Titel: Ueber die Knetmaschine und die Baköfen mit beweglichem Boden des Hrn. Selligue, Mechaniker etc. zu Paris, rue des Jeuneurs Nr. 14.
Fundstelle: Band 45, Jahrgang 1832, Nr. XXXVI., S. 113
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XXXVI. Ueber die Knetmaschine und die Bakoͤfen mit beweglichem Boden des Hrn. Selligue, Mechaniker etc. zu Paris, rue des Jeuneurs Nr. 14.Hr. Selligue hat sich bekanntlich sowohl auf seine Knetmaschine, als auf seine Bakoͤfen im Jahre 1829 ein Patent geben lassen. Siehe Polytechn. Journ. Bd. XLII. S. 155. Aus dem Agriculteur-Manufacturier. Septbr. 1831 (Mai 1832), S. 310. Selligue, uͤber die Knetmaschine und die Bakoͤfen etc. Die Knetmaschinen des Hrn. Selligue koͤnnen, wenn sie von gewoͤhnlicher Groͤße sind, in 15 bis 20 Minuten 300 bis 600 Pfund Teig kneten, und mithin eine Baͤkerei mit 2 Bakoͤfen hinreichend mit Teig versehen. Die Bewegung, welche die Knetmaschine dem Teige mittheilt, ohne daß dabei eine fremde Kraft zum Compensiren des Gewichtes des Teiges in Anwendung kaͤme, vollbringt, in Verbindung mit der Bewegung des inneren Drehlings, die beim Einruͤhren, Untermengen und Auskneten noͤthige Arbeit. Da alle Theile des Teiges hierbei bestaͤndig einer ziehenden Wirkung ausgesezt sind, so geschieht die Arbeit, ohne daß sie die Kraft eines Menschen uͤbersteigt, schnell und mit der gehoͤrigen Vollkommenheit. Der innere Drehling kann mit den Haͤnden herausgehoben werden, und kann daher auch eben so leicht als an den gewoͤhnlichen Knetmaschinen gereinigt werden. Eine groͤßere oder geringere Menge Teiges aͤndert die Dauer der Bearbeitung nur um eine Kleinigkeit. Die Maschine hat nur 5 Fuß Hoͤhe, 5 Fuß Breite und 5 Fuß Tiefe, und kann daher leicht uͤberall untergebracht werden. Man kann den Teig bei dieser Hoͤhe der Maschine auch am Ende des Tisches, auf welchem das Brod ausgemacht wird, aus der Maschine schaffen. Die Baͤker werden bei dieser Maschine uͤberdieß auch noch dadurch einen Vortheil erreichen, daß das Mehl wegen der groͤßeren Gleichheit des Knetens auch eine groͤßere Menge Brod gibt. Die Theorie dieser Knetmaschine besteht darin, daß alle Theile, aus denen der Teig besieht, gleich von Anfang an in Bewegung gesezt werden, wobei das Einruͤhren, das Untermengen und Ausziehen durch eine fortwaͤhrende Bewegung von Unten nach Oben und umgekehrt erfolgt. Diese Bewegung bewirkt in Verbindung mit jener des inneren Drehlings, der den Teig dadurch auszieht oder strekt, daß er sich bestaͤndig in der Richtung des Falles dreht, eine vollkommene Bearbeitung des Teiges, indem hierbei, theoretisch gesprochen, durch fortwaͤhrende Erneuerung der Oberflaͤchen eine innige Vermischung der Bestandtheile des Teiges erreicht wird. Bei dieser Art zu kneten wird der Teig am Ende der Arbeit vollkommen troken. Wenn der Teig ausgeknetet ist, so gelangt er durch eine Thuͤre in einen Korb oder in einen Trog, der auf Rollen laͤuft. Der Sauerteig kann in der Maschine bleiben, und gaͤhrt sehr gut, wenn man ihn mittelst eines Brettes zusammenhaͤlt; man muß dann nur die Knetmaschine auf eines ihrer Enden stellen. Der Mechanismus der Maschine ist einfach und dauerhaft. Die Preise der Maschinen fuͤr das Inland sowohl, als fuͤr das Ausland, hat Hr. Selligue, ohne Fracht, folgender Maßen festgesezt. Die große doppelte Knetmaschine fuͤr 2000 PfundeTeig mit einem Raume von 20 Cub. Fuß fuͤr den Teig,und mit einer Triebkraft von einem halben Pferde kostet 4000 Fr. Die doppelte Knetmaschine fuͤr 700 bis 1000 PfundeTeig, und mit einer Triebkraft von 2 Menschen oder 40Pfunden, welche bei dem groͤßten Widerstande bestaͤndig auf die Kurbel wirkt, kostet 2500 – Die einfache Knetmaschine fuͤr 300 bis 500 PfundeTeig, und mit einer Triebkraft von 1 Menschen oder von15 bis 20 Pfunden, welche bei dem groͤßten Widerstandebestaͤndig auf die Kurbel wirkt, kostet 1200 – Die kleine Haus-Knetmaschine fuͤr 50 bis 120 PfundeTeig kostet   400 – Von den Oefen mit beweglichem Boden. Diese Oefen haben die Form eines Rechtekes, und werden mittelst zweier Windoͤfen geheizt. Das Bakofenloch ist, je nach seiner Groͤße, durch eine oder zwei Thuͤren verschlossen, und diese Thuͤren werden nur geoͤffnet, um die Rahmen, auf welche das Brod gelegt wird, durchzulassen. Die ganze Einrichtung ist so getroffen, daß so wenig Waͤrmestoff als moͤglich verloren geht. Das Brod wird mit den Haͤnden auf die Rahmen gelegt, die auf Stuͤzen, welche sich vor dem Ofen befinden, ruhen. Hieraus folgt, daß die Thuͤre des Bakofenloches nur so lang offen zu bleiben braucht, als es zum Herausziehen und Hineinschieben der 4 Rahmen in den Bakofen noͤthig ist, wozu hoͤchstens 2 bis 3 Minuten erforderlich sind. Die Windoͤfen schließen sehr gut; auch befindet sich ein Register an denselben, mit welchem man den Rauchfang schließen kann. Im Inneren des Ofens kann man den Zug der Flamme und das Baken des Brodes sehen. Ebenso ist an dem Ofen ein Pyrometer angebracht, welches die zum Baken noͤthige Hize angibt, und welches dazu dient, bestaͤndig einen gleichen Grad von Hize herzustellen. Diese Oefen haben, wie Jedermann einsehen wird, den Vortheil vor den aͤlteren Oefen, daß man bei ihnen um mehr als die Haͤlfte weniger Brennmaterial braucht, daß jeder Arbeiter das Brod in den Ofen bringen kann, und daß man folglich den sonst so hoch stehenden, sogenannten Schießer gar nicht braucht. Es braucht naͤmlich nichts weiter, als daß der Arbeiter das Brod mit den Haͤnden auf die Rahmen legt, und diese Rahmen dann in den Ofen schiebt: mit der Vorsicht jedoch, daß er die Thuͤre des Ofenloches nicht eher oͤffnet, als im Augenblike des Einschiebens, und daß er dieselbe, nachdem dieß geschehen, sogleich wieder schließt. Auf diese Weise braucht die Thuͤre des Ofens nur sehr kurze Zeit uͤber offen zu seyn, waͤhrend sie an den gewoͤhnlichen Oefen zum Behufe des Einschießens und Herausnehmens des Brodes beilaͤufig 16 bis 20 Minuten, und zum Heizen des Ofens selbst laͤnger als eine halbe Stunde offen stehen muß. Es ist ferner bei den Oefen des Hrn. Selligue nicht noͤthig, daß man das Holz vorher trokne, wie dieß bei den gewoͤhnlichen Oefen zu geschehen hat. Jeder Arbeiter kann die neuen Oefen dadurch, daß er das Feuer unterhaͤlt, mit Huͤlfe des Pyrometers immer auf gleicher Temperatur erhalten, waͤhrend bei den bisher gebraͤuchlichen Oefen die Arbeiter nur durch lange Erfahrung den gehoͤrigen Grad von Hize zu treffen wissen, so daß man folglich solche erfahrne und gewandte Arbeiter meistens sehr theuer bezahlen muß. Da das legen des Brodes auf die Rahmen viel schneller geht, als das Einschießen; da sich ein Selligue'scher Ofen weit schneller heizt, als ein gewoͤhnlicher, so koͤnnen die verschiedenen Gebaͤke schneller auf einander folgen, so zwar, daß ein Selligue'scher Ofen 14 Gebaͤke gibt, waͤhrend in einem gewoͤhnlichen Ofen deren 8 gebaken werden koͤnnen. Ueberdieß ist das Brod, welches in den neuen Oefen gebaken wird, unten immer so rein, wie oben, da es nie auf Asche oder Kohle zu liegen kommt, wie dieß sonst so oft der Fall ist. Die Einrichtung der Oefen des Hrn. Selligue ist zwar kostspieliger, als jene der gewoͤhnlichen Oefen, allein dafuͤr nuͤzen sie sich nicht so schnell ab. Auch wird durch die Ersparniß an Holz und Handarbeit, welche leztere sich sowohl bei der Anwendung der Knetmaschine, als bei der Benuzung des neuen Bakofens ergibt, die Ausgabe sehr leicht wieder hereingebracht. Ein Selligue'scher Bakofen, welcher 80 Brode, jedes zu 4 Pfund zu fassen vermag, macht folgende Auslagen: Das Mauerwerk, die Ziegel etc. nach Pariser Form kosten 1400 Fr. Alle die Theile aus Gußeisen, die Rahmen, der Pyrometer,der Rost etc., bis auf das Zusammensezen fertig, kosten 1300 – Die Eisenplatten zum Austaͤfeln des Herdes kosten   200 – Ein getuschter, nach dem Maßstabe verfertigter Planfuͤr den Ofen kostet     40 – Ein kleiner hoͤlzerner Modellofen kostet     60 – –––––––– Summa der Kosten ohne Fracht und Emballage 3000 Fr. Um die Vortheile der neuen Methode des Hrn. Selligue noch deutlicher zu zeigen, wollen wir dieselbe noch mit der alten Methode vergleichen. Eine gewoͤhnliche Baͤkerei zu Paris macht des Tages beilaͤufig 5 Gebaͤke. Gewoͤhnlicher Ofen. Bedarf an getroknetem Holze. 1stes Gebaͤk   90 Kilgr. 2tes     –   40    – 3tes     –   34    – 4tes     –   32    – 5tes     –   30    – ––––––– 226 Kilgr. Verlust beim Troknen des Holzes   43   – –––––––– Summa an feuchtem Holze 269 Kilgr. Ofen des Hrn. Selligue. Bedarf an feuchtem, vor 15 Monaten gefaͤlltem Holze. 1stes Gebaͤk   37 Kilgr. 2tes      –   16    – 3tes      –   14    – 4tes      –   14    – 5tes      –   12    – ––––––––   93 Kilgr. Vergleicht man hiermit den Bedarf an Holz bei dem ge-woͤhnlichen Ofen mit 269   – –––––––– so erhaͤlt man zu Gunsten des Ofens des Hrn. Selligue eine Differenz von 176   – welche eine Ersparniß von beinahe 8/12 betraͤgt. Fuͤnf Gebaͤke geben ungefaͤhr 1200 Pfund Brod; dazu braucht man 3 Saͤke oder 954 Pfd. Mehl und 453 Pfd. Wasser, welche zusammen 1407 Pfd. Teig geben, zu dessen Bearbeitung man drei Arbeiter, worunter zwei Jungen, braucht. Gewoͤhnlicher Ofen. Ausgaben.       Ertrag. Der erste Gesell kostet Die beiden Jungen Das Holz Drei Saͤke Mehl, den Sak zu 70 Fr. Miethzins Der Junge zum Austragen des  Brodes Summa des Ertrages     6 Fr.     8  –   15  – 210  –     4  –     3  – –––––– 246 Fr.                                           1200 Pfund Brod, 4 Pfund zu  78 Cent., geben Die Regierung zahlt fuͤr den Sak  Mehl 10 Fr. zuruͤk, mithin Summa des Ertrages Zieht man hiervon die nebenstehenden   Auslagen mit ab so erhaͤlt man einen taͤglichen   Nettoertrag von 234 Fr.  30  – ––––––– 264  – 246  – –––––––   18 Fr. Ofen und Knetmaschine des Hrn. Selligue. Ausgaben.       Ertrag. Zwei gewoͤhnliche Jungen Holz Miethzins Ein Junge zum Austragen des Brodes 3 Saͤke Mehl, den Sak zu 70 Fr. Summa der Ausgaben     8 Fr.     6  –     4  –     3  – 210  – ––––––231 Fr.                                           1212 Pfund Brod, 4 Pfd. zu 78   Cent., geben Die Regierung zahlt fuͤr den Sak   Mehl 10 Fr. zuruͤk, mithin Summa des Ertrages Zieht man hiervon die nebenstehenden   Auslagen mit ab so erhaͤlt man einen taͤglichen   Nettoertrag von 236 Fr. 34 C.   30  –   –   – ––––––––––– 266 Fr. 34 C. 231  –   –   ––––––––––––  35 Fr. 34 C. Eine gewoͤhnliche, nach dem Systeme des Hrn. Selligue eingerichtete Baͤkerei, die des Tages 5 Gebaͤke liefert, wuͤrde mithin des Tages einen Gewinn von 35 Fr. 34 Cent. abwerfen. Dieselben Maschinen und dieselben Menschen koͤnnen aber des Tages eben so gut 14, als wie 5 Gebaͤke liefern, und hiernach hergibt sich folgender Ertrag: Ausgaben.       Ertrag. 9 Gebaͤke, jedes 12 Kil. Holz 1 Arbeiter mehr Austraglohn des Brodes Summa Die 5 ersten Gebaͤke kosteten Das Mehl der 9 Gebaͤke kostet Mithin betraͤgt die Gesammtausgabe   fuͤr 14 Gebaͤke     7 Fr.  –  C.     2  –  50  –     4  –   –   – ––––––––––   13 Fr. 50 C. 231  –   –   – 378  –   –   – –––––––––– 622 Fr. 50 C.                                           3360 Pfd. Brod, 4 Pfd. zu   78 C., geben Die Regierung zahlt 10 Fr. per   Sack zuruͤk, mithin Summa Zieht man hiervon nebenstehende   Ausgaben mit   ab so ergibt sich bei 14   Gebaͤken ein Nettoertrag von Und wuͤrde die Regierung   nichts zuruͤckbezahlen, so   wuͤrde der Nettoertrag   betragen 655 Fr. 20 C.   84  –   –   – ––––––––––– 739 Fr. 20 C. 622  –  50  – 116 Fr. 70 C.   32  –  70 C. Hierbei sind unter dem Ertrage weder die Loͤschlohlen, noch die verschiedenen Luxusbrode gerechnet, die doch einen groͤßeren Ertrag geben, als die gewoͤhnlichen 4 Pfund Brode. Diese Nebenertraͤge moͤgen allenfallsige unvorhergesehene Unfaͤlle ersezen. Aus allen diesen Angaben und Berechnungen ergibt sich hinreichend, daß eine nach dem Systeme des Hrn. Selligue eingerichtete Baͤkerei bedeutend groͤßeren Nuzen gewaͤhrt, als unsere Baͤker bisher von ihren Anstalten hatten, und daß folglich auch der Preis des Brodes hierdurch ermaͤßigt werden kann.