Titel: | Ueber die Entstehung oder Bildung des Naphthalins in einem Oehlgasapparate. Von Hrn. A. Connell Esq. F. R. S. E. |
Fundstelle: | Band 47, Jahrgang 1832, Nr. VII., S. 51 |
Download: | XML |
VII.
Ueber die Entstehung oder Bildung des Naphthalins
in einem Oehlgasapparate. Von Hrn. A.
Connell Esq. F. R. S. E.
Aus dem Edinburgh New Philosophical Journal. Julius
– October 1832, S. 231.
Connell, uͤber die Bildung des Naphthalins.
Hr. Prof. Jameson uͤbergab mir vor Kurzem eine
weiße krystallinische Masse, welche sich aus Oehlgas abgesezt haben soll, zur
chemischen Untersuchung. Die ganze Masse bestand aus duͤnnen
gruppenfoͤrmig zusammengehaͤuften und schoͤn perlmutterartig
glaͤnzenden Krystallen, welche stellenweise durch etwas Eisenoxyd und einige kohlige Theile
gefaͤrbt waren, und in Folge dieser Verunreinigung beim Erhizen auch einen
empyreumatischen Geruch von sich gaben. Die weißen Krystalle boten durchaus
saͤmmtliche chemische Kennzeichen des Naphthalins dar, und ich wuͤrde
dieselben daher, da diese Kennzeichen hinreichend bekannt sind, nicht zum
Gegenstande dieser Mittheilung gemacht haben, wenn die Umstaͤnde, unter denen
sie sich bildeten, nicht einige Eigenheiten, und vielleicht auch einige
Aufschluͤsse uͤber die Bedingungen, unter denen sich diese sonderbare
Substanz erzeugt, darboͤten.
Ich erfuhr bei meinen Nachforschungen uͤber den Ursprung der fraglichen
Substanz, daß dieselbe zuerst in einer alten eisernen Roͤhre von einigen Fuß
Laͤnge und einigen Zollen im Lichten, welche vor 5 Jahren einen Theil eines
Gasapparates ausmachte, gefunden wurde. Diese Roͤhre befand sich
fruͤher zwischen der Retorte und dem Verdichter und Gasometer;
waͤhrend der Apparat in Gang war, sezte sich gewoͤhnlich
empyreumatisches Oehl in derselben ab; nie bemerkte man aber, daß sich
waͤhrend der Thaͤtigkeit des Apparates weiße Krystalle in dieser
Roͤhre bildeten. Das Material, welches zur Erzeugung des Oehlgases benuzt
wurde, bestand anfangs aus Wallfischthran, spaͤter verwendete man
Palmoͤhl und zulezt endlich wieder Wallfischthran. Einige der Krystalle, die
ich aus dieser Roͤhre nehmen sah, waren mit einer schwarzen, weichen,
pechartig-aussehenden Substanz, welche die Roͤhre innen auszukleiden
schien, vermengt.
Diese dunkle Substanz schmolz, wenn man sie uͤber der Weingeistlampe in einem
Platinloͤffelchen erhizte, bei gelinder Hize, und stieß dabei dike, weiße
Daͤmpfe aus. Brachte man die Flamme der Lampe mit derselben in
Beruͤhrung, so entzuͤndete sie sich und verbrannte mit Hinterlassung
eines betraͤchtlichen Ruͤkstandes, der vom Magnete angezogen wurde und
aus mehr oder weniger oxydirtem Eisen bestand.
Beim Erhizen der dunklen Substanz in einer Roͤhre gab sie bei einer
maͤßigen Temperatur ein wenig Naphthalin von sich, welches sich in dem oberen
Theile der Roͤhre verdichtete. Bei Erhoͤhung der Hize verdichtete sich
an den Waͤnden der Roͤhre eine gelbe Fluͤssigkeit, die sich in
Alkohol groͤßten Theils aufloͤste.
Ueber die Entstehung oder Bildung des Naphthalins in dem Gasapparate lassen sich
verschiedene Ansichten aufstellen. Man konnte annehmen, daß es sich waͤhrend
der zersezenden Destillation des einen oder des anderen oder beider Oehle bildete,
und sich dann in Krystallen absezte. Dieser Ansicht widerspricht aber der Umstand,
daß waͤhrend des Ganges des Apparates kein Naphthalin in demselben zu finden war; auch ist es, wenn
man die Fluͤchtigkeit des Naphthalins erwaͤgt, sehr unwahrscheinlich,
daß Naphthalinkrystalle von solcher Groͤße und so scharf umgraͤnzter
Form, als sie die fraglichen Krystalle hatten, so lange Zeit hindurch an einem Orte,
zu welchem die Luft bestaͤndig Zutritt hatte, unveraͤndert geblieben
seyen. Es ließe sich zweitens behaupten, daß sich das Naphthalin, nachdem es sich
waͤhrend der Destillation durch eine neue Vereinigung der Grundelemente
gebildet, mit einigen anderen Producten verband, von denen es so lange
aufgeloͤst erhalten wurde, bis das Aufloͤsungsmittel zersezt wurde
oder nach und nach an der Luft verdampfte. Drittens endlich koͤnnte man auch
noch behaupten, daß es nicht waͤhrend der Destillation, sondern erst durch
die langsame und freiwillige Zersezung entstanden sey, welche irgend eines der
Producte nach der Zerlegung des Apparates unter dem Zutritte der Luft einging. Diese
leztere Meinung duͤrfte, wie uns scheint, am meisten Wahrscheinlichkeit
fuͤr sich haben.
Der Einfluß der atmosphaͤrischen Luft bei der Erzeugung oder wenigstens bei
der Entwikelung des Naphthalins wurde von Hrn. Laurent
beobachtet, welcher gefunden haben will, daß man durch Destillation von frischem
Kohlentheere nie Naphthalin erhielt, waͤhrend es sich fast jedes Mal bildete,
wenn der Kohlentheer lange Zeit uͤber der Luft ausgesezt gewesen.Polytechnisches Journal Bd. XLV. S.
64. A. d. R. Hrn. Reichenbach gelang es gar nie durch
Destillation des Kohlentheeres Naphthalin herzustellen, wahrscheinlich weil der
Kohlentheer, den er hiezu verwendete, frisch bereitet war. Hr. Laurent fand, daß die Wirkung der atmosphaͤrischen Luft von jener
des Chlors noch uͤbertroffen wird.