° bis 212°, so wie sie von den verschiedenen
Metallen herruͤhrt. Die Resultate sind in folgender Tabelle enthalten.
Ausdehnung
der Metallstaͤbe.
Ausdehnung des
Graphitregisters
Unterschied von dem
Mittel.
Platinna
absolute
0,00478
scheinbare
0,00276
=
0,00202
–
0,00032
–––––––
Eisen
absolute
0,00640
scheinbare
0,00508
=
0,00132
–
0,00102
–––––––
Kupfer
absolute
0,00930
scheinbare
0,00683
=
0,00247
+
0,00013
–––––––
Zinn
absolute
0,01177
scheinbare
0,00814
=
0,00363
+
0,00129
–––––––
Zink
absolute
0,01593
scheinbare
0,01454
=
0,00139
–
0,00095
–––––––
Blei
absolute
0,01542
scheinbare
0,01223
=
0,00319
+
0,00085
–––––––
Messing
absolute
0,01045
scheinbare
0,00799
=
0,00246
+
0,00012
–––––––
Gold
absolute
0,00794
scheinbare
0,00552
=
0,00242
+
0,00008
–––––––
Silber
absolute
0,01034
scheinbare
0,00814
=
0,00220
–
0,00014
–––––––
––––––––––
Mittlerer Durchschnitt
0,00234
In 5 von diesen 9 Faͤllen uͤbersteigt die Abweichung der Ausdehnung des
Graphites von dem mittleren Durchschnitte nicht 30/100000 Zoll, und zwar in 2
Faͤllen um ein Weniger und in dreien um ein Mehr. Bemerkt muß dabei noch
werden, daß dieß die Metalle sind, deren Ausdehnungen man immer fuͤr die
regelmaͤßigsten hielt, und uͤber welche unter den Auctoren die
geringste Verschiedenheit herrscht: naͤmlich das Gold, das Silber, die
Platinna, das Kupfer und das Messing. Der groͤßte Unterschied hat beim Zinne Statt, denn er
betraͤgt beinahe 15/10000 Zoll im Ueberschusse; es ist jedoch mehr als
wahrscheinlich, daß die absolute Ausdehnung dieses Metalls bisher noch nicht mit
hinreichender Genauigkeit bestimmt worden, und daß dieselbe sogar unter
verschiedenen Umstaͤnden verschieden ist. Ich werde in dem zweiten Theile
dieser Abhandlung, den ich mir fuͤr ein ander Mal vorbehalte, und in welchem
ich der Gesellschaft Beobachtungen und Tabellen uͤber die Ausdehnung der
Metalle bis zu ihren Schmelzpunkten vorlegen zu koͤnnen hoffe, auf diesen
Gegenstand zuruͤkkommen. In diesem ersten Theile will ich naͤmlich die
Ausdehnung nicht weiter beruͤhren, als es noͤthig ist um zu zeigen,
welches Vertrauen mein Pyrometer als Waͤrmemesser verdient.
Eine weitere Bestaͤtigung der Genauigkeit dieser Beobachtungen ergibt sich
auch, wenn man die Ausdehnung des Graphitregisters fuͤr die 150° aus
der groͤßeren, vorher durch den Siedepunkt des Queksilbers bestimmten,
Ausdehnung berechnet, wornach
596° : 0,00831 = 150° : 0,00209
was von dem obigen mittleren Durchschnitte nur um 25/10000
Zoll abweicht.
Vierter Versuch. Sehr wichtig war es auszumitteln, ob ein
Unterschied, und welcher Unterschied in der Ausdehnung verschiedener Stuͤke
der Graphittoͤpferwaare besteht. Zwei oder drei Register, welche ich aus
einem und demselben Tiegel geschnitten hatte, gaben mir beinahe gleiche Resultate,
als ich sie dem siedenden Queksilber ausgesezt hatte. Ich nahm von einem anderen
Toͤpfer ein Stuͤk, welches sehr feinkoͤrnig und in seinem
Gefuͤge leichter als ersteres war, und sezte es zwei Mal mit dem
Platinnastabe dem siedenden Queksilber aus. Das erste Mal, wo ich es 1/4 Stunde
sieden ließ, maß der Bogen 1°45'; und das zweite Mal, wo ich es bloß 10
Minuten lang sott, las ich genau dasselbe. Die Ausdehnung betrug daher 0,01526.
Absolute Ausdehnung wie oben
0,01947
Scheinbare
Ausdehnung –
0,01526
–––––––
Ausdehnung des Graphits
0,00421
Fuͤnfter Versuch. Dasselbe Register aus dem
feinkoͤrnigen Graphite wurde mit dem Eisenstabe 1/4 Stunde lang dem siedenden
Queksilber ausgesezt; der an der Scala gemessene Bogen betrug 2°49' =
Ausdehnung 0,02457.
Absolute Ausdehnung wie
oben
0,02914
Scheinbare
Ausdehnung –
0,02457
–––––––
Ausdehnung des Graphits
0,00457
–––––––
Feinkoͤrniger Graphit
bei Platinna
0,00421
bei Eisen
0,00457
–––––––
Mittlerer Durchschnitt
0,00439,
so daß die beiden Versuche von dem mittleren Durchschnitte um
weniger als 2/10000 Zoll abweichen. Daraus ergibt sich, daß der feinkoͤrnige
sich weniger ausdehnte, als der grobkoͤrnige, und daß die Ausdehnung eines
jeden Registers dadurch fuͤr sich bestimmt werden muß, daß man dasselbe in
Queksilber siedet. Wenigstens muß dieß geschehen, bis man ein Mittel ausfindig
gemacht, welches die ganz gleichfoͤrmige Zusammensezung der Register
verbuͤrgt. Jedes Register soll auch mit einer Hinweisung auf dessen eigene
Ausdehnung bezeichnet seyn; ich empfehle daher allen jenen, die sich des
Instrumentes zu feineren Untersuchungen bedienen wollen, diesen Punkt an demselben
zu bestimmen, was leicht mittelst des oben beschriebenen Apparates geschehen
kann.
Sechster Versuch. Da die Ausdehnung des lezten
Graphitstuͤkes beinahe die geringste war, die mir bei meinen Versuchen
vorkam, so wiederholte ich mit demselben den Versuch uͤber die Ausdehnung von
6 der obigen Metalle bis zum Siedepunkte des Wassers; indem es von groͤßter
Wichtigkeit ist, die Genauigkeit dieser Beobachtungen festzustellen. Die Resultate
waren:
Platinna
0°22' = 0,00319 von 60° bis
212°
Eisen
0 39 =
0,00566 – –
–
Kupfer
0 54 =
0,00785 – –
–
Messing
0 59 =
0,00857 – –
–
Gold
0 41 =
0,00595 – –
–
Silber
0 58 =
0,00843 – –
–
In folgender Tabelle sind auch die Unterschiede zwischen den wirklichen und
beobachteten Ausdehnungen angegeben, und neben jene gereiht, die man durch die erste
Reihe von Beobachtungen erhielt.
Ausdehnung
der Metallstaͤbe.
Ausdehnungdes Graphits.
Zweite Reihe.
Erste
Reihe.
Abweichung
vom Mittel.
Abweichung vom Mittel.
Platinna,
absolute
0,00478
scheinbare
0,00219
= 0,00159
0,00000
0,00202
– 0,00032
–––––––
Eisen,
absolute
0,00640
scheinbare
0,00566
= 0,00074
– 0,00085
0,00132
– 0,00102
–––––––
Kupfer,
absolute
0,00930
scheinbare
0,00785
= 0,00145
– 0,00014
0,00247
+ 0,00013
–––––––
Messing,
absolute
0,01045
scheinbare
0,00857
= 0,00188
+ 0,00029
0,00246
+ 0,00012
–––––––
Gold,
absolute
0,00794
scheinbare
0,00595
= 0,00199
+ 0,00040
0,00242
+ 0,00008
–––––––
Silber,
absolute
0,01034
scheinbare
0,00843
= 0,00191
+ 0,00032
0,00220
– 0,00014
––––––––––––––––
––––––––
Mittlerer Durchschnitt
0,00159
0,00234
Diese zweite Reihe stimmt beinahe eben so genau als die erste mit jeder anderen
uͤberein; auch verdient bemerkt zu werden, daß die groͤßte Abweichung
von dem mittleren Durchschnitte in beiden Faͤllen beim Eisen, und zwar im
–, Statt findet, und daß dieselbe beinahe ein Halbes betraͤgt. Es ist
daher nicht unwahrscheinlich, daß in der Schaͤzung der absoluten Ausdehnung
dieses Metalles ein Irrthum liegt, und daß dieselbe wahrscheinlich etwas
groͤßer ist, als wir sie annahmen.
Wenn man nun die Ausdehnung fuͤr diese 150° bis zum Siedepunkte des
Wassers nach dem Resultate schaͤzt, welches man von dem Siedepunkte des
Queksilbers erhielt, so ergibt sich folgende Proportion:
596° : 0,00439 = 150° : 0,00110
Dieß gibt kaum eine Differenz von 5/10000 Zoll von
vorhergehendem mittleren Durchschnitte.
Ich glaube hierdurch die Genauigkeit dieses Pyrometers, und den Grad des Vertrauens,
den man in dessen Angaben sezen darf, hinlaͤnglich erwiesen zu haben, und
will nun am Schluͤsse dieser Abhandlung die Details einiger Versuche
uͤber die Schmelzpunkte verschiedener Metalle angeben, bei denen ich die
Register aus grob- und feinkoͤrnigem Graphite mit A und B bezeichne will.
Siebenter Versuch. 30 Pfund duͤnne
Kupferspaͤne wurden langsam in einem Tiegel in dem
Geblaͤse-Ofen der Royal-Institution
geschmolzen. Der Platinnastab wurde in das Register B
gebracht, und nachdem das Metall zur Haͤlfte fluͤssig geworden,
senkrecht, mit dem Zeiger aufwaͤrts, in den Tiegel gestellt, und mit einer
Zange niedergehalten. Hierauf wurde der Tiegel allmaͤhlich mit
Kupferspaͤnen gespeist, bis das geschmolzene Metall beilaͤufig 2/5 des
Registers bedekte. In dieser Stellung wurde dasselbe 10 Minuten lang erhalten;
nachdem es herausgenommen worden, blieb etwas von dem Metalle noch ungeschmolzen. An
dem oberen Theile des Graphites hatte sich eine, mit Metall vermischte, Oxydkruste
angelegt, die zum Theile sorgfaͤltig weggenommen und dadurch
aufgeloͤst wurde, daß man das erkaltete Register mit großer Sorgfalt in eine
verduͤnnte Mischung von Schwefelsaͤure und Salpetersaͤure
tauchte. Dadurch wurde Alles leicht entfernt, so daß der Graphit eine vollkommen
reine Oberflaͤche darbot. Der auf der Scala gemessene Bogen betrug 5°49' was eine
Ausdehnung von 0,0508 anzeigt. Die Temperatur des Laboratoriums betrug
beilaͤufig 65°.
Hrn. Mathison verdanke ich es, daß ich in der
koͤniglichen Muͤnze die Schmelzpunkte des Goldes und Silbers nehmen
konnte; er unterstuͤzte mich auch bei meinen Versuchen auf eine Weise,
fuͤr welche ich ihm großen Dank schuldig bin. Ich bereitete zwei neue
Register, welche ich mit II und III bezeichnen will; das Verhaͤltniß der
Ausdehnung derselben wurde erst nach den Versuchen bestimmt.
Achter Versuch. Das Register II wurde sorgfaͤltig
mit dem Platinnastabe versehen. Dann wurden 90 Pfd. feines Gold gewogen, und einer
der Klumpen in 10 Stuͤke geschnitten, um damit den Tiegel speisen, und die
Temperatur waͤhrend der Beobachtung auf dem wahren Schmelzpunkte erhalten zu
koͤnnen. Der Rest wurde in einem Graphittiegel im Windofen geschmolzen; so
wie das Gold eben geschmolzen war, wurde eines der Stuͤke eingetragen, worauf
das geschmolzene Metall sogleich auf der Oberflaͤche erstarrte. Nun wurde das
Register, welches in einem anderen Tiegel langsam bis zum dunklen Rothgluͤhen
erhizt worden war, mit einer Zange gefaßt, und senkrecht bis auf 2/3 feiner
Hoͤhe in das Gold getaucht. In dieser Stellung wurde es 10 Minuten lang
gehalten, und waͤhrend dieser Zeit noch zwei Stuͤke Metall
nachgetragen; dann wurde dasselbe sorgfaͤltig herausgehoben, und zum
Abkuͤhlen bei Seite gestellt. Seine Oberflaͤche war vollkommen rein;
bloß ein Paar kleine Kuͤgelchen waren daran haͤngen geblieben, und
diese konnten leicht entfernt werden; man bedient sich daher in der Muͤnze
auch immer Umruͤhrer aus graphitner Toͤpferwaare, um das geschmolzene
Gold umzuruͤhren. Der, bei diesem Versuche gemessene, Bogen betrug
6°10', was ein Aequivalent fuͤr eine Ausdehnung von 0,0537 ist. Die
Temperatur der Luft betrug waͤhrend des Versuches 65°.
Neunter Versuch. Das Register III wurde mit dem
Eisenstabe versehen, und gleichfalls bis zum dunklen Rothgluͤhen erhizt. Die
Temperatur des geschmolzenen Goldes wurde durch bestaͤndiges Nachtragen neuer
Stuͤke, so daß immer ein Theil ungeschmolzen blieb, an einer weiteren Zunahme
verhindert. Dann wurde das Register ganz wie bei dem vorhergehenden Versuche in das
Metall untergetaucht, und 10 Minuten lang in dieser Stellung erhalten. Der gemessene
Bogen betrug 9°2', und deutete also eine Ausdehnung von 0,0787 an.
Zehnter Versuch. Das Verhaͤltniß der Ausdehnung
dieser beiden lezten Register wurde nun dadurch bestimmt, daß ich dieselben 10
Minuten lang in Queksilber sott. Das Resultat hiervon war:
II mit dem Platinnastabe
1°50 = 0,0159
III mit dem Eisenstabe
2°38 = 0,0229
Eilfter Versuch. Beilaͤufig 50 Pfd. reines Silber
wurden in einem Graphittiegel geschmolzen; auf der Oberflaͤche desselben
schwamm etwas Schaum, der Anfangs gleich Oehltropfen auf dem Wasser erschien. Ich
erfuhr spaͤter, daß das Metall mit Salpeter gereinigt worden war, und daß die
Schlake von der Einwirkung der wenigen, zuruͤckgebliebenen Potasche auf den
Tiegel herruͤhrte. Es waren zwei Register, fuͤr den Platinna-
und den Eisenstab Eines, hergerichtet; allein die Beobachtungen gingen wegen eben
dieser Einwirkung auf deren Substanz verloren; sie wurden naͤmlich in der,
mit dem Niveau des fluͤssigen Metalles correspondirenden, Linie so tief
angefressen, daß es ganz unmoͤglich war, die Scala nur mit einiger Gewißheit
an den Oberflaͤchen derselben anzubringen.
Zwoͤlfter Versuch. Es wurden zwei neue Register
ausgesucht, deren Ausdehnungsverhaͤltniß durch Sieden in Queksilber gleich
befunden worden war, indem in beiden Faͤllen der Bogen mit dem Platinnastabe
1°20' = 0,0116 war. Diese Register wurden mit IV und V bezeichnet.
IV wurde mit dem Platinnastabe versehen. Es wurde nun ein Klumpen Silber, welcher auf
der Kapelle gereinigt worden war, und beilaͤufig 35 Pfunde wog, in einem
Graphittiegel in den Windofen gebracht. Als etwas uͤber 3/4 desselben
geschmolzen war, wurde das Register, das vorher bis zum dunklen Rothgluͤhen
erhizt worden, auf die oben angegebene Weise in dasselbe untergetaucht und 10
Minuten lang so erhalten. Nachdem dasselbe herausgenommen, zeigte sich dessen
Oberflaͤche vollkommen gut, und nur mit einigen Silberkuͤgelchen
besezt, die sich leicht entfernen ließen. Nach dem Erkalten wurde die Scala
angelegt; es zeigte sich ein Bogen von 4°10', der einer Ausdehnung von 0,0363
gleichkommt. Die Temperatur der Luft betrug 65°.
Dreizehnter Versuch. Das Register V wurde mit einem
Eisenstabe versehen, und nachdem es vorher erhizt worden, in denselben Tiegel mit
Metall untergetaucht. Das Silber stokte Anfangs um den Graphit, und hing in einem
großen Klumpen an demselben; nach 10 Minuten war es jedoch eben abgeschmolzen, so
daß das Instrument vollkommen rein aus dem Tiegel gehoben wurde. Der Bogen maß nach
dem Erkalten 7°24', = einer Ausdehnung von 0,0645.
Vierzehnter Versuch. Ich machte in dem Laboratorium der
Royal-Institution mehrere Versuche, um den
Schmelzpunkt des Gußeisens zu bestimmen; allein sie gelangen mir nicht wegen der großen Menge des hiezu
noͤthigen Metalles, wegen der Schwierigkeit die Temperatur durch
bestaͤndiges Nachtragen oder Speisen auf gleicher Hoͤhe zu erhalten,
und wegen Mangel an Tiegeln. – Ich bin daher Hrn. Parker in Argyle-Street sehr fuͤr die Bereitwilligkeit
verbunden, mit welcher er mir Alles erleichterte, was ich noͤthig hatte, um
meine Versuche in seiner Gießerei anzustellen.
Ich waͤhlte ein neues Register aus, welches ich mit I bezeichnete, und dessen
Ausdehnungs-Verhaͤltniß ich erst nach dem Versuche bestimmte. Es wurde
ein Tiegel zugerichtet, welcher ungefaͤhr 35 Pfund Metall fassen konnte. Ich
fuͤllte denselben mit Stuͤken des besten grauen Roheisens, und brachte
ihn in einen sehr starken Windofen, bei welchem der Experimentator unmittelbar
uͤber dem Tiegel stehen konnte, und denselben auch ganz unter seiner Gewalt
hatte Als das Metall geschmolzen war, wurde der Tiegel aus dem Ofen genommen, und
die Schlake abgeschaͤumt; dann wurde der Tiegel wieder an seine Stelle
gebracht, ein Stuͤk von demselben Eisen nachgetragen, und das Register, das
vorher bis zum Rothgluͤhen erhizt worden, auf dieselbe Tiefe, wie bei den
vorhergehenden Versuchen in das Metall untergetaucht. In dieser Stellung wurde das
Register 10 Minuten lang mit einer Zange gehalten, dann langsam herausgenommen und
auf heißen Sand gelegt. Es hing sich hierbei eine duͤnne Schichte Eisen an
den Graphit an, die sich jedoch nach dem Erkalten leicht abloͤsen ließ, so
daß sie genau die Form des Registers behielt, und dieses vollkommen rein und glatt
zuruͤkblieb. Der, nach dem Versuche gemessene. Bogen betrug 6°16', und
entsprach mithin einer Ausdehnung von 0,0546. Ein Theil des Metallklumpens war
ungeschmolzen geblieben.
Fuͤnfzehnter Versuch. Ich tauchte ein anderes, mit
einem Eisenstabe versehenes, Register unmittelbar darauf in das fluͤssige
Metall. Das Feuer war jedoch bereits gefallen, so daß das Eisen beinahe
augenbliklich zum Stolen kam, und das Register bei dem Versuche dasselbe
herauszunehmen festgehalten wurde und zerbrach. Dieser Versuch war in so fern
lehrreich, als er beweist, wie nahe der genaue Schmelzpunkt bei dem vorhergehenden
Versuche erreicht worden. Der Eisenstab wurde unverlezt herausgenommen.
Sechzehnter Versuch. Das Register I mit dem Platinnastabe
wurde 10 Minuten lang in Queksilber gesotten. Der Bogen maß darnach 1°20' =
einer Ausdehnung von 0,0116.
Siebzehnter Versuch. Dreißig Pfund Zink wurden
sorgfaͤltig in einem Tiegel in gewoͤhnlichem, durch Blasebaͤlge
angefachten Feuer geschmolzen. Das Register A wurde mit
dem Eisenstabe versehen, und in das Metall untergetaucht, das von Zeit zu Zeit mit
frischem Metalle
gespeist wurde, so daß dessen allmaͤhliche Schmelzung unterhalten wurde, und
ein Theil immer ungeschmolzen blieb. Nach 10 Minuten wurde das Register
herausgenommen, und nach dem Erkalten, der Bogen gemessen: er betrug 2°45'
was einer Ausdehnung von 0,0239 gleichkommt.
Ein trokenes Stuͤk Tannenholz, welches einige Sekunden in das geschmolzene
Metall getaucht worden, veranlaßte ein heftiges Aufsieden und war darnach tief
verkohlt. Der Zink erschien hierbei beim Lichte nicht roth.
Achtzehnter Versuch. Beilaͤufig zwoͤlf
Pfund Zink wurden in einem kleineren Tiegel geschmolzen, und das, mit dem Eisenstabe
versehene, Register B darin untergetaucht. Anstatt daß
aber der Tiegel gradweise gespeist wurde, ließ man die Hize nach dem Schmelzen so
lang zunehmen, bis das Metall zu brennen anfing, wobei man eine auffallende
Roͤthe auf dessen Oberflaͤche bemerkte. Der bei dieser Gelegenheit
gemessene Bogen betrug 4°7' = einer Ausdehnung von 0,0358.
Ich will nun die Resultate der vorhergehenden Versuche zusammenfassen, um zu zeigen,
welche Schluͤsse sich aus denselben in Hinsicht auf die von ihnen
angedeuteten Temperaturgrade im Vergleiche mit der gewoͤhnlichen
Thermometer-Scala ziehen lassen. Ich will hierbei die Berechnungen zuerst in
der Voraussezung anstellen, daß eine gleiche Zunahme der Ausdehnung auch eine
gleiche Zunahme der Temperatur andeutet; dann die auf diese Weise erhaltene Reihe
mit jener vergleichen, welche ich mit meinem ersten Pyrometer bekam, und einige
Bemerkungen uͤber die Unterschiede zwischen beiden hinzufuͤgen.
Ich will fuͤr den Siedepunkt des Queksilbers, so wie es Dulong und Petit vorschlugen, die corrigirte
Temperatur von 662° (350° des 100 grad. Therm.) annehmen, da diese
Temperatur ziemlich genau mit jener uͤbereinstimmt, welche ich bei meinen
ersten Berechnungen annahm, und da dieselbe, nach Abzug der 62° fuͤr
die mittlere Temperatur, bei welcher ich meine Versuche anstellte, fuͤr den
Zwischenraum, nach welchem die verschiedenen Ausdehnungen bestimmt werden, eben
600° gibt.
Die erste Columne folgender Tabelle bezieht sich auf die Nummer des Versuches; die
zweite auf das Zeichen des Registers und des Stabes, welche angewendet wurden, und
die dritte auf die Ausdehnung desselben, welche durch siedendes Queksilber, oder
durch eine Temperatur von 600° F. hervorgebracht wird. Die vierte Columne
bezeichnet den auf der Scala gemessenen Bogen, und die fuͤnfte das
Aequivalent der Ausdehnung dafuͤr. Die sechste enthaͤlt die
correspondirende Temperatur; die siebente zeigt den Zustand des Metalles an, mit
welchem der Versuch angestellt wurde, und in der achten endlich sind die entsprechenden
Resultate meiner fruͤheren Versuche aufgefuͤhrt.
Textabbildung Bd. 43, S. 211
Nummer des Versuchs; Zeichen des
Registers und des Stabes; Ausdehnung fuͤr 600°; Bogen aus der
Scala; Ausdehnung; Temperatur; Beobachtete Metalle; Temperatur nach d.
fruͤheren Pyrometer
Die merkwuͤrdigste Thatsache, welche aus dieser Tabelle hervorgeht, ist die
schoͤne Uebereinstimmung der Resultate, die mit zwei Metallen von so
verschiedener Ausdehnungskraft, wie sie die Platinna und das Eisen besizen,
hervorgebracht wurden. Die Temperatur, welche lezteres anzeigte, uͤbersteigt
beim Schmelzpunkte des Goldes jene Temperatur, die ersteres angab, nur um
35°, und beim Schmelzpunkte des Silbers gar nur um 29°; und dieser
Ueberschuß stimmt mit dem, in der zweiten Tabelle angegebenen Schlusse Dulong's und Petit's
uͤberein, nach welchem die Ausdehnung des Eisens bei hoͤheren
Temperaturen in einem groͤßeren Verhaͤltnisse zunimmt, als jene der
Platinna.
Der Unterschied zwischen den Temperaturen, die sich aus den Beobachtungen mit meinem
ersten, und aus jenen mit meinem gegenwaͤrtigen Pyrometer ergaben, ist zwar
bedeutend, laͤßt sich aber, ohne dem Instrumente den Vorwurf der
Ungenauigkeit machen zu duͤrfen, hinreichend durch die Verschiedenheit der
Umstaͤnde erklaͤren, unter denen die Versuche angestellt wurden. Ich
sagte naͤmlich in der Abhandlung, auf welche ich mich schon oben bezog:
„Ich gebe meine Resultate nicht als positive und genaue Bestimmungen
der verschiedenen Grade, sondern bloß als solche, die diesen naͤher
kommen, als irgend andere, aus wirklichen Beobachtungen gezogene Angaben. Die
einzige Methode, die ich zu diesem Behufe anwenden konnte, scheint mir
naͤmlich keiner absoluten Genauigkeit faͤhig. Mein Apparat bestand
naͤmlich aus einer Muffel aus Graphit, die ich in einen vortrefflichen
Zugofen brachte, und welche mit einem Thuͤrchen versehen war; in diesem
Thuͤrchen befand sich eine runde Oeffnung, durch welche der Schaft des
Pyrometers bis an seine Schulter gestekt wurde. Bei einem zweiten, nach Belieben
verschließbaren, Thuͤrchen an dieser Muffel konnte ich frei in das Innere
derselben sehen. Das Metall, welches ich untersuchen wollte, brachte ich in
einem kleinen Behaͤlter aus Graphit von der Dike der
Pyrometer-Roͤhre in die Mitte der Muffel. Hieraus erhellt, daß der
Pyrometer in dieser Lage die groͤßte Hize der ganzen Muffel anzeigen
mußte, und daß diese Hize an verschiedenen Stellen der Muffel verschieden seyn
konnte und mußte. Von zwei gleich großen Stuͤkchen Silber, welche ich
einen Zoll weit von einander entfernt in die Muffel stellte, schmolz
naͤmlich das eine fruͤher, als das andere.“ Ich
vermuthete schon damals, „daß sich Mittel ausfindig machen ließen, mit
welchen man das Instrument mit geschmolzenem Metalle umgeben koͤnnte, daß
dieß aber eigene Umstaͤnde erforderte, die sich vielleicht einst jene zu
Nuzen machen duͤrften, die dieselben in ihrer Macht haben.“
Daß diese leztere Methode allein einige Genauigkeit zu gewaͤhren im Stande ist, wird aus einigen
wenigen Bemerkungen hervorgehen. Wenn wir naͤmlich auch von der Ungleichheit
der Hize in verschiedenen Theilen einer und derselben erhizten Muffel, obwohl dieß
ein Gegenstaͤnd von aͤußerster Wichtigkeit ist, Umgang nehmen wollen,
so ist doch noch offenbar, daß die Temperatur derselben den eigentlichen
Schmelzpunkt des Metalles, welches man ihrer Wirkung aussezt, bedeutend
uͤbersteigen muß. Denn so wie ein Stuͤk Eis in einem Gemache, dessen
Temperatur 32° betraͤgt, nicht schmelzen, sondern nach dem
Verhaͤltnisse seiner Masse eine betraͤchtlich hoͤhere
Temperatur hiezu erfordern wird, so wird auch ein Stuͤk Eisen so lang nur
schwache Zeichen der Fluͤssigkeit geben, bis es endlich einer Hize ausgesezt
wird, welche den eigentlichen Schmelzpunkt desselben bedeutend uͤbersteigt.
Erst wenn dasselbe in fluͤssigen Zustand gekommen, wird es dann schnell bis
auf die Temperatur des Mediums steigen, dem es ausgesezt worden. Wenn daher Metalle
zum Kunstgebrauche geschmolzen werden sollen, so muͤssen dieselben weit
uͤber ihren Schmelzungspunkt erhizt werden, damit sie in die kleinsten
Spalten oder hohlen Raͤume der Model eindringen koͤnnen, in welche sie
gegossen werden sollen, ohne daß sie gleich durch die abkuͤhlenden
Koͤrper, denen sie ploͤzlich ausgesezt werden, erstarren und
aufgehalten werden. Bei mehreren feineren messingenen Gußarbeiten haͤngt die
Vollkommenheit des Gelingens von dem Grade der Hize ab, auf welchen das Metall
getrieben worden; in einigen Faͤllen muß diese Hize sogar bis uͤber
den Schmelzpunkt des Eisens getrieben werden. Bei einem Feuer, dessen Kraft die
erforderliche Temperatur um so Vieles uͤbersteigen muß, muß auch nothwendig
eine sehr große Sorgfalt darauf verwendet werden, das Metall gradweise zu speisen,
indem sich nicht bestimmen laͤßt, mir welcher Schnelligkeit dessen Temperatur
steigt, wenn ein Mal die festen Metallstuͤke vollkommen aufgeloͤst
sind. Eben dieses geht auch aus den fruͤher erwaͤhnten Versuchen der
HH. Clement und Desormes
hervor: diese Herren berechneten naͤmlich die Temperatur des geschmolzenen
Eisens auf 3988°, und jene des Eisens, welches eben zu schmelzen beginnt, auf
3164°, was einen Unterschied von 800° gibt. Ueberdieß erhellt auch
daraus, daß das Eisen im ersten Falle in fluͤssigem Zustande aus dem Tiegel
in den Apparat, in welchem das Wasser erhizt oder das Eisen geschmolzen wurde,
gebracht werden konnte, daß die Temperatur desselben weit uͤber dem
eigentlichen Schmelzpunkte gestanden haben muß. Es ist wahrscheinlich, daß das
Verfahren, welches sie bei ihrem Calorimeter anwendeten, eben keiner sehr großen
Genauigkeit faͤhig ist; doch ist der Unterschied in ihren Resultaten nicht
viel groͤßer, als jener, welchen ich unter aͤhnlichen
Umstaͤnden erhielt.
Eisen, welches eben schmolz, hatte
nach diesen Herren
3164
nach dem Pyrometer
2889
–––––
, 275° Unterschied.
Eisen, welches bei einer hohen
Temperatur geschmolzen worden,
hatte nach
ihnen
3988°
nach dem Pyrometer
3479
–––––
509° Unterschied.
Ein aͤhnlicher und auf dieselbe Weise erklaͤrbarer Unterschied ergibt
sich auch in der Bestimmung der Hize des geschmolzenen Kupfers.
Nachdem ich diese Versuche uͤber die Schmelzpunkte der Metalle angestellt, war
ich auch begierig, die Wirkung der groͤßten Hize, die sich in einem Ofen
erzeugen laͤßt, kennen zu lernen, und die groͤßte Ausdehnung, deren
ein Platinnastab faͤhig ist, zu messen. Ich benuzte zu diesen Versuchen einen
vortrefflichen Ofen der Royal-Institution, in
welchem bei fruͤheren Gelegenheiten Hufnaͤgel vollkommen in einen
Knopf geschmolzen worden waren.
Neunzehnter Versuch. Das Register I, welches bei den
fruͤheren Versuchen nicht im Mindesten gelitten hatte, wurde mit einem neuen
Platinnastabe versehen, der in einen Draht von 5/20 Zoll im Durchmesser ausgezogen
und sehr geschmeidig war. Der Eisenstab wurde gleichfalls in ein neues Register
gebracht, und beide dann aufrecht in einen gut beschlagenen Tiegel gesezt, dessen
Grund einen halben Zoll hoch mit Kohlenpulver bedekt worden, um das Anbaken zu
verhindern. Zugleich wurden auch zwei geschmeidige eiserne Naͤgel und ein
Stuͤk unglasirtes Wedgwood'sches Porzellan in den Tiegel gebracht, um den
Grad der Hize einiger Maßen vergleichen zu koͤnnen. Dann wurde der Tiegel in
den Ofen gesezt, ei anderer kleinerer Tiegel uͤber denselben
gestuͤrzt, mit Kohks bedekt, und zwei Stunden lang der groͤßten Hize
ausgesezt; worauf man das Feuer ausbrennen, und den Tiegel zu weiterer Untersuchung
stehen ließ. Der Tiegel zeigte sich unveraͤndert, allein der Beschlag war
ganz geschmolzen, die beiden Naͤgel waren in zwei vollkommene Knoͤpfe
geschmolzen und das Porzellan auf der Oberflaͤche zum Theile glasirt.
Das Register I schien unveraͤndert. Mein der Platinnaring und der Keil waren
loker, was offenbar davon herruͤhrte, daß sich die Substanz des Graphites
zusammengezogen hatte. Die Ursache dieses Zusammenziehens ruͤhrt ohne Zweifel
davon her, daß die Hize hoͤher war, als jene, bei welcher der Graphit
gebrannt worden. Aus diesem Grunde konnte auch der Betrag der Ausdehnung nicht
gemessen werden. Der Platinnaring hatte sowohl an diesem, als an dem anderen Register eine
merkwuͤrdige Veraͤnderung in seinem Gefuͤge oder seiner
Structur erlitten; er war naͤmlich sehr uneben und krystallinisch geworden,
und so sproͤd, daß er leicht zwischen den Fingern zerbrach. Auch der
Platinnastab, der sich etwas schwer aus seiner. Hoͤhlung nehmen ließ, zeigte
ein ganz besonderes Aussehen; er war offenbar von Krystallen aufgetrieben, und an
dem unteren Ende diker, als an dem oberen, und auch etwas kuͤrzer. Bei der
Untersuchung unter der Luppe ließen sich keine regelmaͤßigen Flaͤchen
entdeken; allein der Stab sah aus, als bestuͤnde er ganz aus loker
zusammengeschweißten Schuppen natuͤrlicher Platinna.
Das Register, in welchem der Eisenstab enthalten war, war bedeutend gekruͤmmt,
und hatte einige Querspruͤnge, was wahrscheinlich davon herruͤhrt, daß
dasselbe in dem Tiegel schief geneigt worden. Auf der Oberflaͤche des Stabes
war theilweise Schmelzung eingetreten, indem das Metall abgelaufen war, und an dem
unteren Ende des Stabes einen Knopf bildete. Es zeigte sich ferner, daß
beilaͤufig ein Zoll langes Stuͤk an demselben Ende in Stahl verwandelt
worden war, waͤhrend der uͤbrige Theil den Charakter des geschmeidigen
Eisens beibehielt.
Zwanzigster Versuch. Ich wiederholte denselben Versuch
mit demselben Platinnastabe in dem Register I; die Einrichtung war genau dieselbe,
nur ließ ich das zweite Register mit dem Eisenstabe weg. Das Feuer wurde
waͤhrend einer gleichen Zeit mit derselben Heftigkeit unterhalten.
Nach dem Erkalten zeigten sich die eisernen Naͤgel, wie vorher, vollkommen,
und das Porzellan auf seiner Oberflaͤche zum Theile geschmolzen; der Ring und
der Kiel hingegen waren fest an ihrer Stelle geblieben, und der Zeiger
unveraͤndert. Leider ging aber die Messung durch einen Zufall verloren. Das
Gefuͤge des Platinnaringes war auf dieselbe Weise, wie beim vorhergehenden
Versuche veraͤndert, und der Stab fest, in seiner Hoͤhlung angebaken.
Durch leichte Erschuͤtterungen ließ er sich jedoch losmachen, ohne daß der
Graphit verlezt wurde, der zwar an einigen Stellen der Oberflaͤche leichte
Zeichen von Schmelzung darbot, uͤbrigens aber in ganz gutem Zustande erhalten
war. Der Platinnastab war noch viel unebener geworden, sehr krystallinisch, und
zeigte der Laͤnge nach einige starke Spruͤnge. Beim Messen mit einem
Tasterzirkel fand sichs, daß er an seinem unteren Ende um 1/20 Zoll im Durchmesser
diker geworden war, als an seinem oberen; auch schien er sich einem vollkommenen
Zustande des Zerfallens zu naͤhern, obschon er sehr hart und unbiegsam war.
Ich hatte im Sinne, diesen Stab noch ein Mal einige Stunden lang derselben Hize
auszusezen, um ihn dadurch ganz in Stuͤke zerfallen zu machen, erhizte ihn jedoch
spaͤter auf einem gewoͤhnlichen Kohlenfeuer bis zur
Rothgluͤhhize. Als ich ihn nun in diesem Zustande mit einer Zange fassen
wollte, fielen dessen beide Enden ab, so daß mir bloß das kleine Stuͤk,
welches ich gefaßt hatte, in der Zange blieb, welches durch diesen geringen Druk
flach gedruͤkt und ganz zerbrochen worden war. Ich nahm dann die beiden Enden
sorgfaͤltig, aber mit großer Schwierigkeit, aus dem Feuer; sie zeigten sich
nach dem Erkalten vollkommen hart und unbiegsam. Ich erhizte hierauf ein
Stuͤk des Stabes noch Mal zum Rothgluͤhen, worauf es unter einem
leichten Hammerschlage zu Pulver zerfiel.
Einundzwanzigster Versuch. Da es mir von groͤßter
Wichtigkeit schien, das Maximum der Ausdehnung zu bestimmen, welche Statt findet,
ehe diese merkwuͤrdige Veraͤnderung der Platinna eintritt, so brachte
ich den Platinnastab, mit welchem ich die meisten meiner Versuche angestellt hatte,
und welcher auf der Oberflaͤche ganz glatt, sehr weich und geschmeidig war,
in das Register I. Ich brachte ferner den Tiegel mit etwas Kohlenpulver, und mir den
eisernen Naͤgeln und Porzellanstuͤken als Pruͤfungsmitteln in
denselben Windofen. Hierauf brachte ich die Hize auf den hoͤchsten Grad,
nahm, nachdem die Hize zwei Stunden lang in diesem Grade unterhalten worden, den
Dekel ab, und sezte das Register, welches vorher zum Rothgluͤhen gebracht
worden, in denselben, worauf ich den Dekel wieder aufsezte, und mit
gluͤhenden Kohlen bedekte. Nach einer Viertelstunde hob ich das Register
wieder heraus, und ließ es sorgfaͤltig abkuͤhlen. Ich erhielt auf
diese Weise eine vortreffliche Messung; der Bogen maß 7°24', was einer
Ausdehnung von 0,0645 gleich ist.
Die Pruͤfungsmittel fanden sich in demselben Zustande, wie in den
vorhergehenden Versuchen. Der Platinnastab war lose in seiner Aushoͤhlung,
und hatte seine Form nicht veraͤndert; seine Oberflaͤche hatte jedoch
ein etwas krystallinisches Aussehen erhalten, auch war der Stab selbst sehr hart und
unbiegsam geworden.
Die registrirte Ausdehnung wuͤrde, nach der oben angenommenen Hypothese, daß
gleiche Ausdehnung auch gleiche Zunahme der Temperatur andeutet, eine Ausdehnung von
3336°, oder mit Hinzufuͤgung der 65 urspruͤnglichen Grade
3401° anzeigen. Man muß aber wohl bedenken, daß dieß wahrscheinlich bloß jene
Temperatur ist, bei welcher die Veraͤnderung der Structur oder des
Gefuͤges der Platinna Statt findet, und nicht die groͤßte Hize des
Ofens. Diese leztere wird wohl den Temperaturgrad, bei welchem die Ausdehnung des
Metalles aufhoͤrt, und bei welcher sich eine neue Anordnung der Theilchen
bildet, wahrscheinlich uͤbersteigen. Das Uebereintreffen dieses Resultates
mit jenem, welches ich in fruͤheren Reihen meiner Versuche erhielt, ist sehr
merkwuͤrdig. Die Temperatur, bei welcher ich das Gußeisen zum Schmelzen
brachte, und welche ich mit einem sehr guten Windofen erzeugte, berechnete ich zu
jener Zeit auf 3479°; sie steht daher bloß um 80° unter dem
gegenwaͤrtigen Maximum.
Zweiundzwanzigster Versuch. Um zu erfahren, ob das
Register und der Platinnastab durch die starke Hize, der sie ausgesezt worden, eine
Veraͤnderung in ihren Ausdehnungsverhaͤltnissen erlitten hatten,
brachte ich lezteren neuerdings in das Register I, welches nun ein Mal in
geschmolzenes Eisen untergetaucht und drei Mal der Hize des Windofens ausgesezt
worden war, und sott es 10 Minuten lang in Queksilber. Der gemessene Bogen betrug
nun 1°19', und kam einer Ausdehnung von 0,01148 gleich. Dieser Unterschied
von 1' kann fuͤglich bloß der Unsicherheit des Lesens des Bogens
zugeschrieben werden.
Die auf diese Weise bestimmten Temperaturen erfordern eine Correction, wenn wir den
Schluß annehmest, der sich aus den Versuchen Dulong's und
Petit's ergibt: daß naͤmlich die
Ausdehnbarkeit der festen Koͤrper, in Bezug auf ein Luftthermometer, mit der
Zunahme der Hize zunimmt. Diese Correction wird sich wie das Verhaͤltniß der
Zunahme verhalten, und nach obigen Beobachtern verhaͤlt sich 11°,6 des
100° Thermometers oder 20°,8 F. von 32° zu 572°, oder
die berechnete Temperatur zur wahren, wie 0,00091827 zu 0,00088420. Sezen wir nun,
daß die Zunahme der Ausdehnbarkeit bei hoͤheren Temperaturen dieselbe bleibt,
was uͤbrigens noch nicht erwiesen ist, so gibt folgende Tabelle die
corrigirten Temperaturen, die aus obigen Versuchen mit dem Platinnastabe entnommen
sind.
Beobachtet
Corrigirt.
Schmelzpunkt
des Silbers
1942
1873Hr. Prinsep bestimmte den
Schmelzpunkt des Silbers aus einer muͤhsamen Reihe von
Versuchen uͤber die Ausdehnung der, in einer goldenen Kugel
eingeschlossenen Luft auf 1830°. Philos. Transact. 1828. S. 94.
–
– Kupfers
2070
1996
–
– Goldes
2091
2016
–
– Eisens
2889
2786
Temperatur des Maximums
der Ausdehnung der Platinna
3401
3280
Schließen wir auf dieselbe Weise aus der Zunahme der Ausdehnung des Eisens, so wie
diese von denselben Verfassern festgesezt worden, so ist der Unterschied zwischen
der Temperatur, welche von der Platinna, und jener, welche von dem Eisen abgeleitet
worden, sehr bedeutend, indem sich nach lezterem der Schmelzpunkt des Silbers zu
1682° und jener des Goldes zu 1815° ergibt. Allein es scheint mir, daß die Bestimmung
dieses Punktes beim Eisen einige Einwuͤrfe zulaͤßt, welche bei der
Platinna wegfallen; diese meine Vermuthung wird vorzuͤglich auch durch die
unregelmaͤßige Ausdehnung des Eisens, die die fuͤnfte und neunte
Tabelle zeigt, und auf welche ich in Zukunft wieder ein Mal zuruͤkkommen
werde, bestaͤtigt.
Der Nuzen des Pyrometers wird jedoch durch die Unbestimmtheit dieser Correctionen
nicht leiden. Die Angaben, welche er liefern wird, werden immer positive
Bestimmungen seyn, die sich leicht durch Berechnungen modificiren lassen werden, so
wie unsere Theorien eine Verbesserung erhalten. In allen gewoͤhnlichen
Faͤllen (in welchen sich dieses Instrument, wie ich mir schmeichle, gewiß als
sehr nuͤzlich fuͤr Kuͤnste und Gewerbe erweisen wird) wird es
sogar nicht noͤthig seyn die Ausdehnung, welche von dem gemessenen Bogen
angezeigt wird, zu notiren; jede Minute eines Grades kann ein fuͤr alle Mal
in Graden der Fahrenheit'schen Scala geschaͤzt werden, wenn das
Verhaͤltniß der Ausdehnung im siedenden Queksilber genommen wird. Die
Verfertiger solcher Instrumente koͤnnten leicht ein jedes der Register mit
einer Tabelle solcher Werthe versehen. Folgendes waͤre z.B. die geeignete
Tabelle fuͤr das oft erwaͤhnte Register I, an welchem der Bogen
fuͤr das siedende Queksilber oder fuͤr 600° (ohne die
anfaͤngliche Temperatur) 1°20' betrug.
Ausdehnung.
Temperatur.
1° 0'
= 0,00872
= 450
0 30
= 0,00436
= 225
0 20
= 0,00290
= 150
0 15
= 0,00218
= 112
0 10
= 0,00145
= 75
0 5
= 0,00072
= 37
0 2
= 0,00029
= 15
0 1
= 0,00014
= 7,5
Mit Huͤlfe einer solchen Tabelle kann ein verstaͤndiger Arbeiter das
Instrument gebrauchen, ohne einen wesentlichen Fehler zu begehen. Jene, denen ein
Platinnastab zu kostbar ist, koͤnnen in gewoͤhnlichen Faͤllen
einen Eisenstab statt desselben nehmen; die Kosten des Graphitregisters
koͤnnen dessen allgemeiner Anwendung gewiß kein Hinderniß in den Weg sezen.
Man kann wohl auch andere Substanzen zu dessen Verfertigung nehmen; bedenkt man aber
die Leichtigkeit, mit welcher die graphitne Toͤpferwaare bearbeitet werden
kann, ihre geringe Ausdehnung, ihre Unschmelzbarkeit, und den Umstand, daß sie die
meisten ploͤzlichen Veraͤnderungen der Temperatur ohne Nachtheil
vertraͤgt, so wird man derselben wahrscheinlich immer den Vorzug
einraͤumen. Die einzige noͤthige Vorsichtsmaßregel ist die, daß man
den Graphit vorher, ohne Beruͤhrung mit der Luft, einer Temperatur aussezt,
welche wenigstens
eben so groß ist, als die Hize, bei welcher man das Instrument brauchen will.