Titel: | Ueber die Zugkraft bei verschiedenen Schnelligkeiten und auf verschiedenen Arten von Straßen. Von Hrn. James Green, in einem Schreiben an den Herausgeber des Register of Arts. |
Fundstelle: | Band 43, Jahrgang 1832, Nr. LXXXIV., S. 347 |
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LXXXIV.
Ueber die Zugkraft bei verschiedenen
Schnelligkeiten und auf verschiedenen Arten von Straßen. Von Hrn. James Green, in einem
Schreiben an den Herausgeber des Register of
Arts.
Aus dem Register of Arts. Novbr. 1831, S.
237.
Green, uͤber die Zugkraft bei verschiedenen
Schnelligkeiten.
Da ich bei einer Unterredung mit einem Kutscheneigenthuͤmer fand, daß
uͤber die Kraft, die erforderlich ist, um einen Wagen unter verschiedenen
Verhaͤltnissen zu ziehen, sehr irrige Ansichten unter jenen Leuten herrschen,
die doch unmittelbar dabei interessirt sind, gut und genau uͤber diesen
Gegenstand unterrichtet zu seyn, so glaube ich, daß auch das Publicum im Allgemeinen
(mit Ausnahme von wenig gruͤndlich Gebildeten) von denselben
Irrthuͤmern befangen ist. Ich vermuthe dieß um so mehr, da dasselbe gewohnt
ist, unbedingten Glauben in das zu sezen, was ihm von sogenannten Praktikern gesagt
wird. Es wird allgemein behauptet und angenommen, daß weniger Kraft erforderlich
ist, um einen Wagen mit einer groͤßeren, als mit einer geringeren
Schnelligkeit zu treiben. Da nun diese Meinung manche Ihrer Leser zu sehr irrigen
Berechnungen veranlassen koͤnnte, so fuͤhle ich mich gedrungen Ihnen
fuͤr Ihre Zeitschrift einen Auszug aus der großen Reihe von Versuchen
mitzutheilen, welche Hr. Macneil (unter der Leitung des Hrn. Telford) auf der London- und
Liverpool-Straße anstellte, und bei welchen die Zugkraft sehr genau mittelst
eines neuen, von Hrn. Macneil
erfundenen, Dynamometers bestimmt wurde.
Die Hauptresultate der Versuche, die mit einem von London nach Shrewsbury (eine
Streke von 153 1/4 engl. Meilen) fahrenden Eilwagen unter verschiedenen Neigungen
und bei verschiedenen Schnelligkeiten gemacht wurden, gibt folgende Tabelle:
Verhaͤltniß der
Neigung.
Verhaͤltniß der Schnelligkeit.
Erforderliche
Kraft.
1 auf
20
6 Meilen auf die Stunde
268
1 –
26
6
–
– –
215
1 –
30
6
–
– –
165
1 –
40
6
–
– –
160
1 – 600
6
–
– –
111
1 –
20
8
–
– –
296
1 –
26
8
–
– –
219
1 –
30
8
–
– –
196
1 –
40
8
–
– –
166
1 – 600
8
–
– –
120
Verhaͤltniß der
Neigung.
Verhaͤltniß der Schnelligkeit.
Erforderliche
Kraft.
1 auf
20
10 Meilen auf die Stunde
318
1 –
26
10
–
– –
225
1 –
30
10
–
– –
200
1 –
40
10
–
– –
172
1 – 600
10
–
– –
128
Hieraus ergibt sich mithin offenbar, daß die erforderliche Zugkraft bestaͤndig
mit dem Verhaͤltnisse der Schnelligkeit des Wagens zunahm, obschon diese
Zunahme nicht in einem gleichfoͤrmigen Verhaͤltnisse Statt fand, was
wahrscheinlich von der Verschiedenheit des Widerstandes herruͤhrt, den ein
und dasselbe Stuͤk Weges bei verschiedenem Wetter leistet.
Ich will hier noch einen Auszug aus einem Theile von Hrn. Macneil's Versuchen, so wie er sich in Hrn.
Telford's Bericht
befindet, beifuͤgen, da derselbe von großem praktischen Werthe zu seyn
scheint.
Auf einem
guten Pflaster fand derselbe die Zugkraft zu
33 Pfund.
Auf einer
Oberflaͤche von zerschlagenen Steinen an eineralten
Feuersteinstraße (old flint road)
65 –
Auf einer
Kiesstraße (gravel road)
147 –
Auf einer
Straße aus zerschlagenen Steinen (broken stone
road) uͤber einer unebenen gepflasterten
Grundlage
46 –
Auf einer
Flaͤche aus zerschlagenen Steinen mit einer festenGrundlage aus
Parker's Kitt und
Kies
46 –
Mit etc.
etc.
Bemerkungen des Herausgebers des Register, Hrn. L. Hebert.
Wir stimmen ganz der oben gegebenen Schaͤzung der Daten bei, die uns Hr.
Green aus Hrn. Telford's Bericht mitzutheilen die
Guͤte hatte, obschon wir uͤber die von ihm angefuͤhrte Meinung
des Kutscheneigenthuͤmers nicht ganz dieselbe Ansicht haben. Dieser Leztere
scheint uns naͤmlich entweder das Wahre des Factums verkannt, oder es irrig
dargestellt zu haben. Wenn er sagte, „daß eine geringere Quantitaͤt Kraft erforderlich ist, um einen
Wagen mit einer groͤßeren Schnelligkeit eine gegebene Streke Weges zu treiben, als man bei einer geringeren
Schnelligkeit dazu braucht,“ so scheint er uns Recht gehabt zu haben,
wie dieß auch aus den, von Hrn. Green gelieferten, Angaben hervorzugehen scheint. Wir wollen vor
Allem Hrn. Macneil's Tabelle
in einer zur Vergleichung und Untersuchung mehr geeigneten Form hieher sezen.
Erforderliche Kraft bei
Verhaͤltnis
der Neigung.
6 Meilendie Stunde.
8 Meilendie Stunde.
10 Meilendie Stunde.
1 auf 20
268
296
318
1 –
26
213
219
225
1 –
30
165
196
200
1 –
40
160
166
172
1 – 600
111
120
128
––––––––––––––––––––––––
917
997
1043
Die zweite und vierte Linie bietet einige Abweichungen dar, deren Ursachen wir nicht
gehoͤrig erklaͤren koͤnnen: in diesen beiden Faͤllen
betraͤgt naͤmlich die Zunahme der Kraft, welche bei verschiedenen
Schnelligkeiten erforderlich ist, gerade 6 Pfd.; waͤhrend in der ersten und
dritten Linie diese Zunahme bedeutend groͤßer ist. Da jedoch
saͤmmtliche Daten unter einander abweichen, so wird es am besten seyn, die
Berechnungen nach den Total-Kraͤften bei jeder Schnelligkeit, d.h.
nach den Zahlen 917,997 und 1043 anzustellen. Hieraus ergibt sich, daß eine
bestimmte Last, welche
bei 6
Meilen
in der
Stunde
eine Kraft
von
9 1/4 Pfd. erfordert,
– 8
–
–
–
–
–
10 – und
– 10
–
–
–
–
–
10
1/2 – erfordern
wird.
Man kann daher sagen, daß man um 1/8 mehr Kraft braucht, um die Schnelligkeit in
einer Stunde von 6 auf 8 Meilen zu erhoͤhen; daß man also, bei Vermehrung der
Kraft um 1/8, eine Vermehrung der Schnelligkeit um 4/10 oder beinahe um 3/9 d.h. um
1/3 erhaͤlt.
Nehmen wir mithin z.B. an, daß eine Fahrt von London nach York und wieder
zuruͤk (welche Streke beinahe 600 Meilen betraͤgt),
bei einer
Schnelligkeit
von 6 Meilen
in der
Stunde
100 Stund.
–
–
10 –
–
–
60 –
erfordert,
so ist 917 Pfd. (Total-Kraft bei 6
Meilen) × 100
= 91,700
und 1043 –
(Total-Kraft bei 10 Meilen) × 60
= 62,580
––––––––
was zu Gunsten der
groͤßeren Schnelligkeit einen Unterschied von
28,420 Pfd.
oder wie oben erwaͤhnt worden, beinahe von 1/3 (3/9 von
91,700) gibt; obschon eine groͤßere Menge von
Kraft noͤthig ist, um eine gewisse Last eine und
dieselbe Zeit lang mit einer groͤßeren Schnelligkeit zu ziehen, als
man bei einer geringeren Schnelligkeit braucht. Dessen ungeachtet erwaͤchst
hieraus fuͤr Wagen, die von Pferden gezogen werden, kein Vortheil; indem die
Pferde bei einer großen Schnelligkeit nur sehr wenig Kraft auszuuͤben im
Stande sind, so daß man, um eine Kutsche schnell laufen zu machen, vier Pferde
vorspannen muß, waͤhrend man dieselbe Last langsam mit einem einzigen Pferde
ziehen koͤnnte, welches, obschon es vier Mal so viel Last als jeder der vier Laͤufer
zieht, und obschon es drei Mal so lang arbeitet, am Ende des Tages doch weniger
ermuͤdet seyn wird, als die vier Laͤufer. – Bei Dampfwagen
verhaͤlt sich hingegen die Sache anders, indem hier alle die Vortheile, die
sich bei einer groͤßeren Schnelligkeit ergeben, zu Nuzen gebracht werden
koͤnnen. Aus diesem Grunde werden auch hauptsaͤchlich die Dampfwagen
einst auf gewoͤhnlichen Straßen die Oberhand uͤber die von Pferden
gezogenen Wagen erhalten. Wir glauben, daß dieß in weniger als drei Jahren bei jenen
Wagen fuͤr Reisende und Lastentransport eintreten wird, welche schnell
fortgeschafft werden sollen, und daß, bei allmaͤhlicher und gradweiser
Verbesserung desselben Systemes, spaͤter auch bei langsam fahrenden Wagen die
Dampfkraft die Pferdekraft unterdruͤcken wird.
Wir muͤssen endlich unsere Leser noch darauf aufmerksam machen, daß sie die
Daten, deren wir uns bei unserer vergleichsweisen Schaͤzung bedienten, nicht
fuͤr die wirkliche Kraft nehmen, die zum Ziehen einer Kutschenladung
nothwendig ist, indem diese beilaͤufig nur den sechsten Theil hievon
betraͤgt. Hrn. Macneil's Angaben beziehen sich naͤmlich bloß auf aufsteigende Flaͤchen. Da nun 111 Pfd. als die
Zugkraft bei einer Neigung von 1 in 600 bei einer Schnelligkeit von 6 Meilen in der
Stunde angegeben werden, so koͤnnen wir aus allen den gegebenen Daten, mit
Ruͤksicht auf die Wirkung auf verschiedenen Arten von Straßen, 100 Pfd. als
die Durchschnittskraft auf einer ebenen Flaͤche annehmen; indem das Moment,
welches sich bei Abhaͤngen ergibt, den Verlust compensiren wird, der bei
bergan steigenden Flaͤchen entsteht. Geht man nun von diesem Datum aus, so
wird folgende Tabelle die vergleichsweisen Quantitaͤten Kraft und Zug geben,
die fuͤr eine Streke von 600 englischen Meilen bei verschiedenen
Schnelligkeiten noͤthig sind.
Verhaͤltnißder
Schnelligkeit.
Zeit der Reise.
Entfernung.
Zugkraft.
Vergleichsweise Quantitaͤt
der verwendeten Kraft.
6 M. in 1 St.
× 100 St.
= 600 M.
100 Pfd.
100,00
7
– – –
× 85 +
= 600 –
104 –
88,40
8
– – –
× 75
–
= 600 –
107 –
80,25
9
– – –
× 66 +
= 600 –
110 –
72,60
10
– – –
× 60
–
= 600 –
113 –
67,80