Titel: | Neue Einrichtung an Drehebänken; von J. W. Cramer, Universitäts-Mechanikus in Kiel. |
Autor: | J. W. Cramer |
Fundstelle: | Band 47, Jahrgang 1832, Nr. XXXIII., S. 166 |
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XXXIII.
Neue Einrichtung an Drehebaͤnken; von
J. W. Cramer,
Universitaͤts-Mechanikus in Kiel.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Cramer's neue Drehebank.
Der Gebrauch der Schraubenspindel zum Drehen von Schrauben beschraͤnkte sich
bei den bisherigen Drehebaͤnken bloß auf Gegenstaͤnde, die kurz genug
sind, um frei von der Spindel gedreht werden zu koͤnnen. Da es indessen nicht
selten vorkoͤmmt, daß man Schrauben auf Stuͤke zu drehen hat, deren
unverruͤkte Lage in der Drehebank nicht anders gesichert werden kann, als
dadurch, daß man die Gegenspize (den sogenannten Reitstok) vorsezt, so wird jedem
Kuͤnstler, der genauer Schrauben bei seiner Arbeit bedarf, eine Einrichtung
willkommen seyn, mittelst welcher man in den Stand gesezt wird, sich auch bei
solchen laͤngeren Stuͤken der Schraubenspindel bedienen zu
koͤnnen. Dieses nun habe ich sehr einfach, und wie mir mehrjaͤhrige
Erfahrung bestaͤtigt hat, vollkommen sicher und zwekmaͤßig auf
folgende Weise erreicht.
ABC, Fig. 10 ist eine starke,
rechtwinkelig gebogene, vierekige Eisenstange, durch deren kuͤrzeren Arm AB eine Schraube a
geht, die mit einer Gegenmutter b versehen ist. Ein
aͤhnlicher Arm DD, an dem das eine Ende
eine vierekige Huͤlse bildet, laͤßt sich auf der Stange verschieben
und mittelst der beiden Schrauben dd daran
befestigen. Dieser Arm ist mit einer festen Schraube a'
versehen, die so wie die Schraube a in eine konische
Spize auslaͤuft. Eine andere verschiebbare Huͤlfe E endigt sich unterwaͤrts, d.h. rechtwinkelig auf
die in der Figur dargestellte Ebene, in eine Gabel, die eine Frictionsrolle
traͤgt.
Fig. 11
zeigt, wie die Vorrichtung an der Drehebank angebracht wird. Nachdem naͤmlich
das zu bearbeitende Stuͤk pp eingesezt ist,
bringt man
vorlaͤufig den Arm DD in eine solche
Entfernung von AB, als durch die Laͤnge
jenes Stuͤkes bedingt wird. Alsdann sezt man die Spize a' in das Koͤrnerloch des verschiebbaren Cylinders cc des Reitstokes, bringt nun die Spize der
Schraube a in das Koͤrnerloch der
Drehebankspindel ss und dreht die Schraube so
lange, bis zwischen den Spizen a, a' kein Spielraum mehr
fuͤhlbar ist. Zur Unterstuͤzung, damit die Stange BC nicht herabsinken koͤnne, dient die
Frictionsrolle F. Wenn man nun die Schraube
loͤset, welche die Gegenspize cc festhielt,
die Spindel frei macht und so vorrichtet, daß ihre Bewegung durch die hinten
aufgestekte Musterschraube bedingt wird, so sezt man die Drehebank, wie
gewoͤhnlich, mittelst halben Trittes in Bewegung, und es ist einleuchtend,
daß sowohl das zu drehende Stuͤk, als auch der Cylinder cc zugleich mit der Spindel und dem ganzen
Apparate hin und her gehen werden, so wie es zur Bildung einer Schraube erforderlich
ist.
Es waͤre wuͤnschenswerth, daß alle Mechaniker, denen es nicht
gleichguͤltig ist, wie ihre Schrauben beschaffen sind, ihre
Drehebaͤnke mit Schraubenspindeln versaͤhen, da das Drehen der
Schrauben aus freier Hand, wie geuͤbt ein Arbeiter auch darin seyn
moͤge, doch immer nur ein sehr unsicherer Nothbehelf bleibt, der dadurch, daß
er in den meisten englischen Werkstaͤtten noch angetroffen wird, doch wohl
nicht etwa gerechtfertigt werden soll. Die verschiedentlich aufgestellte Behauptung,
daß man mittelst einer Schraubenspindel nicht genau rund drehen koͤnne, ist
ein bloßes Vorurtheil, was sich weder theoretisch, noch praktisch begruͤnden
laͤßt.