Titel: | Einleitung zu dem Berichte, welche Hr. Perdonnet im Namen einer Commission am 24. April 1831 der Société du Bulletin des Sciences et de l'Industrie erstattete, um auf die Frage der schwedischen Regierung: „Welche Fortschritte hat die Eisenfabrikation in den lezten Jahren in Frankreich gemacht,“ zu antworten. |
Fundstelle: | Band 43, Jahrgang 1832, Nr. LXXXIX., S. 364 |
Download: | XML |
LXXXIX.
Einleitung zu dem Berichte, welche Hr. Perdonnet im Namen einer
Commission am 24. April 1831 der Société du Bulletin des Sciences
et de l'Industrie erstattete, um auf die Frage der schwedischen Regierung:
„Welche Fortschritte hat die Eisenfabrikation in den lezten Jahren in
Frankreich gemacht,“ zu antworten.Dieser Bericht enthaͤlt in mehrfacher Beziehung so viel Interessantes, daß
wir nicht umhin koͤnnen denselben hier im Auszuge mitzutheilen; um so
mehr, da wir bisher Alles gaben, was fuͤr die Eisenfabrikation in
Frankreich und England Wichtiges geschah, da auch unsere Eisenwerke in neuerer
Zeit auf eine Weise zur Sprache kamen, die durch einige hier gegebene Daten
wesentlich berichtigt werden duͤrfte. – Die oben erwaͤhnte
Commission bestand aus den Huͤttenmeistern Boigues, Mertian und Marquis de Louvois;
ferner aus den HH. d'Arcet, Gaultier de Claubry und Aug. Perdonnet. A. d. Ueb.
Aus dem Bulletin des Sciences technologiques.
Maͤrz 1831, S. 164.
(Im
Auszuge.)
Perdonnet, Bericht uͤber die Eisenfabrikation in
Frankreich.
Die Eisenfabrikation hat in den lezten Jahren in Frankreich ungeheure Fortschritte
gemacht, die jedoch weniger hervorragenden Verbesserungen der alten Methoden, als
der Annahme des englischen Verfahrens zuzuschreiben sind. Wir wollen um dem, der
Commission gegebenen, Auftrage so viel als moͤglich Genuͤge zu
leisten, eine kurze Darstellung der allmaͤhlichen und reißenden Fortschritte
dieses wichtigen Zweiges
unserer Industrie geben, dessen gegenwaͤrtigen Zustand bei uns mit jenem in
England vergleichen, dann bei einigen kleinen technischen Verbesserungen verweilen,
und zulezt die Zukunft, die unseren Eisenwerken bevorsteht, beleuchten.
Wir wollen hiebei nicht weiter, als bis zum Anfange des gegenwaͤrtigen
Jahrhundertes zuruͤkgehen. Schon im J. 1801 belief sich das jaͤhrliche
Erzeugniß in den 108 Departements der Republik auf 140,000 Tonnen Gußeisen (die
Tonne zu 1000 Kilogrammen), welche auf 550 Hochoͤfen erzeugt wurden. Von
diesen 140,000 Tonnen kamen ungefaͤhr 111 bis 112,000 auf die 45
Hochoͤfen, die Frankreich, auf seine gegenwaͤrtigen Graͤnzen
reducirt, angehoͤrten. An Schmiedeisen wurden jaͤhrlich 94,000 Tonnen
producirt, wovon 79,000 auf die 86 Departements kamen, die wir noch
gegenwaͤrtig besizen.
Diese Quantitaͤten scheinen, obschon sie unseren Bedarf nicht dekten, bei dem
ersten Blike sehr betraͤchtlich zu seyn; beruͤksichtigt man aber die
große Menge von Huͤttenwerken, die zur Erzeugung derselben noͤthig
waren, so ergibt sich hieraus nothwendig der Schluß, daß die damals
gebraͤuchlichen Methoden noch sehr weit zuruͤk gewesen seyn mußten.
Man kannte das englische Verfahren das Gußeisen mit Steinkohlen oder auf dem
Strekwerke in haͤmmerbares Eisen zu verwandeln, noch gar nicht, oder benuzte
es wenigstens nicht. Nur ein einziger Hochofen, jener der Creusot brannte Kohks. Die
Kunst das Eisen in Stahl zu verwandeln, war noch in ihrer Kindheit, und in keinem
unserer Huͤttenwerke wurde Gußstahl erzeugt.
Die Industrie-Ausstellung von 1806, welche Napoleon veranlaßte, war die erste,
die uns unsere industriellen Kraͤfte, und unsere Maͤngel zeigte. Die
eingesendeten Gegenstaͤnde aus Gußeisen ließen sehr viel zu wuͤnschen
uͤbrig. An Sensen, Feilen, Messerschmiedarbeiten etc. zeigten sich bedeutende
Fortschritte, die gemacht wurden, um uns von dem Tribute zu befreien, welchen wir an
England und Deutschland zahlten. Diese Fortschritte ergaben sich jedoch
vorzuͤglich in jenen Departements, die wir nach der Restauration verloren,
und daher zeigten noch mehrere Jahre nach dieser unsere Mauthregister unsere
Unfaͤhigkeit in dieser Hinsicht. Nur die blanken Gewehre von Klingenthal und
die Schießgewehre von St. Etienne hatten einen gewissen Ruf erworben, und behielten
diesen auch seither.
In den auf das J. 1806 folgenden Kriegsjahren wurden unseren Fabriken Haͤnde,
Capital und Sicherheit entzogen; es wurden meistens nur Gewehre und Kugeln
verfertigt. Mit dem Frieden entstanden auch eine große Menge Fabriken; die
fruͤher auf den Schlachtfeldern verwendete Energie und Thaͤtigkeit
warf sich nun auf die Industrie, deren Fortschritte schon die Ausstellung vom J.
1819 zeigte. Die
Erzeugnisse an Eisenwaaren waren jedoch auf derselben nur mittelmaͤßig
repraͤsentirt; noch immer vermißte man Eisen, welches auf englische Art
erzeugt worden. Erst in den Jahren 1819 bis 1823 erhielt dieser Zweig der Industrie,
durch eine Mauthverordnung vom J. 1822 kraͤftig beguͤnstigt,War dieß eine Verordnung der freien Einfuhr? Oder war es ein Mauthvertrag mit
Laͤndern, deren Industrie durch fruͤhere Beguͤnstigung
sich weit hoͤher geschwungen hatte, als jene Frankreichs? Das
Zetergeschrei der franzoͤsischen und deutschen Blutsauger und
Pfefferkraͤmer gegen diese Verordnung zeigte hinlaͤnglich,
welcher Art sie war; moͤchten ihre Erfolge in Frankreich auch unseren
freien Handels-Philosophen die Augen oͤffnen, und unsere
Capitalisten uͤberzeugen, daß sie sich in dem Staate im Felde der
Industrie weit mehr nuͤzen koͤnnen, als durch Kraͤmerei
und Stok-Jobberei. A. d. Ueb. einen Aufschwung, der noch heut zu Tage fortwaͤhrt.
Ein Bergofficier, Hr. de
Bonnard, gab im J. 1809 auf Befehl der Regierung eine Beschreibung
der englischen Fabrikationsmethoden des Eisens heraus. Ein anderer, Hr. de Gallois, untersuchte dieselben 16
Monate lang an Ort und Stelle in allen ihren Details, und errichtete bei seiner
Ruͤkkehr in der Nahe von St. Etienne, in demselben Departement, in welchem
spaͤter sein College Beaunier die erste Eisenbahn
erbaute, den ersten Hochofen, in welchem man in Frankreich Erze, die den englischen
Erzen aͤhnlich waren, bearbeitete, und den dritten,Der erste franzoͤsische Hochofen, in dem Kohks angewendet wurden, ist
jener der Creusot, der gegen das Ende des lezten Jahrhundertes erbaut wurde.
Der zweite war jener zu Vienne, der erst im J. 1818 errichtet worden. A. d.
O. in welchem Kohks verwendet wurden. Jedermann, der sich mit Industrie
beschaͤftigte, weiß, mit welchen Schwierigkeiten es verbunden ist, ein neues
Verfahren an irgend einem Orte einzufuͤhren. Hrn. de Gallois ging es ungeachtet seiner großen
theoretischen und praktischen Kenntnisse ebenso; er erreichte Anfangs nicht alle die
Vortheile, die er erwartete, und dem Verdrusse, den er bei dieser Unternehmung
hatte, haben wir vorzuͤglich den Verlust dieses Mannes zuzuschreiben, dem wir
so großen Dank schuldig sind.
Die Fabrikation des Schmiedeisens mit Steinkohlen ging gleichen Schritt mit jener des
Gußeisens mit Kohks. Schon im J. 1820 gruͤndeten die HH. Boigues und Dufaud zu Fourchambault und Hr. de Vendel zu Hayange jene herrlichen
Unternehmungen, auf welche Frankreich stolz seyn darf, und die nicht bloß durch sich
selbst, sondern durch das gute Beispiel, welches sie gaben, so unendlich
nuͤzlich wurden. Bald entstanden naͤmlich eine Menge
Huͤttenwerke, in welchen man durchaus, oder wenigstens zum Theile Steinkohlen
benuzte.
Um eine richtigere Idee von den damaligen Fortschritten dieses Zweiges der Industrie
zu geben, will ich jedoch lieber einige Daten anfuͤhren, die aus den Tabellen
der lezten amtlichen Untersuchung, und aus den interessanten, in den Annales des Mines eingeruͤkten Berichten des Hrn.
Héron de Villefosse
entlehnt sind.
Im J. 1818 uͤberstieg unser Total-Verbrauch des Jahres nicht 122,000
Tonnen, wovon 114,000 Tonnen von unseren Hochoͤfen erzeugt, 5000 Tonnen aus
den alten Magazinen kamen, und 3000 eingefuͤhrt wurden.
Im J. 1824 war die Production im Lande schon auf 164,000 Tonnen gestiegen;
eingefuͤhrt wurden 7000 Tonnen, so daß man den Gesammt-Verbrauch auf
176,000 Tonnen schaͤzen kann.
Im J. 1828 wurden mehr als 200,000 Tonnen erzeugt, und 8000 Tonnen
eingefuͤhrt; der Verbrauch betrug beilaͤufig 213,000 Tonnen.
Hieraus ergeben sich fuͤr den Zeitraum von 1818–1828 folgende
Zunahmsverhaͤltnisse:
bei dem Verbrauch
122 –
175 –
211
bei der Production
114 –
164 –
200
bei der Einfuhr
3
–
7 –
8.
Hieraus und aus den weiter oben gegebenen Daten uͤber die Eisenfabrikation im
J. 1801 lassen sich nun folgende Resultate ziehen:
Die Erzeugung von Gußeisen scheint sich vom J. 1801 bis zum J. 1818 nicht merklich
veraͤndert zu haben; vom J. 1818 bis zum J. 1828 hat sich hingegen der Bedarf
und die Production beinahe verdoppelt, und die Einfuhr verdreifacht.
Aus einigen approximativen Angaben folgt, daß die von den Gießereien verbrauchte
Quantitaͤt Gußeisen beinahe in demselben Verhaͤltnisse zugenommen hat,
wie die Gesammt-Menge des verbrauchten Gußeisens. Sie betrug naͤmlich
von 1818 bis 1824 beilaͤufig den sechsten Theil der Gesammt-Menge, und
im J. 1828 etwas mehr als diesen Bruchtheil. Jener Theil dieses Gußeisens, den
unsere Hochoͤfen lieferten, ist mit Ruͤksicht auf deren Production
beilaͤufig gleich geblieben, d.h. er betrug beinahe immer den 6ten
Theil.Die in den Gießereien verwendete Menge Gußeisens wird fuͤr die Jahre
1818, 1824 und 1828 beilaͤufig auf 20,000, 28,000 und 37,000 Tonnen
geschaͤzt, und jene Menge dieses Gußeisens, welche unsere
Hochoͤfen lieferten, auf 17,000, 22,000 und 32,000 Tonnen. A. d.
O.
Stellen wir nun fuͤr das Stabeisen dieselben Vergleichungen an, die wir
fuͤr das Gußeisen gaben, so ergeben sich fuͤr die Jahre 1818, 1824 und
1828
fuͤr die verbrauchte Menge
Staͤbeisens
86,000 Tonnen
– 118,000
– 158000
fuͤr die auf unseren
Huͤttenwerken erzeugte Menge
76,000 –
– 112,000
– 152,000Von diesen Quantitaͤten wurden 9000 bis 10,000 Tonnen in
unseren suͤdlichen Departements durch die unmittelbare
Reduction der Eisenerze, auf die sogenannte catalonische Methode
erzeugt. A. d. O.
fuͤr die eingefuͤhrte
Menge
10,000 –
– 6,000
– 6,000
Mithin wurde im J. 1818 beinahe eben so viel, oder ehe etwas weniger, Schmiedeisen
erzeugt, als im J. 1801; waͤhrend vom J. 1818 bis 1828 der Verbrauch und die
Production sich verdoppelten, die Einfuhr hingegen sich um die Haͤlfte
verminderte.
Das eingefuͤhrte Eisen ist meistens schwedisches und russisches, und wird
vorzuͤglich zur Stahlfabrikation verwendet, da es zu diesem Zweke unserem
besten franzoͤsischen Eisen vorgezogen wird. Diese Einfuhr betrug in den
Jahren 1822, 23, 24 und 25 an schwedischem Eisen beilaͤufig 1900, 2400, 3900
und 5400 Tonnen; an russischem hingegen nur 100, 140, 330 und 540 Tonnen, so daß bei
beiden die Einfuhr, ungeachtet des Mauthgesezes vom J. 1822, ungefaͤhr in
gleichem Verhaͤltnisse zugenommen hat.
Jene Menge dieses Eisens von vorzuͤglicher Guͤte, die nicht zur
Stahlfabrikation verwendet wird, wird in Concurrenz mit dem besten
franzoͤsischen Eisen von Verfertigung von Fahrzeugen und anderen
Gegenstaͤnden benuzt.
Wir haben bereits erwaͤhnt, daß die ersten Hammerwerke nach englischer Methode
im J. 1820 errichtet wurden. Im J. 1823 waren deren bereits 11 in Thaͤtigkeit
und 4 im Baue. Im J. 1826 waren in Frankreich erst 4 mit Kohks betriebene
Hochoͤfen in Thaͤtigkeit; allein schon 31 englische Hammerwerke; und
im J. 1828 besaßen wir bereits 14 Kohkshochoͤfen und 40 englische
Hammerwerke.
Im J. 1818 wurde bloß eine unbedeutende Menge Gußeisen mit Kohks, und gar kein Eisen
mit Steinkohlen erzeugt; im J. 1824 wurden nur 3000 Tonnen Gußeisen mit Kohks
erzeugt, aber schon 44,000 Tonnen mit Steinkohlen erzeugtes Eisen in den Handel
gebracht. Im J. 1828 betrug das Erzeugniß an Gußeisen mit Kohks bereits 17,000, und
an Eisen mit Steinkohlen 48,000 Tonnen. Die Fabrikation des Gußeisens mit Kohks hat
sich mithin erst in den Jahren 1824–28 gehoben, waͤhrend jene des
Eisens mit Steinkohlen bereits im J. 1824 eine bedeutende Ausdehnung gewonnen
hatte.
Die 17,000 Tonnen Gußeisen, welche mit Kohks erzeugt wurden, betragen kaum den 10ten
Theil der Gesammt-Production an Gußeisen; und die 48,000 Tonnen mit Steinkohlen erzeugten
Eisens kaum den dritten Theil des Gesammt-Erzeugnisses an Schmiedeisen.
Dieses Mißverhaͤltniß ruͤhrt davon her, daß es in vielen Orten
vortheilhafter ist, das Gußeisen mit Holzkohlen zu erzeugen, und es mit Steinkohlen
feinzumachen.
Unsere Eisenwerke ernaͤhren gegenwaͤrtig beilaͤufig 120,000
Arbeiter und ihre Familien, die zahlreichen Individuen, die ihre
Beschaͤftigung in den Fabriken, in welchen das Eisen verarbeitet wird,
finden, nicht mitgerechnet. Rechnet man auf die Familie nur 3 Koͤpfe, so
erhalten mithin 360,000 Koͤpfe hiebei ihren Unterhalt.
Man rechnet, daß ein Capital von 187 Millionen Franks auf die Betreibung der
Hammerwerke verwendet wird; und daß dabei jaͤhrlich 30 1/2 Million
fuͤr Arbeitslohn bezahlt werden: den Lohn fuͤr die Arbeiter, welche
den Draht ziehen, das Eisenblech verfertigen etc., der sich auch wenigstens
jaͤhrlich auf 20 Millionen belaͤuft, nicht mit gerechnet.
Mit der Zunahme an Erzeugniß mußte sich nothwendig auch die Guͤte des
Fabrikates verbessern, und die Fabrikation selbst bedeutende Fortschritte machen.
Die Gußwaaren auf den Ausstellungen in den Jahren 1819 und 1823 waren weit
vorzuͤglicher als jene vom J. 1806, und heut zu Tage lassen dieselben in
Hinsicht auf Leichtigkeit, Eleganz der Formen und Reinheit der Umrisse wenig mehr zu
wuͤnschen uͤbrig.
In den Jahren 1819 und 1823 kamen Kuͤchengeschirre auf die Ausstellung, die
innen mit einem Email uͤberzogen worden waren; im J. 1827 schien man jedoch
diesem Fabrikationszweige entsagt zu haben, obwohl die deutschen, und besonders die
schlesischen, Fabriken noch eine bedeutende Menge davon liefern. Es scheint, daß man
in Frankreich noch kein so festes Email hervorzubringen im Stande ist, wie das
schlesische, welches auch in England ohne gluͤklichen Erfolg nachgeahmt
wurde.Die vorzuͤglichsten Versuche in dieser Hinsicht machte Hr. Dr. Schweighaͤuser von Straßburg. A. d. O. Auch das Verzinnen, welches man in England an den eisernen Geschirren
vornimmt, ist in Frankreich noch nicht eingefuͤhrt.
Das Gießen großer Gegenstaͤnde, z.B. der Cylinder von Dampfmaschinen,
Strekwerken etc., hat sich gleichfalls auf eine merkwuͤrdige Weise
vervollkommnet. Bei allen diesen Fortschritten und der Vervollkommnung unseres
GußeisensUnser bestes Gußeisen kommt aus den Huͤttenwerken der HH. Boigues und Dufaud zu Fourchambault, und
aus jenem des Hrn. de
Louvois zu Rancy-le-Franc. Hr. Boigues erhielt auch von der
Société d'encouragement einen
Preis wegen der vorzuͤglichen Guͤte seines Gußeisens. A. d.
O. muͤssen wir aber leider gestehen, daß unsere Gießer noch immer zu
einem Theile ihrer Arbeiten fremdes Gußeisen verwenden, wie dieß die Angaben der
Maschinenfabrikanten und die Mauthregister beweisen. Ob dieß von einem Vorurtheile
der Gießer, oder wirklich von einer geringeren Guͤte unseres Gußeisens
herruͤhrt, wissen wir nicht. Ist es Vorurtheil, so ist es wirklich
unbegreiflich, wie sich dasselbe, ungeachtet es gegen die persoͤnlichen
Interessen verstoͤßt, so tief einwurzeln konnte.
Die Gegenstaͤnde aus Gußeisen, welches zum Theil durch Cementation fein
gemacht wurde, haben von mehreren Jurys allgemeines Lob, erhalten; und doch scheint
man diesen Fabrikationszweig ganz aufgegeben zu haben, weil die directe Anwendung
des Stahles wohlfeiler kommt. Selbst in England, wo derselbe einen weit
groͤßeren Aufschwung nahm, als in Frankreich, scheint er sich nicht erhalten
zu koͤnnen.
Unser mit Holzkohlen bereitetes Stabeisen hatte in Hinsicht auf Guͤte nur
wenig zu gewinnen. Man verwendet etwas davon auch mit Vortheil zur Stahlfabrikation,
obschon man hierzu meistens das schwedische und russische Eisen benuzt.
Das Eisen vom Berry, von der Haute-Saône und vorzuͤglich von der
Arriège ist das Geeignetste zur Fabrikation des Cementstahles, und doch
ersezt keines das schwedische Eisen ganz. Am naͤchsten kommt diesem lezten
noch das Eisen von der Arriège.
Wenn unser, mit Holzkohlen erzeugtes, Eisen auf englischen Strekwerken behandelt
wird, so erhaͤlt man vortreffliches Schwarzblech; das englische Weißblech
konnten wir jedoch noch nicht ganz erreichen; das unsrige steht naͤmlich dem
englischen zwar nicht an Guͤte nach, allein es besizt etwas weniger
Glanz.
Viele Personen glauben, daß das, nach der englischen Methode verfertigte, Eisen in
jedem Falle dem nach franzoͤsischer Weise erzeugten Eisen nachsteht, was auf
einem irrigen Vorurtheil beruht. Jenes englische Eisen, welches nur ein Mal gewalzt,
und nicht ausgeschweißt (corroyé), d.h. durch das
sogenannte Ausschweißen oder Gerben von den Schlaken gereinigt und fein gemacht
worden, steht allerdings dem franzoͤsischen Eisen, welches durch das
Haͤmmern vollkommner gereinigt worden, nach. Wurde aber das, auf englische
Weise erzeugte, Eisen mit aller Sorgfalt behandelt, so kann es gewiß dem
franzoͤsischen den Rang streitig machen; es wird ihm wenigstens zu gewissen
Zweken gleichkommen, oder demselben sogar vorzuziehen seyn. Ohne uns hier auf eine
Auseinandersezung der Wirkungen des Strekens und Feinmachens einzulassen, wollen wir
bloß bemerken, daß die Anordnung der Theilchen in Folge der Bearbeitung nach der
franzoͤsischen und englischen Methode verschieden seyn muß. Die nach lezterer Methode
verfertigten Eisenstangen lassen sich als Pakete langer, sehr feiner, mit einander
zusammenhaͤngender Faden, oder als Senke aus nicht gedrehten, sehr biegsamen
und stark an einander gebakenen Fasern betrachten, wie man dieß bei einem
gehoͤrigen Durchschnitte zeigen kann. Untersucht man hingegen Eisenstangen
von mittlerer Groͤße, die nach der franzoͤsischen Methode verfertigt
worden, auf dem Bruche, so wird man nur kurze, unter einander verwebte Faden, oder,
wenn die Stangen staͤrker sind, Koͤrner mit hakigen Spizen bemerken,
welche die Neigung zum Nervigen andeuten. Hieraus und aus vergleichenden, in dieser
Hinsicht angestellten Versuchen folgt, daß das Eisen nach englischer Methode den
Vorzug verdient, wenn die Kraft der Laͤnge nach auf die Stangen wirkt, wie
z.B. bei Ketten fuͤr die Marine, bei Haͤngebruͤken etc.; daß
hingegen da, wo die Kraft senkrecht auf die Stangen wirkt, wie z.B. an den Achsen,
das Eisen nach franzoͤsischer Methode unbestreitbar besser ist. Das Eisen
nach englischer Methode loͤst sich manch Mal, wenn es nicht sehr gut
geschweißt ist, ab, so daß es daher zu manchen Zweken, wie z.B. zu Radschienen,
weniger tauglich ist. Da man aber in England dieses Eisen an allen Arten von Wagen
anwendet, so scheint dieser Vorwurf jenes Eisen, welches mit gehoͤriger
Sorgfalt bearbeitet worden, durchaus nicht zu treffen. Zu dem Eisenbleche von erster
Guͤte nimmt man fast ausschließlich Eisen nach franzoͤsischer Methode.
Uebrigens gibt es selbst in England, wo die Strekwerke allgemein eingefuͤhrt
sind, große Verschiedenheiten, so daß man gewisse Eisensorten aus dem York-
und Staffordshire beinahe um den dritten Theil theurer bezahlt, als das
gewoͤhnliche galische Eisen. In Frankreich wird zu Fourchambault bei Nevers
das beste Eisen nach englischer Methode erzeugt, und die Ketten von dem
koͤniglichen Huͤttenwerke zu Guérigny, Dept. de la Nièvre, wurden fuͤr besser als die besten
englischen Ketten anerkannt.Die Ketten von Guérigny und jene aus dem Huͤttenwerke des Hrn.
Crawshay in
England wurden mit groͤßter Genauigkeit mit der im Bulletin de la Société
d'encouragement beschriebenen Maschine untersucht, erstere rissen,
wie aus den Tabellen hervorgeht, bei 26 K. 70, leztere hingegen schon bei 25
K. 84. A. d. O.
Bei diesen großen Fortschritten der Eisenfabrikation konnte jene des Stahles nicht
wohl stehen bleiben. Die Fabrikation des geschmiedeten Stahles (acier forgé) hat sich vom Anfange dieses
Jahrhundertes an allmaͤhlich verbessert; allein erst im J. 1818 fingen unsere
Huͤttenwerke Gußeisen zu liefern an. Zu St. Etienne, dieser Wiege so vieler
unserer Industriezweige, entstand die erste Gußstahlfabrik unter der Leitung des
Hrn. Beaumier und eines
Englaͤnders, des Hrn. Jackson. Wir erzeugen
jezt vortrefflichen Gußstahl, der, dem Ausspruch der Jurys zu Folge, dem englischen
nicht nachsteht. Allein unsere Stahlarbeiter sind nicht der Meinung der Jurys, und
dieß ist ein Beweis mehr, daß die Berichte der Jurys uͤber die Producte einer
Ausstellung zwar Daten uͤber den Zustand der Industrie eines Landes geben
koͤnnen, daß sie aber keineswegs hinreichen, um die Meinung hieruͤber
ganz festzustellen. Was hilft es in der That auch, wenn der Fabrikant ein ganz
herrliches Product zur Ausstellung liefert, und nicht im Stande ist. Jedermann
wohlfeil mit demselben zu versehen? Der Consument weiß die Fortschritt der Fabriken
weit besser zu schaͤzen, als der Gelehrte; er ist es, der in lezter Instanz
uͤber dieselben urtheilt.
Es ist anerkannt, daß unser Gußstahl und uͤberhaupt jede Art von Stahl, die
wir mit unserem Cementstahle verfertigen, man mag denselben umschmelzen oder
raffiniren, ungeachtet der Verbesserungen, die er in den lezten Jahren erhielt, noch
immer den englischen Stahlarten nachsteht. Dieß ruͤhrt jedoch nicht von der
Ungeschiklichkeit der Arbeiter her. Die Englaͤnder verwenden naͤmlich
zur Erzeugung des Cementstahles nicht bloß ausschließlich schwedisches Eisen,
sondern eine eigene Art des schwedischen Eisens, welches sie in Folge eines
Contractes erhalten, und welches wir uns nicht verschaffen koͤnnen.
Die Fabriken von Stahlarbeiten haben seit dem J. 1806 gleichfalls große Fortschritte
gemacht. Schon bei der Ausstellung vom J. 1819 rechtfertigten die vorgelegten
Sicheln, Feilen und Raspeln die Hoffnungen, die man sich bei der Ausstellung vom J.
1806 machte. Bei jener des J. 1823 erschienen aber diese Waffen des Akerbaues und
der Industrie in noch groͤßerer Menge und von solcher Guͤte, daß sie
mit den beruͤhmten Kriegswaffen unserer Fabriken wetteiferten.
Die Naͤhnadelfabrik, die vor Kurzem zu Laigle gegruͤndet wurde,
fuͤllte eine, seit langer Zeit bestandene, Luͤke aus; sie scheint sich
aber leider nur mit Muͤhe halten zu koͤnnen, weil die englischen
Nadeln sehr leicht in großer Menge einzuschwaͤrzen sind, und weil die
franzoͤsische Fabrik die Concurrenz der englischen noch nicht zu ertragen
vermag.
Vergleichen wir unsere jaͤhrliche Production an Eisen mit jener Englands, so
finden wir, daß England genau drei Mal so viel erzeugt, als Frankreich, daß aber die
Menge Gußeisens, welche in England zu Gußarbeiten verwendet wird,
verhaͤltnißmaͤßig weit groͤßer ist, als die Menge, die man in
Frankreich darauf verwendet: sie betraͤgt naͤmlich in England 2/5 der
ganzen Erzeugniß, waͤhrend sie sich in Frankreich nur auf 1/6
belaͤuft. Dieß ruͤhrt von der vortrefflichen Guͤte des
Kohks-Gußeisens zu Gußarbeiten, und von dem bedeutenden Absaze des rohen
englischen Gußeisens ins Ausland her.
Frankreich und England zusammengenommen erzeugen 4/5 der Production von ganz
Europa!
Die Menge Schmiedeisens, die in England erzeugt wird, betraͤgt nicht
uͤber 250,000 Tonnen, mithin kaum das Doppelte des unserigen. Ein Theil davon
wird ausgefuͤhrt. Zur Fabrikation des Stahles werden jaͤhrlich 15,000
Tonnen schwedisches und russisches Eisen nach England eingefuͤhrt. Die Menge
Stabeisen, welche Frankreich und England zusammengenommen erzeugen, macht
ungefaͤhr 2/3 der Production von ganz Europa.
Die Vorzuͤge der englischen Methoden vor den unserigen, an Orten, an welchen
die Steinkohlen nicht zu theuer sind, erhellen aus folgenden Daten.
Ein, mit Holzkohlen betriebener, Hochofen erzeugt unter den guͤnstigsten
Umstaͤnden, und wenn er mit der groͤßten Sorgfalt geleitet wird,
woͤchentlich nicht uͤber 20–25 Tonnen. Wir sahen hingegen einen
einzigen, mit Kohks betriebenen Hochofen in England in einer Woche 110 bis 120
Tonnen, mithin das Fuͤnf- bis Sechsfache liefern! Die 600,000 Tonnen
englischen Gußeisens werden von 374 Hochoͤfen erzeugt, waͤhrend die
400 franzoͤsischen jaͤhrlich nur 200,000 Tonnen liefern!
Hr. Crawshay im Galischen
besizt 13 jener ungeheueren Hochoͤfen und erzeugt allein den vierten Theil
von dem, was ganz Frankreich erzeugt. Sein Nachbar, Hr. Gueß, besizt deren 11 und ein aͤußerst
großes Hammerwerk. Ein englischer Ofen, wie er zur Verwandlung des Gußeisens in
Schmiedeisen dient, liefert in 12 Stunden eine Tonne; ein kleiner
franzoͤsischer Heerd liefert kaum den vierten Theil hiervon. Ein Hammerwerk
wie jenes zu Fourchambault und Hayange liefert dem Handel jaͤhrlich 5000
Tonnen Eisen; 30 aͤhnliche wuͤrden hinreichen, um den Bedarf von ganz
Frankreich zu deken.
Die franzoͤsischen Huͤttenmeister richteten ihr Augenmerk in den lezten
Jahren vorzuͤglich auf die Naturalisation der englischen Methoden in unserem
Lande, und auf die Vortheile, welche eine Verbindung der Fabrikation mittelst
Holzkohlen mit jener mittelst Steinkohlen haben muͤßte. Sie bemuͤhten
sich besonders eine Ersparniß an Brennmaterial zu bewirken, da dessen Kosten einen
großen Theil ihrer Ausgaben bilden.
Noch vor wenigen Jahren waren unsere Hochoͤfen, die mit Holzkohlen bearbeitet
wurden, dem Schlendrian der Arbeiter uͤberlassen, und daher sehr weit
zuruͤk. Mehr als alle Vorschriften und Rathschlaͤge der
Sachverstaͤndigen nuͤzte auch hier die Concurrenz, die die Leute
fortzuschreiten zwang. Die Fortschritte, welche durch sie bewirkt wurden, erhellen
aus folgenden Daten: im J. 1801 erzeugten 450 Hochoͤfen mit Holzkohlen, von
denen wenigstens 420 in Thaͤtigkeit waren, 112,000 Tonnen Gußeisen,
waͤhrend im J. 1828 379 Hochoͤfen schon 184,000 Tonnen gaben.
Leider muͤssen wir aber gestehen, daß diese Fortschritte nicht an allen
unseren Huͤttenwerken sichtbar sind. An mehreren derselben findet man noch
erbaͤrmliche Wasserraͤder und noch schlechtere Geblaͤse.
Was die Kohksoͤfen betrifft, so kostete es große Muͤhe dieselben bei
uns gehoͤrig in Gang zu bringen. Da unsere rohen Materialien nicht den
englischen gleich sind, so waren Anfangs viele kostspielige Versuche noͤthig,
um sich derselben bedienen zu lernen. Jezt erst fangen dieselben daher an
genuͤgende Resultate zu geben.
Man hat in den Hochoͤfen Kohlen von allen Arten Brennmaterialien, und diese
lezteren sowohl fuͤr sich allein, als in Verbindung mit einander versucht;
wir wollen hier jedoch bloß von dem Anthracite sprechen. Der Anthracit brennt sehr
schwer an; allein, wenn er ein Mal entzuͤndet ist, so gibt er auch eine
solche Hize, daß man sich zur Erbauung der Hochoͤfen nur mit Schwierigkeit
Materialien verschaffen kann, die nicht geschmolzen werden. Es ergab sich aus
vielfachen Versuchen, daß man mit Anthracit allein nur bei der aͤußersten
Sorgfalt Gußeisen erzeugen koͤnne; daß der Ofen nur dann in
regelmaͤßigen Gang zu bringen ist, wenn man 3 Theile Kohks mit 7 Theilen
Anthracit mischt, und endlich, daß es in dem Maße, als der Anthracit langsam brennt,
vortheilhafter ist, die beiden Brennmaterialien in gleicher Menge anzuwenden. Das
mit diesen verschiedenen Verhaͤltnissen von Anthracit erhaltene Gußeisen war
immer von ganz vortrefflicher Beschaffenheit, was um so mehr zu wundern, als der
rohe Anthracit, so wie er aus dem Bruche kommt und angewendet wird, immer eine
betraͤchtliche Menge Schwefel enthaͤlt. – Der Anthracit findet
sich nur sehr selten in der Naͤhe von Steinkohlen; allein in der Naͤhe
fetter Steinkohlen finden sich sehr haͤufig trokene Steinkohlen, die in ihren
Eigenschaften dem Anthracite sehr aͤhnlich sind, und denselben vielleicht
ersezen koͤnnten.
Wir wollen nun nur noch einige Betrachtungen uͤber die Zukunft unserer
Eisenwerke beifuͤgen. Man wuͤrde sich sehr irren, wenn man aus der
Zunahme der Production auf die Wohlfahrt unserer Huͤttenwerke schließen
wollte. Wenn man dieselben naͤmlich in der Nahe und beim Lichte betrachtet,
so wird man finden, daß diese ungeheure Entwiklung von Fabrikationsmitteln bei
Weitem nicht fuͤr alle eine Quelle des Reichthumes war, sondern, daß sich viele derselben in einem
wahrhaft nothleidenden Zustande befinden. Es wurden ungeheuere Capitalien in
dieselben gestekt; sie wurden nach der Reihe von gewandten Theoretikern,
geuͤbten Praktikern, Franzosen, Englaͤndern und Deutschen dirigirt;
die Mauthauflagen wurden zu ihrem Schuze erhoͤht; und doch sind sie im
Allgemeinen nichts weniger als bluͤhend! Woher kommt dieß? – Von sehr
verschiedenen Ursachen. Einige dieser Anstalten sind zu weit von den rohen
Materialien entfernt; andere muͤssen sich schlechter Erze oder Steinkohlen
bedienen; alle wurden bei ihrem Entstehen durch Versuche oder Arbeitslohn in
ungeheuere Kosten hineingezogen; an einigen fehlte es vielleicht den Direktoren an
Geschiklichkeit; und alle litten so wie alle uͤbrigen Industriezweige durch
die lezten Ereignisse. Diese sind aber jezt voruͤber; der Arbeitslohn hat
sich bedeutend vermindert, die Versuche sind beendigt, die Actionnaͤre dieser
Unternehmungen haben darauf verzichtet, die ganze Summe der Interessen der
aufgewendeten Capitalien in Rechnung zu bringen; und doch liegen diese
Unternehmungen noch immer darnieder! Die drei Grundursachen, welche hieran Schuld
sind, und welche der Eisenfabrikation eben so sehr wie jedem anderen Zweige der
Industrie schaden, sind: die Geld- und
Papierwucherei (Agiotage), die schlechte Verwaltung, und der Mangel an guten
Communicationswegen.
Zuerst von der Agiotage. Wie kann aus einer Unternehmung
etwas werden, wenn man die Actien bloß nimmt, um auf die Differenz zu speculiren?
Daher kommen alle die Uebertreibungen bei neuen Unternehmungen; daher diese
truͤgerischen Berichte, die dem Publicum imponiren sollen, dieses Versprechen
großer Interessen und großen Gewinnes, der bloß mit den Capitalien bezahlt wird;
daher die so verdruͤßlichen Aenderungen in dem Personale der Compagnieen, und
daher endlich die Zerstoͤrung des Vertrauens in alle kuͤnftigen
Unternehmungen.
Die schlechte Verwaltung. Wer die Geheimnisse aller
dieser kleinen industriellen Republiken kennt; wer gesehen hat, wie der Director oft
in bestaͤndigem Kriege mit dem Verwaltungsrathe steht; wer gesehen hat, daß
der, welcher den Handel treibt, oft uͤber die Fragen der Kunst, und umgekehrt
der Ingenieur oft uͤber die Handelsfragen entscheidet; daß der Verwalter oft
theuer dafuͤr besoldet wird, daß er des Jahres ein Mal mit der Post von Paris
in das Huͤttenwerk faͤhrt; daß Sinecuren an die Actionnaͤre
verschwendet sind; daß die Verantwortlichkeit da getheilt ist, wo die Einheit die
erste Bedingung zum Erfolge ist; wer gesehen hat, wie die Kraͤfte da unter
einander verworren sind, wo eine genaue Vertheilung derselben noͤthig ist,
der wird sich nicht mehr wundern, daß sich unsere Huͤttenwerke in einem so
wenig bluͤhenden Zustande befinden, sondern er wird vielmehr daruͤber
staunen, daß sie noch nicht ganz in Verfall gerathen sind.
Der Mangel an gehoͤrigen Communicationswegen endlich ist nirgends
fuͤhlbarer, als bei der Eisenfabrikation. Mehrere unserer
Huͤttenwerke, die bisher von den beiden erwaͤhnten Geißeln noch am
wenigsten gelitten und sich gut erhalten haben, werden zu Grunde gehen, wenn man
diesem Fehler nicht bald abhilft Um zu zeigen, wie hoͤchst nachtheilig dieser
Mangel ist wollen wir nur bemerken, daß zu Fourchambault, St. Etienne, Hayange und
an anderen Orten, wo Gußeisen mit Kohks erzeugt wird, die Transportkosten allein den
dritten Theil, wo nicht die Haͤlfte der Gesammtkosten der Fabrikation
betragen, so daß auf der Tonne Gußeisen an Transportkosten allein schon 60, 70 bis
80 Franken lasten.
Nehmen wir an, daß diese Kosten auf einer Eisenbahn den dritten, und auf einem Canale
den vierten TheilDie Transportkosten auf einer gewoͤhnlichen Straße kann man, ohne die
Interessen des Capitales und die Kosten der Unterhaltung in Anschlag zu
bringen, im Durchschnitte zu 1 Fr. 50 Cent, fuͤr 100 Kilogr., die
eine Meile (beilaͤufig 4 Kilometer) weit verfuͤhrt werden,
annehmen. Auf einer Eisenbahn werden dieselben hingegen hoͤchstens 50
Centimen betragen, und zwar mit Inbegriff der Interessen des Capitales, der
Reparaturen und des Gewinnes des Unternehmers. Bei einem Canale werden diese
Kosten 30–40 Centimen betragen. A. d. O. hiervon betragen, was gewiß nicht uͤbertrieben ist, so wuͤrde
durch Herstellung eines dieser Communicationswege wenigstens 2/5 oder 1/4 der ganzen
Kosten gewonnen werden. Betruͤge aber die Ersparniß, da die Communication
bereits gegenwaͤrtig hier und da auf Fluͤssen und Canaͤlen
Statt hat, auch nur 1/5 oder 1/6, so wuͤrde selbst diese schon fuͤr
unsere Industrie und den Akerbau, welche beide dieses Metalles so sehr
beduͤrfen, von unendlichem Nuzen seyn. Dieß gilt uͤbrigens Alles bloß
von dem Transporte der rohen Materialien, und nicht von jenem der Fabrikate, die bis
zu ihren Absazorten oft weit verfahren werden muͤssen. Welchen Vortheil
muͤßte es bringen, wenn diese neuen Kosten um 3/5 oder beinahe um die
Haͤlfte vermindert werden koͤnnten!
Das Stabeisen wuͤrde bei der Verminderung des Preises des Gußeisens und des
Brennmateriales gleichfalls sehr gewinnen.In Chatillon, wo man Gußeisen, welches mit Holzkohlen erzeugt worden, mit
Steinkohlen fein macht, kommt die Tonne Steinkohlen von
Rive-de-Gier, die man wegen ihrer Guͤte anwendet, auf
56 Franken, waͤhrend sie an Ort und Stelle um 20 Fr. verkauft wird. Zu
Hayange kostet die Steinkohle, welche zu Saarbruͤck um 5 Fr. verkauft
wird, 30 Fr. Zu Fourchambault kommt die Kohle von St. Etienne, die am
Bergwerke 5 Fr. kostet, auf 30 Fr. Zu Audincourt bedient man sich der
Steinkohle von Ronchamps, welche, ungeachtet ihrer geringen Guͤte, an
Ort und Stelle um 25 und an dem Huͤttenwerke um 38 Fr. 50 C. verkauft
wird. A. d. O. Man darf nur die Preiscourante Frankreichs und Englands mit einander
vergleichen, um einzusehen, daß man dann die Zoͤlle auf das Eisen ganz
aufheben koͤnnte.
Wir haben eine ungeheuere Menge vortrefflicher Eisenerze, von denen die meisten
wenigstens eben so reich sind als die englischen; wir besizen Steinkohlen im
Ueberflusse, unter denen viele ganz vorzuͤgliche Kohks fuͤr unsere
Hochoͤfen geben, und welche uns, ausgenommen an wenigen Orten, an Ort und
Stelle sehr niedrig zu stehen kommen. Das Schmelzmittel und die
feuerbestaͤndigen Erden sind an Ort und Stelle gleichfalls sehr wohlfeil; der
Arbeitslohn endlich ist in Frankreich niedriger als in England. Allein nirgendwo
findet man, so viel mir bekannt ist, bei uns alle diese rohen Elemente in so einem
kleinen Raume vereinigt, wie sie im Galischen vorhanden sind; und trifft man
dieselben auch, wie z.B. zu Allais und Aubin nahe beisammen, so fehlt es an
Canaͤlen und Eisenbahnen, und selbst an guten Fahrstraßen, auf denen
dieselben wohlfeil fortgeschafft werden koͤnnten.
Verbannen wir also die Agiotage, vereinfachen wir unsere Verwaltungen, und sorgen wir
fuͤr bessere Straßen, fuͤr Canaͤle und Eisenbahnen; dann werden
wir von der Industrie Englands nichts mehr zu fuͤrchten haben; dann werden
wir stark genug seyn, um unsere Zoͤlle aufheben, und den Kampf mit gleichen
Waffen annehmen zu koͤnnen.Wir sprechen hier bloß von der mehr oder weniger nahen oder entfernten
Zukunft unserer Eisenfabrikation, und wollen uns keineswegs in eine
Eroͤrterung der wichtigen Frage uͤber Beibehaltung oder
Verminderung der Zoͤlle einlassen. Wollten wir in dieselbe eingehen,
so muͤßten wir, um einen Schluß wagen zu duͤrfen, vorher eine
lange Reihe unumstoͤßlicher Zahlen-Beweise geben. Man kann
hierin nicht behutsam genug seyn, wenn man nicht durch voreilige
Schluͤsse oder durch falsche Angaben den Ruin einer großen Zahl der
wichtigsten Staatsbuͤrger herbeifuͤhren will. A. d. O. Bei uns
ist man nicht so behutsam; da schuͤttelt man Mauthsysteme,
Mauthvertraͤge eben so gut wie Schulplane nach Belieben aus den
Aermeln, gerade als ob es sich um Modeartikel handelte, die schnell wechseln
muͤssen. A. d. Ueb. Die mit Steinkohlen betriebenen Huͤttenwerke werden an Zahl und
Ausdehnung zunehmen, ohne daß, wie man behauptete, die mit Holzkohlen arbeitenden
Werke saͤmmtlich zu Grunde gehen muͤßten. Im Gegentheile werden diese
lezteren deßwegen mit Vortheil fortbestehen, weil die Waldeigenthuͤmer,
theils durch einen Forst-Codex gehindert die Waldungen zu zerstoͤren,
theils uͤberzeugt, daß sie durch die Urbarmachung eines meistens
unfruchtbaren Bodens nichts gewinnen, die Holzkohlen um einen geringeren Preis
liefern werden, und weil dieselben immer ein Eisen erzeugen, welches fuͤr
gewisse Zweke durch das mit Steinkohlen erzeugte Eisen nicht ersezt werden kann. Nur jene Werke,
welche am wenigsten vortheilhaft gelegen sind, werden und muͤssen zu Grunde
gehen. Unsere Production, der es gewiß nicht an Absazwegen fehlen wird, wird sich
hierbei verdoppeln und vielleicht verdreifachen. Die Benuzung des Eisens wird zum
Wohle des ganzen Landes um so allgemeiner werden, je niedriger dessen Preis seyn
wird; fuͤr unsere Baukunst wird eine neue, auf die Anwendung des Eisens beim
Baue unserer Haͤuser begruͤndete, Epoche eintreten; die Eisenbahnen
werden sich vermehren, und einen Einfluß auf Handel und Gewerbe ausuͤben, der
sich noch gar nicht berechnen laͤßt, und wir werden den Englaͤndern
auf entfernten Markten den Gewinn streitig machen, mit dem dieselben heut zu Tage
Monopol treiben.Die Werke, die man uͤber diesen Gegenstand zu Rath ziehen kann, sind:
1) Ministère du commerce et des manufactures.
Enquête sur les fers. Petit in 4º de 204 et 116 p. avec
des Tabl. Paris 1828.2) De l'enquête sur les fers et des conditions
du bon marché per manent des fers en France: par J. J. Baude. In 8º 89 p. 1829.3) Examen de l'énquête à
commerciale sur les fers: ou application des principes generaux à
la taxe sur les fers étrangers: par M. Anisson. In 8º de 4 1/2 f. Paris
1829. Idem 2e edit., avec
l'examen de l'enquête sur les sucres. 8º de 127 p. Paris
1829.4) Résultats de l'enquête sur les
fers. (Bullet. industriel de St.
Etienne 1829.)5) Exposée des droits déntrée sur
les fontes douces anglaises et les machines complètes venant de
l'étranger, adressé an Comité d'enquête
commerciale: par un Professeur de Paris. In 8º d' 1 3/4 f. Paris
1828. A. d. O