Titel: | Ueber ein Mikroskop zu botanischen Untersuchungen, von der Erfindung des Hrn. W. Valentine zu Nottingham. |
Fundstelle: | Band 45, Jahrgang 1832, Nr. XLVII., S. 199 |
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XLVII.
Ueber ein Mikroskop zu botanischen
Untersuchungen, von der Erfindung des Hrn. W. Valentine zu Nottingham.
Aus den Transactions of the Society of Arts im
Repertory of
Patent-Inventions. Julius 1832, Supplement S.
425.
Valentine, uͤber ein Mikroskop zu botanischen
Untersuchungen.
Der wesentlichste und wichtigste Punkt in der Einrichtung meines Mikroskopes liegt in
der Leichtigkeit, mit welcher sie Zergliederungen zulaͤßt. Außerdem befinden
sich aber alle zur genauen Untersuchung der Koͤrper noͤthigen
Requisiten an meinem Instrumente in einem hoͤheren Grade von Vollkommenheit,
als man sie an den gewoͤhnlichen Instrumenten dieser Art antrifft. Das
Instrument ruht auf einem schließbaren Dreifuße, indem mir ein solcher den
staͤtigsten, am leichtesten tragbaren, und zugleich auch zierlichsten
Staͤnder zu geben scheint. Von diesem Dreifuße aus erhebt sich eine feste
Saͤule oder ein Pfeiler, der die Untersuchungsflaͤche, die sogenannte
Buͤhne oder den Object-Traͤger traͤgt. Dieser
Object-Traͤger ist, wenn das Instrument bei Zergliederungen benuzt
werden soll, von großer Wichtigkeit; ich lasse ihn groß machen und an Armen oder
Klammern befestigen, damit er den Haͤnden des Untersuchers, die so viel als
moͤglich ruhig und staͤtig seyn muͤssen, einen
gehoͤrigen und festen Stuͤzpunkt gewaͤhre.
Wenn man eine starke Vergroͤßerung braucht, so muͤssen die zur
Zergliederung erforderlichen Instrumente nothwendig horizontal zwischen die Linse
und das Object gebracht werden, und dieß ist geradezu unmoͤglich, wenn die
Haͤnde und das Object auf einer und derselben Oberflaͤche ruhen. Ich
bringe daher in einem solchen Fuͤlle das Object auf eine kleinere
Oberflaͤche oder auf einen kleineren Object-Traͤger, der sich
von dem Mittelpunkte des groͤßeren aus erhebt, und den man mittelst einer
Schiebroͤhre noch weiter erheben kann, je nachdem es der Operateur geeignet
findet. Bei dieser Einrichtung kann Jedermann, der nur einige Uebung hat, leicht
unter einer Brennweite von 1/20 Zoll arbeiten. Da der Object-Traͤger
fest steht, so muß der Arm, der die Linsen traͤgt, so eingerichtet seyn, daß
man damit den Focus zu stellen im Stande ist. An einem vollkommenen Instrumente muß
diese Stellung sowohl schnell als langsam geschehen koͤnnen. Die
Saͤule oder der Pfeiler enthaͤlt zu diesem Behufe eine dreiekige
Roͤhre, die man mittelst einer an der Basis des Pfeilers befindlichen
Schraube auf und ab bewegen kann. In dieser Roͤhre ist ein dreiekiger Stab
angebracht, der sich mittelst einer Zahnstange und eines Triebstokes gleichfalls auf
und ab bewegen laͤßt; der Triebstok ist an dem Ruͤken der dreiekigen Roͤhre
angebracht; der dreiekige Stab traͤgt den Arm mit den Linsen. Ist nun eine
schnelle Stellung nothwendig, so wird der Stab durch die Zahnstange und den
Triebstok auf und ab bewegt; soll die Bewegung hingegen langsam geschehen, so wird
die Roͤhre zugleich mit dem Stabe mittelst der Schraube gehoben oder
herabgelassen. Die Schraube selbst wird mittelst eines großen, eingekerbten Kopfes,
der zu groͤßerer Leichtigkeit und Staͤtigkeit der Bewegung an der
Basis des Pfeilers angebracht ist, bewegt.
Um Zeitverlust zu versaͤumen, hat Hr. Solly die
Einrichtung ausgedacht, daß die Schraube genau 50 Gaͤnge auf den Zoll haben,
und der eingekerbte Kopf oder das Rad graduirt werden soll, damit man den
Durchmesser irgend einer durchsichtigen Roͤhre oder eines solchen
Gefaͤßes damit messen kann. Hiernach ist an meinem Instrumente der Umfang des
Rades in 100 Grade getheilt, so daß jeder Grad 5/1000 eines Zolles gleich ist. Die
obere Oberflaͤche, die gemessen werden soll, wird zuerst in den Focus
gebracht, und der Grad beobachtet, auf welchem der Zeiger oder der Stift des
Dreifußes steht; dann bringt man, indem man die Schraube dreht, die untere
Oberflaͤche genau in den Focus. Die Zahl der Grade wird hierbei den Raum,
durch welchen sich die Linse bewegte, und folglich den Durchmesser der Roͤhre
oder des Gefaͤßes angeben. Der Focus oder die Brennweite irgend einer Linse
kann auf diese Weise mit großer Genauigkeit mittelst dieser Schraube bestimmt
werden. Die Linse, die man untersuchen will, wird naͤmlich wie ein Object auf
den Object-Traͤger gelegt, und dann zuerst die eine, und hierauf die
andere Oberflaͤche derselben in den Focus gebracht, und dadurch die Dike der
Linse bestimmt. Dann wird die Entfernung der Linsen so lang vermehrt, bis man das
Bild eines entfernten Gegenstandes genau sieht; der Raum, durch welchen sich hiebei
die Ocularlinse bewegt haben wird, wird, von dem Mittelpunkte der Dike der Linse an
gezaͤhlt, den Focus oder die Brennweite geben. Diese Methode den Focus der
Linsen zu bestimmen, wurde auch von dem seligen Samuel Varley, der ein eigens zu diesem Behufe verfertigtes Instrument besaß,
angenommen.
Man kann dadurch, daß man entweder den Object-Traͤger oder die Linse
bewegt, verschiedene Theile eines Objectes unter den Focus bringen. Wenn ein
Instrument dieser Art ganz vollkommen seyn soll, so muß sowohl der
Object-Traͤger, als die Linse gestellt werden koͤnnen, indem es
in dem einen Falle zwekmaͤßiger ist, wenn man die Linse, im anderen hingegen,
wenn man das Object bewegt. Zu diesem Behufe nun verfertige ich den
Object-Traͤger aus drei Platten, von denen die unterste allein an der
Saͤule oder dem Pfeiler befestigt ist, waͤhrend sich die mittlere und obere in Falzen
bewegen, und zwar: die mittlere mittelst einer Schraube, die durch den Mittelpunkt
der untersten geht, und die obere mittelst einer eigenen Schraube unter rechten
Winkeln mit der mittleren. Diese Schrauben befinden sich an beiden Seiten der
Saͤule oder des Staͤnders, und nicht, wie es gewoͤhnlich der
Fall ist, die eine auf der rechten, die andere auf der entgegengesezten
Saͤule desselben. Diese leztere Methode scheint mir naͤmlich sehr
unzwekmaͤßig, theils weil es schwer und laͤstig ist, auf die
entgegengesezte Seite der Saͤule zu gelangen, theils weil man das Licht
hiebei mit der Hand aufhaͤlt. Wenn man zuerst die eine, und dann die andere,
oder, wenn es noͤthig seyn sollte, beide Schrauben zugleich schraubt, so kann
man jeden Theil des Objectes zur Ansicht bringen. Die Arme lassen sich mittelst
einer Zahnstange und eines Getriebes nach vor- und ruͤkwaͤrts
bewegen; nach der Seite hingegen geschieht die Bewegung mittelst eines
kreisfoͤrmigen Umlaufes, indem der Arm mittelst eines Stiftes in einer
Scheide, die sich an der Spize des Stabes befindet, befestigt ist.
Um das Mikroskop zu beleuchten, ist an dem vorderen Fuße des Dreifußes ein großer,
auf der einen Seite flacher, auf der anderen concaver Spiegel angebracht. Um auch
einen großen concaven Spiegel mit einer geringen Kruͤmmung benuzen zu
koͤnnen, lasse ich die Saͤule oder den Staͤnder etwas hoch
machen. Dadurch wird zugleich auch verhindert, daß der Kopf des Beobachters das auf
den Spiegel fallende Licht nicht aufhalten koͤnne: ein Uebelstand, der sich
in London, wo die Straßen eng und die Haͤuser so hoch sind, daß die
Lichtstrahlen beinahe nur senkrecht auf den Spiegel fallen koͤnnen, sehr
haͤufig vorkommt. Unter dem Object-Traͤger befindet sich eine
Roͤhre mit einem großen Licht-Verdichter, der sich auf und nieder
schieben laͤßt, je nachdem man die Intensitaͤt des Lichtes des
Spiegels abaͤndern will. Man kann diesen Licht-Verdichter und den
Spiegel jedoch auch abnehmen, und dafuͤr Dr.
Wollaston's Beleuchtungsmethode anwenden, wenn sehr zarte und kleine
Gegenstaͤnde untersucht werden sollen. Der Wollaston'sche Reflector ist hier am Ruͤken mit einer Gypsscheibe
oder Platte versehen, welche zuerst von Dr. Goring
empfohlen wurde, um ein sanftes und mattes Licht zu erhalten. Ich glaube jedoch, daß
fruͤher die Gypsplatte noch von Niemandem an dem Wollaston'schen Reflector angebracht wurde; Hr. Roß, der Verfertiger dieses Instrumentes, kam auf diese Idee, die mir sehr
vortheilhaft zu seyn scheint. Will man ein zusammengeseztes Mikroskop statt des
einfachen anwenden, so kann dieß eben so leicht an diesem Staͤnder, als an
einem anderen aufgesezt werden. Ich wage es aber in dieser Hinsicht mit den Worten
Wollaston's
zu schließen:
„so vortheilhaft und guͤnstig auch die Anwendung des
zusammengesezten Mikroskopes zur Darstellung bereits bekannter Gegenstaͤnde ist, so darf man doch in jenen
Faͤllen, in denen es sich um die Untersuchung unbekannter Koͤrper
handelt, nur wenig Vertrauen in dasselbe sezen.“