Titel: Ueber einen neuen Anemometer oder Windmesser. Von Hrn. Hugh Hamell.
Fundstelle: Band 44, Jahrgang 1832, Nr. XXXII., S. 163
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XXXII. Ueber einen neuen Anemometer oder Windmesser. Von Hrn. Hugh Hamell. Aus dem Philosophical Magazine and Annals of Philosophy. Februar 1832, S. 100. Hamell, uͤber einen Anemometer oder Windmesser. Hr. Stevenson sagt in seinem Werke uͤber die Errichtung des Bell Rock Leuchtthurmes: „Es ist sehr zu bedauern, daß wir noch immer keinen tauglichen und allen Anforderungen entsprechenden Anemometer, d.h. ein Instrument, mit welchem sich die Staͤrke des Windes messen laͤßt, besizen; der Mangel eines solchen Instrumentes ist leider nur zu fuͤhlbar.“ Ich wuͤßte nicht, daß seither diesem Beduͤrfnisse abgeholfen worden waͤre; und beruͤksichtigt man, welche ausgezeichnete Maͤnner sich bereits damit beschaͤftigten, ein derlei leicht anwendbares, genaues und empfindliches Instrument ausfindig zu machen, so muß man mit Recht schließen, daß der Ausfuͤhrung eines solchen bedeutende Hindernisse im Wege liegen. Obwohl ich nun nichts weniger, als der Meinung bin, daß ich alle diese Hindernisse und Schwierigkeiten uͤberwunden habe, so glaube ich denn doch, daß das Instrument, welches ich hier beschreiben will, vor allen bisher bekannt gemachten Anemometern bedeutende Vorzuͤge hat. Bevor ich zur Beschreibung meines Instrumentes uͤbergehe, will ich nur noch bemerken, daß alle Anemometer, die mir bekannt geworden, entweder auf der Abweichung eines Pendelgewichtes oder eines fallenden Koͤrpers von der senkrechten Linie, oder auf dem Unterschiede der Hoͤhe zweier Saͤulen einer Fluͤssigkeit in einem umgekehrten Heber beruhen. Zu den Instrumenten der lezten Art gehoͤrt das Differential-Barometer des unsterblichen Wollaston, der alle anderen Instrumente dieser Art an Genauigkeit uͤbertrifft, und gegen das sich nichts einwenden laͤßt, als daß er in vielen Faͤllen nicht leicht in Anwendung gebracht werden kann. Mein Instrument beruht auf der Abweichung eines Pendelgewichtes. Man denke sich zwei Stuͤke, welche ich die Staͤbe nennen will, und die den beiden Linealen eines Parallellineales aͤhnlich, und auch auf eine aͤhnliche Weise durch zwei Gelenke mit einander verbunden sind. Diese Gelenke verfertige man so, daß sie beinahe ohne alle Reibung spielen. Werden nun diese beiden Staͤbe in Beruͤhrung mit einander so gestellt, daß die Flaͤche der Gelenke gegen den Horizont senkrecht ist, so wird das Gewicht des unteren Stabes denselben offenbar veranlassen, sich von dem oberen Stabe zu entfernen, so daß die Gelenke senkrecht gegen den Horizont zu stehen kommen. An dem einen Ende des unteren Stabes, und zwar an jenem, welches dem Winde ausgesezt wird, befestige man senkrecht mit dem Stabe eine Flaͤche von einer bestimmten gegebenen Groͤße. Wenn das Instrument gebraucht werden soll, so stelle man diese Flaͤche senkrecht gegen den Wind, und befestige den oberen Stab in seiner Stellung; dann bringe man die beiden Staͤbe in die groͤßte Entfernung von einander, so daß folglich die Gelenke mit den Staͤben rechte Winkel bilden und senkrecht gegen den Horizont stehen. Der Wind wirkt als eine Kraft auf die Flaͤche, und zwingt dieselbe zuruͤkzuweichen; sie muß jedoch waͤhrend dieses Zuruͤkweichens wegen der beiden Verbindungsstuͤke und wegen der beiden parallelen Staͤbe den Parallelismus mit ihrer ersten Stellung behalten. Die Gelenkstuͤke drehen sich dabei um ihre Mittelpunkte bis sie einen solchen Winkel gegen die senkrechte Stellung erreicht haben, daß dadurch das Gleichgewicht zwischen dem Druke des Windes auf die Flaͤche und dem Gewichte des unteren Stabes mit seinen Anhaͤngseln, der nun von den Gelenkstuͤken in schiefer Richtung gehalten wird, hergestellt ist. Der Winkel, um welchen die Gelenkstuͤke von der senkrechten Linie abweichen, muß an einem Kreisbogen, welcher an dem festgestellten Stabe angebracht ist, gemessen werden. Da der untere Stab, die Flaͤche und die Gelenkstuͤke saͤmmtlich so leicht gemacht werden muͤssen, als es sich mit der gehoͤrigen Staͤrke derselben vertraͤgt, und da ferner deren gemeinschaftlicher Schwerpunkt durch ein Gegengewicht vielleicht in die Linie gebracht werden kann, welche die oberen Mittelpunkte der Gelenkstuͤke mit einander verbindet, so ergibt sich, daß das leiseste Luͤftchen die beiden Staͤbe ganz oder zum Theil zusammenbringen wird. Man muß daher mehrere Gewichte haben, und von diesen nach der Staͤrke des Windes eines oder mehrere an den unteren Stab haͤngen, so daß dadurch das Gleichgewicht mit den Gelenkstuͤken bei einem Winkel, den sie mit ihrer senkrechten Stellung machen, und der nicht uͤber 45° betraͤgt, hergestellt wird. Da nun das Gewicht, die Groͤße der Flaͤche und auch der Winkel, durch den die Gelenkstuͤke gegangen, bekannt sind, so ist es leicht aus diesen Daten die Kraft, die auf die Flaͤche eingewirkt hat, und aus dieser mittelst der Tabellen, die das Verhaͤltniß zwischen der Schnelligkeit und der Kraft angeben, die Schnelligkeit des Windes zu berechnen. Ich hoffe, daß meine Idee auch ohne beigefuͤgte Zeichnung fuͤr Jedermann hinlaͤnglich deutlich seyn wird. Ich will mein Instrument nicht mit den uͤbrigen Anemometern vergleichen, sondern nur bemerken, daß eine aufgehaͤngte Kugel, da sie dem Winde immer eine gleiche und aͤhnliche Flaͤche darbietet, ein sehr einfaches Anemometer bildet, welches, wenn man ihm so, wie ich es that, ein Gegengewicht gibt, bis zu jedem Grade empfindlich gemacht werden kann. Allein ich glaube, daß ein solches Anemometer mehreren Einwuͤrfen ausgesezt ist, die bei meinem Instrumente wegfallen.