Titel: | Ueber eine neue Art zu oculiren, das Oculir-Pfropfen (Écusson-greffe) genannt. Von Hrn. Vergnaud Romagny. |
Fundstelle: | Band 46, Jahrgang 1832, Nr. LXXVIII., S. 292 |
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LXXVIII.
Ueber eine neue Art zu oculiren, das
Oculir-Pfropfen (Écusson-greffe)
genannt. Von Hrn. Vergnaud
Romagny.
Aus dem Recueil industriel. Julius 1832, S.
32.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Romagny, uͤber eine neue Art zu oculiren.
In der Landwirthschaft werden nur selten wichtige Entdekungen gemacht, und es ist
sogar klug gegen Neuerungen auf der Hut zu seyn. Desto haͤufiger ergeben sich
hingegen Verbesserungen oder Vervollkommnungen, und diese verdienen immer eine
guͤnstige Aufnahme, wenn sie durch einige gelungene Versuche
unterstuͤzt sind. Diese Verbesserungen haben sich seit wenigen Jahren so sehr
vermehrt, daß die Landwirthschaft, die erste aller Wissenschaften, wirklich rasche
Fortschritte gemacht hat, und daß wir dieselbe nun endlich so studiren und ehren,
wie es schon zu allen Zeiten haͤtte geschehen sollen.
Die Kenntnisse in der Land- und Garten-Cultur wurden noch allgemeiner
verbreitet seyn, wenn sich die an die dahin einschlagenden Handarbeiten
gewoͤhnten Leute eines gewissen schaͤdlichen und schwer zu
vertilgenden Schlendrians entledigen koͤnnten, und wenn es denjenigen, denen
dieß gelingt, moͤglich waͤre die Fruͤchte ihrer Arbeiten oͤffentlich
bekannt zu machen. Leider ist aber die Mehrzahl dieser lezteren gezwungen sich
entweder an Schriftsteller zu wenden, die sich ihre Verbesserungen aneignen und sie
dabei entstellen, oder die Resultate ihrer Forschungen und die Uebung dieses oder
jenes Verfahrens muͤndlich ihren Nachfolgern zu uͤberlassen, die diese
schaͤzbaren Resultate oft nicht verstehen, sie vernachlaͤssigen oder
ganz vergessen. Nur zu oft wird die durch viele Jahre gewonnene Erfahrung mit dem
fleißigen und verstaͤndigen Arbeiter zu Grabe getragen.
Es ist daher gewiß von hohem Interesse, schriftlich und so genau als moͤglich
alle jene Modificationen und Verbesserungen zusammenzutragen, welche von solchen
Oekonomen, die die gehoͤrige Beurtheilungskraft zur Pruͤfung derselben
besizen, in den verschiedenen Zweigen der Landwirthschaft angebracht und
geuͤbt wurden. Nur durch sorgfaͤltig beschriebene Thatsachen, durch
wiederholte und schlagende Versuche kann man hoffen es dahin zu bringen, daß auch
die weniger reich mit Verstand begabten Oekonomen endlich jene Verbesserungen
annehmen werden, durch die sie schneller und mit weniger Muͤhe zu den
gewuͤnschten Resultaten gelangen koͤnnen.
In dieser Absicht mache ich nun die Resultate mehrerer gelungener Versuche
uͤber weitere Verbesserungen im Oculiren und Pfropfen bekannt. Ich wage dieß
um so mehr, als meine fruͤhere Abhandlung uͤber diesen Gegenstand von
mehreren gelehrten Gesellschaften sehr guͤnstig aufgenommen wurde, und als
bei uns, und vorzuͤglich in einigen noͤrdlichen Departements noch
Vieles hierin zu thun ist. Es ist naͤmlich von großer Wichtigkeit die
Entwikelung des Saftes in diesen Gegenden gehoͤrig zu benuzen, da sie rascher
und von kuͤrzerer Dauer ist, als in den mittleren Departements, in denen die
Baumschulen uͤbrigens bereits auch auf einer hoͤheren Stufe von
Vollkommenheit stehen.
Die ersten Versuche uͤber die Art zu oculiren, von welcher ich hier handeln
will, verdanken wir Hrn. Cornuau, einem ausgezeichneten
Gartenliebhaber zu Amboise. Le bon jardinier vom J. 1828
ist, wie ich glaube, das einzige Buch, welches daruͤber gesprochen hat;
allein auch in diesem geschah dieß so oberflaͤchlich und unbestimmt, daß nach
diesen Angaben nicht leicht Jemandem die Lust kommen konnte, dieses Verfahren
auszuuͤben.
Das neue Verfahren, welches ich das Oculir-Pfropfen (Écusson-greffe) nennen will, obwohl man es, der Société d'horticulture zu Nantes zu Folge,
auch umgekehrt das Pfropf-Oculiren (greffe-Écusson) nennen koͤnnte,
besteht in einer Verbindung dieser beiden Methoden die Baͤume und
Straͤucher zu veredeln. Es hat einige Aehnlichkeit mit jenen Methoden, welche der
beruͤhmte Thouin in seiner Monographie des Greffes unter dem Namen Greffes de
Pline und Greffe de Théophraste
auffuͤhrte, indem Plinius und Theophrastus dieselben zuerst beschrieben.
Seine Ausuͤbung selbst, so wie deren Resultate sind jedoch von beiden
gaͤnzlich verschieden.
Die allgemeinen der neuen Methode zukommenden Eigenschaften, wegen welcher ich
dieselbe fuͤr alle holzigen Gewaͤchse ohne Ausnahme allen
gewoͤhnlich uͤblichen Oculir- und Pfropf-Methoden
vorziehe, sind folgende. Sie bietet sowohl die Wahrscheinlichkeit des Gelingens des
Oculirens als jene des Pfropfens dar, und es geschieht so selten, daß beide
mißlingen, daß unter 100 Reisern gewiß 90 anschlagen. Sie fordert keine besondere
Uebung und Festigkeit, und braucht nur wenig Sorgfalt. Nach der Operation bleibt
Alles sich selbst uͤberlassen, und man hat nichts zu thun, als die Triebe des
Stokes zu entfernen, und einen Schuzpfahl anzubringen, wenn das Reis zu stark
treiben sollte. Sie laͤßt sich schneller, als irgend eine andere Methode
verrichten. Die Entwikelung des Keimes erfolgt mit außerordentlicher Schnelligkeit,
so daß man das verminderte Aufsteigen des Saftes, welches in zu heißen sowohl als zu
kalten Laͤndern so große Hindernisse erzeugt, nicht zu fuͤrchten hat.
Das Wachsthum ist bei ihr so schnell, daß ich innerhalb 6 Wochen gut
genaͤhrte Rosentriebe von 15 bis 18 Zoll Laͤnge erhielt. Diese große
Thaͤtigkeit in der Vegetation macht es moͤglich, daß die fuͤr
die Kaͤlte oder Hize empfindlichen Pflanzenarten gegen beide geschuͤzt
werden koͤnnen, je nachdem man die Operation im Herbste oder im
Fruͤhlinge, hoͤchstens zwei Monate vor dem Eintritte der
staͤrkeren Froͤste oder bevor die Sonne ihre ganze Kraft erhalten hat,
vornimmt. In gemaͤßigten Laͤndern endlich kann diese Methode beinahe
das ganze Jahr hindurch geuͤbt werden, weil sie keine groͤßere Menge
Saft erfordert; sie bedarf nichts weiter, als daß die Rinde sich ohne starke
Zerreißungen vom Splinte trennen laͤßt, und die geringe Menge Saft, welche
hiezu noͤthig ist, kann, wie man weiß, kuͤnstlich durch
oͤfteres Begießen und durch die Anwendung von Duͤnger hervorgebracht
werden.
Beschreibung.
Das Oculir-Pfropfen kann an allen Holzarten, an großen Baͤumen sowohl,
als an Straͤuchern, sie moͤgen Bluͤthen oder Fruͤchte
tragen, mit vollem Erfolge befolgt werden, wenn man die Analogien zwischen den Arten
und dem Safte gehoͤrig beruͤksichtigt. Man kann es sowohl an altem,
als an jungem Holze uͤben; lezteres verdient jedoch den Vorzug.
Das Individuum, welches operirt werden soll, soll so lebhaft und kraͤftig als
moͤglich seyn; sein Saft soll vorzugsweise im Aufsteigen begriffen seyn; der
Saft braucht nicht in sehr großer Menge vorhanden zu seyn; eine groͤßere
Menge ist jedoch eher guͤnstig als schaͤdlich.
Der Stok, er mag aus altem oder jungem Holze bestehen, muß horizontal, und je nach
seiner Art in einer Entfernung von 6 Linien bis zu einem Zolle uͤber einer
etwas entwikelten Knospe, deren Ende man abkneipt, oder uͤber einem kleinen
Zweiglein, dem man bloß eine Laͤnge von 1 oder 2 Augen laͤßt, sehr
rein und eben abgeschnitten werden. Dann wird die Rinde, je nach der Staͤrke
des Stokes, je nach der Entfernung der Knospe oder des Zweigleins von dem
horizontalen Schnitte, und endlich je nach der Art der Pflanze in einer
Laͤnge von 10 bis zu 18 Linien gespalten, wie man dieß an Fig. 69 von a bis c sieht.
Nach der Naͤhe und der Stellung der Knospe zu diesem Spalte wird bald die
rechte, bald die linke Seite der Rinde mit der Spatel oder dem Schwanze des
Pfropfmessers aufgehoben, wobei man sich wohl zu huͤten hat, auch die andere
Seite zu beruͤhren oder sie auf irgend eine Weise zu beschaͤdigen.
An Fig. 69 ist
die linke Seite a aufgehoben, da diese der Knospe d gegenuͤber liegt; die rechte Seite b blieb unberuͤhrt.
Das Oculir- oder Pfropfreis soll gleichfalls von einem so viel als
moͤglich gesunden Individuum genommen werden. Es besteht aus einem Zweiglein
mit jungem Holze, welches in einer Laͤnge abgeschnitten wird, die durch die
Stellung der Augen oder Knospen bei dieser oder jener Pflanzenart bestimmt wird. Man
kann an dem Zweiglein drei und selbst vier solcher Augen lassen, wenn der Stok
sowohl als das Reis in vollem Safte und von gleicher Staͤrke sind. (Das in
Fig. 70
dargestellte Reis traͤgt in i drei Augen.) Dieses
Reis wird etwas ober dem ersteren oberen Auge bei j
schraͤg abgeschnitten. Nach Unten zu wird es von h bis k pfeifen- oder
roͤhrleinartig zugeschnitten, und zwar von dem Einschnitte h angefangen, der ungefaͤhr bis in die Mitte der
Dike des Holzes reicht. Die Seite f muß schief, die
Seite g hingegen ganz gerade seyn. In Fig. 71 sieht man den
Schnitt deutlich von Vorne dargestellt: die Seite lno ist senkrecht, die Seite mo hingegen
schief.Die in m vorgestellte Knospe muß man als gar
nicht vorhanden betrachten, weil sie sich auf eine Modification dieser
Operation bezieht, von welche spaͤter die Rede seyn wird.A. d. O.
Das auf diese Weise zubereitete Reis muß ausgeschnitten werden, d.h. an der Stelle
des Einschnittes h wird die Haͤlfte des Holzes
weggeschnitten, und
so fort herab, daß der Schnitt bis auf 2/3 seiner Laͤnge mit einer
duͤnnen Schichte Holz besezt ist, waͤhrend die Spize o nur aus Rinde allein besteht. An den beiden Seiten f und g
Fig. 70
duͤrfen die Raͤnder auch nur aus Rinde bestehen.
Dieses auf die eben angegebene Weise zugeschnittene Reis wird so in den in den Stok
geschnittenen Spalt Fig. 69 geschoben, daß die Rinde mit der geraden Seite nlo
Fig. 71 genau
an die Rinde bc
Fig. 69 paßt,
waͤhrend der Ausschnitt n auf dem horizontalen
Schnitte aufruht, und die Rinde des Stokes ac den
Schnitt beinahe ganz bedekt. Das Reis wird dann mit dem Daumen und dem Zeigefinger
der linken Hand in dieser Stellung erhalten, und mit grober Wolle oder Weidenrinde
so gebunden, daß die Wolle oder die Weidenrinde beinahe die ganze Laͤnge des
Spaltes bedekt. Wenn dieß geschehen ist, so uͤberzieht man sowohl den Schnitt
am Stoke. als jenen des Reises mit sogenanntem Pelzwachse,Das meiste Pelzwachs hat den Fehler, daß es entweder zu weich oder zu hart
ist, so daß man im lezteren Falle das Feuer oder eine immer
schaͤdliche, andere Waͤrme anwenden muß, um dasselbe zu
erweichen. Ich habe diesen Fehlern abzuhelfen gesucht, und gefunden, daß ein
aus folgenden Bestandtheilen zusammengeseztes Pelzwachs die besten Dienste
leistet.Ganz gewoͤhnliches
Siegellak1 TheilHammelfett1 TheilWeißes Wachs1 TheilHonig1/8 Theil.Das Siegellak kann verschiedene Farben haben, nur darf es nicht gruͤn
seyn, weil es fast immer mit Gruͤnspan gefaͤrbt ist, und weil
dieser auf die frischen Wunden schaͤdlich einwirkt. Man laͤßt
das Hammelfett und das Wachs mitsammen schmelzen, sezt dann unter
bestaͤndigem Umruͤhren Siegellak zu, und zulezt, wenn man das
Ganze vom Feuer nimmt, den Honig. Dieses Gemenge gießt man in eine Kapsel
aus Pappendekel oder besser aus Eisenblech, wobei man dasselbe etwas
umruͤhrt, bis es zu stoken beginnt.Will man sich dieses Wachses bedienen, so stekt man die Kapsel in eine der
Taschen, indem die menschliche Waͤrme hinreicht, um dasselbe so weich
zu erhalten, daß es sich mit aller Leichtigkeit anwenden laͤßt.
Sollte es kalt seyn, so kann man ein Stuͤk davon waͤhrend des
Pfropfens in den Mund nehmen, um es noch mehr zu erweichen. Dieses Wachs
klebt gut an, erhaͤrtet an der Luft schnell, zerspringt nicht in der
Kaͤlte, und schmilzt nicht in der Sonne.A. d. O. um die frischen Wunden gegen den Zutritt der Luft zu schuͤzen. In
diesem Zustande uͤberlaͤßt man dann Alles der Natur; man hat nichts
weiter zu thun, als die Triebe zu entfernen, die sich allenfalls am Stoke bilden,
und welche einen Theil des Saftes absorbiren. Sollte das Reis sehr schnell wachsen,
so muͤßte man ihm einen Schuzpfahl geben.
Der Stamm A
Fig. 72, das
Reis B
Fig. 71, so
wie Fig. 72
und 73 zeigen
eine vortheilhafte Modification des Oculir-Pfropfens, welche, wie ich glaube,
vor mir noch Niemand angewendet hat. Sie ist uns bisher immer gelungen, und scheint
uns vorzuͤglich dann vor dem ersten Verfahren den Vorzug zu verdienen, wenn
man mir jungem Holze
oder mit sehr zarten Pflanzen zu thun hat. Diese Modification oder Verbesserung
besteht naͤmlich darin, daß ich an dem Fuße oder an der Taze des Pfropfreises
ein Auge lasse, wie man dieß bei lm in Fig. 71 sieht;
daß ich dieses Auge unter der Rinde hervorragen lasse, wie aus pq
Fig. 72
ersichtlich; und endlich, daß ich zwischen den Windungen der Ligatur einen leeren
Raum anbringe, den man in p
Fig. 73
sieht. Das Pfropfreis traͤgt auf diese Weise nur zwei obere Knospen; die
untere Knospe bildet das Aeuglein, und muß wie gewoͤhnlich je nach der
Verschiedenheit der Arten vom Holze befreit werden. Uebrigens bleibt die Operation
ganz dieselbe. Befolgt man dieselbe, so ist die Wahrscheinlichkeit des Anschlagens
des Aeugleins weit groͤßer, ohne daß dabei das Anschlagen des Pfropfreises
selbst beeintraͤchtigt wird.
Ich will nun mehrere Versuche anfuͤhren, die ich nach dem ersten und zweiten
Verfahren anstellte.
I. 6 Monat-Rosenstoͤke wurden den 5. April mit Reisern von
Koͤnigsrosen (rosiers du roi) operirt; und zwar 3
nach der ersten und 3 nach der zweiten Methode. Bei den ersteren wuchs die Knospe am
15. April; vom 20. bis 25. entwikelten sich die Blaͤtter; an einem Stoke
wurde ein welkes Auge abgeschnitten. Am 5. Maͤrz waren die Triebe einen Zoll
lang; am 25. bis 28. Mai gaben sie Bluͤthen. An den nach dem zweiten
Verfahren operirten drei Stoͤken fing das erste Auge am 12. April, und die
oberen Augen sich um 2 bis 3 Tage spaͤter zu entwikeln an. Am 5. Maͤrz
hatten die Triebe am ersten Auge 2 bis 2 1/2 Zoll, an den uͤbrigen hingegen 1
Zoll Laͤnge. Bluͤthen zeigten sich am 10. bis 15. Mai.
II. Nach dem ersten Verfahren den 5. Mai wilder spanischer Ginster mit
gefuͤlltem spanischen Ginster. Die Entwikelung zeigte sich am 12. Mai; am 1.
Junius war der Trieb 2 Zoll lang.
III. Mahaleb-Pflaume mit immer bluͤhender Pflaume (Prunus semperflorens). Operation am 5. April nach dem
zweiten Verfahren; Entwikelung am 15. April; Laͤnge der Triebe am 30.
beilaͤufig 4 Zoll; Bluͤthen am 15. Mai; reife Fruͤchte am 30.
Julius.
IV. Weißer Flieder mit Varin und persischem Flieder. Operation am 1. Mai nach dem
zweiten Verfahren; Entwikelung am 15. Mai; schoͤne Zweige mit kleinen
spaͤten Blumen am 25. Junius.
V. Weiße, gelbe, Fruͤhlings- und Monats-Rosen mit
Varietaͤten der vielblumigen Rose (Rosa
multiflora). Operation am 2. Junius nach dem zweiten Verfahren; Entwikelung
am 6. Junius; Laͤnge der Zweige am Ende des Junius: 18 Zoll; einige kleine
Blumen am 15. August.
VI. Weißer Feigenbaum mit rothem Feigenbaume. Operation am 1. Julius nach dem zweiten
Verfahren; Entwikelung am 20. Julius; Laͤnge der Triebe am 15. August: 10
Linien.
VII. Weißer Maulbeerbaum mit schwarzem. Operation am 15. August nach dem zweiten
Verfahren; schwache Entwikelung am 15. August; schwacher Trieb am 20.
VIII. Eine große Menge Monatrosen, gelbe Rosen etc. mit vielblumigen, bengalischen
und verschiedenen anderen, zarten Rosenarten. Operation am 25. Julius; bis zum 25.
August beinahe dieselben Resultate, wie die unter I und V erwaͤhnten.
IX. Gemeiner Bohnenbaum mit rothbluͤhendem haarigen Bohnenbaume (Cytise velu à fleur pourpre). Operation am 2.
August nach der ersten Methode; Entwikelung am 8.; Laͤnge der Theile am 20.
August beilaͤufig 9 Zoll.
X. Italiaͤnische Pappel mit Balsampappel. Operation am 1. August nach dem
zweiten Verfahren; Entwikelung am 8.; am 25. ungefaͤhr ein Trieb von 20
Zoll.
XI. Gewoͤhnliche Kastanie mit sogenannten Marrons
curillards und lyonesischen Marronen. Operation am 13. April nach der
ersten Methode; Entwikelung am 30. April; Trieb am 10. Mai. Laͤnge der Triebe
am 20 Julius: beinahe 2 Zoll.
XII. Kleinblaͤtterige Eiche (Chêne petite
feuille) mit Lyoner-Marronen. Von 25 Staͤmmen versagten bloß
3! Operation am 5. April nach dem ersten Verfahren; schwacher Trieb am 20. Mai; mehr
als 2 Zoll langer Trieb am 20. Julius. Dieses Verfahren eignet sich nur dann, wenn
man Kastanienbaͤume in Gaͤrten ziehen will, in denen sie sonst nicht
gedeihen. Ich sah jedoch im Departement de la Sarthe auch nach der
gewoͤhnlichen Methode Marronen mit Erfolg auf Eichen pfropfen.
XIII. Corchorus mit bengalischer Rose. Operation am 5. April nach dem ersten
Verfahren; Entwikelung am 15.; schoͤne Aeste am 6. Mai, Bluͤthen am
10.
XIV. Corchorus mit Heliotropium. Operation an Topfpflanzen am 5. Mai nach dem ersten
Verfahren; Entwikelung am 15.; schoͤner Trieb im Junius, Bluͤthen im
August. Im Winter 1829 ging der Stok zu Grunde.
XV. Weißdorn mit Mispeln, Erdbeerbaͤumen (Arbutus)
und Weißdorn von Fontainebleau (Alisier de
Fontainebleau). Operation nach dem zweiten Verfahren; sehr schnelle Entwikelung
und rasches Wachsthum.
Ich halte es nicht fuͤr noͤthig, hier noch mehrere von den Versuchen
mit dem Oculir-Pfropfen anzugeben, die ich selbst anstellte, oder zu denen
ich mehrere gewandte Baumschulen-Besizer veranlaßte; aus den angefuͤhrten, die
mitunter die schwierigsten Arten betreffen, ergibt sich naͤmlich gewiß ein
hinreichendes Resultat. Ich uͤbergehe aus diesem Grunde die Versuche wir
Birn-, Aepfel- und Pfirsich-Baͤumen, welche so leicht
auf alle bekannten Arten zu pfropfen sind.
Ick habe es ferner unterlassen vergleichende Resultate uͤber die Schnelligkeit
des Wachsthumes bei den gewoͤhnlichen und den von mir angegebenen Methoden
aufzufuͤhren; indem selbst die wenigst geuͤbten Gaͤrtner und
Gartenfreunde aus den bei meinen Versuchen angefuͤhrten Damms auf den ersten
Blik ersehen werden, daß man, wenn man die Oculir-Pfropf-Methode
befolgt, wenigstens 1/3 Zeit gewinnt. Bei der gewoͤhnlichen Oculir-
oder Pfropf-Methode braucht das Reis oder das Auge, wenn man im
Fruͤhlinge operirt, wenigstens 2 Monate bis es treibt; bei meinen Methoden
hingegen treiben die Reiser schon nach 8 bis 10 Tagen, und nach 6 Wochen
erhaͤlt man schon sehr starke Triebe und selbst Bluͤthen, was durch
die gewoͤhnlichen Methoden unmoͤglich erreicht werden kann.
Die Erfahrung hat mich uͤberdieß den lezten Winter gelehrt, daß die nach den
vorgeschlagenen Methoden gepfropften Holzarten besser als alle uͤbrigen der
Kaͤlte zu widerstehen im Stande sind; mehrere zarte Rosen haben den Winter
uͤber sehr gut ausgehalten, waͤhrend mehrere gewoͤhnliche,
2–3 Jahre alte, oculirte Stoͤke zu Grunde gingen.