Titel: Ueber die Anwendung der zerriebenen oder gepülverten Knochen als Dünger. Von Hrn. J. Girardin, Professor der Chemie zu Rouen.
Fundstelle: Band 44, Jahrgang 1832, Nr. LXVII., S. 291
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LXVII. Ueber die Anwendung der zerriebenen oder gepuͤlverten Knochen als Duͤnger. Von Hrn. J. Girardin, Professor der Chemie zu Rouen. Aus dem Recueil industriel. Januar 1832, S. 58. Girardin, uͤber Knochenpulver als Duͤnger. Das Knochenmehl oder die zermalmten Knochen werden bereits seit vielen Jahren in einem großen Theil von Deutschland, in ganz England, in der Auvergne und an anderen Orten als Duͤnger benuzt, und zwar mit so gutem Erfolge, daß die Oekonomen denselben eine große befruchtende Kraft zuschreiben. In anderen Laͤndern hingegen ist man allgemein entgegengesezter Ansicht, einer Ansicht, welcher selbst ausgezeichnete Landwirthe, wie z.B. Hr. M. de Dombasle und Hr. Wrede, ein hessischer Guͤterbesizer, beipflichten. Lezterer behauptet sogar, er habe bereits 40–50,000 Pfund Knochenmehl ohne allen Erfolg angewendet, und schließt hieraus, daß die duͤngende Kraft der Knochen offenbar uͤbertrieben worden sey. Bei so sehr widersprechenden Daten und Behauptungen ist es wohl sehr schwer, ein sicheres Unheil zu faͤllen. Bedenkt man aber, daß die englischen Paͤchter bei den vielen Schwierigkeiten, mit denen sie zu kaͤmpfen haben, gewiß zu aufgeklart uͤber ihren wahren Vortheil sind, als daß sie blind ein Verfahren annaͤhmen, welches nicht durch die Erfahrung bewaͤhrt ist; beruͤksichtigt man, daß England aus Daͤnemark allein jaͤhrlich um 150 bis 200,000 Reichsthaler Knochen einfuͤhrt, und uͤberdieß auch noch aus Norddeutschland jaͤhrlich eine bedeutende Zufuhr erhaͤlt, so muß man wohl natuͤrlich und nothwendig zu dem Schlusse gelangen, daß die Verschiedenheit der Ansichten uͤber die Guͤte oder Untauglichkeit der Knochen als Duͤnger entweder davon herruͤhrt, daß bei den Versuchen auf verschiedene Weise zu Werke gegangen wurde, oder davon, daß die Wirkung der Knochen auf verschiedenem Boden gleichfalls verschieden ist. Diese leztere Erklaͤrung scheint uns um so passender und entsprechender, als die Theorie die Praxis der englischen, deutschen, flammaͤndischen und auvergnet'schen Oekonomen unterstuͤzt. Wie ließe sich uͤbrigens auch nur vermuthen, daß eine Substanz, die 40 Procent organische Bestandtheile enthaͤlt, ganz unwirksam seyn koͤnnte, wenn sie unter Umstaͤnde versezt wird, die ihre Zersezung beguͤnstigen? Man koͤnnte zwar einwenden, daß die große Cohaͤsion und Harte der Knochen, in Folge welcher sie sich nicht ein Mal in siedendem Wasser erweichen, ein großes Hinderniß gegen deren Faͤulniß darbietet, und daß folglich die Vertheilung ihrer wirksamen Bestandtheile in dem Boden sehr schwierig ist. Dieser Einwurf wird jedoch, so sehr er auch Anfangs von Wichtigkeit zu seyn scheint, sein ganzes Gewicht in den Augen aller jener verlieren, die ein Mal darauf Acht gegeben haben, was in den auf den Feldern ausgestreuten, und dem immerwaͤhrenden Einflusse der Luft, der Feuchtigkeit und der Hize ausgesezt gewesenen Knochen vorgegangen. Diese Knochen werden naͤmlich, wie bekannt, durch das Ausschwizen des Fettes, welches sie enthalten, nach einiger Zeit gelb, bleichen dann durch den Verlust dieses Fettes ab, und bestehen zulezt nur mehr aus einem erdigen, zerreiblichen Knochenskelette, welches jenem, das bei der Calcinirung in freier Luft zuruͤkbleibt, vollkommen aͤhnlich ist. Alle animalische Materie ist dann verschwunden; es geschah dieß zwar nur langsam, allein zulezt traten die Wirkungen der organischen und faulen Zersezung doch ein. Uebrigens hat die Erfahrung gezeigt, daß andere Substanzen, welche eben so dicht und eben so wenig zur Faͤulniß geneigt sind, als die Knochen, wie z.B. die Hoͤrner, Klauen und Haare, vortreffliche Duͤngmittel sind, und ohne ein Zeichen der Waͤhrung von sich zu geben, in dem Maße, als sie aufloͤslich werden, nach und nach eine große Menge Nahrungsstoff an die Pflanzen abgeben. Die Theorie unterstuͤzt mithin die Resultate, welche die Englaͤnder und Deutschen erhielten. Wir wollen nun die Principien untersuchen, auf welche sich diese Resultate fußen. Aus dem Berichte, welchen die Akerbau-Gesellschaft zu Doncaster im J. 1828 uͤber die Anwendung der Knochen als Duͤnger erstattete, um alle Zweifel uͤber diesen Gegenstand zu beseitigen, geht hervor, daß der Oberste St. Léger der erste war, welcher im J. 1775 zu Warmsworth in Yorkshire die Knochen als Duͤnger anzuwenden versuchte. Der Erfolg dieses Versuches war nur ein sehr langsamer, weil man sich damit begnuͤgte, die grob zerkleinerten Knochen auf das Land zu streuen, und weil selbst dieß in zu großer Menge geschah. Erst seit 15–16 Jahren, seit man die Knochen mahlt oder in Pulver verwandelt, hat man die guten Wirkungen derselben erkannt. Als Knochenmehl taugen sie ganz vorzuͤglich fuͤr trokene und sandige Gruͤnde, fuͤr Kalk- und Kreide-Boden, so wie auch fuͤr leichte und torfhaltige Gruͤnde; unwirksam oder weniger wirksam zeigen sie sich hingegen auf thonigem, nassem und schwerem Boden. Auch fuͤr natuͤrliche und kuͤnstliche Wiesen, fuͤr das Akerland, welches man fuͤr Ruͤben und Erdaͤpfel bestimmt, taugt das Knochenmehl sehr gut als Duͤnger. Man kann alle Arten von Knochen ohne Unterschied anwenden; in Deutschland zieht man jedoch die Knochen des Rindviehes, der Schweine und der Kaͤlber vor, weil diese eine groͤßere Menge animalische Substanz enthalten, als die uͤbrigen Knochenarten. Fuͤr Akerland ist es besser, wenn man die Knochen bloß in Stuͤke von 4 Zoll im Durchmesser zermalmt; fuͤr Wiesen hingegen verdient das Knochenmehl den Vorzug. Die Knochen werden im Fluge mit der Hand und vor den Samen ausgestreut; nur bei den Zwischenbauten wird der Samen und der Duͤnger zugleich mit einander ausgeworfen. Man rechnet gewoͤhnlich 25 Scheffel Knochenpulver oder 40 Scheffel Knochenstuͤke auf den Aker Landes; dieses Verhaͤltniß muß aber oͤfter nach der Natur des Bodens abgeaͤndert werden. Die Knochen lassen sich, wenn sie vorher 2–3 Monate lang der Luft ausgesezt worden, leicht puͤlvern. Gut ist es, wenn man sie vor dem Mahlen in Haufen gaͤhren laͤßt, indem ihre Zersezung in der Erde dann rascher vor sich geht. Sie behalten ihre duͤngende oder befruchtende Kraft sehr lange Zeit uͤber; auf Akerland durch 4 Jahre, auf Wiesen aber noch laͤnger. Sie behalten ihre. Kraft ferner in trokenem Boden und bei trokener Jahreszeit, wo der gewoͤhnliche Duͤnger einen großen Theil seiner Wirksamkeit verliert, bei. Man kann das Knochenmehl auch mit anderen Duͤngerarten mischen; in diesem Falle ist es gut, diese Gemenge in Gruben mit ausgemauertem Boden der Luft auszusezen. Es waͤre sehr zu wuͤnschen, daß jedes Landgut oder jeder Hof zwei solche Gruben besaͤße, welche man abwechselnd mit Abfaͤllen aller Art fuͤllen, und in welche man das Spuͤlwasser schuͤtten und den Urin der Stallungen leiten koͤnnte, der meistens entweder ganz unbenuzt verloren geht, oder in und außer den Stallungen Kloaken bildet, welche die Luft verpesten, und Ungeziefer aller Art in die Staͤlle loken. Die Landwirthe koͤnnten dann in einem Jahre aus dieser, im anderen aus der anderen Grube herrlichen Duͤnger nehmen, der in diesen Gruben ohne alle Kosten die beste Zubereitung erhalten haben wuͤrde. Die Maschinen, deren man sich zum Mahlen der Knochen bedient, bestehen entweder aus senkrechten harten Muͤhlsteinen von 4–6000 Pfund Schwere, die sich in einem horizontalen kreisfoͤrmigen Troge drehen, oder aus einer Art von Walzwerk, dessen Walzen aus hartem Gußeisen bestehen, und mit Zaͤhnen besezt sind, welche, indem sie sich nach entgegengesezten Richtungen drehen, die Knochen sehr schnell zermalmen. Nach Hrn. Molard ist die Einrichtung dieser Muͤhlen kostspielig, und daher nur fuͤr große Unternehmungen geeignet. In Lincolnshire, Yorkshire, in East und Mid'Lothian, so wie in einigen anderen (Gegenden Schottlands laͤßt man die Knochen durch Pferde oder Ochsen, durch Wasser, Dampfmaschinen und Windmuͤhlen mahlen. In anderen Gegenden Englands bringt man hingegen nur Cylinder an der gewoͤhnlichen Dreschmaschine an, die man daselbst beinahe auf jedem Pachtgute antrifft, waͤhrend sie bei uns zu Lande noch ganz selten ist. Hr. Anderson errichtete zu Dundee eine Knochenmuͤhle, welche durch eine Dampfmaschine von 12 Pferdekraͤften getrieben wird, und welche dessen ungeachtet, und bei bestaͤndiger Arbeit, nicht im Stande ist, den Bedarf der zunaͤchst gelegenen Districte zu liefern. Die Maschine des Hrn. Anderson ist so vorzuͤglich und vereinigt so viele Vortheile in sich, daß ihr Erfinder von der Highland-Society einen Preis zuerkannt erhielt. Hr. Molard erstattete der Société d'Encouragement im J. 1826 einen Bericht uͤber eine Maschine, die man zu Thiers (Puy-de-Dôme) anwendet, um die Knochen mittelst des Raspelns zu mahlen. An dieser Maschine ist ein großer, hohler, staͤhlerner Cylinder, der die Form einer Zwinge und 1 Fuß im Durchmesser und ebensoviel in der Breite hat, und welcher an seiner aͤußeren Oberflaͤche wie eine Raspel rauh gemacht ist, concentrisch an dem Ende einer Welle befestigt, mit der er sich umdreht. Unterhalb dieser Raspel befindet sich ein starkes Stuͤk Holz mit einem vierekigen Loche, welches fuͤr die Knochen, die man mahlen will, als Trichter dient, und welches man mittelst eines belasteten Hebels nach Belieben zwischen die Raspel-Trommel preßt. So lange die Zaͤhne neu sind, werden die in dem Trichter enthaltenen Knochen, d.h. beilaͤufig ein halber Kubikfuß, in 2–3 Minuten gemahlen. Die Maschine ist wohlfeil und leicht zu verfertigen; sie gibt ein ziemlich grobes Pulver, welches sich fett anfuͤhlt, kaͤseartig riecht, und beim Vermengen mit Kalk Ammonium entwikelt. Dieses Pulver enthaͤlt nach dem Troknen in 100 Theilen 43,86 Theile verbrennliche animalische Substanz und 56,14 erdige Theile. Die Einwohner von Thiers bedienen sich der Knochen schon seit undenklichen Zeiten als Duͤngmittel, und verwenden hiezu besonders auch die Abfaͤlle der Knochen, die sie aus ihren vielen Messers schneiden erhalten. Die Entdekung der Benuzung der Knochen zum Duͤnger gebuͤhrt mithin nicht den Englaͤndern, sondern den Einwohnern der Auvergne. Ein reicher Grundeigenthuͤmer in der Naͤhe von Straßburg errichtete, dem Agriculteur manufacturier zu Folge, eine Knochenmuͤhle und ein Sieb, welches durch Wasser getrieben wird. Das Pulver, welches aus dieser Fabrik kommt, ist sehr sein; denn es wird gesiebt, und enthaͤlt nur wenige Stuͤke, die großer als eine Erbse seyn duͤrften. Der Eigenthuͤmer dieser Muͤhle sezt diesem Pulver ungefaͤhr 10 Procent Salpeter zu, der eine schnellere Gaͤhrung bewirkt, und dem Duͤnger eine groͤßere Wirksamkeit gibt. Er verkauft 100 Kilogrammen dieses Pulvers um 16 Franken. In jenen Districten Englands, in welchen man den Knochenduͤnger eingefuͤhrt hat, hat sich die Ruͤbenernte verzehnfacht; dabei sind die Ruͤben 4–5 Mal groͤßer geworden, und in gleichem Verhaͤltnisse haben auch die auf die Ruͤben folgenden Getreide- oder Samen-Ernten zugenommen. Hieraus laͤßt sich schließen, daß wenn in Frankreich dasselbe geschehen wuͤrde, der Viehstand und mit ihm der Verbrauch an Fleisch sich bedeutend vermehren muͤßte. „Ist ein Duͤnger, der sich so leicht verfahren laͤßt, der sich so vortrefflich fuͤr den Bau in Furchen eignet, und dessen duͤngende Eigenschaften eine so ausgedehnte und beinahe allgemeine Benuzung zulassen, nicht ein wahrer Schaz fuͤr die Oekonomen, besonders fuͤr jene, die von groͤßeren Staͤdten entfernt leben, und die sich nicht leicht auf eine andere Weise die noͤthige Menge Duͤnger verschaffen koͤnnen? Die Anwendung des animalischen Duͤngers bringt eine große Ersparniß an Arbeit mit sich, und zwar gerade zu jener Zeit, zu welcher die Arbeit den hoͤchsten Werth hat. Um diese Ersparniß gehoͤrig wuͤrdigen zu koͤnnen, braucht man nur zu beruͤksichtigen, daß eine Ladung mit 120 Scheffel Knochenmehl 40–50 Ladungen gewoͤhnlichen Duͤngers, von denen jede mit drei Pferden gefahren werden muß, gleichkommt.“ Dieß sind die Worte eines der Oekonomen, der den Aufforderungen der landwirthschaftlichen Gesellschaft zu Doncaster nachkam. Wenn man nun schon in England, wo die Straßen um so Vieles besser, und die Transportmittel um so viel leichter sind, als bei uns, durch die Anwendung des Knochenmehles eine so große Ersparniß an Transportkosten macht, um wie viel groͤßer muͤßte dieser Gewinn erst bei uns seyn! Welche Vortheile koͤnnten unsere Oekonomen daraus ziehen, wenn sie unsere uͤberseeischen Nachbarn in diesem Falle nachahmen, und eine Substanz benuzen mochten, die sie bisher beinahe als unnuͤz betrachteten, und die sie sich um so geringen Preis verschaffen koͤnnen? Warum sammeln die Arbeiter in unseren Staͤdten in ihren muͤßigen Stunden, warum sammeln die Kinder, welche muͤßig gehen und dadurch den Grund zu allen kuͤnftigen Lastern einsaugen, nicht die Knochen, die auf die Straßen geworfen werden, und warum mahlen sie dieselben nicht in einfachen Cylindern zu Duͤngpulver, welches sie an die Lands wirthe und Gaͤrtner verkaufen konnten? Unsere Mechaniker wuͤrden gewiß der Menschheit etwas sehr Nuͤzliches leisten, wenn sie sehr wohlfeile Cylinder erfaͤnden, mit denen man die Knochen mahlen kann. Man wird vielleicht einwenden, daß unsere Fabriken thierischer Kohle und folglich auch unsere Zukerfabriken einen großen Nachtheil erleiden mußten, wenn ein großer Theil der Knochen unserer Fleischereien zu Duͤnger verwendet wuͤrde. Allein es ist gewiß, daß die Menge Knochen, die unsere Fleischereien liefern, mehr als hinreichend ist, um sowohl die Fabriken thierischer Kohle, als die Knochenmehlfabriken zu versehen, und wenn sie sich auch auf dem hoͤchsten Grade von Bluͤthe befanden. Die Fabriken thierischer Kohle werden nicht mehr als den vierten Theil der Knochen, welche Frankreich liefert, brauchen, selbst wenn unsere Zukerfabriken einst den Zukerbedarf von ganz Frankreich erzeugen werden. Das Departement der Seine verbraucht z.B. gegenwaͤrtig jaͤhrlich 48,000,000 Kilogrammen Fleisch, welche beilaͤufig 12,000,000 Kilogrammen Knochen geben. Von diesen Knochen geht die Haͤlfte verloren, denn fuͤr die Fabriken thierischer Kohle und fuͤr die Salmiakfabriken werden jaͤhrlich nur 5,800,000 Kilogrammen in feuchtem Zustande eingesammelt. Hieraus erhellt, daß in einem einzigen Departement 6,200,000 Kilogrammen Knochen unbenuzt bleiben; rechnet man hiezu noch die Knochen der Thiere, welche jaͤhrlich an Krankheiten zu Grunde gehen, so wie die Knochen, die man aus Leichenaͤkern, die nach Jahrhunderten ausgeleert werden, erhalten koͤnnte, so wird man zu einer ungeheuren Summe gelangen, und die Ueberzeugung gewinnen, daß man getrost einen großen Theil der Knochen zu Duͤnger mahlen darf, ohne befuͤrchten zu muͤssen, daß irgend eine andere Fabrik, in welcher die Knochen gleichfalls verwendet werden, irgend einen Schaden leide. Und gesezt auch, unser Viehstand wuͤrde nicht ausreichen, um den Bedarf unseres Akerbaues und der verschiedenen Industriezweige an Knochen zu deken, koͤnnte man dann nicht durch die Einfuhr zu Huͤlfe kommen? Ließe sich nicht auch die ungeheure Menge von Muscheln, die sich an unseren Kuͤsten finden, als Duͤnger benuzen, wie Hr. Masclet vorschlaͤgt? Ist nicht zu hoffen, daß sich unsere Nahrungsweise von Jahr zu Jahr bessern, und daher der Verbrauch an Fleisch, und mit diesem die Menge der Knochen zunehmen wird? Wie lang soll es noch dauern, daß England seinen Einwohnern im Durchschnitte zwei Mal so viel Fleisch liefert, als Frankreich? Ich habe nun nur noch anzugeben, auf welche Weise die Knochen als Duͤnger wirken, und in dieser Hinsicht kann ich nichts Besseres thun, als die Worte des beruͤhmten d'Arcet anfuͤhren, der sich auch mit diesem Gegenstande theoretisch und praktisch beschaͤftigte. Er sagt naͤmlich: „Ich glaube, daß bei der Anwendung der Knochen als Duͤnger, das Fett, welches sie enthalten und welches durch die Waͤrme der Sonne geschmolzen wird, zum Theil von der Erde absorbirt wird; daß dann die chemische Zersezung eintritt; daß ein Theil des Fettes und der Gallerte der Knochen in Ammonium verwandelt wird; daß dieses Ammonium mit dem uͤbrigen Fette und mit der Gallerte eine Seife bildet, wodurch dieses Fett im Regenwasser aufloͤslich wird, und daß diese aufgeloͤste und vom Regenwasser auf dem Boden vertheilte Seife als Duͤnger wirkt. Dieß dauert aus gleichen Gruͤnden so lang fort, als Fett und Gallerte in den Knochen enthalten ist; allein diese Einwirkung erfolgt auch um so langsamer, je haͤrter, diker und aͤlter die Knochen sind. Eben weil die Knochen eine beinahe unmerkliche Zersezung erleiden, und im Durchschnitte doch 40 Procent thierische Materie enthalten, geben sie einen Duͤnger, der so anhaltend und in seinen Wirkungen so sicher und bestaͤndig ist. Auf dieselbe Weise wirken wahrscheinlich noch eine Menge andere Duͤngerarten, wie z.B. das Horn, die Haare, altes Leder und verschiedene thierische Abfaͤlle.“ Ich wuͤnschte, daß diese Betrachtungen etwas zur Einfuͤhrung der Knochen als Duͤnger in Frankreich beitragen moͤchten, und wuͤrde mich gluͤklich schaͤzen, wenn ich im Stande gewesen waͤre dazu mitzuwirken. Zusaz zu Girardin's Aufsaz uͤber das Knochenmehl als Duͤnger. Wir fuͤgen hier, um den von Hrn. Girardin hervorgehobenen Nuzen des Knochenmehles als Duͤnger noch mehr zu bekraͤftigen, und um unsere deutschen Landleute darauf aufmerksam zu machen, welchen Nuzen die Englaͤnder aus den Knochen ihres Rindviehes, und sogar aus ihren eigenen deutschen Knochen zu ziehen wissen, folgenden Zusaz bei, der aus dem Repertory of Patent-Inventions April 1832 entnommen ist. Die Anwendung des Knochenmehles als Duͤnger ist in England noch immer im Zunehmen, und der Nuzen und die vortrefflichen Wirkungen desselben sind so anerkannt, daß es zum Sprichworts geworden ist, daß eine Tonne deutsches Knochenpulver die Einfuhr von 10 Tonnen deutschem Getreide erspart. So wie Malta seine nakten Felsen einst mit fremder herbeigefuͤhrter Erde bedekte, so macht jezt England seine thonigen und sandigen Heiden, so wie seine kalten, nassen und aͤrmsten Gruͤnde mit deutschen Knochen zu fruchtbarem Lande. Die Ausfuhr des Knochenmehles aus Nord-Deutschland hat so zugenommen, daß man in einigen, an der Nordsee gelegenen Orten, um die Nachfrage und Ausfuhr befriedigen zu koͤnnen, bereits alte Kirchhoͤfe aufgegraben, und die ausgegrabenen Knochen auf den Knochenmuͤhlen gemahlen hat! Aus den Versuchen, welche ein gewandter Oekonom vergleichsweise mit dem Knochenmehle und dem besten Stallduͤnger anstellte, ergibt sich, daß sich erstens zu lezterem verhaͤlt: in Hinsicht auf die Guͤte des Getreides, wie 7 zu 5–2; in Hinsicht auf die Menge des Ertrages wie 5 zu 4–3; und in Hinsicht auf die Dauer der Kraft des Bodens wie 3 zu 2. Außerdem hat das Knochenmehl noch folgende Vortheile: 1) vermindert es das Unkraut; 2) macht es die Brache unnoͤthig, oder oͤfter entbehrlich; 3) ist es leichter zu verfahren, leichter auszustreuen, und leichter an schwer zugaͤngliche Orte zu bringen; 4) macht es den Akerbau ohne Viehzucht und Wiesenbau moͤglich. Alles dieß sind Vortheile, die wohl zu beruͤksichtigen sind, und die auch bei uns eine haͤufigere Anwendung des Knochenmehles als Duͤnger begruͤnden sollten. A. d. Ueb.